Dieser gemeinsame Ausschuß braucht eine Geschäftsordnung, die vom Bundestag zu beschließen ist und der, damit sie in Kraft treten kann, der Bundesrat zustimmen muß. Die Initiative hat also ausnahmsweise aus dem Hause zu kommen.
Infolgedessen hat der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität gemeinsam mit dem zuständigen Ausschuß des Bundesrats, dem Rechtsausschuß, einen Unterausschuß eingesetzt, der die Ihnen vorliegende Vorlage ausgearbeitet und übereinstimmend verabschiedet hat. Auch der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität hat dann dieser Vorlage einstimmig zugestimmt.
Wesentlich sind folgende Gesichtspunkte. Zunächst war zu entscheiden, ob es einen ständigen Vermittlungsausschuß geben soll, oder ob bei Auftreten von Differenzen zwischen Bundestag und Bundesrat jeweils ein besonderer Ausschuß ad hoc einzusetzen ist. Wir haben uns übereinstimmend für einen ständigen Ausschuß entschieden, damit dieser Ausschuß auch eine gewisse politische Erfahrung und Übung in der Vermittlung solcher Streitigkeiten bekommt, deren Schlichtung nicht mehr die Aufgabe der I speziellen Sachverständigen sein kann. Sie ersehen aus § 1, daß es sich also um einen ständigen Ausschuß handelt, der aber auch auf eine optimale Größe oder Kleinheit beschränkt werden muß.
Über diese Frage haben zunächst im Bundesrat Meinungsverschiedenheiten bestanden. Die kleinen Länder waren für einen großen Ausschuß, und die großen Länder waren für einen kleinen Ausschuß aus dem einfachen Grunde, weil die großen Länder wußten, daß sie in einem kleinen Ausschuß auch vertreten sein würden, die kleinen aber Angst hatten, daß sie nur in einem großen Ausschuß sein könnten. Wir haben uns aber von uns aus ganz unbefangen davon überzeugt, daß es doch zweckmäßig ist, jedes Land in diesem Ausschuß vertreten sein zu lassen.
Wir haben deshalb vorgeschlagen, den Ausschuß aus insgesamt 24 Mitgliedern zu bilden. Wir halten es für möglich, daß man sich auch unter 24 Mitgliedern zu einem Vermittlungsvorschlag zusammenfinden kann, zumal dann, wenn die Zahl der anwesenden Mitglieder des Bundestages und Bundesrates auch wirklich auf diese 24 Personen beschränkt bleibt. Deshalb sind hier ausnahmsweise strenge Vorschriften getroffen, dahin nämlich, daß auch Vertreter nicht anwesend sein dürfen, geschweige denn Nichtmitglieder. Das gilt sogar für die Bundesregierung, die ja nach dem Grundgesetz ein Anwesenheitsrecht hat. Aber auch insoweit ist entschieden worden, daß nur der Minister erscheinen darf und ein Angehöriger der Verwaltung nur dann, wenn der Ausschuß es vorher ausdrücklich gewünscht und beschlossen hat. Die Einzelheiten im übrigen sind Ihnen bekannt, so daß ich glaube, nicht noch näher darauf eingehen zu sollen.
Eine politisch wichtige Frage war, wie die Beendigung des Vermittlungsversuches festzustellen ist, da an dieses Ende vom Grundgesetz bestimmte Fristen angeknüpft werden. Der Ausschuß hat Ihnen deshalb insoweit vorgeschlagen, eine besondere Art der Beschlußfähigkeit einzuführen. Beschlußfähig ist dieser eigentümliche Vermittlungsausschuß nicht erst dann, wenn die Hälfte der Mitglieder anwesend ist; vielmehr ist er schon beschlußfähig, wenigstens in einem negativen Sinn, wenn mindestens 8 Mitglieder anwesend sind, wobei die Anwesenheit von 8 Mitgliedern aus einem der beiden Häuser genügt. Selbstverständlich kann er dann aber keinen positiven Vermittlungsvorschlag machen. Das ist besonders geregelt; dafür ist natürlich eine andere Mehrheit erforderlich. Im übrigen sind formale Vorschriften darüber getroffen, wie der Abschluß des Verfahrens festzustellen ist.
Eine Bestimmung hat noch politische Bedeutung und sei Ihrer besonderen Beachtung empfohlen. Es mußte nämlich die Frage entschieden werden, wie über einen Vermittlungsvorschlag dann hier im Hause zu verfahren ist. Die Beratung und die Entscheidung über den Vermittlungsvorschlag bedeuten gewissermaßen eine vierte Lesung. Es entstand das Problem, ob in dieser vierten Lesung - wie wir es in der dritten kennen -
erneut von den Fraktionen Anträge zur Sache gestellt werden können, so daß die Gesetzesvorlage, die zwischen Bundestag und Bundesrat umstritten ist, nun wieder eine ganz andere Fassung bekommen würde, als in dem Vermittlungsvorschlag vorgesehen ist. Insoweit haben wir alle es für erforderlich gehalten, das Hohe Haus zu binden und in diese Geschäftsordnung die Bestimmung aufzunehmen, daß der Bundestag in dieser quasi vierten Lesung lediglich über den Vermittlungsvorschlag mit Ja oder Nein abstimmen kann und daß auch die Aussprache dadurch beschränkt sein soll, daß die Fraktionen lediglich Erklärungen abgeben, aus welchen Gründen sie für oder gegen den Vermittlungsvorschlag stimmen.
Diese Regelung ist uns anfangs nicht ganz unbedenklich erschienen. Es wurde teilweise gefordert, überhaupt keine Aussprache oder sogar eine unbeschränkte Aussprache zuzulassen. Beides schien uns nicht angemessen, sondern wir hielten den Mittelweg für das Richtige. Für die Offentlichkeit und für die Zukunft muß gesagt werden können, warum man den Vermittlungsvorschlag annimmt oder ablehnt; mehr soll nicht gesagt werden. Darum ist das hier so geregelt.
Wir haben überlegt, ob ein solche Selbstbindung des Parlaments mit seiner Autonomie vereinbar sei, da wir ja von dieser gemeinsamen Geschäftsordnung ohne Zustimmung des Bundesrates nicht wieder herunterkönnen. Wir sind aber der Auffassung gewesen, daß eine solche Selbstbindung zulässig ist; sie kann natürlich nicht unbeschränkt sein. Die Erwägung, eine Kündigungsklausel einzuführen, haben wir infolgedessen abgelehnt, da das Ganze einen Versuch darstellt. Wir haben uns vielmehr dahin entschieden, daß diese Geschäftsordnung nur eine einstweilige ist und am 31. März 1951 von sich aus außer Kraft tritt. Damit tritt auch die Selbstbindung des Bundestages außer Kraft. Dann
werden wir, nachdem wir sozusagen ein Experiment gemacht haben, prüfen können, ob sich alles so bewährt hat oder ob Anlaß besteht, hinsichtlich des Vermittlungsausschusses zu einer anderen Regelung überzugehen.
Ich bitte Sie daher im Namen des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität, dieser gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates zuzustimmen.