In mir stieg anläßlich dieses Erlebnisses der letzten halben Stunde ein Wunsch auf,
der Wunsch nämlich, daß man alle technischen Wundermittel, die die letzten Jahre uns gebracht haben, heute hätte in den Dienst der Orientierung und Aufklärung der Kriegsgefangenen draußen im Lande stellen müssen.
Es wäre eine gute Lehrstunde für die Kriegsgefangenen gewesen, wenn sie diesen Skandal, der sich gestern und heute hier abgespielt hat, hätten erleben können.
— Herr Strauß, wenn Sie das Generationsproblem darin erblicken, daß Sie lauter schreien können als ich, irren Sie sich in dem Punkt ebenfalls.
Gestern fiel hier das Wort, daß dieses Gesetz die
Abgeltung einer Ehrenschuld .des deutschen Volkes an die Kriegsgefangenen sei.
Wir haben behauptet, daß Sie die Kriegsgefangenen
in der Hauptsache benutzt haben, um mit ihnen ein übles politisches Geschäft zu machen.
Wir haben Ihnen nachgesagt, daß Sie sie zum Objekt Ihrer Politik machen.
Es ist hier gesagt worden, es handele sich um Kriegsgefangene, um Menschen. Es handelt sich nicht um die Kriegsgefangenen.
— Herr Strauß, ich kann noch lauter schreien als Sie. Geben Sie sich keine Mühe! — Heute fiel die Behauptung, es handele sich um die Kriegsgefangenen; es handelt sich nicht um die Kriegsgefangenen. Es handelt sich für' Sie um ein Objekt in Höhe von 4 Millionen DM. Darum geht es.
Es handelt sich um ein Objekt von 4 Millionen DM. Das hat der zuständige Herr Minister ausgerechnet. Was ist los? Als sich gestern herausstellte, daß durch die so christlich eingestellte CDU/CSU sich dieser Bayernspalt zog,
hat uns einer der absolut treuen Adenauer-CDU-Leute das hier folgendermaßen erklärt. Stenogramm! — Ich habe ein gutes Gedächtnis. — Er sagte — das ist gut zu erklären —, daß die Bayern für ein Entlassungsgeld von 150 DM sind; sie haben nämlich die Bekleidungsstücke, die mit der Übergangshilfe im Falle der Bedürftigkeit gegeben wurden, in einem derartig riesigen Ausmaß angekauft, daß sie da sehr billig abgekommen sind. Das war der Herr Arndgen, der .das erklärte; heute ist er nicht da. Also die Sache scheint nach Ihrer eigenen Auffassung, nach der Auffassung in Ihrer Fraktion so zu sein, daß die Bayern diese Übergangshilfe sehr billig gestalten konnten, weil sie vermutlich da irgendwo billig STEG-Waren — Lumpen — beschaffen konnten. So liegen die Dinge.
— Überlassen Sie die Beurteilung meiner Intelligenz anderen Leuten aus Ihrer Fraktion, die etwas objektiver als Sie darüber denken. Fangen Sie mit mir keinen Streit an, Sie sind bloß dabei der Dumme, den Eindruck habe ich.
Bleiben wir bei den realen Tatsachen. Gestern ist ein Entlassungsgeld in Höhe von 150 DM
bewilligt worden. Als Beweis für das Vorliegen von Hintergründen hat uns ein CDU-Mann erklärt, das könnten die Bayern gut tun, weil sie billig an die Brocken gelangt sind, die sie in Gestalt von Übergangsbeihilfen gegeben haben. Heute erleben wir folgendes: Die CDU/CSU reicht uns hier unter .dem Einfluß desselben Finanzministers einen Antrag ein, der für die Bemessung der Übergangshilfe vollkommen offene Türen läßt. „Bis zu", das kann heißen 30 DM und kann heißen 250 DM. Das „bis zu" ist Ermessenssache der Behörden. Ich streite mich nicht mit Ihnen über den Charakter der Beamten, die dort sitzen, das ist vollkommen nebensächlich. Die unten diese Überprüfung machen, stehen nämlich unter dem Befehl der hohen Beamten, und die sind bei uns Reaktionäre. Ich will mich aber in keine Diskussion darüber einlassen, ob die kleinen Beamten mehr oder weniger große Reaktionäre sind; aber ich weiß, nach welchen Gesichtspunkten regiert wird. Die Linie wird von oben angegeben, von der Spitze der Reaktion. Also um den Punkt „bis zu" geht der ganze Streit. Die Fraktion, die heute die Umwandlung der Formulierung von „in der Höhe von" in „bis zu" will, will einfach keine Übergangsbeihilfe in ausreichendem Maße geben. So liegen die Dinge.
Eine kleine Korrektur. Mir ist nicht bekannt, daß die Sozialdemokratie im Ausschuß für unseren Antrag gestimmt hätte, der darauf hinausging, die Übergangsbeihilfe auch ohne Überprülung der Bedürftigkeit zu geben. Das finden Sie in keinem Protokoll, nirgends gibt es einen Beweis in dieser Richtung. Aber da ist doch in diesem Gesetz etwas, woran man erinnern soll. Jetzt ist in bezug auf die Höhe des Entlassungsgeldes Ihrer Verwaltungswillkür vollkommen Tür und Tor geöffnet. Dann kommt noch die Frage der Bedürftigkeit hinzu, die Sie nach den in der Armenpflege allgemein gültigen Begriffen auslegen werden.
Ich komme zum Schluß. Hier hat man erst etwas, getan, als es darum ging, für den kümmerlichen Rest der noch zu erwartenden Kriegsgefangenen etwas Positives zu tun — —
— Sie sind mit Ihrer Hilfe erst gekommen, als 99 % der Gefangenen bereits zurück waren. Bisher haben Sie sich nicht gerührt. Seit September sind wir hier in Funktion, jetzt kommen Sie mit dem Gesetz heraus. Sie haben gewartet, bis keine Kriegsgefangenen mehr kommen!
— Ich habe nicht den Eindruck, daß Sie gerne zahlen, sonst hätten Sie nicht diesen Antrag gestellt.
Mit dem Maul zahlen Sie gern, mit dem Maul leisten Sie gern, mit dem Maul helfen Sie gern, aber wenn es aufs Geld ankommt, sind Sie nicht da!