Meine Damen und Herren! Meine Fraktion legt Ihnen einen Antrag vor, der von der Regierung verlangt, daß sie ohne Verzug ein Gesetz ausarbeitet, das die Herstellung von Waffen und Waffenteilen verbietet, das die Einfuhr von Kriegsmaterial und solchem Material, das zur Herstellung von Waffen verwendet werden kann, verbietet und das schließlich die Beförderung jeder Art von Kriegsmaterial innerhalb des Bundesgebiets verbietet einschließlich des Transitverkehrs nach Frankreich, nach Italien und anderen Ländern Westeuropas.
Ichglaube, die Regierung müßte sich selbst verleugnen, wenn sie sich diesem Antrag gegenüber positiv verhalten wollte.
Ich sage das ganz offen darum, weil es feststeht, daß diese Regierung steht und fällt. mit der Erfüllung amerikanischer Wünsche, und weil es zweifellos ist: die amerikanischen Wünsche gehen dahin, auf deutschem Boden eine . Angriffsfront aufzurichten, aus Westdeutschland ein Aufmarschgebiet zu machen und die deutsche Jugend unter dem Zwang der Remilitarisierung und der Eingliederung in Söldnerarmeen zu stellen. Es ist klar, daß ein solcher Wunsch auch für die Haltung der Bundesregierung Befehl ist. Ich bin auch davon überzeugt, daß sich in diesem Hause eine Mehrheit finden wird, die gegen diesen Antrag Stellung nehmen wird, nicht darum etwa, weil sie die Tatsachen, die diesem Antrag zugrundeliegen, bestreiten könnte, sondern darum, weil sie in diesem westdeutschen Separatstaat mit seiner militärischen Dauerbesetzung eine Garantie für die Aufrechterhaltung der Klassenprivilegien des Großkapitals sieht und weil sie weiß, daß dieser Separatstaat nur dann weiterexistieren und garantiert werden kann, wenn er sich den amerikanischen Wünschen unterwirft, auch unterwirft den Plänen der amerikanischen Kriegsstrategie.
Trotzdem stellen wir diesen Antrag, weil wir das Haus zu einer offenen Stellungnahme zu den hier angeschnittenen Problemen zwingen wollen und weil wir ganz klar die Verantwortung für den Ablauf von Dingen feststellen wollen, die sich jetzt auf deutschem Boden abspielen. Wir sind uns bewußt, daß wir als Minderheit in diesem Hause einen solchen Antrag stellen. Aber gleichzeitig wissen wir, daß wir mit diesem Antrag die Interessen der erdrückenden Mehrheit unseres Volkes vertreten,
die Interessen aller derjenigen in Deutschland und in der Welt, die den Frieden erhalten wollen.
Meine Damen und Herren, ich möchte nur einige wenige der Tatsachen hier erwähnen, die uns zur Einreichung dieses Antrages veranlaßt haben. Zuerst möchte ich von einigen Beispielen der Kriegsproduktion auf westdeutschem Boden sprechen, Bei den Flugzeugwerken von Blohm & Voß in Hamburg, die unter britischer Regie stehen, werden seit einiger Zeit Panzer montiert, Ersatzteile werden bereits im Werke hergestellt; die Einfuhr
von Einzelteilen aus England wird immer mehr eingeschränkt und durch deutsche Produktion ersetzt. Bei der Firma Schmieding in Köln werden Kompressoren für Langstreckenflugzeuge hergestellt,
bei den Deutschen Metallwerken in Altena Patronenhülsen für Handfeuerwaffen. Ein Metallwerk in Neuß stellt Spezialschrauben her in besonders abgetrennten Räumen, in denen die Belegschaft über ihre Tatigkeit zum Schweigen verpflichtet ist. Eine Solinger Firma, die früher Fallschirme herstellte, wurde bereits gefragt, ob sie heute wieder einen größeren Auftrag übernehmen könne. Die Firma Börkey in Hagen stellt umfangreiches Kriegsmaterial her, darunter spanische Reiter, meterhohe Stacheldrahtringe usw., die nach Hannover, nach Hamburg, nach Köln und in das Moselgebiet transportiert werden. Dem Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes Böckler sind diese Tatsachen aus dem letztgenannten Betriebe bekannt. Er versprach, etwas zu unternehmen, doch bis heute hüllt er sich über die Affäre in Schweigen.
Verschiedene Betriebe der Schwerindustrie in Nordrhein-Westfalen erzeugen heute bereits wieder einen Sonderstahl mit der Bezeichnung PSt, der während des Krieges ausschließlich für Rüstungszwecke produziert wurde. Die Firma Scholp in Karlsruhe richtete ein Angebot an zahlreiche Firmen, größere Mengen khakifarbener Tarnnetze in der Größe von 7x14 herzustellen. In Worms wird die dortige Munitionsanstalt wiederhergerichtet. In Stockstadt am Rhein wird die Produktion von Gewehrständern wieder aufgenommen. In der Konkordiahütte in Koblenz werden Panzergehäuse gebaut. Bei der Firma Hilgers in Rheinbrohl ist die Produktion von Pontons für die französische Armee aufgenommen. Meine Damen und Herren, ich könnte diese Liste beliebig lange fortsetzen, und diejenigen Herren, die in der deutschen Schwerindustrie Bescheid wissen, müßten, wenn sie ehrlich sind, die Echtheit dieser Angaben nicht bloß bestätigen, sondern diese Angaben sogar erweitern können.
Ich möchte Ihnen nun aus dem Komplex des Transports von Kriegsmaterial über deutsche Städte und Häfen einige Dinge angeben. Es ist bekannt, daß in letzter Zeit umfangreiche Transporte von Panzern mittlerer Schwere bis zu 45 Tonnen im Hafen von Bremerhaven gelöscht worden sind. Es ist bekannt, daß die ehemaligen Munitionszubereitungsanlagen in Lübberstedt wiederhergestellt wurden und daß dort eine Ausbildung für die Entladung an Kränen für schweres Gut vorgenommen wird an einer großen Anzahl junger deutscher Menschen, die durch deutsche Stellen aus dem Ruhrgebiet und aus Niedersachsen dorthin geworben worden sind. Es ist bekannt, daß bei Munitionsentladungen im Hafen von Nordenham vor einigen Wochen schwere Vergiftungserscheinungen vorgekommen sind.
Schließlich ist bekannt, daß im Hafen Brake in der letzten Zeit umfangreiche Verstärkungen an den Hafenanlagen vorgenommen und schwere Betonladungen hingesetzt werden;
(Abg. Dr. Wellhausen: Da handelt es sich nur um
Ausladungen von schweren Kränen!)
Zu diesem Zweck werden auch zwei neue Kräne errichtet, die ausschließlich für die Entladung von schweren Panzern bestimmt sind.
— Meine Herren, ich überlasse es Ihnen sehr gern, darüber Witze zu machen.
Wenn Sie einmal die Verantwortung übernehmen wollen für neue Millionen Tote,
die durch solche Dinge hervorgerufen werden, wird Ihnen das Lachen und das Witzemachen vielleicht vergehen.
Meine Damen und Herren, es gibt weitere Meldungen über umfangreiche Vorbereitungen auf deutschem Boden, insbesondere auch in der französischen Zone.
Soll ich Ihnen schildern, was sich auf Flugplätzen in der amerikanischen und französischen Zone in der letzten Zeit abgespielt hat?
Soll man das Beispiel des von Wiesbaden aufgestiegenen Marinebombers hier besonders behandeln, von dem jeder weiß, daß er in einer unerhörten Weise den Frieden gefährdet hat?
Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß hier in der britischen Zone im Gebiet des Teutoburger Waldes und im Gebiet der Lüneburger Heide Dutzende von Ortschaften geräumt werden mußten, um Platz zu machen für die Errichtung von Manöverplätzen, von Bombenabwurfplätzen usw. Sie kennen die Explosionskatastrophe von Prüm. Sie wissen, daß es sich hier um neuangeliefertes amerikanisches Sprengstoffmaterial handelte, und Sie könnten es wissen, daß in Kaiserslautern ähnliche Riesenlager modernster Munition unter amerikanischer Bewachung in besonderen Anlagen bestehen, zu denen nicht einmal Angehörige der französischen Besatzungsmacht Zutritt haben. Es gibt ähnliche militärische Anlagen der Amerikaner in der französischen Zone im Hunsrück, die für die deutsche Zivilbevölkerung und die Franzosen hermetisch abgeschlossen sind.
Jetzt schon werden wieder alle großen Zufahrtsstraßen, die zum Rhein führen, unterminiert, auf Entfernungen von je 200 m mit Sprenglöchern versehen, und man ist bereits daran gegangen, auch die Loreley anzubohren,
mit Sprenglöchern zu versehen.
— Wenn Sie sich darüber beruhigt haben, dann möchte ich Sie bitten, einmal einen Moment ernsthaft nachzudenken.
— Ihr Lachen soll nur den Ernst des Problems vertuschen!