Rede von
Gustav
Gundelach
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Über den historischen Verlauf dieser Angelegenheit, die allmählich tragisch geworden ist, brauche ich keine weiteren Ausführungen zu machen. Das hat bereits Kollege Baur getan. Aber gestatten Sie mir die Bemerkung, daß die Vertreter der Regierungsparteien im Haushaltsausschuß den nunmehr zu beratenden Antrag betreffs Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzungsverordnung von 1930 angenommen haben. Dieser Antrag ist ein Dokument dafür, wie die Regierungsparteien sich in dieser so wichtigen Angelegenheit um eine klare Stellungnahme herumdrücken. Dieser Antrag, der uns heute zur Beratung vorliegt, hat es — das kann man schon sagen — in sich. Ich muß mit einigen Sätzen darauf eingehen. Er besteht aus zwei Teilen, Ziffer 1 und 2, und er ist so gut und ausgezeichnet formuliert. daß Ziffer 2 die Ziffer 1, die positiv für die Beamten ist, wieder aufhebt.
Ziffer 1 lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
1. der unverzüglichen Aufhebung der sechsprozentigen Gehaltskürzung auf Grund der Ersten Notverordnung vom 1. Dezember 1930 zuzustimmen.
Das ist eine absolut klare Formulierung, und ich sage, es dürfte eigentlich in diesem Hause kein Abgeordneter da sein, der heute den Mut hätte, sich um eine klare Entscheidung herumzudrücken. Er sollte diesem Teil des Antrags seine Zustimmung geben. Aber es gibt leider Abgeordnete, die unter „unverzüglich" etwas ganz anderes verstehen und nicht darunter verstehen, daß es sofort zu geschehen hat. Es gibt nämlich Abgeordnete der Regierungsparteien, die im Haushaltsausschuß auch der Ziffer 2 des vorliegenden Antrags ihre Zustimmung gegeben haben. Und diese Ziffer 2 hat folgenden Wortlaut:
Der Bundestag wolle beschließen:
2. diese Aufhebung
— gemeint ist die unverzügliche Aufhebung — soll in einer sachlichen und zeitlichen Abstimmung mit den Maßnahmen erfolgen, die auf Grund des Art. 131 des Grundgesetzes vorbereitet sind.
Das heißt weiter verzögern, ja das heißt: wir wollen den Beamten ihre berechtigten Ansprüche nicht gewähren.
Hier ist die Frage berechtigt: Was wird hier gespielt? Wie lange wollen Sie, meine Herren von den Regierungsparteien, den im Bundesdienst stehenden Beamten die Zahlung der durch Notverordnung ihnen abgezogenen sechs Prozent Gehalt vorenthalten? Sagen Sie es den Beamten doch endlich einmal in klarer, unmißverständlicher deutscher Sprache, die jeder versteht, daß Sie nicht willens sind, die sechsprozentige Gehaltskürzung ab 1. Januar, wie das in dem Antrag festgelegt ist, voll nachzuzahlen. Sagen Sie es den Beamten einmal mit aller Offenheit, daß -Sie formell für die Aufhebung der Gehaltskürzungsverordnung sind, daß
Sie aber mit der Aufhebung dieser Verordnung eine allgemeine Gehaltskürzung vornehmen wollen. Hier werden Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, heute Farbe bekennen müssen.
Um eine klare Entscheidung herbeizuführen, beantragt meine Fraktion die Streichung der Ziffer 2 des vorliegenden Antrags. Unser Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:
Der Bundestag wolle beschließen,
1. Ziffer 2 der Drucksache Nr. 830, die wie folgt lautet: „Diese Aufhebung soll in einer sachlichen und zeitlichen Abstimmung mit den Maßnahmen erfolgen, die auf Grund des Art. 131 des Grundgesetzes vorbereitet sind", zu streichen.
Wenn Sie diesem Teil unseres Antrages als erstes Ihre Zustimmung geben, dann kommen morgen die Beamten in den Genuß des sechsprozentigen Gehaltsabzugs ab 1. Januar dieses Jahres.