Rede von
Dr.
Erich
Mende
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was Herr Kollege Pohle über die Verhandlungen im Ausschuß für Kriegsopfer und Kriegsgefangenenfragen hier berichtet hat, muß ich nachdrücklichst unterstreichen. Auch wir haben seinerzeit nach schweren Bedenken den ursprünglichen Beschluß, das Entlassungsgeld mit 150 Mark anzusetzen, um der Einheitlichkeit willen und aus der Sorge heraus zurückgezogen, daß eventuell durch das Veto des Bundesrates das ohnehin schon sehr langatmige Gesetz noch weiter verzögert würde. Nachdem aber gestern drei Anträge eine völlig neue Lage geschaffen haben und nachdem heute ein vierter Antrag die Situation erneut wesentlich verschlechtert, sieht sich auch die FDP nicht mehr in der Lage, das seinerzeitige Entgegenkommen im Ausschuß aufrechtzuerhalten. Auch die FDP und gleichzeitig die DP, für die zu sprechen ich die Ehre habe, werden für ein Entlassungsgeld in Höhe von 150 Mark stimmen.
Was den andern Antrag und die heute veränderte Situation bezüglich der 250 Mark Überbrückungshilfe anbetrifft, so haben wir mit allen Mitteln danach gestrebt und schließlich im Ausschuß auch die einmütige Zustimmung dazu gefunden, daß dieses Überbrückungsgeld auch in bar gewährt werden kann. Ich sehe eine große Gefahr darin, wenn wir es nunmehr in das Ermessen von Behörden und Beamten stellen, „bis zu" 250 Mark zu gewähren. Meine Damen und Herren, das stellt kein Mißtrauen etwa gegen den Beamten dar, schon deswegen nicht, weil seitens des Bundesarbeitsministeriums uns eine großzügige Interpretation der Bedürftigkeit zugesagt wurde, sondern es stellt ein Mißtrauen gegen diejenigen Beamten dar, die unter Durchbrechung des Prinzips des Berufsbeamtentums seit 1945 Beamte geworden sind.
Aus diesem Grunde lehnen wir diesen Abänderungsantrag der CSU ab
und verbleiben bei der gestrigen Fassung mit 250 DM.
Was nun die dadurch heraufbeschworene Gefahr eines eventuellen Vetos des Bundesrates anbetrifft, so empfehle ich, daß die Kräfte, die beim
Bundesrat entscheidend sind, beeinflussend wirken, damit die durch die gestrigen Anträge und den heutigen vierten Antrag entstandene neue Situation zu keiner Verzögerung oder Verschleppung des Gesetzes führt.
Da wir nun einmal bei Interpretationsfragen waren, darf ich Ihnen vielleicht noch kurz einen Wunsch übermitteln, den ich zu § 1 äußern möchte, einen Wunsch, der sich vielleicht in den Ausführungsbestimmungen verankern läßt. Die ehemaligen Insassen der KZs der Sowjetzone haben an uns die Bitte herangetragen, auch — nach ihrer Auffassung — unter die Bestimmungen der Heimkehrer genommen zu werden, sofern sie im Gebiete der Bundesrepublik wohnhaft sind.
Da für diesen Personenkreis weitestgehend dieselben Bedingungen zutreffend waren, unter denen auch die Kriegsgefangenen in der Sowjetunion gelebt haben, glaube ich, es würde dem Sinn des Gesetzes — und auf den Sinn eines Gesetzes kommt es an — nicht widersprechen, wenn auch die ehemaligen und nunmehr entlassenen Insassen der Sowjetzonen-KZs, die in der Bundesrepublik wohnhaft sind, in die Vergünstigung dieses Heimkehrergesetzes einbezogen werden.
Wir werden also heute für das Entlassungsgeld in Höhe von 150 DM und für die Überbrückungshilfe, wie sie gestern in dem ursprünglichen Entwurf geregelt war, stimmen, schon um zu vermeiden, daß bei einer engherzigen Auslegung der Bedürftigkeitsfrage und bei eventuell nicht nachweisbaren Papieren und Zeugen gerade der Teil der Heimkehrer benachteiligt wird, der in erster Linie in den Genuß der Hilfe kommen soll, nämlich die heimatvertriebenen Heimkehrer, die ja vor allen Dingen die volle Hilfe von 250 DM möglichst in bar in Empfang nehmen sollen.