Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Befürchten Sie nicht, daß ich bei meinen Ausführungen über das umfassende Problem, das die Kaffee-, Tee- und Zigarettensteuer in gleicher Weise umfaßt und sich nicht nur auf die einschlägigen Verbrauchssteuern beschränkt, sondern auch eine große allgemeinwirtschaftliche und wirtschaftsmoralische Bedeutung besitzt, auf Einzelheiten eingehe. Besorgen Sie auch nicht, ich würde mich näher darüber auslassen, daß bei den derzeitigen Zuständen das Aufkommen aus den in Frage kommenden Verbrauchssteuern schrumpft, das Aufkommen aus Körperschaft-, Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer zurückgeht, daß einst blühende Zweige der deutschen Wirtschaft, der deutschen Industrie und des deutschen Handels zum Erliegen zu kommen drohen, daß weitere Arbeitslosigkeit eintreten wird und dergleichen mehr. Darüber haben ausgiebig und überzeugend die Antragsbegründer oder, wie ich auch sagen könnte, die Herren Anklagevertreter gesprochen. Die wahren Sachverhalte werden ja auch bereits von den bekannten Spatzen von allen Dächern gezwitschert. Im übrigen bin ich
3) der Meinung, daß diesem Hohen Hause nur Wirtschaftsexperten angehören. Ich kann mich also auf einige wenige grundsätzliche Bemerkungen beschränken, wobei ich es auch unterlassen will, auf die eigenartige und interessante Note einzugehen, die in der Debatte angeklungen ist: es machten sich Anzeichen dafür bemerkbar, daß der organisierte Großschmuggel neuerdings auch als ein Mittel und eine Methode des Großkampfes von Weltmachtgruppen benutzt wird.
Das, worauf es mir ankommt, ist ein anderes. Der Herr Bundesfinanzminister hat bei der Aufzählung der Maßnahmen, die in nächster Zeit ergriffen werden sollen, vor allem solche repressiver, also polizeilicher Natur genannt. Damit, daß wir den Schwarzhändlern an ihren Standorten und in ihren Schlupfwinkeln zu Leibe rücken und dort, am letzten Ende eines Umsatzprozesses, kleine Teilresultate erzielen, wird das Problem nicht gelöst. Ich bin vielmehr der Meinung, daß wir in einer Phase der freien Marktwirtschaft auch nur mit den Mitteln der Marktgesetze selbst einen Erfolg erzielen können.
Es kann sich also, um das Notwendige im Augenblick nicht tun zu müssen, in erster Linie nicht darum drehen, zu polizeilichen Maßnahmen zu greifen, sondern es gilt, für die beteiligten Wirtschaftszweige gleiche Start- und Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und die legalen Wirtschaftszweige nicht mit schlechteren Wett. bewerbsbedingungen als den Schwarzhandel auszustatten.
Eine solche Bevorzugung und Benachteiligung
einzelner Gruppen darf auch nicht innerhalb einer Branche geschehen, wie es beispielsweise innerhalb der Tabakwarenbranche zu Lasten der Zigarettenindustrie der Fall ist. Ich kann mich darauf beschränken, festzustellen, daß der Verband der Zigarettenindustrie die einschlägigen Gesichtspunkte überzeugend in einer im Februar an den Herrn Bundesfinanzminister gerichteten Eingabe dargelegt hat. Es darf ferner, meine Damen und Herren, auch nicht der Eindruck erweckt werden, als ob irgendeine amtliche Stelle es zunächst gar nicht so ungern sähe -ich sage, es darf nicht der Eindruck erweckt werden —,
daß Genußmittel auf den deutschen Markt kommen, für die keine Devisen, wohl aber natürlich deutsche Mark bezahlt werden müssen.
Eine Nürnberger Zeitung, und zwar die „Nürnberger Nachrichten", hat am 1. März d. J. die Mitteilung gebracht, der Herr Staatssekretär im Bundesfinanzministerium habe für die Ablehnung der Senkung der Kaffee- und Zigarettensteuer die Begründung gegeben, daß man eine Verbrauchssteigerung vermeiden wolle, denn dadurch werde eine Erhöhung der Devisenbeträge für Importe ausgelöst.
Man wisse sehr wohl, daß mit einer Steuersenkung Schmuggel und Schwarzhandel bekämpft werden könnten, aber man habe nicht die Devisen, um diesen Kampf zu führen. Es wäre sehr interessant und sehr wichtig, zu erfahren, ob die Nürnberger Zeitung den Sachverhalt richtig angegeben hat, ob ihre Behauptung richtig ist und ob der Herr Bundesfinanzminister sich mit einer solchen Auffassung identifiziert.
Nach meiner Meinung darf mit einer Steuersenkung nicht länger zugewartet werden. Der Herr Bundesfinanzminister sagt, er sei genötigt, zunächst noch weiteres Material zu beschaffen und abzuwarten. Ich muß fragen: wie lange noch? Bis die einschlägigen Gewerbezweige unter den unterhöhlenden Wirkungen des illegalen Marktes zusammengebrochen sind?
Es ist nicht zu leugnen, daß die Zustände, die in den beteiligten Wirtschafts- und Verbrauchsbezirken heute innerhalb der Bundesrepublik bestehen, ein Skandal sind. Es ist das Wort vom Balkan gefallen. Ich weiß nicht, ob wir die Berechtigung zu einer hochmütigen Selbstgerechtigkeit haben und glauben dürfen, daß anderwärts solche Zustände noch in höherem Maße vorhanden sein könnten.
Wir zwingen auch die ehrbaren, redlichen Verbrauchermassen dazu, zu dem Mittel des Schwarzmarktbezuges zu greifen. Es tritt eine Korrumpierung des öffentlichen Bewußtseins ein, und es werden Zustände weitergeschleppt, korruptive Verhältnisse, wie sie nur unter der Reichsmarkzeit der letzten Auslaufjahre bestanden haben.
Ich möchte, meine sehr verehrten Damen und Herren, einen Vorschlag machen. Ich glaube, es wäre Aufgabe dieses Hohen Hauses, die Initiative zu ergreifen und dafür zu sorgen, daß in kürzester Frist ein Initiativgesetzentwurf ein, gebracht wird. Zu diesem Zwecke müßte es sich
ermöglichen lassen, daß eine interfraktionelle Fühlungnahme stattfindet, die einen derartigen Initiativantrag oder Gesetzesvorschlag ausarbeitet und verantwortlich einbringt. Zwar ist eine solche Gemeinschaft in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen, aber die Geschäftsordnung verbietet in keiner Weise eine solche interfraktionelle Arbeitsgemeinschaft, die auf vielen Gebieten zweifelsohne sehr förderlich sein kann.
Ich möchte also an das Hohe Haus appellieren, sich seiner Verantwortung bewußt zu werden und umgehend selbst die Initiative zu ergreifen, um diesen unerträglichen Zuständen in wichtigsten Wirtschafts- und Verbrauchsbezirken endlich ein Ende zu machen.