Meine Lehr geehrten Damen und Herren! Ich beantworte gleich alle drei Interpellationen, auch die
Interpellation Drucksache Nr. 726, obwohl diese der Bundesregierung bis heute amtlich nicht zugegangen ist.
Nachdem es sich aber um dieselbe Materie handelt, kann diese im Zusammenhang mit den beiden anderen Interpellationen behandelt werden.
Zur Interpellation Drucksache Nr. 637 darf ich folgende Erklärung abgeben. Die Versorgung der heimatvertriebenen ruhegehaltsberechtigten Beamten, Angestellten und Lohnempfänger ist nur eine der Aufgaben, die dem Bund durch das Grundgesetz übertragen worden sind. Neben der Versorgung der übrigen verdrängten Angehörigen des öffentlichen Dienstes und neben der Versorgung der ehemaligen berufsmäßigen Wehrmachtsangehörigen hat der Bund vor allem die Lasten für die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen zu tragen. Die finanzielle Belastung des Bundes durch diese Aufgaben wird einen erheblichen Teil der Haushaltsmittel des Bundes in Anspruch nehmen.
Die Bundesregierung ist zu dem Entschluß gekommen, ihre Entscheidung über die auf dem Gebiete der Versorgung dieser Personen zu treffen den Maßnahmen zurückzustellen,
bis dem Bundestag eine Übersicht über die finanzielle Lage des Haushalts im Bund, in den Ländern und Gemeinden für das Rechnungsjahr 1950/51 vorliegt.
Die Bundesregierung kam zu diesem Entschluß. weil nach ihrer Überzeugung die gesamten vorhandenen Haushaltsmittel auf alle diese Kreise nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und Billigkeit verteilt werden müssen und die Gefahr vermieden werden muß, daß über die vorhandenen Haushaltsmittel für einen Teil der notleidenden Schichten zu früh und etwa einseitig zum Schaden der Schichten verfügt ist, derer erst in einem späteren Zeitpunkt gedacht werden könnte.
Diese Übersicht über die finanzielle Lage in Bund, Ländern und Gemeinden ist bereits in Ausarbeitung, und ich hoffe, daß sie der Öffentlichkeit in der ersten Hälfte des Monats April übergeben werden kann. Innerhalb dieser großen Übersicht wird noch eine Übersicht darüber gegeben werden, in welchen Größenverhältnissen die vorhandenen Haushaltsmittel für die vorgenannten Bevölkerungsschichten zur Verfügung stehen.
Die Frage 1 beantworte ich daher wie folgt: Die Regelung der Rechtsverhältnisse der verdrängten öffentlichen Bediensteten und der ehemaligen beruflichen Wehrmachtsangehörigen wird sofort, wenn diese Übersicht der deutschen Öffentlichkeit vorliegt, durchgeführt werden. Das Bundesfinanzministerium hat die entsprechenden Gesetzentwürfe — und damit beantworte ich die Interpellation Drucksache Nr. 726 —, auch bezüglich der ehemaligen beruflichen Wehrmachtsangehörigen, schon seit längerer Zeit ausgearbeitet, noch im Monat Januar, und hofft die Zustimmung zu diesen Gesetzentwürfen dann zu finden, wenn die vorgenannte Übersicht gegeben ist und damit die finanziellen Möglichkeiten ziffernmäßig klar umrissen sind.
Die Mittel für die Versorgung der verdrängten öffentlichen Bediensteten und der ehemaligen beruflichen Wehrmachtsangehörigen müssen im Haushalt für das Rechnungsjahr 1950/51 und in den Haushalten für die folgenden Jahre zur Verfügung gestellt werden. Sie unterscheiden sich insofern von den Mitteln, die für den Lastenausgleich zur Verfügung gestellt werden müssen. Für diese ist außerhalb des jetzigen Haushalts eine eigene Deckung zu suchen, wie ja auch die Soforthilfe aus dem Soforthilfefonds geleistet wird, der durch besondere Soforthilfeabgaben gespeist wird.
Ich darf deshalb dem Hohen Hause bezüglich der im Rechnungsjahr 1950/51 zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel heute schon einige Zahlen bekanntgeben. Die Steuern, die dem Bund mit dem 1. April 1950 zufließen, Verbrauchssteuern, Umsatzsteuer usw., werden nach den bisherigen Schätzungen insgesamt ein Aufkommen von rund 9.2 Milliarden DM ergeben. Vor einigen Tagen hat in diesem Hause ein Redner der SPD bei der Interpellation betreffend den kommenden
Lastenausgleich darüber gesprochen, daß unter den an den Bund herantretenden Ansprüchen eine gewisse Rangfolge festgelegt werden müsse. Das gilt in einem gewissen Maße sicherlich für die Ansprüche. die aus den Haushaltsmitteln des Bundes zu erfüllen sind.
Denn dem Steueraufkommen von 9.2 Milliarden DM stehen in erster Linie die aus den Haushaltsmitteln zu bezahlenden Besatzungskosten gegenüber, die mit einer Summe von rund 4,5 Milliarden DM in den Haushalt einzusetzen sein werden. also mit rund 50 % der gesamten Steuereinnahmen des Rundes. Diese Besatzungskosten genießen bekanntlich Priorität vor allen anderen Ausgaben des Bundes.
Zweitens beanspruchen die sozialen Leistungen
des Bundes einschließlich der Leistungen für die
Versorgung der Kriegsversehrten nach den heutigen Anforderungen etwa 6 Milliarden DM. Darin sind die Leistungen allein für die Kriegsversehrten mit einem Betrag von etwa 3.2 Milliarden DM enthalten. Wie das Hohe Haus sieht, sind durch diese sozialen Leistungen und die Besatzungskosten die gesamten Steuereinkünfte des Bundes bereits völlig verbraucht.
Trotzdem hofft das Bundesministerium der Finanzen im Haushaltsplan 1950/51 einen Betrag von über 400 Millionen DM für die verdrängten öffentlichen Bediensteten und ehemaligen beruflichen Wehrmachtsangehörigen noch bereitstellen zu können, einen Betrag, der die bisherigen Leistungen der Länder auf diesem Gebiet nicht unwesentlich übersteigt. Ich muß jedoch pflicht-
und wahrheitsgemäß betonen, daß ich keine Möglichkeit sehe, diesen Betrag noch wesentlich zu erhöhen. Das Hohe Haus wird darüber zu entscheiden in der Lage sein, wenn ihm der Haushalt mit allen Möglichkeiten der Einnahmegestaltung und allen Notwendigkeiten der Ausgabenseite vorliegt.
Die Aufwendungen für die verdrängten öffentlichen Bediensteten würden, wenn sie dieselben Bezüge wie heute die einheimischen Beamten bekämen, einschließlich der Wartegelder für die
dienstfähigen unversehrten Beamten, nach den vorläufigen Schätzungen im gesamten Bundesgebiet 963 Millionen DM betragen. Die Aufwendungen für die ehemaligen beruflichen Wehrmachtsangehörigen würden unter der gleichen Voraussetzung etwa 565 Millionen DM betragen. Das ergäbe zusammen eine Summe von 1 585 Millionen DM,
Zur Frage 3: Der Gesetzentwurf für die Regelung der Rechtsverhältnisse des Personenkreises, der durch den Art. 131 des Grundgesetzes erfaßt wird, ist von der Bundesregierung noch nicht verabschiedet. Deshalb kann die Höhe der Versorgung, die diesem Personenkreis gewährt werden kann, heute noch nicht in Ziffern und Einzelheiten bekanntgegeben werden. Aus meiner Antwort zu Ziffer 2 geht bereits hervor, daß die haushaltsmäßige Deckung für die Gewährung der v o 11 en Bezüge und Wartegelder, angeglichen an die Bezüge und Wartegelder der Beamten von heute, voraussichtlich nicht gesichert ist.
— Ich kann auf Ihre Frage am Schluß zurückkommen, Herr Renner.
Die Frage 1 der Interpellation Drucksache Nr. 692 darf ich wohl durch die Beantwortung der Interpellation Drucksache Nr. 637 als mitbeantwortet ansehen.
Die Frage 2 beantworte ich dahin. daß die Regierung bereit ist, eine gleichmäßige Regelung der Rechtsverhältnisse dieses Personenkreises im ganzen Bundesgebiet durchzuführen.
Zur Frage 3 bemerke ich: Die Bundesregierung
hätte gewünscht, daß die. Regelung dieser Rechtsverhältnisse schon am 1. April 1950 hätte in
Kraft treten können. Die Sorge daß die Zahlungen der Länder mit dem 31. März 1950 enden,
ist aber unbegründet. Die Länder leisten die
Zahlungen, die auf Grund der gesetzlichen Regelung in den Ländern anfallen, nach dem
31. März 1950 auf Rechnung des Bundes weiter,
bis die Bundesgesetzgebung auf Grund des Art,
131 des Grundgesetzes in Kraft getreten sein
wird. Die Bundesregierung hat sich dabei breit
erklärt, bis zum Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes zur Überbrückung Mittel zur Verfügung
zu stellen. die insbesondere dazu dienen sollen.
in Notfällen, die heute vorhanden sind, einzugreifen und eine Anpassung an die künftig zu
erwartende Regelung im voraus vornehmen zu
können. Die Richtlinien für diese Überbrückungshilfe sind bereits in Ausarbeitung und werden derzeit unter den beteiligten Ressorts besprochen. Ich
darf bemerken, daß mir ein Antrag auf Drucksache Nr. 810 neu vorliegt, der sich auf diese
Frage beschränkt und der für den Haushalt
1950/51 eine Summe von 35 Millionen DM bis
zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes vorsicht
Ich darf die Erklärung abgeben. daß ich hoffe,
es wird dem Bundesfinanzminister — allerdings
mit Anstrengung - möglich sein, die Mittel,
die hier angefordert sind, in dem gewünschten Zeitraum aufzubringen.
Wenn ich nun zuletzt auf den Zwischenruf des Herrn Kollegen Renner eingehen darf, so bedeutet dieser Zwischenruf des Herrn Kollegen
Renner, daß er die Mittel für die verdrängten öffentlichen Bediensteten und beruflichen Wehrmachtsangehörigen — wenn er die mit umfassen will - dadurch aufbringen will, daß er bei den andern Beamten kürzt. So a es doch zu verstehen?
Wenn er ziffernmäßig einen Vorschlag zu machen hat, so bitte ich, den nächstens vor irgendeiner Organisation oder einer Versammlung der einheimischen Beamten zu vertreten.