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ID0106400600

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    Deutscher Bundestag — 64. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Mai 1950 2317 64. Sitzung Bonn, Freitag, den 12. Mai 1950. Geschäftliche Mitteilungen . 2317D, 2345C, 2355D Anfrage Nr. 30 der Abg. Spies, Strauß, Bauereisen u. Gen. betr. Verwendung von Beamten und Angestellten aus den Ländern bei den Bundesbehörden (Drucksachen Nr. 389 und 938) 2318A Zur Tagesordnung . . . . 2318A Beratung der Interpellation der Abgeordneten Scharnberg und Fraktion der CDU/ CSU betr. Schmuggel und Schwarzhandel in Genußmitteln (Drucksache Nr. 690) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Senkung der Kaffeesteuer (Drucksache Nr. 800) und mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Senkung der Kaffee- und Teesteuer (Drucksache Nr. 877) 2318B Scharnberg (CDU), Interpellant . . . 2318C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 2319D Dr. Besold (BP), Antragsteller . . . 2324C Peters (SPD), Antragsteller 2326B Strauß (CSU) 2327A Kalbitzer (SPD) 2329D Stegner (SPD) . . . . . . . . . . 2331C Ewers (DP) 2333A Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 2334A Dr. Bertram (Z) 2335A Rische (KPD) 2335D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Abgaben auf dem Gebiete der Ernährungswirtschaft (Drucksache Nr. 922) 2318A, 2337A Abstimmung in der zweiten Beratung und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Finanzverwaltung (Drucksachen Nr. 888 und 697) 2318B, 2337B, 2345C, 2354C Zinn (SPD) (zur Geschäftsordnung) . 2338C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 2338D, 2355A Dr. von Brentano (CDU) 2339A Dr. Koch (SPD) 2354C Dr. Bertram (Z) 2355B Euler (FDP) 2355B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die vorläufige Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplanes und über die vorläufige Haushaltsführung im Rechnungsjahr 1949 (Drucksachen Nr. 891 und 633) 2339A Bausch (CDU), Berichterstatter . . . 2339B Schoettle (SPD) 2346C Dr. Ehlers (CDU) 2348C Dr. Leuchtgens (DRP) 2350D Krause (Z) 2352A Frau Heiler (CDU) 2352C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 2352D r Blank (Oberhausen) (FDP) 2353A Einzelplan X — Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Dr. Blank (Oberhausen) (FDP), Berichterstatter 2341B Einzelplan XXIII — Allgemeine Finanzverwaltung: Seuffert (SPD), Berichterstatter . . 2343A Einzelplan XXV — Finanzielle Hilfe für Berlin: Dr. Krone (CDU), Berichterstatter . . 2345B Einzelplan XIII — Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen: Loibl (CSU) 2345D Abstimmungen 2353B Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Aufhebung des § 4 der Verordnung der Bundesregierung vom 17. Februar 1950 über Maßnahmen gegen dienstlich ungeeignete Beamte und Angestellte (Drucksache Nr. 827) 2354A Renner (KPD), Antragsteller 2354B Nächste Sitzung 2355D Die Sitzung wird um 9 Uhr 4 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid (Tübingen) eröffnet.
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    Rede von Fritz Schäffer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine Damen und Herren! Sie wissen, daß ich sonst gewohnt bin, in freier Rede zu sprechen. Ich bitte, mir heute die Ermächtigung zu geben, daß ich das, was ich Ihnen zu sagen habe, an Hand des Manuskripts sage.
    Die Bundesregierung begrüßt es, daß die Anfrage des Herrn Abgeordneten Scharnberg und der Fraktion der CDU/CSU betreffend Schmuggel und Schwarzhandel in Genußmitteln ihr Gelegenheit gibt, vor dem Hohen Hause zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Die Interpellation kennzeichnet die Lage im wesentlichen zutreffend. Hinsichtlich des Umfangs des Schmuggels sind wir naturgemäß auf Schätzungen angewiesen. Die beiden hauptsächlichsten Schmuggelgüter, aber beileibe nicht die einzigen, sind Kaffee und Zigaretten. Die Fachverbände der Kaffeeimporteure, -großhändler und -röster schätzen die gesetzwidrige Kaffeeinfuhr im Jahre 1949 auf Grund ihrer Marktbeobachtung


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    auf 30 000 Tonnen. Die versteuerte Einfuhr im gleichen Zeitraum hat 27 400 Tonnen betragen. Der Kaffeehandel hat eine Karte angefertigt, aus der sich der Anteil des Schmuggelkaffees am Gesamtumsatz des Kaffees ergibt. In Bayern, insbesondere an der Südostgrenze und in München, wo ja die Möhlstraße weltbekannt geworden oder, besser gesagt, weltberüchtigt geworden ist, ist der Anteil des Schmuggelkaffees etwa 90 %,

    (Hört! Hört! in der Mitte)

    ebenso in der Gegend von Aachen und in der Stadt Berlin. In den Ländern Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordhessen, Nordrhein-Westfalen, Württemberg-Baden und Südbaden bewegt sich der Anteil des geschmuggelten Kaffees zwischen 50 bis 70 %. Niedriger ist der Anteil in den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein, die nicht so sehr die Eingangspforten für Schmuggel darstellen wie die vorgenannten Länder.
    Die Zigarettenindustrie klagt auf Grund ihrer Marktbeobachtung, daß der Verbrauch an geschmuggelten Zigaretten im Jahre 1949 monatlich zwischen 300 und 400 Millionen Stück, im Jahre also etwa 4 Milliarden Stück betragen habe. Das sind 20 % der gesamten deutschen Erzeugung von rund 21 Milliarden Stück inländischer Zigaretten im Bundesgebiet.
    Wenn diese Zahlen auch von den beteiligten Fachverbänden stammen, die mir als dem Finanzminister des Bundes diese Zahlen vorgelegt haben, um ihre Anträge auf Herabsetzung der Kaffeesteuer und der Zigarettensteuer zu begründen, so dürfen doch diese Zahlen als zuverlässig angenommen werden. Der Einfuhrwert dieser -beiden Hauptschmuggelartikel Kaffee und Zigaretten ist auf rund 240 Millionen DM zu schätzen. Insgesamt aber dürfte der Wert der im Rechnungsjahr 1949 eingeschmuggelten Waren etwa bei 500 Millionen DM liegen. Neben Kaffee und Zigaretten ist besonders stark die gesetzwidrige Einfuhr von Artikeln wie Rauschgift, Schokolade, Kakao, Tee, Spirituosen, Wein, Nylonstrümpfe, Parfüms und Zigarettenpapier. Wenn der Wert dieser Schmuggelwaren bei der einzelnen Art auch weit unter dem des geschmuggelten Kaffees und der geschmuggelten Zigaretten liegt, so ist der Gesamtwert dieser gesetzwidrig eingeführten Waren doch auf jährlich rund 260 Millionen DM zu schätzen. Seit Beginn des neuen Jahres hat der Schmuggel sich wenigstens auf der gleichen Höhe wie im Vorjahr gehalten. Bei Zigaretten, Kaffee und Schokolade hat er nach Ansicht der betroffenen Gewerbezweige sogar noch zugenommen.
    Wenn wir die Schäden des Schmuggels beziffern wollen, so müssen wir uns darüber klar sein, daß der gesetzwidrigen Wareneinfuhr eine mindestens ebensogroße gesetzwidrige Ausfuhr an deutschen Waren, an deutscher Währung und an gesetzwidrig erworbenen oder verheimlichten Devisen gegenübersteht. Dies ergibt sich zwangsläufig daraus, daß gesetzwidrig eingeführte Waren, die ja das Ausland nicht schenkt, auch nur gesetzwidrig bezahlt werden können. Die gesetzwidrige Ausfuhr von deutschen Waren, deutscher Währung und gesetzwidrig erworbenen Devisen ist sogar bestimmt größer als die gesetzwidrige Einfuhr der Schmuggelwaren, da neben dem Einfuhrwert der Schmuggelwaren wenigstens ein Teil des von Ausländern beim Verkauf dieser Waren im Inland erzielten Verdienstes gesetzwidrig in das Ausland ausgeführt wird. Der gesamte unkontrollierte
    Waren- und Zahlungsverkehr im Jahre 1949 muß daher, wenn wir eine gesetzwidrige Wareneinfuhr von 500 Millionen DM zugrunde legen, weit über 1 Milliarde DM betragen haben. Diese gesetzwidrige Waren- und Devisenausfuhr schädigt unsere Volkswirtschaft auf das schwerste.
    Am leichtesten zu erkennen und zu berechnen ist der Ausfall an öffentlichen Abgaben. Es handelt sich dabei nicht nur um den Ausfall der Zölle und Verbrauchssteuern, die unmittelbar mit der gesetzlichen Einfuhr von Waren fällig werden; es handelt sich auch um den Ausfall an Umsatz-, Einkommen-, Gewerbe- und sonstigen Steuern, da die geschmuggelten Waren der Natur der Sache nach, wenn sie gesetzwidrig, d. h. ohne Beteiligung und Kenntnis der staatlichen Behörden eingeführt werden, auch in allen Phasen bis zum letzten Verbraucher schwarz, d. h. gesetzwidrig gehandelt werden.
    Wir sind bei der ziffernmäßigen Ermittlung des vermutlichen Steuerausfalls zwar auch auf Schätzungen angewiesen, diese Schätzungen werden aber der Wahrheit nahekommen. Legt man bei Kaffee Schmuggelwaren in einer Menge von 30 000 t, bei Zigaretten in einer Menge von 4 Milliarden Stück zugrunde, so ist der Ausfall an Zöllen sowie Kaffeesteuer und Tabaksteuer allein mit etwa 600 Millionen DM zu veranschlagen.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Bei den übrigen Waren, die keiner so hohen Abgabebelastung unterliegen — bis auf Tee — wie Kaffee und Zigaretten, ist an hinterzogenen Steuern wenigstens ein Betrag von weiteren 200 Millionen DM anzunehmen. Man muß den Ausfall an öffentlichen Abgaben also jährlich auf insgesamt etwa 800 Millionen DM schätzen.
    Die volkswirtschaftlichen Schäden, die mittelbar eintreten, sind in ihrer Wirkung ebenso schlimm und ebenso weitgehend. Sie liegen in folgendem. Die gesetzwidrige Ein- und Ausfuhr in ihrem jetzigen großen Umfang gefährdet alle staatlichen Maßnahmen, die unsere Ein- und Ausfuhr volkswirtschaftlich günstig beeinflussen sollen. Wir müssen mit dem Ertrag unserer Ausfuhr in erster Linie das hereinholen, was die deutsche Volkswirtschaft am dringendsten braucht, nämlich Rohstoffe und Lebensmittel. Wir müssen vermeiden, daß der Ertrag unseres Exports für Einfuhr von nicht lebenswichtigen Genußmitteln und Luxusgegenständen aller Art verbraucht wird.
    Der Schmuggel, der illegale Import, bevorzugt naturgemäß gerade Genußmittel und Luxusartikel, an denen am meisten zu verdienen ist, die, wie zum Beispiel Rauschgifte, wegen ihrer volksschädlichen Auswirkung in der Einfuhr streng verboten sind, oder Fertigerzeugnisse, die sich leicht und mit großem Gewinn an den Mann bringen lassen. Mag sein, daß gerade der Schmuggel dazu geführt hat, daß im Ausland ein falscher Eindruck von einem tatsächlich nicht vorhandenen Wohlstand und Wohlleben in Deutschland erweckt worden ist.
    Der Schmuggel hat, wie schon betont, auch eine gesetzwidrige Ausfuhr zur Folge, die zur Bezahlung der gesetzwidrigen Einfuhr des Schmuggels dient. Dadurch wird der Erlös der gesetzlichen, der legalen Ausfuhr notwendigerweise geschmälert. Der legale Exporterlös reicht daher, da die Einfuhr von notwendigen Lebensmitteln den Vorrang hat und nicht gekürzt werden kann, nicht aus, um in dem erwünschten Maß die Rohstoffe einzuführen, die wir dringend brauchen und die


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    im Bundesgebiet die Menschen in Lohn und Brot halten oder in Lohn und Brot bringen sollen.
    Der Schmuggel führt regelmäßig wesentlich teurer ein als der ehrliche Kaufmann, da er in kleineren Partien einkauft und mit höheren Spesen aller Art arbeiten muß. Dadurch vermehrt sich volkswirtschaftlich das Übel. Der Schmuggel trägt wesentlich dazu bei, Produktions- und Absatzschwierigkeiten ganzer Gewerbe herbeizuführen, deren Erzeugnisse oder Handelsgüter er in solchen Mengen und zu so niedrigen Preisen auf den Markt bringt, daß sie diesem unlauteren Wettbewerb nicht gewachsen sind. Der gesetzliche Kaffeehandel ist durch den Schmuggel bereits ernstlich bedroht. Die deutsche Zigarettenindustrie erhebt berechtigte Klagen über den Rückgang ihres Absatzes an gesetzlich versteuerten Waren. In allen diesen Gewerben treten nicht nur Absatzschwierigkeiten ein, sondern auch Steuerrückgänge, Betriebseinschränkungen und damit vermehrte Arbeitslosigkeit.
    Ich brauche nicht zu erwähnen, daß der unkontrollierte Abfluß von Deutscher Mark in das Ausland und der Schwarzhandel mit Devisen. der mit dem Schmuggel verbunden ist, auch währungspolitisch Gefahren und Schäden nach sich ziehen.
    Zu diesen volkswirtschaftlichen Schäden treten noch die moralische und sittliche Verwilderung und Verwahrlosung und die Mißachtung der Gesetze, die der Schmuggel nach sich zieht. Der Schmuggel hat teilweise einen Umfang und Formen angenommen, daß das Gesetz und Recht öffentlich mißachtet werden. Der Verächter von Gesetz und Recht des Staates wird in der Bevölkerung nicht einmal mehr abgelehnt, sondern eher unterstützt. Er hat eine Untergrabung der Autorität des Staates, eine weitgehende Korruption, Betrug und Fälschung in jeder denkbaren Art und Form, Arbeitsscheu und anderes zur Folge. Viele Schmuggler und Schwarzhändler, deren ganzes Trachten und Tun darauf gerichtet ist, den Staat um seine Einkünfte zu bringen und selbst ohne Arbeit Geld zu verdienen, beanspruchen doch daneben von demselben Staat noch Unterstützungen aller Art,

    (Pfui-Rufe rechts)

    betrügen ihn also auf zweifache Weise.
    Die Interpellation stellt daher mit Recht die Frage, welche Maßnahmen die Bundesregierung zu ergreifen gedenkt, um die aufgezeigten Mißstände zu beseitigen und die Notlage der betroffenen Wirtschaftszweige zu beheben.
    Lassen Sie mich vorher noch ein Wort darüber sprechen, was die Ursachen des Schmuggels nach Überzeugung der Bundesregierung sind, weil nur dann, wenn man die Ursachen einer Krankheit erkennt, die Krankheit auch richtig behandelt und geheilt werden kann. Die deutsche Öffentlichkeit hat sich - und ich sage: erfreulicherweise — in den letzten Monaten mit dem Thema „Schmuggel" sehr zahlreich beschäftigt. Die deutsche Presse scheint überwiegend der Meinung zu sein, daß die Ursache des Schmuggels nur in den hohen Zöllen und Steuern auf Kaffee und Zigaretten zu suchen
    sei und daß es genüge, diese hohe Abgabenbelastung
    zu senken, um den Schmugglern die Gewinnmöglichkeiten zu nehmen und damit den Schmuggel überhaupt zu beseitigen.
    Ich habe Ihnen vorher schon die Zahlen gegeben, welches der Wert der geschmuggelten Güter ist, und habe dabei betont, daß der Wert von geschmuggeltem Kaffee und Zigaretten mit etwa 240 Millionen DM, der Wert der übrigen Schmuggelgüter mit etwa 260 Millionen DM einzusetzen ist. Es handelt sich nicht immer um Güter, die einer hohen Abgabenbelastung unterliegen. Es muß also auch Güter geben, bei denen andere Gründe als die Abgabenbelastung den Schmuggel fördern. Das wird insbesondere auch bei der sehr erheblichen Einfuhr von Schmuggelwaren aus der Ostzone gelten.
    Diese feststellbare Schmuggeleinfuhr aus der Ostzone weist sofort auf eine zweite Ursache für das Vorhandensein des Schmuggels hin, nämlich auf die Verschiedenartigkeit der Preise diesseits und jenseits der Grenze. Die Ostmark steht im Verhältnis zur Westmark etwa 1 zu 7 oder 1 zu 8. Dieser Währungsunterschied, der sich auch in den Preisen der hergestellten Waren auswirkt, bringt den Drang zum Ausgleich, also zum Schmuggel. Die deutschen Gebiete, die an Sachsen und Thüringen grenzen — ich denke zum Beispiel an das bayerische Oberfranken —, erheben besonders laute und nach meiner Überzeugung berechtigte Klagen über die Schmuggeleinfuhr von Waren aus der Ostzone, die im deutschen Bundesgebiet zu Schleuderpreisen vertrieben werden.
    Ein weiterer Anreiz für den Schmuggel ist dann gegeben, wenn es sich um Mangelwaren handelt. Dieser Gesichtspunkt spielt vielleicht heute nicht mehr die entscheidende Rolle, wie dies bis zum Jahre 1949 der Fall gewesen ist. Es gehört aber hierher die starke Nachfrage nach Rohstoffen, Maschinen und anderem aus der Ostzone. Da sie auf legalem Wege nicht befriedigt werden kann, bemächtigt sich ihrer der Schmuggel. Ostzonale Waren, aber insbesondere auch Kaffee und andere Schmuggelwaren, die nicht in der Ostzone erzeugt werden, sondern die von den Schmugglern durch die Ostzone geleitet werden, werden in das deutsche Bundesgebiet eingeführt. Es sprechen alle Anzeichen dafür, daß der Gegenwert häufig in Form einer gesetzlosen Ausfuhr an Maschinen etc. aus dem Bundesgebiet entrichtet werden muß.

    (Abg. Rische: Fragen Sie beim Berliner Magistrat einmal nach!)

    - Es gibt Herren, auf deren Zwischenrufe ich nicht antworte.
    Ich darf endlich in diesem Zusammenhang nicht verhehlen, daß vielfach auch der Eindruck besteht, daß dieser Schmuggel, insbesondere über die Ostgrenze, auch gewisse politische Hintergründe hat

    (Sehr richtig! rechts)

    und der Erlös aus dem Schmuggel zu politischen Zwecken im deutschen Bundesgebiet Verwendung findet.

    (Zustimmung und Beifall rechts.)

    Den Ursachen des Schmuggels müssen die Maßnahmen entsprechen, die zur Bekämpfung des Schmuggels dienen sollen. Ich weiß, meine Damen und Herren, daß als erstes die Erklärung erwartet wird, die Bundesregierung sei bereit, bei den Waren, die infolge ihrer hohen Belastung mit Abgaben in besonderem Maße Gegenstand des Schmuggels sind, den Anreiz zum Schmuggel durch eine entsprechende Senkung der Abgaben zu beseitigen. Leider ist die Bundesregierung nicht in der Lage, heute schon eine solche Erklärung abzugeben. Ich habe von dieser Stelle aus dem Hohen Haus schon öfter mitgeteilt, wie die Ziffern des Haushaltsplans des Bundes im großen und ganzen


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    sind. Der Bund hat bestenfalls mit 9,2 Milliarden DM Einnahmen an Zöllen, Umsatzsteuer und Verbrauchsteuern aller Art zu rechnen. Davon entfallen auf Kaffee- und Teesteuer rund 320 Millionen DM, auf die Tabaksteuer allein 2 100 Millionen DM. Eine Senkung der Sätze bei diesen Steuern könnte nur gewagt werden, wenn eine sichere Aussicht bestünde, daß damit kein Ausfall an Einnahmen in Kauf genommen werden muß. Diese Frage läßt sich heute noch nicht mit der Bestimmtheit beantworten, wie dies von den beteiligten Kreisen behauptet wird. Es darf auch nicht vergessen werden, daß eine solche Steuersenkung nur dann gewagt werden darf, wenn keine anderen Mittel und Wege gegeben sind, um den Schmuggel zu bekämpfen. Eine Senkung der Sätze müßte ja so weit gehen, daß der Schmuggel überhaupt nicht mehr lohnend ist und die Preise der in Betracht kommenden Waren und Erzeugnisse so weit herabgedrückt werden können, daß Zölle und Steuern geringer sind als die unvermeidlichen Spesen des Schmuggels. Das würde eine Senkung der Tarife von einem solchen Ausmaß bedeuten, daß ohne dringende Notwendigkeit dieses Wagnis heute noch nicht unternommen werden kann, mindestens so lange nicht, als nicht der Nachweis erbracht ist, daß alle anderen Möglichkeiten, den Schmuggel zu bekämpfen, ausgeschöpft und ohne Erfolg versucht worden sind. Die Bundesregierung ist daher gezwungen, alle Maßhahmen zu ergreifen, um einen möglichst erfolgreichen Kampf gegen den Schmuggel aufzunehmen.
    Der Bundesregierung wird die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen dadurch erleichtert werden, daß die bisherigen elf getrennten Zollverwaltungen demnächst in eine einheitliche Bundeszollverwaltung übergeführt werden.
    Um Ihnen die Größe und Schwierigkeit der Aufgabe der Schmuggelbekämpfung verständlicher zu machen, muß ich etwas näher auf die Quellen, Wege und Methoden des Schmuggels eingehen. Der Laie hat in der Regel die Vorstellung, daß der Schmuggel ausschließlich oder doch in der Hauptsache über die sogenannte Grüne Grenze, d. h. also zwischen den zugelassenen Grenzübergängen stattfindet. Das ist jedoch nicht der Fall. Über die Grüne Grenze dringt, im großen betrachtet, im Gesamtbundesgebiet nur ein verhältnismäßig geringer Teil der Schmuggelwaren. Eine personelle Verstärkung des Zollgrenzdienstes ist daher zunächst nur in der französisch und amerikanisch besetzten Zone um insgesamt 1550 Mann vorgesehen.
    Ich muß in diesem Zusammenhang aber doch darauf hinweisen, daß es noch einige Brennpunkte gibt, an denen auch der Schmuggel über die Grüne Grenze beträchtlich ist. Es sind dies insbesondere der Aachener Raum, die Eifel und der Abschnitt bei Bad Reichenhall-Salzburg. Im Aachener Raum, in dem eine große Stadt mit einem dicht bevölkerten Hinterland an einem für den Schmuggel günstigen Waldgelände sehr nahe an der Grenze liegt, vollzieht sich der Grenzschmuggel in Ausmaßen und Formen, wie sie wohl noch niemals dagewesen sind. Wohlorganisierte Schmugglerbanden in Stärken bis zu 300 Menschen, Männer, Frauen und Kinder, durch Späher, Vor- und Seitenpatrouillen gesichert, mit Knüppeln und nicht selten auch mit Feuerwaffen bewaffnet, durchbrechen immer wieder, bei Tage und bei Nacht, die Sicherungen des Zollgrenzdienstes. Die Unternehmer und Auftraggeber dieser Trägerkolonnen befördern dann die
    Schmuggelwaren mit Kraftfahrzeugen, mit der Eisenbahn und Post weit in das Hinterland. Es ist sehr schwer, dieses Treibens Herr zu werden, wenn ein großer Teil der Bevölkerung den Schmuggel als sein gutes Recht ansieht und wenn wurzellose, arbeitsscheue Existenzen von überallher zuströmen und hier mühelosen Verdienst suchen und finden.
    Widerstand und Angriffe gegen die in rechtmäßiger Ausübung ihres Dienstes befindlichen Grenzbeamten sind keine Seltenheit. Leider haben Veröffentlichungen in der Presse und andere Stimmen, die die Verhältnisse an der Grenze nicht richtig beurteilen und sich insbesondere gegen den Waffengebrauch durch Grenzbeamte richteten, zeitweise zur Verschärfung der Situation beigetragen. Ich muß hier feststellen, daß die Zollverwaltung an der Grenze auf das Recht zum Waffengebrauch zum Schutz ihrer Beamten und zur Durchsetzung der Staatsautorität im Interresse der Allgemeinheit nicht verzichten kann. Es ist selbstverständlich, daß hierbei durch entsprechende Vorschriften, Ausbildung und Überwachung der Beamten und genaueste Nachprüfung jedes Waffengebrauchs auf seine Berechtigung, jeder Mißbrauch ausgeschlossen sein muß.
    Um auch im Aachener Raum des überhandnehmenden Schmuggels Herr zu werden, ist dort durch die Verschiebung von Kräften aus anderen Abschnitten die notwendige personelle Verstärkung durchgeführt worden. Notwendig und im Gange ist ferner eine Verbesserung der technischen Ausrüstung des Zollgrenzdienstes, insbesondere mit Kraftfahrzeugen und Nachrichtenmitteln. um seine Beweglichkeit und Schlagkraft zu erhöhen.
    Die Masse der Schmuggelgüter kommt aber nicht über die Grüne Grenze, sondern zu Lande, auf dem Wasser und in der Luft, im Straßen-, Eisenbahn-, Schiffs-, Flug- und Postverkehr über die regulären Grenzübergänge herein, wobei die Schmuggelgüter falsch deklariert, unter anderen Ladungen versteckt, mit gefälschten oder erschlichenen Ein- oder Ausfuhrpapieren ausgewiesen, als Besatzungsgut oder Liebesgaben getarnt oder auf sonstige Weise der Zollkontrolle entzogen werden.
    Dieser Schmuggel über die zugelassenen Grenzübergänge und Zollstraßen kann nicht dadurch bekämpft werden, daß man lediglich an der Grünen Grenze, also zwischen den Grenzübergängen den dort stehenden Zollgrenzdienst weiter verstärkt. An der Schmuggelbekämpfung sind alle Dienstzweige der Zollverwaltung beteiligt, und zwar der Zollgrenzendienst, dem die Bewachung der Grünen Grenze obliegt, der Zollabfertigungsdienst, dem die Kontrolle des Warenverkehrs bei den Grenzzollmtern und den Zollämtern im Innern obliegt. auf die ein großer Teil der zu verzollenden Güter überwiesen wird, der Zollfahndungsdienst. dem es als der Kriminalpolizei innerhalb der Zollverwaltung obliegt, die Zoll-. Ein- und Ausfuhr- sowie Devisenvergehen zu verfolgen. und schließlich auch der Steueraufsichtsdienst, dessen Aufgabe es ist, die der Steueraufsicht unterliegenden Betriebe zu überwachen und zu verhindern, daß in ihnen unverzollte und unversteuerte Waren verkauft werden. Sie arbeiten hierbei in engster Verbindung Hand in Hand.
    Das eben Gesagte gilt nicht nur für die Auslandsgrenzen, sondern in gleichem Maße auch für die Wirtschaftsgrenze zwischen der sowjetisch bebesetzten Zone und dem Bundesgebiet. Zwischen


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    diesen Grenzen besteht eine enge Wechselwirkung. So kommt zum Beispiel jetzt ein großer Teil der begehrtesten Schmuggelgüter wie Kaffee und Zigaretten nur über die Ostgrenze. Diese Güter werden aus dem westlichen Ausland im Transit durch das Bundesgebiet hindurch oder auch im direkten Schiffsverkehr in großen Mengen in Dampferladungen in die Ostzone, den Ostsektor von Großberlin verbracht und von dort meist über Westberlin auf alle nur denkbare Art und Weise in das Bundesgebiet eingeschmuggelt.
    Der Schwerpunkt der in der Zollverwaltung zu treffenden organisatorischen Maßnahmen liegt jetzt vor allem beim Zollabfertigungsdienst, beim Zollfahndungs- und Steueraufsichtsdienst. Beim Zollabfertigungsdienst fehlt es an Personal, an Gebäuden, Abfertigungs- und Diensträumen, an Rampen, Kränen, Waagen und technischen Hilfsmitteln aller Art, an der Ausrüstung und Schulung des Personals und vielem anderen, was erforderlich ist, um eine wirksame Kontrolle des riesigen Güterstroms, der sich Tag für Tag über die Grenzzollstellen und die Zollämter im Inneren herein- und herausbewegt, sicherzustellen. Ich darf daran erinnern, daß der größte Teil unser er Grenzen nach dem Kriege erst neu wieder eingerichtet werden mußte und daß auch an den bestehengebliebenen Grenzen sowie im Inneren im Kriege und auch in den Nachkriegsjahren bis zur Währungsreform, bis zu der ein Zollverkehr kaum bestand, zahlreiche Zollämter geschlossen und aufgelöst und die Gebäude und Anlagen vielfach zerstört wurden.
    Auch der Zollfahndungsdienst, der das Möglichste geleistet hat, ist im Verhältnis zu seinen Aufgaben zu schwach besetzt, und es fehlt ihm an Kraftwagen und sonstiger technischer Ausrüstung, um ihn zu höchster Leistung zu befähigen.
    Ähnlich liegen die Dinge beim Steueraufsichtsdienst. Auch er war in der Kriegs- und Nachkriegszeit, in der die Produktion und der Absatz verbrauchssteuerpflichtiger Erzeugnisse fast völlig zum Erliegen gekommen waren, weitgehend abgebaut worden.
    Die Aufteilung der Zollverwaltung auf elf Länder, die Finanznöte der Länder und die seit längerem bestehende Aussicht, die Zollverwaltung an den Bund abzutreten, haben nicht dazu beigetragen, ihren Wiederaufbau zu beschleunigen. Die Beseitigung der von mir soeben dargelegten Mängel in personeller und technischer Hinsicht ist vorbereitet und wird so schnell wie möglich durchgeführt werden.
    Ich muß aber mit aller Deutlichkeit und Bestimmtheit hervorheben, daß sämtliche Maßnahmen, die in deutscher Zuständigkeit angeordnet werden können, so lange nicht von Erfolg sein werden, als nicht die Bundesrepublik im ganzen Bundesgebiet und an allen Zollgrenzen die volle und uneingeschränkte Hoheit hat.

    (Lebhafte Rufe: Sehr richtig!)

    Die deutsche Hoheit an den Zollgrenzen war noch bis in das Jahr 1949 hinein entweder aufgehoben oder weitgehend eingeschränkt. Diese Beschränkungen sind auch bis heute noch nicht in vollem Umfang beseitigt.
    Es unterliegen noch nicht alle Ausländer der deutschen Gerichtsbarkeit. Nach Gesetz Nr. 13 der Hohen Alliierten Kommission sind der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen die im Art. 1 unter a I und II genannten alliierten Streitkräfte und Personen, die bei der Alliierten Hohen Kommission, einem Hohen Kommissar oder dem Befehlshaber einer der Besatzungskräfte beglaubigt sind, und ihre Familienangehörigen. Es würden also danach alle anderen Ausländer, die nicht dem genannten Personenkreis angehören, der deutschen Gerichtsbarkeit unterstehen. Das ist leider nicht der Fall.
    In der amerikanisch besetzten Zone sind durch Direktive vom 28. Dezember 1949 und einstweilige Direktive vom 24. Januar 1950 des US Hohen Kommissars, die erst am 12. und 14. April im Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission veröffentlicht wurden, sehr wesentliche Einschränkungen gemacht worden. Nach ihnen haben Staatsangehörige der US-Staaten, des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland so- wie der Französischen Republik und die verschleppten Personen sowie die ihnen gleichgestellten Personen das Recht, die Überweisung von Strafverfahren, die von deutschen Gerichten gegen sie eingeleitet wurden, vor ein Gericht der Alliierten Hohen Kommission zu verlangen. Damit sind sie tatsächlich der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen. Damit ist tatsächlich die Beschlagnahme der Schmuggelware und die Verfolgung der Straftat selbst gehindert.

    (Hört! Hört!)

    In der britischen Zone sollen Weisungen ergangen sein, die eine Einschränkung der deutschen Gerichtsbarkeit zum Ziele haben,

    (Hört! Hört!)

    die aber bisher noch nicht veröffentlicht worden sind.
    Auch in der französischen Zone haben die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 13 durch Weisungen, die bisher nicht veröffentlicht wurden, zum Teil ähnliche Einschränkungen erfahren, auf Grund deren in den drei Ländern dieser Zone ein sehr unterschiedlicher Rechtszustand besteht.
    Außerdem ist es notwendig, ein enges Einvernehmen zwischen den Bundesbehörden und den Besatzungsbehörden herbeizuführen, um den Schmuggel unter feste Kontrolle zu bringen. Die Einfuhr von Besatzungsgut unterliegt bis heute noch nicht der Kontrolle durch den deutschen Zoll. Es besteht bis heute keine sichere Kontrolle darüber, daß nicht auf dem Umweg über die Versorgungslager der Besatzungsmächte unverzollte und unversteuerte Waren in den Inlandsverkehr gelangen können.

    (Hört! Hört!)

    Es besteht auch keine strenge Kontrolle darüber, daß nicht auf anderem Weg unverzollte und unversteuerte, zugunsten von Angehörigen der Besatzungsmächte oder deutschen Angestellten eingeführte oder abgegebene Waren unverzollt und unversteuert in den deutschen Verkehr gelangen.
    Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Geschenk- und Liebesgabenverkehr. Es gibt weite Kreise, die es verstehen, aus dieser der Wohlfahrt und Liebestätigkeit gewidmeten Maßnahme ein auf Gewinn gerichtetes Geschäft zu machen.

    (Sehr wahr!)

    Es ist dringend nötig, dieses Gebiet gründlich zu bereinigen und auf seine ursprünglichen Aufgaben, die Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen, zu beschränken. Entsprechende Maßnahmen sind in Vorbereitung; aber auch auf diesem Gebiet sind wir nicht allein Herr unserer Entschlüsse.
    Das Bundesministerium der Finanzen und mit ihm die Bundesregierung sind in Erkenntnis dieser Sachlage zu der Überzeugung gekommen, daß eine


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    Bekämpfung des Schmuggels unter allen Umständen notwendig ist und versucht werden muß, daß aber die Hilfe der Hohen Kommissare in Anspruch genommen werden muß, um die Verfolgung des Schmuggels mit Maßnahmen aufzunehmen, die auch Aussicht auf Erfolg bieten,
    Das Bundesministerium der Finanzen hat daher schon vor Wochen den Herren Hohen Kommissaren ein Memorandum mit Vorschlägen überreicht. Ich freue mich, feststellen zu können, daß die Finanzberater der Hohen Kommissare dem Bundesministerium der Finanzen ihre volle Unterstützung zusagten.
    Am 26. April 1950 hat auch auf Einladung des Office of the United States High Commissioner for Germany — Trade Control Branch — eine Zusammenkunft von Beamten der alliierten und deutschen Behörden und von Vertretern der deutschen Kaffee- und Tabakindustrie stattgefunden. In dieser Besprechung hat man sich auf folgende Gesichtspunkte geeinigt.
    Erstens: Wenn auch die deutschen Behörden das Personal und die Ausrüstung der in Betracht kommenden Zolldienststellen schon verstärkt haben und weiter verstärken wollen, so sind doch zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um die illegale Warenbeförderung in das und aus dem Bundesgebiet wirksam zu überwachen.
    Zweitens: Notwendig ist die enge Zusammenarbeit zwischen den Bundesbehörden und den Besatzungsmächten, um den Schmuggel durch internationale Banden, verschleppte Personen, Besatzungspersonal und Deutsche unter Kontrolle zu bringen.
    Drittens: Notwendig ist eine strengere Kontrolle der Besatzungsstreitkräfte über ihr Personal hinsichtlich der Einfuhr von Waren mit Schwarzmarktmöglichkeiten und die Überführung von nichtversteuerten, durch die Vermittlung der Besatzung erhaltenen Waren in die deutsche Wirtschaft.
    Viertens: Eine ausgedehnte Kontrolle und weitere Beschränkung der Liebesgabensendungen, besonders von Geschenkpaketen, muß gefordert werden.
    Fünftens: Notwendig ist die Schaffung von einheitlichen und wirksamen gesetzlichen Bestimmungen für die Verfolgung von Ausländern und verschleppten Personen, die in Schmuggeltätigkeit verwickelt sind.
    Diese Besprechung ergab somit volle Übereinstimmung über die Zusammenarbeit der beiderseitigen Behörden im Kampf gegen das Schmuggelunwesen. Die alliierten Vertreter haben den deutschen Zollbehörden volle Unterstützung bei der Lösung dieses Problems hinsichtlich der Zollüberwachung zugesagt, soweit die Zollbehörden der Mitwirkung der Besatzungsmächte bedürfen.
    Das Bundesministerium der Finanzen wird auf Grund dieser Besprechungen und Verhandlungen den Hohen Kommissaren die konkret formulierten Vorschläge für die Ergreifung von Einzelmaßnahmen unterbreiten und deren Unterstützung sich sichern. Ich darf die Erwartung aussprechen, daß es dann, wenn diese Unterstützung wirklich gewährt wird, gelingt, den Schmuggel wirksamer als bisher zu bekämpfen und ein Unwesen auszurotten, das nicht nur volkswirtschaftlich, sondern auch sittlich von der größten Gefahr für unser deutsches Volk ist. Ich möchte bei dieser Gelegenheit für das Verständnis danken, das ich in dieser Frage bei den Herren
    Alliierten Hohen Kommissaren bisher gefunden habe.
    Werden diese Maßnahmen eingeleitet, so muß die Bundesregierung aber auch von der deutschen Bevölkerung verlangen, daß sie von ihr Unterstützung findet. Die Bundesregierung wird daran erinnern müssen, daß der Verkauf und Verbrauch von unversteuerten und unverzollten Waren Steuerhehlerei ist und daß gleichzeitig mit dem Kampf gegen den Schmuggel selbst auch der Kampf gegen die Steuerhehlerei nunmehr aufgenommen werden muß. Die Bundesregierung muß darauf verweisen, daß Schmuggel kein Kavaliersvergehen, sondern Betrug an der Allgemeinheit ist

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    und daß das gleiche für die Steuerhehlerei gilt.
    Ich möchte meine Ausführungen nicht schließen, ohne der Beamtenschaft zu gedenken, die diese Aufgabe mit zu lösen hat. Ich glaube aussprechen zu dürfen, daß es nur ganz wenige Personen gewesen sind, die den großen Versuchungen der mit sehr reichen Mitteln arbeitenden Schmuggler und Schieber unterlegen sind. Soweit sie festgestellt werden konnten, wurden sie unnachsichtlich bestraft und entfernt. Der großen Mehrzahl der deutschen Zollbeamten möchte ich aber das Zeugnis ausstellen, daß sie in voller Hingabe und Treue ihre Pflicht erfüllen.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Besold.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Anton Besold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Bayernpartei hat mit Drucksache Nr. 800 am 29. März 1950 den Antrag gestellt:
    Der Bundestag wolle beschließen:
    Die Kaffeesteuer wird mit sofortiger Wirkung um 75 % des gegenwärtig geltenden Satzes gesenkt.
    Den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers auf die eingereichte Interpellation haben wir entnommen, daß das Bundesfinanzministerium derzeit noch keine Möglichkeit sieht, den ungeheuren Gefahren des Schmuggels im Wege der Steuersenkung entgegenzutreten, daß aber andererseits mit den Alliierten Hohen Kommissaren Vereinbarungen über die Bekämpfung des Schmuggels getroffen worden sind. Wir sind für dieses Entgegenkommen der Alliierten dankbar, und wir würden uns freuen, wenn dieses Entgegenkommen praktische Auswirkungen haben würde.
    Dessenungeachtet ist es aber unmöglich, sich nur hierauf zu verlassen. Wir müssen aus uns selbst heraus Maßnahmen ergreifen, um der großen Notlage des gesamten Kaffeehandels und der damit zusammenhängenden Betriebe gerecht zu .werden Es steht fest, daß sich der gesamte Kaffeehandel nicht erst seit gestern und vorgestern in dieser ungeheuren Gefahr befindet. Schon seit acht Monaten schickt der Kaffeehandel an sämtliche Behörden Gutachten und Denkschriften mit begründetem Material. Es ist also in der Tat höchste Zeit zum Eingreifen, wenn nicht dieser ganze Wirtschaftssektor zugrunde gehen soll.
    Neben diesen seit acht Monaten zu beobachtenden Bemühungen, die das lawinenartige Anschwellen des Schwarzhandels nicht aufhalten konnten, ist zu verzeichnen, daß ein Eingriff bisher nicht erfolgt ist. Meine Fraktion hat sich deshalb, durch diese Notschreie veranlaßt, mit einem Schreiben vom 23. Februar 1950 sowohl an das Bundesfinanzministerium


    (Dr. Besold)

    als auch an das Bundeswirtschaftsministerium gewandt, um zu erfahren, welche Maßnahmen ergriffen werden, und wir haben damals schon erklärt, daß nur eine 75%ige Senkung der Kaffeesteuer eine durchgreifende und wirksame Maßnahme wäre. Das Bundesfinanzministerium hat auf dieses Schreiben vom 23. Februar mit Schreiben vom 24. März 1950 geantwortet:
    Die Frage einer Senkung der Kaffeesteuer wird zur Zeit von mir geprüft. Nach Abschluß der Prüfung werde ich mir erlauben, Ihnen weitere Nachricht zukommen zu lassen.
    Einen Tag darauf, am 25. März 1950, hat der Herr Bundeswirtschaftsminister persönlich einen Brief an uns gerichtet, dessen Inhalt bereits weit positiver gewesen ist, und aus dem man ersehen konnte, daß sich das Bundeswirtschaftsministerium mit diesen Vorgängen bereits eingehendst beschäftigt hatte und auch schon zu Entschlüssen und Beschlüssen gekommen ist, nämlich denen, daß eine wirksame Bekämpfung des Schwarzmarktes im Interesse der einschlägigen Betriebe nur dadurch erfolgen kann, daß eine Herabsetzung der Verbrauchsteuern auf 25 % vorgenommen wird. Das steht in dem Schreiben des
    Herrn Bundeswirtschaftsministers vom 25. März 1950.
    Wenn schon seit acht Monaten diese gesamten Wirtschaftszweige ihre Not und die zugrunde liegenden Tatsachen den einschlägigen Ministerien dargelegt haben und bis heute noch nichts Wirksames geschehen ist, ja die Verhältnisse sogar katastrophal sind, dann können wir nicht damit einverstanden sein, daß jetzt nochmals Erfahrungen gesammelt werden sollen, weil, bis diese neuen Erfahrungen gesammelt sein werden, die genannten Wirtschaftszweige endgültig erledigt sind.

    (Sehr richtig! bei der BP.)

    Ich möchte Ihnen aus dem gesamten Material, das mir ebenfalls vorliegt, nur einige Schlaglichter zeigen, aus denen verständlich wird, wieweit die Situation im Kaffeehandel ist. Die illegalen Umsätze in Bayern, im Aachener Gebiet und an anderen Plätzen sind seit geraumer Zeit wesentlich höher als die Umsätze des legitimen Handels. In Süddeutschland liegt die Kaffeeversorgung der gastronomischen Betriebe und Verbraucher zu 70 bis 80, an verschiedenen Plätzen sogar bis zu 90 % beim Schwarzhandel. Der Damm der wenigen hundert Zollfahndungsbeamten und -angestellten und die Anstrengungen des Kaffeehandels selber, den Schmuggel abzuwehren, sind durch diese ungeheure Inflation des Schmuggels durchbrochen. Die Quellen, die diese wenigen Beamten, welche tatsächlich ihr Bestes getan haben, verstopfen sollen, sind zuviele. Wir haben es ja schon gehört: Transitverkehr, Liebesgaben, Schmuggel über die Grüne Grenze, amerikanischer Dosenkaffee, Postversand, Mißbrauch der IRO, widerrechtliche Benützung von US-Frachtbriefen und -Fahrbefehlen. Aber noch einige ganz krasse Beispiele: Eine Münchner Kaffeespezialfirma, die im November 1949 noch einen Monatsumsatz von 150 000 DM hatte, hat seit Mitte Dezember bis Ende Januar keinen Kaffee mehr rösten und verkaufen können. Man schätzt den täglichen Umsatz in der Münchner Möhlstraße im Dezember auf 25 bis 30 Tons täglich während deer größte Röster in Bayern etwa 200 kg Röstkaffee pro Tag umsetzen kann.

    (Hört! Hört! bei der BP.)

    Im letzten Viertel des vorigen Jahres wurde offiziell mitgeteilt, daß das Loch im Westen, also im

    (C Steuerund Zollverluste kostet. Ein weiteres Beispiel: Allein aus dem Ostsektor von Berlin wurden im Dezember 1949, im Januar und Februar 1950 nicht weniger als 4 500 000 kg Rohkaffee unter Umgehung der Kaffeesteuer, die 10 DM pro Kilo beträgt, in das Bundesgebiet verschoben. (Zurufe von der KPD: Da lachen ja die Hühner! — Sie verwechseln wohl die Sektoren!)


    (Abg. Frau Kalinke: Unerhört!)

    — Ich glaube, die Sektoren verwechsle ich nicht; Sie wollen nur die Sache vertuschen! Meine Herren, hier wird eine klare Sprache gesprochen!

    (Zuruf von der KPD: Das merken wir!)

    Zu den Folgen des Schwarzmarktes für den Staat möchte ich weiterhin auf folgendes hinweisen. Wir haben schon gehört, daß allein der direkte Verlust für den Fiskus, wenn man, was gering bemessen ist, nur 300 000 Sack Kaffee zugrunde legt, die durch den Schwarzhandel hereinkommen, an Zöllen, Verbrauchsteuern , und Umsatzausgleichsteuern 216 Millionen DM beträgt. Der indirekte Verlust an Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer bowie die durch die Gegengeschäfte — schwarze Ausfuhr und schwarze Devisentransaktionen — entstandenen Einbußen für den Staat werden, allein auf den Kaffeehandel berechnet, mit 500 bis 600 Millionen DM beziffert.
    Die Folgen für den Kaffeehandel, die sich aus der nicht wirksamen Bekämpfung des Schwarzmarktes ergeben, bestehen darin, daß die Kaffeespezialfirmen zum Erliegen kommen und der Importhandel wegen der aufgenommenen Bankkredite in die größten Schwierigkeiten kommt und neue Importe a nicht durchführen kann. Die allgemeinen Folgen, die sich aus der nicht wirksamen Bekämpfung des Schmuggels ergeben, sind die außergewöhnlichen Verdienstspannen auf Grund der Steuerhinterziehung, nämlich 8,20 DM an Zoll, Verbrauchsteuer, Umsatzausgleichsteuer und Umsatzsteuer je 1/2 kg Röstkaffee; und das ist für die weitesten Kreise ein Anreiz, sich dem Schwarzhandel zu ergeben.
    Diese Gesamtsituation wird verschlimmert und das Hineinschleusen weiter Kreise in den Schmuggel wird verstärkt dadurch, daß im Volk die Kaufkraft fehlt, um die auf legalen Wegen hereingekommenen Waren in solchen Mengen zu kaufen. Deshalb geht die Menge auf den illegalen Markt. Unsere Arbeitslosigkeit treibt die Leute ebenfalls auf den illegalen Markt. Der Einnahmerückgang bei den gastronomischen Betrieben und den Einzelhandelsunternehmungen treibt diese ebenfalls dazu, sich an diesem illegalen Markt zu beteiligen, wenn sie nicht zugrunde gehen wollen. Ferner ist dabei die allgemeine Verwilderung der Jugend zu berücksichtigen. Man muß wissen, daß z. B. im Aachener Gebiet täglich 200 Anzeigen wegen Schmuggels erstattet werden. Hier sehen wir die verheerenden demoralisierenden Wirkungen.
    Auch aus einem andern Grunde muß die Frage der Steuersenkung in Angriff genommen werden. Dieser betrifft die wirtschaftliche Lage Deutschlands auf diesem Sektor im Verhältnis zu den uns umgebenden Ländern. In Deutschland bestand schon immer ein hoher Zollsatz für Kaffee. Er betrug schon vor dem Krieg 1,60 Mark pro Kilo. Mit dem Zollsatz stand Deutschland im Vergleich zu den andern Ländern immer an der Spitze. Jetzt ist durch den sechsfachen Betrag der Verbrauchssteuer von 10 DM je Kilo eine sechsfache Bela-


    (Dr. Besold)

    stung gegenüber dem Ausland gegeben. Neben Deutschland hat nur noch Italien die Verbrauchsteuer. Bei den Beneluxstaaten ist Kaffee überhaupt zollfrei. Auch diese Tatsachen sind bei der Gesamtbeleuchtung der Frage in Betracht zu ziehen.
    Ich möchte Ihnen mit einem kurzen Satz diese Situation im Kaffeehandel ganz volkstümlich beleuchten.