Rede von
Bernhard
Winkelheide
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Anliegen, das heute morgen zur Beratung steht, den Kindern und der Familie zu helfen, sind sich, glaube ich, alle Fraktionen dieses Hauses einig, Darum will ich wegen der vorgerückten Zeit die Begründungen, die hier gegeben worden sind, nicht wiederholen. Aber grundsätzlich sei mir zu dem vorliegenden Antrag Nr. 774 der SPD ein Wort gestattet. Der Antrag auf Gewährung von Kinderbeihilfen kommt
Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, glaube ich, nicht so ganz aus dem Grunde des Herzens heraus.
— Bitte, ich weiß das; da schwingen bei Ihnen einige optische, taktische und kluge sozialistische Überlegungen mit.
Ich muß hier feststellen, 175 Tage hat unser Antrag Nr. 163 in den Akten des sozialpolitischen Ausschusses geruht, ohne behandelt zu werden.
Wenn der Herr Abgeordnete Richter eben mit so warmen Worten seinen Antrag begründet hat und für die Familie eingetreten ist, dann hätte er ja sein warmes Herz bereits im November oder Dezember entdecken können, um da unsern Antrag zu behandeln. Dann wäre heute bereits das Gesetz verabschiedet.
Eine zweite Begründung möchte ich Ihnen sagen. Ich glaube, daß trotz dieser eben dargelegten Aufschlüsselung der Summe — es seien im Endeffekt nur 500 Millionen, so nach den Berechnungen des Herrn Senators van Heukelum, zu zahlen diese 500 Millionen sind die Grundlage der Diskussion der Familien-Ausgleichskasse — insgesamt bei diesem Ihrem Antrag ein Trugschluß vorliegt. Dieser Ihr Antrag geht, weil Sie generell 20 DM Kinderbeihilfe verlangen, bedeutend weiter und macht einen Gesamtaufwand von mehr als 2,5 Milliarden, fast 3 Milliarden DM aus. Denn im Bundesgebiete haben wir nicht 10 soundso viel Millionen Kinder, sondern rund 12 Millionen.
— Aus den statistischen Unterlagen, die auch Ihnen zur Verfügung gestanden haben und allgemein jedem Abgeordneten zur Verfügung stehen.
Ich glaube, wenn Sie ganz objektiv Ihren Antrag betrachten, dann müssen Sie sich selber sagen, daß diese hohe Milliardensumme im Augenblick einfach nicht aufzubringen ist, oder wir müßten über Nacht vor die Tatsache gestellt werden, daß die Besatzungskosten von uns nicht mehr zu zahlen seien.
Ich meine, hier liegt eine zweite Begründung, einmal die Hinauszögerung unseres Antrags und zweitens die totale große Forderung. Sie wollen jetzt wieder, sagen wir einmal, vor den Wahlen etwas sozialen Stoff für die Presse usw. haben.
Ich garantiere Ihnen, am morgigen Tage wird Ihre Presse schreiben: „CDU/CSU und Koalition lehnen Kinderbeihilfe ab".
Und noch eine dritte Begründung gebe ich Ihnen. Am 2. März ist an dieser Stelle von der verehrten Frau Kollegin Albrecht in der Diskussion
um das Beamtengesetz folgendes gesagt worden. Sie antwortete damals dem Herrn Kollegen Dr. Wuermeling, als er von der Stellung und Würde der Frau in der sozialen Gemeinschaft sprach.
— Herr Renner, in dieser Frage sind Sie gar nicht zuständig! Da haben Sie gar keine Meinung.
Ihre Auffassung von Ehe und Familie pendelt zwischen der freien Liebe und ,dem Mutterkreuz hin und her!
Die Frau Kollegin Albrecht hat folgendes gesagt:
Ihre Worte, Herr Wuermeling, wären passend gewesen in einer Zeit, als man noch Petroleum in der Hängelampe brannte und die drei großen K — ich brauche sie im einzelnen nicht besonders zu nennen — ausschließlich das Privileg der Frauen waren. Vielleicht erinnern sich einige nicht mehr an diese drei großen K: Kinder, Küche, Kirche. Jedes zu seiner Zeit, und jedes an seinem Platz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren der
SPD-Fraktion, in dieser Formulierung liegt in der
Tat eine nicht gerade sehr hohe und große Wertschätzung des Kindes seitens der verehrten Kollegin Albrecht.
Und heute finden wir Ihren grenzenlosen Antrag auf Gewährung dieser Kinderbeihilfen. Wir freuen uns an sich über die Wandlung, die sich da vollzogen hat.
Aber noch ein weiteres Wort grundsätzlich
dazu. Die Struktur Ihres Antrags zielt auf staatliche Kinderbeihilfe. Nicht die Kinderbeihilfe an sich, sondern die Staatseinrichtung lehnen wir von der CDU/CSU-Fraktion ab.
Dieser Weg entspricht nicht der Würde und der Freiheit der Familie und der Würde des Menschen.
Wenn Sie diese Einrichtung schaffen, wie sie einmal im nationalsozialistischen Staat bestanden hat, dann erweitern Sie den Charakter des Staates zum Wohlfahrtsstaat.