Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Schoettle hat in seinen Ausführungen darauf hingewiesen, daß die sozialdemokratische Fraktion den Haushalt aus politischen Gründen ablehnen würde. Es ist das gute Recht der Sozialdemokratie, den politischen Kampf in dieser Weise zu führen. Wir aber haben allen Anlaß, diese Gelegenheit zu ergreifen, um deutlich zu machen, daß wir auch den Ergänzungshaushalt und die Beschlußfassung darüber dazu benutzen, um die Politik der von uns gebildeten Regierung zu unterstützen und ihr den Dank für ihre Arbeit auszusprechen.
In dem Ihnen vorgelegten Ergänzungshaushalt erscheinen zum erstenmal die Gehälter der Minister, welche die Ministerien leiten, die aus den früheren Verwaltungen des Vereinigten Wirtschaftsgebiets hervorgegangen sind. Wir denken daran, daß es noch nicht drei Jahre her ist, als im Gesetzblatt des Vereinigten Wirtschaftsgebiets die Bildung der verschiedenen Verwaltungen mitgeteilt wurde, und ich glaube, es ist die Pflicht eines deutschen Parlaments, in dem Augenblick, in dem diese Verwaltungen auch haushaltsmäßig als Ministerien des Bundes erscheinen, zum Ausdruck zu bringen, daß die Leistung, die damals von den Verwaltungen des Vereinigten Wirtschaftsgebiets, von dem Oberdirektor und den Direktoren sowie dem Parlament, dem Wirtschaftsrat, unter dem Vorsitz des jetzigen Herrn Bundestagspräsidenten begonnen worden ist, ein ausgezeichneter Beitrag zur Wiedergewinnung deutscher Freiheit und Souveränität ist.
Wir haben Anlaß, allen, die diese Arbeit geleistet und zur Durchführung dieser Aufgaben beigetragen haben, einen sehr herzlichen und warmen Dank auszusprechen.
Ich möchte das hier getan haben.
— Als die Spaltung Deutschlands begann, da waren andere Dinge geschehen, Herr Renner, und ich glaube, daß Sie darüber besser unterrichtet sind, was zu dieser Spaltung geführt hat und weiterhin führt.
Meine Damen und Herren! Wir haben keine ausführlichen Darlegungen zu der Vorlage zu machen. Ich möchte Sie nur darauf hinweisen — Herr Kollege Schoettle und die Herren Berichterstatter haben bereits darauf aufmerksam gemacht —, daß die Hauptpositionen auch dieses Haushalts zwangsläufige Ausgaben sind, über deren Notwendigkeit auch im Haushaltsausschuß eine Meinungsverschiedenheit nicht bestanden hat. Man ist in der Arbeit des Haushaltsausschusses manchmal
bedrückt, wenn man die Positionen des Haushalts
Punkt für Punkt durchgeht und versucht, an einzelnen Stellen zu sparen, also etwa an dem von Herrn Kollegen Schoettle auch bereits erwähnten Stellenplan des Finanzministeriums. Sie ersehen aus der Ihnen vorliegenden Drucksache, an welchen Stellen bestimmte Abstriche in diesem Stellenplan vorgenommen wurden. Wenn man das Fazit zieht, stellt man fest, daß das Ergebnis dieser Ersparnisbemühungen außerordentlich gering ist und daß das finanzielle Gewicht an ganz anderer Stelle liegt. Ich meine aber, daß diese Erwägungen uns nicht davon befreien, an jeder Position eines Haushalts mit großer Sorgfalt und dem Bemühen zu äußerster Sparsamkeit zu arbeiten. Darum bin ich durchaus der Meinung, daß der von Herrn Kollegen Schoettle gemachte Vorschlag angenommen werden sollte, etwa durch Einschaltung des Bundesrechnungshofes zu prüfen, welche Organisationsveränderungen und Einsparungen bei einzelnen Verwaltungen gemacht werden könne.
Wir sind allerdings nicht der Meinung — und das darf ich hier aussprechen —, daß die Bundesregierung im Aufbau ihrer Verwaltung in irgendeiner Weise unnötig aufgebläht ist, und ich glaube auch nicht, daß die Organisation der Verwaltung dazu geführt hat, daß unnötigerweise Überschneidungen stattfinden. Daß tatsächlich bei verschiedenen Ministerien und bei verschiedenen Aufgaben Überschneidungen sich nicht haben vermeiden lassen, wissen wir auch; aber wir sind nicht der Meinung, daß man in diesem Zusammenhang nur das Negative sehen darf. Wir haben auch die Verpflichtung, auszusprechen, daß bei der Notwendigkeit, fast aus dem Nichts heraus eine Bundesverwaltung zu bauen und Aufgaben überhaupt erst wieder in eigene Regie zu übernehmen, wir dankbar dafür sind, daß diese Aufgaben in dieser Form, mit dieser Tatkraft und diesem Erfolg gelöst worden sind.
Meine Damen und Herren, ich habe überhaupt den Eindruck, daß wir selbst und daß nicht geringe Teile des deutschen Volkes aus einer vielleicht übertriebenen Objektivität viel zu leicht bereit sind, das festzustellen, was nicht geschehen ist oder was noch hätte geschehen müssen, und daß wir darüber allzusehr vergessen, was tatsächlich in dieser Zeit geleistet worden ist.
Wir dürfen doch feststellen, daß dieses halbe Jahr, für das wir nun den Ergänzungshaushalt beschließen sollen, die Anlaufzeit einer deutschen Bundesregierung und einer deutschen Bundesverwaltung geworden ist, von der wir nicht zu hoffen gewagt hätten, daß wir in diesem Tempo und mit diesem Erfolg zu einer funktionsfähigen Regierung und Verwaltung kommen würden.
Wir glauben auch, daß der Auftakt dieser Arbeit und alles, was von diesem Parlament und von der Regierung in dieser Zeit geschehen ist, sich vor dem deutschen Volk und der Geschichte sehen lassen kann und daß wir keine Veranlassung haben, diese Leistungen in irgendeiner Weise unterzubewerten.
Meine Damen und Herren! Ich möchte zu einzelnen Positionen des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfs noch wenige Anmerkungen machen. Sie finden in dem Haushaltsplan des Bundesministeriums des Innern unter Kap. E 12 den Tit. 10, die Vorbereitung und Durchführung einer Erhebung über die unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen. Sie wissen, daß diese Erhebung inzwischen durchgeführt worden ist, und daß sie zum ersten Mal verläßliche Unterlagen über diesen Personenkreis gegeben hat. Wir sind außerordentlich dankbar, daß diese Mittel für diesen Zweck angewandt worden sind, weil wir glauben, daß, nachdem diese Unterlagen vorliegen und die zahlenmäßigen
und finanziellen Verhältnisse übersehen werden
können, eine der wesentlichen Voraussetzungen
dafür geschaffen ist, daß die Gesetzgebung auf Grund des Art. 131 des Grundgesetzes möglichst bald praktisch wird. Hierin liegt eine der wesentlichsten und dringendsten Aufgaben, und weder Regierung noch Bundestag können irgendeine Verzögerung in der Erfüllung dieser Verpflichtung weiterhin hinnehmen. Es ist so, daß die Menschen im Lande — das darf man doch hier einmal aussprechen — und die Hunderttausende von unmittelbar Betroffenen einen nicht geringen Teil ihrer Würdigung der Arbeit von Bundestag und Bundesregierung von der Erfüllung dieser Verpflichtung abhängig sehen.
Ich glaube, daß wir das hier aussprechen müssen und den festen Willen der Regierungskoalition und der Regierung zum Ausdruck bringen dürfen, diese Frage ohne jede Verzögerung zu einer Lösung zu führen, die den Grundsätzen der Gerechtigkeit, die wir in diesem Falle in erster Linie zu vertreten haben, gerecht wird.
Meine Damen und Herren! Ich möchte aber auch noch etwas zum Haushalt des Bundesministeriums der Finanzen sagen. Herr Kollege Schoettle hat davon gesprochen, daß der Stellenplan des Bundesministeriums der Finanzen gegenüber der außerordentlich sparsamen Verwaltung der
Finanzen im Vereinigten Wirtschaftsgebiet eine erhebliche Ausweitung erkennen lasse. Es hat sich in den Beratungen des Haushaltsausschusses gezeigt, daß diese Ausweitung von der Sache her geboten war. Ich glaube, daß gerade auf dem Gebiet
2350 Deutscher Bundestag -64. sitzeng. Bonn, Freitag, den 12. Mai 1950
des Finanzwesens des Bundes die an uns herantretenden Aufgaben in ihrer Vielfältigkeit und in ihrer Schwere ein solches Gewicht haben, daß sie nur mit einem ausgezeichneten, sachverständigen, aber auch hinreichend ausgebauten Apparat im Bundesministerium der Finanzen gelöst werden können.
Wir haben trotz aller Bemühungen — das sehen Sie aus dem Stellenplan, meine Damen und Herren — irgendwie ins Gewicht fallende Abstriche nicht vornehmen können.
Wir wehren uns auch dagegen, daß der Blick auf den Stellenplan irgendeines Ministeriums doch bei diesem und jenem innerhalb und außerhalb des Hauses vielleicht den Eindruck erweckt, als ob wir dabei wären, eine Bürokratie zu erziehen. Wenn man die erforderlichen Sachverständigen und notwendigen Beamten in die Aufgaben hineinstellt, die wirklich vor uns stehen, dann ist das nicht Bürokratie, sondern dann ist das die Erfüllung der Verpflichtungen, die ein Staat hat, um seinen Aufgaben gerecht zu werden. Wir haben auch keine 'Veranlassung, die Leistung der Beamten in der Bundesverwaltung und in allen in Frage kommenden Stellen in irgendeiner Weise durch solche Vorwürfe herabsetzen zu lassen. Ganz im Gegenteil! Wir wissen, daß eine Unzahl von Beamten unter außerordentlichen Schwierigkeiten, insbesondere unter sehr schwierigen Unterbringungs- und finanziellen Verhältnissen hier eine Aufbauarbeit geleistet hat, für die wir nur dankbar sein können und die wesentlich dazu geführt hat, daß dieser deutsche Staat in diesem halben Jahr wirklich ein Gesicht bekommen hat.
Zum Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums ist von dem Herrn Berichterstatter bereits auf die Position des Beitrages zur Internationalen Ruhrbehörde von 412 000 1)M hingewiesen worden. Es sind sicher nicht wenige Damen und Herren in diesem Hause, die diesen Beitrag mit einem etwas gemischten Gefühl gesehen haben. Ich glaube, daß wir mit großer Freude feststellen können, daß sich aus der Initiative des Herrn französischen Außenministers Entwicklungen anbahnen, die uns diese Position wesentlich erträglicher und hoffnungsvoller erscheinen lassen.
Meine Damen und Herren! Ich hatte vor, anläßlich der Genehmigung des Gehalts des Herrn Postministers einige Ausführungen über die öffentlichen Wirkungen der Post hinsichtlich der Briefmarken und ähnlicher Dinge zu machen. Meine verehrte Kollegin Frau Heiler wird dazu noch einiges zu sagen haben.
Ich habe es begrüßt, daß der Herr Berichterstatter, Herr Kollege Seuffert, darauf hingewiesen hat, daß dieser Ergänzungshaushalt ein etwas anderes Gesicht bekommen hat durch die außerordentlich erfreuliche Veränderung mancher Einnahmepositionen hinsichtlich der Zölle und hinsichtlich der Steuern. Es ist gar kein Zweifel, daß sich hinter diesen Zahlen eine außerordentlich erfreuliche Verbesserung unseres gesamten Wirtschaftslebens verbirgt. Wir haben keine Veranlassung, davon nicht zu sprechen, sondern haben auch hier für diesen deutschen Staat und für seine Regierung in Anspruch zu nehmen, daß sie zu einem wesentlichen Teil dazu beigetragen haben, uns eine völlig neue Wirtschaft zu schaffen und damit ein ganz anderes
Bild der dem Staat aus Zöllen und Steuern zufließenden Erträge.
Herr Kollege Seuffert hat auch davon gesprochen, daß das Bild der Ablieferungen der deutschen Bundesbahn ein unerfreuliches sei und daß wir darauf bestehen müßten, daß diese Ablieferungen tatsächlich hereinkommen. Es ist auch der Wunsch meiner politischen Freunde, daß der Regelung der Rechtsverhältnisse der deutschen Bundesbahn durch Gesetz möglichst bald erfolgt, damit wir hier klare Verhältnisse haben.
Wir sind ebenfalls der Auffassung, daß es erwünscht ist, einen Haushalt über die sozialen Kriegsfolgelasten zu schaffen, weil wir glauben, daß es für unser Volk und für die Welt gut wäre, ständig daran erinnert zu werden, welche Lasten und welche Nöte uns auferlegt sind und uns daran hindern, in vielen anderen Dingen Ausreichendes zu tun, weil wir in diese Vernichtung und Zerstörung hineingebracht worden sind.
Ich möchte mir überhaupt die Anregung gestatten — ich hätte beinahe gesagt: zum Gebrauch für das Volk —, viele Positionen des Haushalts, wenn nicht in besonderen Einzelplänen, aber in Veröffentlichungen einmal zusammenzufassen, damit diese Haushaltspläne nicht eine Geheimwissenschaft für einige wenige interessierte und viele nichtinteressierte Parlamentarier sind, sondern wirklich eine Sache, die für die Gesamtheit unseres Volkes verständlich ist.