Rede von
Dr.
Franz Josef
Strauß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob der Kollege Loritz sich selbst für einen Juristen hält. Ich habe in diesem Falle dann das Glück, keiner zu sein. Ich gebe ihm aber darin recht, daß außer dem § 48 a der Geschäftsordnung, der in diesem Falle nicht ausreicht, noch andere Paragraphen notwendig wären, um solche Anträge zu verhindern.
— Welche Paragraphen, überlasse ich den Juristen, die sich dann um diese Nummern streiten dürfen.
Zu den Anträgen, die hier eingereicht worden sind, müssen wir folgendes bemerken. Es besteht darüber kein Zweifel, daß unsere Aufgabe im Laute unserer Tätigkeit darin liegt, den durch die alliierten Gesetze geschaffenen überhöhten Steuerdruck Stück um Stück abzubauen. Das geht aber nicht so, daß man jeden Tag mit einem neuen Antrag kommt, einmal mit der Biersteuer, dann mit der Tabaksteuer, dann mit der Kraftfahrzeugsteuer usw.,
— dann mit den Eierpreisen usw.
Es handelt sich hier um etwas ganz anderes. Wir sind auf dem Wege der Steuersenkung bisher ohne Zweifel systematisch und gegenüber der Militärregierung, die ja heute leider noch die Kontrolle und Genehmigungsbefugnis hat, richtig vorgegangen, indem wir die überhöhte Steuerbelastung Stück um Stück abbauen. Wir haben mit der Einkommensteuer angefangen. Wir haben erlebt, mit welchen Schwierigkeiten es verbunden war, diese Steuer herabzusetzen. Es wird fortgefahren mit der Biersteuer und der Zigarrensteuer. In absehbarer Zeit wird die Frage der Zigarettensteuer und der Kaffeesteuer akut werden. Es geht aber nicht so, daß man nur aus Agitationsgründen alles wie Kraut und Rüben durcheinanderwirft.
Man muß nämlich unterscheiden — und das kann man, auch wenn man nicht Jurist ist — zwischen Bundessteuern und Landessteuern. Und gerade in der Frage der Landessteuern können wir nicht vorgehen, ohne daß auch die Länderfinanzminister und der Bundesrat dazu gehört werden.
Der Vorschlag, der hier mit Drucksache Nr. 764 eingereicht worden ist, hat weder Hand noch Fuß und vor allen Dingen überhaupt nicht einmal einen Kopf. Es heißt darin: ..Der Bundestag wolle beschließen: Die Kraftfahrzeugsteuer wird . . . vermindert." Eine solche Verminderung ist ja nicht durch einen Beschluß möglich, sondern ausschließlich durch ein Gesetz, das den vorgeschriebenen Weg geht. Dann machen Sie ein Gesetz, Herr Loritz, und schauen Sie, wie weit Sie damit kommen.
Und wenn man jetzt schon von der Kraftfahrzeugsteuer als von einer Landessteuer redet, so möchte ich Ihnen noch einen guten Rat geben, wenn Sie auch von uns einen guten Rat sicher ungern annehmen. Herr Loritz, Sie stehen ja in Bayern nach Ihrer Meinung kurz vor der Machtübernahme.
Sie werden dann als Ministerpräsident in Bayern eine Reihe schwieriger Verpflichtungen zu erfüllen haben. Und wenn Sie sich jetzt selber Ihrer eigenen Einkommensquellen für die Zukunft berauben, schwächen Sie Ihre künftige Position!
Im Zusammenhang damit eines: Ich kann mich ja mit Ihnen, Herr Loritz, in Ihrer Vielseitigkeit nicht messen, nachdem Sie als Sachverständiger für Bier, Milch, Kaffee, Blumenkohl, Eier, Benzin und nach Aufklärung auch für Dieselkraftstoff auftreten; aber eines weiß ich sehr genau: daß die Vorschläge, die Sie neulich zum Beispiel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gemacht haben, nämlich Kürzung der öffentlichen Haushalte um zehn bis zwanzig Prozent, gerade den Personenkreis am schwersten treffen müßten, den Sie am meisten zu vertreten vorgeben. Kürzen Sie einmal die öffentlichen Haushalte um zehn bis zwanzig Prozent! Sie meinen damit die Personal- und Verwaltungskosten.
Achtzig Prozent der öffentlichen Haushalte bestehen aber heute aus Kriegsfolgelasten und dem, was damit im Zusammenhang steht. Sie treten also ein für eine Kürzung der Kriegsbeschädigten-
renten, der Fürsorgerenten, der Flüchtlingsrenten. Dafür treten Sie mit Ihren Ausführungen ein.
Und wenn ein Zwischenrufer zu diesen Ausführungen heute „heller Unsinn" gesagt hat, so hätte ich als Präsident diesen Zwischenrufer auch nicht gerügt.
Um jetzt zu der Sache zurückzukommen: Wenn Sie schon in Ihren Versammlungen sagen, daß die Arbeitslosigkeit mit einem Federstrich beseitigt werden könnte, wenn die Regierung nur wollte, so bitte ich zu bedenken, daß zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit Mittel gehören. Sie werden ja nach Ihrer Meinung in Bayern bald Gelegenheit haben, dieses Exempel vorzuexerzieren.
Dann. dürfen Sie sich aber nicht selber vorher die Mittel zur Durchführung Ihres Programms wegnehmen.
Was die Kraftfahrzeugsteuer anbetrifft, so ist allgemein bekannt, daß der Tarif der Kraftfahrzeugsteuer vorn März 1935 durch das Kontrollratsgesetz Nr. 14 vom 11. Februar 1946 um 50 % erhöht worden ist und daß später noch einmal für Lastkraftwagen durch Kontrollratsgesetz Nr. 51 eine weitere Erhöhung eingetreten ist. Der Grund für die Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer bestand aber, wie der Bundesfinanzminister vorhin ausgeführt hat,
darin, daß die Ausgaben, die mit den Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer bestritten werden, ebenfalls einen größeren Umfang angenommen haben, nämlich die Ausgaben für Straßen- und Brückenbau. Wenn Sie auch immer in zwei Schlafwagenbetten nach Bonn fahren und Ihr Auto anscheinend irgendwo anders haben, wir jedenfalls legen Wert darauf, daß die Straßen in Bayern und Deutschland in einem guten Zustand sind.