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    Deutscher Bundestag - 46. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. März 1950 1555 46. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. März 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . . 1555C, 1588A Anfrage Nr. 44 der Fraktion der KPD betr. neunprozentige Lohnerhöhung im Steinkohlenbergbau (Drucksachen Nr. 481 und 629) 1555C Anfrage Nr. 43 der Abg. Stücklen, Strauß u. Gen. betr. zentrale Beschaffungsstelle für die Ausgestaltung der Bundesbehörden (Drucksachen Nr. 462 und 683) . 1555D Anfrage Nr. 48 der Fraktion der KPD betr. Ost-West-Handel (Drucksachen Nr. 529 und 659) 1555D Anfrage Nr. 54 der Fraktion der FDP betr Schiffsbau für ' Exportzwecke (Druck- sachen Nr. 577 und 693) 1555D Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung (Saarfrage) 1555D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 1555D Unterbrechung der Sitzung . . 1560B Zwischenfall wegen Anwesenheit des Abg Hedler im Sitzungssaal . . . . 1560D, 1588C Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung 1560C, 1561D Dr. Leuchtgens (DRP) : zur Geschäftsordnung . . . . . 1560C zur Sache . . . . . . . . 1584B Dr. Schumacher (SPD) . . . . . 1562A Dr. von Brentano (CDU) 1570B Dr. Seelos (BP) 1574C Dr. von Campe (DP) . . . . . 1575G Niebergall (KPD) . . . . . . 1577D Frau Wessel (Z) 1580A Loritz (WAV) 1582D Dr. Schäfer (FDP) . . . . . . 1585C Nächste Sitzungen 1588C Die Sitzung wird um 10 Uhr 23 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Da ich als einer der letzten Sprecher heute zu Wort komme, kann ich wohl den Verlauf der Sitzung ein wenig charakterisieren. Sie war seltsam zwiespältig. Sie war erfreulich im Hinblick auf die Einmütigkeit der Auffassungen, die hier, abweichend von manchen Spannungen in der Vergangenheit, zum Ausdruck gekommen ist. Nur wenige Randfiguren haben die Tendenz, die schon in der Kanzlerrede anklang, verlassen. Und immer wieder haben die Sprecher von rechts und links, wenn auch in verschiedenen Tönungen und mit vielleicht abgewandelten Schlußfolgerungen, sie vertreten und dargestellt.
    Im Gegensatz zu dieser sympathischen Einmütigkeit ist aber festzustellen, daß wir heute eines der dunkelsten Kapitel behandelt haben, die in diesem jungen Parlament der Bundesrepublik besprochen werden. Denn durch die Verhandlungen, die in dem Abkommen vom 3. März ihren Niederschlag gefunden haben, ist nicht nur so etwas wie ein Reif in der Vorfrühlingsnacht gefallen, sondern hier ist der deutschen Demokratie ein Tiefschlag versetzt worden. Es ist eine schwere Aufgabe, die wir nicht nur für unser Land, sondern für unser Volk als Bestandteil der Gesamtheit von Völkern der Welt übernommen haben, dies unser Volk mit demokratischen Überzeugungen zu erfüllen, diesen unseren Staat im Bewußtsein seiner Bevölkerung zu verwurzeln. Demokratien sind nicht stark und fest durch Machtmittel oder formale Bestimmungen; sie sind nur gefestigt und gesichert, wenn sie von den Menschen, die in ihnen leben, vertrauensvoll und freudig bejaht werden.

    (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.)

    Wenn immer wieder Zweifel geweckt werden an
    der Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit des demokratischen Wollens und wenn gleichzeitig mit der Verkündung demokratischer und humanitärer Prinzipien nach dem gräßlichen Kriege gegen diese
    Grundsätze immer wieder verstoßen wird, dann
    ist es ob dieses Unterschiedes zwischen Wort und


    (Dr. Schäfer)

    Tat unsagbar schwer, Überzeugungskräfte lebendig zu machen oder zu halten von der Art, wie ich sie eben gekennzeichnet habe.

    (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.)

    So ist denn auch die heutige Kritik an den Saarverträgen nicht der Ausfluß eines verstiegenen Nationalismus gewesen, sondern es war ein Aufbegehren gegen Prinzipien und Handlungen, die mit demokratischen und humanitären Grundsätzen nicht zu vereinbaren sind.

    (Lebhafter Beifall rechts und in der Mitte.)

    Gerade in diesem Zusammenhang möchte ich deshalb an die Presse und den Rundfunk jenseits der
    Grenzen unseres Landes die Bitte richten, endlich
    den Sperriegel der Vorurteile und Denkgewohnheiten zu lösen, der um uns, um die Publikation unserer Gedankengänge, immer wieder gelegt wird,

    (Sehr richtig! rechts)

    und den deutschen Argumenten das Verständnis entgegenzubringen und den Raum zu geben, den sie verdienen. Denn diese deutschen Argumente sind nicht getragen von nationalistischem Machtsinn, sondern von Vorstellungen, die weit hinausreichen und weit hinauswollen über alle vergangenen Formen der friedlosen Entwicklung in dieser Welt.

    (Erneuter Beifall rechts und in der Mitte.) Wir stehen bei diesen Erörterungen oft vor einer bestürzenden Verständnislosigkeit des Auslandes. Jedesmal, wenn wir uns rühren, weil gegen demokratische Gedanken verstoßen wird, bei unserem Versuch, eine eigene demokratische Lebensform zu entwickeln, wird das als Nationalismus gedeutet. Man sollte sich doch einmal darum bemühen, zu erkennen, daß kaum ein Volk in der Welt so gründlich von nationalistischen Verstiegenheiten kuriert ist wie das deutsche.


    (Zurufe links: Na! Na! — Abg. Frau Dr. Weber: Hoffentlich! — Erneuter Zuruf links: Siehe Hedler!)

    Meine Damen und Herren! Wir billigen vollinhaltlich die Rechtsverwahrungen, die der Herr Bundeskanzler bei der Erörterung der rechtlichen Gedanken und Formen der verschiedenen Verträge, die zwischen der französischen und der saarländischen Regierung abgeschlossen worden sind, eingelegt hat. Ich will in dieser vorgerückten Stunde, nachdem schon soviele Vorredner auf die rechtliche Fragwürdigkeit dieser Verträge im einzelnen eingegangen sind, nicht alle Argumente wiederholen, die auch meine Freunde und ich sich zu eigen machen. Wenn ich also — und deswegen sage ich das — die Gedanken und Sätze, die hier schon vorgetragen worden sind, nicht noch einmal ausspreche, so geschieht das nicht, weil ich ihre Beweisgründe gering schätze, sondern nur, weil ich, um den Verlauf der Verhandlung nicht aufzuhalten, Wiederholungen vermeiden möchte.
    Gestern ist uns eine Erklärung zugegangen, in der ausdrücklich gesagt ist, für den Gesamtkomplex aller dieser 4 oder 10 oder 12 Verträge gelte grundsätzlich der Vorbehalt, daß diese Verträge einer Bestätigung durch den künftigen Friedensvertrag bedürften. Nun, meine Damen und Herren, das gibt immerhin einen gewissen Grund zu der Erwartung, daß man bereit sein könnte, die Motive, die überhaupt zu diesen Verträgen geführt haben, bei den Beteiligten einer Nachprüfung zu unterziehen. Es wäre um so nötiger, das zu tun, als ein absonderlicher Gegensatz besteht zwischen der Erklärung, daß alle diese Verträge nachträglich durch einen Friedensvertrag bestätigt werden sollen oder müssen, und der merkwürdigen Hast und Eile und Gründlichkeit, mit der man diese Verträge abgeschlossen hat.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Diese Widersprüche bestehen aber auch hinsichtlich der Formen der politischen Verknüpfung und der wirtschaftlichen Verbundenheiten, die in den Verträgen gefordert oder festgelegt worden sind. Es besteht ein merkwürdiger Widerspruch zwischen dem Autonomieversprechen gegenüber dem Saargebiet und den Befugnissen, die man dem Statthalter der Besatzungsmacht zugesprochen hat. Es besteht ein merkwürdiger Widerspruch zwischen der Bereitschaft, die Angelegenheit durch einen Friedensvertrag nachprüfen, eventuell revidieren zu lassen, und der seltsamen Langfristigkeit mancher Abmachungen. Es besteht ein merkwürdiger Widerspruch wiederum zwischen den Vorstellungen von Autonomie und der politischen Abhängigkeit des Saargebiets von Frankreich. Und es besteht wiederum ein merkwürdiger Widerspruch zwischen den allgemeinen Grundsätzen, die in manchen Einleitungssätzen dieser Verträge zum Ausdruck gebracht sind, und der eklatanten Verletzung privatrechtlicher und völkerrechtlicher Grundsätze, die den Inhalt der Verträge ausmachen.
    Wenn man dann weiter über die formelle Seite der Abmachungen hinaus ihre Wirksamkeit untersucht, dann muß man die bedenkliche Möglichkeit ihrer Mißdeutung befürchten. Es ist für den Außenstehenden und vor allen Dingen für diejenigen Völker, die den Eigentümlichkeiten der Landschaft, um die es hier geht, fernstehen, schwer zu begreifen, daß ein scheinbar so harmloser Pachtvertrag über Bergwerke politisch als so verhängnisvoll von uns empfunden wird. Es muß deswegen mit aller Deutlichkeit einmal in den Vordergrund gerückt werden, daß bei der besonderen Stellung, ja der entscheidenden Bedeutung, die der Bergbau des Saargebiets für dieses Land hat, die vorgesehene Verfügungsgewalt über die Bergwerke einer faktischen Annexion dieses Saarlandes gleichkommt.
    Ich bin mit dem Herrn Kollegen Schumacher einverstanden, wenn er sich gegen die Bagatellisierung der Saarfrage und gegen die Darstellung wendet, als ob es sich um einen geringfügigen Vorgang auf der großen Weltkarte handle, demgegenüber große andere Zusammenhänge viel wichtiger erscheinen möchten. Hier handelt es sich um Grundsätze! Hier handelt es sich um Grundsätze, die die Kräftegruppierung in der gesamten Welt bestimmen, und das, meine Damen und Herren, sind niemals Bagatellangelegenheiten.
    Es ist schon von einem der Herren Vorredner darauf hingewiesen worden, daß der Parlamentarische Rat, als er die Präambel zu unserem Grundgesetz festlegte, den Satz aussprach, daß mit der Annahme dieser Verfassung das deutsche Volk in der Bundesrepublik auch für jene Deutschen gehandelt hat, denen mitzuwirken versagt war. Nun, meine Damen und Herren, dieses Grundgesetz hat die Bestätigung und Billigung der Besatzungsmächte gefunden, und damit ist auch der Grundsatz gebilligt und anerkannt, daß diese Bundesrepublik auch für jene Deutschen zu handeln und mitzusprechen hat, die westlich von uns verhindert sind, ihren politischen Willen frei zu bekunden.

    (Sehr gut! bei der FDP.)



    (Dr. Schäfer)

    Wir handeln im Sinne der Saarbevölkerung, die ihre Meinung nicht offen auszusprechen vermag, die uns aber auf tausenderlei Wegen immer wieder bezeichnende Zeugnisse zuteil werden läßt von ihrer wirklichen Einstellung und ihrer wirklichen Überzeugung, wenn wir nachdrücklich die Selbstbestimmung dieses Gebiets fordern, ja wenn wir feststellen, daß es überhaupt kein Saarvolk gibt,

    (Sehr richtig! bei der FDP)

    sondern daß es sich nur um einen kleinen Teil des gesamten deutschen Volkes überhaupt handelt.

    (Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien, bei der SPD und rechts.)

    Und sehen Sie, meine Damen und Herren, darum stimme ich mit allen Vorrednern überein, die immer wieder die Notwendigkeit betont haben, innerhalb des Saargebiets die Möglichkeit zu schaffen, in freier Wahl und in vollständiger Presse- und Vereinigungsfreiheit die Bestimmung des politischen Schicksals zu erörtern und schließlich selbst zu entscheiden.

    (Bravo! bei der FDP.)

    Aber, wie ich schon gesagt habe, die Erörterung, die wir anstellen müssen, wirft ja auch — das ist immer wieder hier zum Durchbruch gekommen — die Frage nach einer europäischen Entwicklung auf. Ich komme an der Verpflichtung nicht vorbei, auf das schmerzlichste zu beklagen, daß diesmal auf dem Wege zu einer europäischen Föderation eine Barrikade aus Mißtrauen, Verzweiflung und Verbitterung aufgerichtet worden ist. Wer werden uns damit nicht aufhalten lassen, unseren Weg weiterzugehen, und ) wir sind durchaus einverstanden mit der Forderung des Kanzlers, den Weg zu einer europäischen Föderation weiterzuverfolgen. Wir sind uns dabei sogar klar darüber — und ich möchte das einmal besonders herausstellen —, daß wir damit nicht etwas aussprechen und fordern, was im Augenblick vielleicht als eine deutsche Zweckmäßigkeitserwägung mißdeutet werden könnte. Meine Damen und Herren! Seit Jahrzehnten ist das Verlangen nach einer gesamteuropäischen Ordnung ein Bestandteil der demokratischen Bestrebungen in Deutschland gewesen.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Deswegen möchte ich in diesem Augenblick einmal ein Wort aus einer recht vergangenen Zeit anklingen lassen, aus der Zeit der Paulskirche, die auch schon einmal eine Debatte über eine europäische Föderation veranstaltet hat. Es war da einer der Blutzeugen der deutschen Demokratie, . Robert Blum, der damals Sätze sprach, die so aktuell sind, als wären sie heute gesprochen, wenn man von der sprachlichen Form absieht, die vielleicht nicht mehr ganz unserer Sprechweise entspricht. Er sagte damals:
    Das Ziel, das man im Auge hat, muß man aussprechen, und das Ziel einer Verbrüderung des freigewordenen oder freiwerdenden Westens ist es, dem ich meine Stimme leihe. Mit der Erreichung dieses Ziels ist die Freiheit und der Friede in Europa gesichert. Mit der Erreichung dieses Ziels steht die größte und intelligenteste Abteilung der europäischen Staatenfamilie in einer unbesiegbaren Vereinigung zusammen. In der Erreichung dieses Ziels ist die Möglichkeit gegeben, diese das Land entnervenden immerwährenden
    Rüstungen, diesen sogenannten bewaffneten (C Frieden, der uns an den Rand des Verderbens bringt, aufzuheben. In der Erreichung dieses Ziels ist aber zugleich gesichert, was man so vielfach bedroht sieht: der gesellschaftliche Zustand, der Bestand des Besitztums,
    die Heiligkeit des Eigentums. Denn wenn wir es vermögen, unsere bisher an täglichen Lebensbedürfnissen notleidenden Brüder mit den ,Ersparnissen und Kräften eines großen und mächtigen Staates auf eine andere Stufe zu heben, wenn wir ihnen Wohlstand, Sicherheit und Genuß des Daseins gewähren können, dann haben wir nimmermehr zu fürchten, daß die Verzweiflung sie zur Gewalt treibe und die Errungenschaften vieler Jahrhunderte durch einen, wenn auch flüchtigen Sieg in Frage stellen läßt.
    Meine Damen und Herren! Diese Worte vom Wesen und Wert einer europäischen Einheit sind vor 102 Jahren gesprochen worden. Man kann nur mit einem gewissen Schauder daran denken, daß diese Worte wirkungslos verhallt sind, wenn wir zurückschauen, wie der Verlauf der Geschichte andere Wege gegangen ist, als sie dieser Europäer gefordert und sich gedacht hat. Aber beweist nicht gerade diese Einsicht in die falschen Wege des letzten Jahrhunderts, in diese immer wieder mißlungene deutsche Demokratie und in diese ebenso mißlungene europäische Vereinigung die Notwendigkeit, mit den politischen Methoden zu brechen, die letzten Endes in der Stunde begonnen haben, als die Söhne Karls des Großen das abendländische Reich unter sich teilten? Entsteht da nicht die Aufgabe, über alle Grenzen hinwegzusehen, diese komischen und kleinlichen Methoden zu überwinden, wie sie einst die Territorialfürsten angefangen haben und wie sie die Bürokratien heute fortsetzen, und endlich damit anzufangen, eins zu beseitigen: dieses tausendjährige Unheil des Vertrags von Verdun.
    Wenn wir die Zusammenhänge so sehen und wenn wir so zu den Völkern da drüben westlich von uns sprechen, dann ist das kein Nationalismus, sondern in diesen Überlegungen steckt die tiefe Erfahrung eines Volkes, das da weiß und erlebt hat, welche Tragödien innen- und außenpolitischer Art immer wieder entstehen,. wenn man den Frieden nur als einen Versuch ansieht, die vergängliche Zufälligkeit eines zeitweiligen Machtverhältnisses in die Form unabänderlich gedachter Rechtssätze oder Vertragsklauseln hineinzuzwingen.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Immer wieder sind auf solchen Irrwegen nur neue Auseinandersetzungen gekommen. So geschieht es um des Friedens und um einer konstruktiven europäischen Politik willen, wenn ich meine Frage über diese Halle hinaus an die Völker Europas zu richten versuche, daß sie sich überlegen möchten, ob immer noch hauptstädtische Bürokratien mit ihrem Interessentenanhang kleinliche Formen territorialer Verschiebungen, diese Politik der Interessensphären, die immer nur Gegensätze aufrühren und Streit verursachen, weiter fortsetzen wollen in einer Zeit, die doch eigentlich nur noch in weiten Zusammenhängen von Zeitaltern und Kulturen denken sollte, in einer Zeit, in der die Atomenergie geeignet ist, die gesamte gesellschaftliche Struktur der Staaten und Völker zu wandeln, in der sich nämlich das ungeheure


    (Dr. Schäfer)

    Wagnis auftürmt, daß die Gewalt von Sonnen in die Hand von Menschen gelegt sein könnte.
    Sich in einer solchen Zeit, meine Freunde, gegen Verträge zu wehren, wie wir sie heute erörtert haben, gegen eine Denk- und Handlungsweise, wie sie uns hier als Störung der europäischen und als Gefährdung unserer demokratischen Entwicklung entgegentritt, ist nicht chauvinistische Leidenschaft. Aber es ist der bewußte und entschlossene Wille, mit mutiger Vorbehaltlosigkeit des Herzens und auch mit besonnener Aufrichtigkeit des Strebens einer gesamteuropäischen Entwicklung und damit dem Frieden zu dienen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, die Rednerliste ist damit erschöpft. Ich schließe die Aussprache.
Der Herr Abgeordnete Leuchtgens hat mir einen Antrag 'überreicht, der seine alleinige Unterschrift trägt. Nach § 49 der Geschäftsordnung bedarf es bekanntlich zur Stellung von selbständigen Anträgen der Unterschrift von mindestens 10 Mitgliedern des Hauses. Infolgedessen hat dieser Antrag keine Gültigkeit.
Ferner hat der Herr Abgeordnete Dr. Miessner für die Gruppe Deutsche Reichspartei an mich die Bitte gerichtet, den Ältestenrat einzuberufen, und mich gleichzeitig gebeten, ihm dazu das Wort zur Geschäftsordnung zu erteilen. Ich mache grundsätzlich auf folgendes aufmerksam. Zur Geschäftsordnung das Wort zu erteilen, liegt ausschließlich im Ermessen des Präsidenten. Die Bemerkungen zur Geschäftsordnung können sich nur auf den zur Verhandlung stehenden oder unmittelbar vorher behandelten Gegenstand beziehen. Daß der Gegenstand der Verhandlung heute ein anderer war als der der Einberufung des Ältestenrats, unterliegt wohl keinem Zweifel. Ich bin daher nicht in der Lage, das Wort zur Geschäftsordnung zu erteilen.
Ich berufe die nächsten Sitzungen des Bundestages, und zwar die 47. Sitzung auf Donnerstag, den 16. März, 14 Uhr 30 Minuten, und die 48. Sitzung auf Freitag, den 17. März, 14 Uhr 30 Minuten, und erkläre die heutige 46. Sitzung des Bundestages für geschlossen.