Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Wirtschaftsminister sagte gerade, die Notwendigkeit einer Diskussion liege nicht vor. Aber dringend notwendig erscheint es mir, daß mit diesem nun schon so lange währenden Versteckspiel und Rätselraten um dieses Antimonopolgesetz endlich Schluß gemacht wird.
Wir haben ja diese ganze Diskussion nur deshalb neu heraufbeschworen, Herr Wirtschaftsminister, weil Sie uns damals sagten, Ihr Gesetzentwurf sei fertig.
Nun sind mir inzwischen verschiedene Gesetzentwürfe vorgelegt worden. Ich habe hier wieder einen neuen — wir kommen mit der Zahl der Entwürfe allmählich in die höhere Mathematik hinein —: Entwurf eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Wir möchten ja nur wissen, ob das nun Ihr endgültiger Entwurf ist, zu dem Sie sich bekennen. In dem ersten Entwurf, in den ich Einsicht nehmen konnte, gab es eine Monopolkommission, also eine unabhängige Behörde. In dem neuen Entwurf Ihres Hauses wird nun alles wieder auf den Bundeswirtschaftsminister bzw. auf die Länder-
minister zurückverlagert. Diese Monopolkommission soll nur noch in Form eines Beirates und nur noch als Beratungsorgan der Bundesregierung fungieren. Der ganze Entwurf — ich denke an die §§ 1, 5 und 6 — ist auf Generalklauseln abgestellt, so daß es also vollkommen von der Durchführung des Gesetzes abhängt, was dabei herauskommt. Sie wissen aber, Herr Bundeswirtschaftsminister: diese Vertrauensbasis besteht zwischen Ihnen und meiner Fraktion nicht. Auch hat sich der Herr Justizminister, soweit ich weiß, zu der Frage noch immer nicht endgültig geäußert.
So ergibt sich die berechtigte Frage: Nach welchem Verfahren und auf welche Weise soll nun eigentlich die Antimonopolpolitik endgültig durchgeführt werden? Ich glaube, auch der Herr Bundeswirtschaftsminister wird zugeben: nur mit diesem Gesetz ist die Frage nicht zu lösen. Die sozialdemokratische Fraktion erwartet daher, daß Sie nicht nur dieses Gesetz vorlegen, sondern darüber hinaus bindend erklären, wie Sie Ihre Monopolkontrolle praktisch handhaben wollen und wie Sie sich insbesondere — darüber ist eben auch kein Wort gefallen — zu der Frage der Entflechtung und Neuregelung der Verhältnisse in den Grundstoffindustrien stellen. Die Sozialdemokratische Partei möchte keinen Zweifel darüber lassen, daß sie an einer sehr vagen Wettbewerbsregelung weniger interessiert ist ais an einer sinn- und planvollen Kontrolle wirtschaftlicher Macht.
Besonderes Befremden muß natürlich der § 57 dieses Entwurfs erregen, der öffentlich-rechtliche und in Gemeineigentum bzw. in Gemeinwirtschaft übergeführte Unternehmen genau so wie privatkapitalistische Machtballungen behandelt, also alles über einen Kamm schert. Sie bekannten sich auch eben wieder zu dieser Auffassung, die letzten Endes also bedeutet, daß man sich selbst ausbeuten kann. Ich glaube, Herr Bundeswirtschaftsminister, was in einer solchen Vorstellung liegt, das ist nicht nur Sadismus, das ist fast schon Masochismus.
Zu dem, wie sich die Dinge praktisch ausnehmen, gibt es einen sehr interessanten Vorgang, der sich vor einigen Tagen im Wohnungsausschuß des Bundestags abgespielt hat. Der sozialdemokratische Gesetzentwurf sah vor, daß sich die öffentlichen Bauträger, also Bund, Land, Post, Bahn, laufend zu Konferenzen zusammenfinden sollten, und zwar zu doppeltem Zweck: einmal um Erfahrungsaustausch miteinander zu pflegen, dann um die oberen Beträge ihrer Aufwendungen, die Rechnungs- und Leistungseinheit festzulegen, auf deutsch also, um die Baupreise niedrig zu halten und so etwaigen üblen Nebenerscheinungen des konjunkturellen Auftriebs infolge einer sich günstiger gestaltenden und hoffenlich bald wahrnehmbaren Baukonjunktur entgegenzuwirken. Also meinetwegen, wenn Sie so wollen, ein Abnehmerkartell der öffentlichen Hand, aber doch mit dem einzigen Zweck, die Preise niedrig zu halten. Die Idee war, daß mit den Steuergroschen sparsam umgegangen werden und die größtmögliche Effizienz erreicht werden soll. Damit sollte doch wohl jeder einverstanden sein. In diese Verhandlungen aber platzte ein Sendbote des Herrn Bundeswirtschaftsministers herein, der den Wohnungsausschuß mit der Erklärung überraschte, er müsse darauf aufmerksam machen, daß ein solches Vorhaben unzulässig sei. weil es einen Verstoß gegen die alliierte Kartellgesetzgebung bedeute.
Wir suchen also, mit den verfügbaren Mitteln möglichst viel zu erreichen, indem wir uns an die untere Preisgrenze herantasten; der Herr Bundeswirtschaftsminister aber stellt eine Verbotstafel auf. Ich gebe gern zu: vielleicht mußten Sie das, Herr Bundeswirtschaftsminister, mit Rücksicht auf die alliierte Kartellgesetzgebung. Aber das ist doch nur ein neues Argument für die Auffassung meiner Freunde, wir sollten nun endlich ein deutsches Gesetz herausbringen; das läßt sich wirklich nicht mehr auf die lange Bank schieben. Denn, Herr Professor Erhard, in Wirklichkeit wuchern die Kartelle weiter und feiern sogar fröhliche Urständ. Ich habe hier einen Bericht aus dem „Handelsblatt" Nr. 37. Da wird geschrieben, daß sich in Luxemburg belgische, luxemburgische und westdeutsche Stahlproduzenten getroffen hätten, weil auf dem Schweizer Markt lebhafte Preisunterbietungen stattfänden; man habe dort darüber gesprochen, wie man diese gegenseitigen Preisunterbietungen in Zukunft vermeiden könne. Also, während Sie es gerne so hinstellen, als ob alles aufgelöst sei, wird dort ein ganz klares Kartell neu begründet.
— Das ist es ja gerade, nicht in Deutschland, aber, wie ich doch schon sagte, mit deutschen Vertretern, die bei diesen Gesprächen anwesend waren.
Das sind doch alles Argumente, die, glaube ich, unser Verlangen, daß man nun endlich aus der Nebelwolke heraustritt und daß man nun endlich weiterkommt, wirklich als berechtigt erscheinen lassen. Leider haben Ihre Ausführungen heute, Herr Wirtschaftsminister, gar keinen weiteren Schritt auf diesem Wege angezeigt, und das ist der Grund, weshalb ich sie sehr zu beklagen habe.