Es sind herzliche Worte, Herr Präsident! Ich kann nicht verstehen, daß Sie den Tatsachen so widersprechen wollen.
Meine Damen und Herren, die Herren Vorredner haben hier von dieser Stelle aus der Öffentlichkeit sehr eindrucksvolle Zahlen über den Schmuggel bekanntgegeben. Ich glaube, es erübrigt sich, auf diese Zahlen noch einmal einzugehen. Ich will nur versuchen, einige Fragen anzuschneiden, die, wie uns scheint, in engstem Zusammenhang mit dem Schmuggel dieser Genußmittel stehen.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: die Amerikaner müßten geradezu große Narren sein, wenn sie durch die Einfuhr von Tabak, Kaffee und anderen Genußmitteln den sogenannten Kalten Krieg ihrer Gegner unterstützen würden.
Ich denke, die Amerikaner sind so kluge, berechnende Geschäftsleute, daß sie sehr wohl wissen, welchen Kaffee sie nach Europa importieren und wohin sie ihn importieren.
Man hat sehr viel geredet - wahrscheinlich in der Annahme: um die eigene Besatzungsmacht zu schlagen, müsse man die andere Besatzungsmacht prügeln — von dem Schmuggel aus der Deutschen Demokratischen Republik. Nun ist uns aber bekannt, daß gewisse offizielle Berliner Währungsschieber und Schmuggler, wie ich hinzufügen möchte, das Währungsgefälle, das sich dank Ihrer unseligen separaten Währungsreform nun einmal zwischen Ost und West ergeben hat, ausnutzen, um über den Schmuggel eine Schädigung der Wirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik zu erreichen.
Herr Kollege Kalbitzer sprach auch von dem Interzonenhandel und gab uns hier imposante Zahlen bekannt über den illegalen Handel, der über die Zonengrenze hin und her vor sich gehen soll. Ich will keinesfalls diesem illegalen Interzonenhandel das Wort reden. Wir sind für Sauberkeit, gerade in dieser Beziehung.
Aber es ist Tatsache, daß das deutsche Volk ganz natürlich auf Maßnahmen reagiert, die seitens der westdeutschen Bürokratie zur Unterbindung eines geordneten innerdeutschen Warenverkehrs seit Monaten wissentlich angeordnet werden.
Ferner ist es ein offenes Geheimnis, daß gewisse West-Berliner Kassen den Schmuggel weitgehend ausnutzen, um ihren leeren Stadtsäckel wieder zu füllen. Ich erinnere hier an Methoden, wie man sie in Berlin gelegentlich mit der Neufestsetzung des Kurses zwischen der D-Mark Ost und der D-Mark West arrangiert. Das geschieht alles nur zu dem Zweck, um sich wieder einmal bestimmte Ostmarkbeträge für den Kalten Krieg zu beschaffen.
Außerdem bin ich der Meinung, daß einige Vertreter dieser amtlichen Stellen heute sehr gut über diese offizielle Schmugglerpraxis Auskunft geben könnten.
Die Chesterfield, der Kaffee und die CadburySchokolade werden nicht in Ost-Berlin hergestellt, sondern sie werden nach West-Berlin geschmuggelt und dann über Schmugglerringe und Verbrecherorganisationen um des Gewinns, des schnöden Gewinns willen wieder nach Westdeutschland transportiert.
Über diese Dinge könnte meiner Meinung nach die Regierung, und zwar der Minister für gesamtdeutsche Fragen, hier an dieser Stelle sehr gut Auskunft geben. Er besitzt, wie der Kollege von der FDP hier schon anführte, sicherlich solche Unterlagen. Warum werden sie nicht auf den Tisch des Hauses gelegt? Ich fordere die Regierung auf, ganz
offen über diese Dinge zu sprechen. Sehen Sie, Kollege, was diese Schweizer Firma da über den Kaffeeschmuggel über Triest und andere Gebiete nach Ostdeutschland schwätzt, das erscheint uns schon darum absurd, weil diese Firma angeblich gute Beziehungen zu solchen Menschen unterhalten will, die über Kominform-Propaganda Bescheid wissen. Das scheint uns schon eine ziemlich faule Angelegenheit zu sein,
und mir scheint, diese Firma will sich, weil sie den vorherrschenden Kurs in Westdeutschland kennt, damit einen guten geschäftlichen Start verschaffen.
Der Kaffee kommt aus solchen Ländern, die ihre Besatzungstruppen in Westdeutschland unterhalten, und diese brauchen den Schmuggel, um die vielen „Veronikas" zu unterhalten,
die nun einmal zu den Requisiten der westlichen Besatzungsmächte gehören.
Außerdem ist das, was wir hier an Schmuggel über die Zonengrenze und über die westlichen Grenzen erleben, die Fortsetzung der JEIA-Praxis von ehedem.
Die JEIA-Agenten haben im Schmuggel eine neue wirksame Bereicherungsquelle gefunden, nachdem es im Außenhandel Gott sei Dank jetzt einige deutsche Kontrollen gibt.
Meine Damen und Herren, dazu ein ganz offenes, ehrliches Wort!
Die politischen Hintermänner des Schmuggels sind der Regierung bekannt. Sie sind auch dem Finanzminister bekannt.
Er hat sehr versteckt und mit viel Zurückhaltung an die Adresse der Hohen Kommission gesprochen. Wir verlangen aber ernste und harte Worte und fordern, daß die Regierung sich stark macht, um bei dieser Stelle einmal einzuwirken, damit der Schmuggel ein Ende findet. Dorthin gehen die Fäden, die schließlich dazu führen, daß der Schmuggel in Westdeutschland so sprießt.