Ich habe ausdrücklich gesagt meine Herren, daß wir uns trotz aller Aufgeschlossenheit für den Fortschritt ein gewisses Maß von primitivem Denken bewahren sollten;
gerade eine gewisse primitive Vorstellungsart wird uns sehr häufig auf die richtige Bahn führen.
Meine Damen und Herren! Es wird gegen die Todesstrafe vor allem eingewandt, daß sie, einmal vollstreckt, nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Das ist gewiß der stärkste Einwand, den man gegen sie vorbringen kann. Aber die Hilfsmittel, die die heutige Wissenschaft der Kriminalistik an die Hand gibt, sind so weit vorgeschritten — ich verweise auf Fingerabdrücke und ähnliche derartige Mittel —, daß mit Fehlurteilen auf Grund eines Indizienbeweises heute doch nur in den allerseltensten Fällen gerechnet werden kann.
Und um auch solchen Fällen vorzubeugen, würde ich empfehlen, ähnlich wie es Herr Kollege Ewers hier vorgetragen hat, entsprechende Bestimmungen einzubauen, die eben bei einem Indizienbeweis die Möglichkeit einer anderen Strafe außer der Todesstrafe offenlassen. Ganz wird man natürlich auf den Indizienbeweis nie verzichten können. Bei derartigen Verbrechen ist in den meisten Fällen ein Zeuge nicht dabei. Wir haben uns diese Frage natürlich auch reiflich überlegt, ob man die Todesstrafe auf Grund eines Indizienbeweises nicht überhaupt ausschließen sollte Aber ich glaube, wenn man die Todesstrafe in ihrer abschreckenden und in ihrer vergeltenden Wirkung bejaht, dann muß man auch den Indizienbeweis annehmen. Denn es wird nicht angängig sein, die richterliche Beweiswürdigung in einer solchen Weise einzuschränken.
Aber mit einer entsprechenden Sicherung im Strafgesetz, wie sie Herr Kollege Ewers vorhin vorgeschlagen hat, könnten auch wir uns einverstanden erklären. Es ist darauf hingewiesen worden, daß gerade in den westlichen Demokratien, in den westlichen Kulturstaaten auch heute noch die Todesstrafe besteht. Ich habe erfahren daß man in Frankreich sogar daran denkt, nicht nur bei Mord, sondern auch bei bewaffneten Raubüberfällen unter Umständen die Todesstrafe einzuführen. Meine Damen und Herren, es ist ja nicht so, daß hier blutdürstige Leute etwas derartiges verlangen. Es ist ja nur das Gefühl des Rechts, das uns hier zwingt,
unsere Auffassung vorzutragen.
- Ich glaube, wir wollen uns über diese Frage heute nicht unterhalten.
Meine Damen und Herren! Nach diesem Intermezzo will ich fortfahren. Es steht fest, daß in unserer Zeit gerade die Kriminalität in schweren Verbrechen zugenommen hat. Wir haben in den Zeitungen Erschreckendes gelesen, wie auch jugendliche Kreise von einer Nichachtung des Lebens, von einer Mißachtung des Lebens ergriffen sind. Und hier halten wir es für notwendig, daß sich das abschreckende Moment der Todesstrafe äußert und eine entsprechende bessernde Wirkung ausüben wird. Es ist vorhin gesagt worden, die Achtung vor der Heiligkeit des Lebens zwinge uns, die Todesstrafe zu verneinen. Meine Damen und Herren! Man kann auch die Auffassung vertreten, gerade die Achtung vor der Heiligkeit des Lebens zwingt uns, zu verlangen, daß derjenige, der fremdes Leben mißachtet, mit der Verwirkung des eigenen Lebens bedroht wird. Wenn derartige Strafen angesetzt werden, dann wird man auch die Erfahrung machen, daß die Kriminalität in diesen Dingen zurückgeht.
— Nein, ich bin überzeugt, daß die Kriminalität zurückgehen wird. Herr Kollege Wagner, ich habe Ihre Ausführungen mit großem Interesse gehört,
aber nach allen Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren gemacht haben, müssen wir zugeben, daß die Kriminalität hier zugenommen hat.
— Unter dem System der Todesstrafe als Folge des Krieges! Aber gerade weil jetzt die Todesstrafe abgeschafft ist, haben wir bei den Jugendlichen diese besondere Kriminalität.
Wir wissen, daß der Leidensweg des deutschen Volkes durch Ströme von Blut geführt hat.
Wir wissen, daß das Menschenleben viele Jahre hindurch keinen Kurswert mehr hatte. Und wir wissen, daß es notwendig ist, gerade unserer Jugend wieder die Achtung vor der Unantastbarkeit und Heiligkeit des menschlichen Lebens beizubringen. Wir glauben — wie ich das bereits auszuführen mir erlaubt habe —, daß dies am besten dadurch geschieht, daß wir strenge Strafen, nämlich die Strafe des Todes, auf den Fall setzen, wenn das Leben eines anderen mit Überlegung genommen wird, nenn nicht nur an den Mörder müssen wir denken, sondern auch an den Gemordeten und an dessen Familie.
Dies sind Fragen von sehr großer Bedeutung, die weit über den Rahmen dessen hinausgehen, was heute hier erörtert werden konnte. Gerade im Interesse des Schutzes des Menschenlebens, im Interesse des Schutzes des Rechtstaates, aus den doppelten Gründen: der gerechten Sühne und der Abschreckung, vertreten wir die Auffassung, daß eine Wiedereinführung der Todesstrafe empfehlenswert ist.