Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Ich habe sogar eine Differenzierung zwischen den Zahlen des Bundesarbeitsministers und den Zahlen. die diese Stellen erarbeitet haben, gemacht. Was wollen Sie mehr?
In dem Antrag der CDU, der sich auf die bekannten letzten Angaben amerikanischer Dienststellen in Berlin bezieht, wird noch von 400 000 Rückkehrern gesprochen. Der erste Redner, der hier davon gesprochen hat, sagte, daß noch „Millionen" deutscher Menschen auf die Heimführung und auf die Heimkehr warten. Nachdem wir hier im Bundestag diese traurige Szene mit den beiden Kriegsgefangenen erlebt haben, die hier ausstaffiert worden sind, um uns eine Szene vorzuspielen, dürfte man von der Regierung erwarten, daß sie auf der Basis von richtigem, haltbarem und vertretbarem Zahlen- und Beweismaterial arbeitet, ehe sie von Kriegsverbrechen redet und diese Kriegsverbrechen anderen Völkern unterschiebt, wie ich überhaupt der Meinung bin, daß dieses Problem aus der Atmosphäre der Hetze herausgenommen
und langsam einer sachlichen Behandlung zugeführt werden muß.
Vor kurzem haben wir den Prozeß gegen Manstein erlebt. Dazu schreibt die Schweizer „Nationalzeitung", die über jeden Verdacht erhaben ist, eine kommunistische Zeitung zu sein, folgendes:
Man würde nun dieser deutschen Kritik bereitwilliger Gehör schenken, wenn sie begleitet wäre von einer Einsicht in die eigene Kriegsschuld.
Der Herr Bundeskanzler hat vor wenigen Wochen, als er uns den Beitritt in die Ruhrbehörde
— das Ergebnis seiner Politik der Preisgabe der Ruhr — anempfahl, sehr feinfühlig von dem Sicherheitsbedürfnis gesprochen, das bei den Völkern des Westens vorhanden sei und das man berücksichtigen müsse. Hätten wir einmal in den zurückliegenden Jahren von Herrn Dr. Adenauer ein ähnlich feinfühliges Wort an die Adresse der Völker der Sowjetunion gehört,
dann hätte das sehr wohlgetan und vielleicht auch gewirkt.
Nun unser Herr Dr. Dehler! Ich gehe nicht ein auf seine nationalistische Rede vom vergangenen Sonntag und ihre Konsequenzen.
— Ich habe keine Zeit, darauf einzugehen. Er hat vor einigen Wochen mit dem bei einer solchen Diskussion für einen solchen Minister gebotenen Tremolo in der Stimme von der „Schande von Oradour" geredet. Ich bin der Meinung. daß das Volk der Tschechoslowakei in seinem Lidice, in seinem Auschwitz, daß das Volk von Polen in seinem Lublin, in seinem Ghetto von Warschau, daß die Völker der Sowjetunion vieltausendfache Oradours erlebt und erlitten haben
und daß man auch einmal mit ein wenig psychologischer Einfühlung
— und mit Taktgefühl an diese Dinge herangehen sollte, statt hier systematisch eine maßlose Verhetzung zu treiben.