Ich danke Ihnen vielmals, Herr Präsident. Ich freue mich, daß man in Zukunft Gelegenheit haben wird, sich auf all die Dinge genauer vorzubereiten. Ich sehe durchaus ein, daß Interpellationen vielleicht noch schnell vorher auf die Tagesordnung gesetzt werden müssen über Reden, die vielleicht ein Minister über das Wochenende gehalten hat. Aber in all den wichtigen Dingen müßte man schon tatsächlich die Möglichkeit haben, sich vorher die Unterlagen zu verschaffen. Mir ist dies leider erst in letzter Minute möglich gewesen.
Nun zu dem Kartellgesetz. Eigentlich könnte mich als einen Vertreter Bayerns diese Frage mehr oder weniger kalt lassen. Denn bei uns in Bayern gibt es keine derartigen großen wirtschaftlichen Machtgebilde.
— Ich komme sofort darauf, Herr Kollege! — Jedoch die Auswirkungen auf unser Preisgefüge spüren wir natürlich ganz genau so wie Sie. Ich habe mich sehr darüber gewundert, daß die Sozialdemokratische Partei sich nunmehr auf einmal mehr oder weniger auf die Seite der Kartelle stellt. Herr Professor Nölting hat erklärt, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister aus einem Saulus anscheinend ein Paulus geworden sei. Ich glaube, daß die Sozialdemokratische Partei hier ihre Ansicht auch etwas geändert hat. Sie will
jedenfalls jetzt den Unternehmer anscheinend doch leben lassen.
Kartelle und Monopole haben in Deutschland immer eine sehr schlechte Presse gehabt. Das hat es mit sich gebracht, daß die Bevölkerung über das, was ein Kartell oder ein Monopol darstellt, nicht richtig aufgeklärt ist. Sie meint im großen und ganzen, es hier mit einer Ansammlung von Hyänen zu tun zu haben, die nichts anderes im Kopf haben, als die Bevölkerung und den Konsumenten auszubeuten. Ich glaube, daß man an diese ganze Frage mit sehr nüchterner Überlegung herangehen muß. Der europäische Markt verlangt unbedingt eine gewisse Ordnung. Bei der Liberalisierung des Handels ist es nicht möglich, in Deutschland ganz und gar ohne irgendwelche Preisabreden auszukommen. Denn wir sehen uns heute in Europa, insbesondere in Frankreich, zentralen und großen Kartellen gegenüber, denen wir nichts Gleichartiges entgegensetzen könnten.
Ich habe nun aus dem Antrag der SPD erfahren, daß die Bundesregierung sich bereits seit eineinhalb Jahren — ich nehme an, daß damit auch der Wirtschaftsrat in Frankfurt gemeint ist — damit beschäftigt, ein Kartellgesetz vorzulegen. Nun kenne ich die Vorarbeiten im Wirtschaftsrat nicht, und es gibt eine ganze Anzahl anderer Kollegen hier im Hause, die auch nicht vorher im Wirtschaftsrat gewesen sind. Ich hätte mich daher gefreut, wenn die Bundesregierung die Parteien über ihre Arbeiten auf dem laufenden gehalten hätte. Ich habe Gelegenheit gehabt, mir kurz den Josten-Entwurf und auch den Günther-Entwurf durchzusehen. Der Günther-Entwurf ist, glaube ich, mehr oder weniger nur ein abgeschwächter Josten-Entwurf. Ich bin sehr daran interessiert, was nun die Regierung als Kartellgesetz vorlegen wird. Ich hoffe, daß Herr Professor Erhard sich doch nicht so hundertprozentig auf eine Kartellgegnerschaft in jedem Falle festlegen wird. Denn es gibt zweifellos Industrien, die nicht ohne weiteres einem allzu freien Spiel der Kräfte überlassen werden dürfen. Dies würde einen Preiskampf ohne Ende bedeuten, der letztlich die Schließung von schwächeren Industrien oder von Industrien mit sich bringen würde, die sich nicht so gut rühren können. Die Folge wäre eine weitere Arbeitslosigkeit.
In diesem Zusammenhang möchte ich kurz sagen — ich habe es mir natürlich hauptsächlich in Bayern genau betrachtet —, daß die Arbeitslosigkeit bei uns in Bayern in den letzten Monaten nicht durch den Winter entstanden ist, sondern daß es sich hier schon um eine Arbeitslosigkeit handelt, die durch Ausstellungen, durch Kündigungen und durch Schließung von Betrieben erfolgt ist. Die letzte Folge eines solchen Kampfes unter den Betrieben, wenn die schwächeren abgewürgt sind, würde nur die sein, daß die überlebenden ein Alleinmonopol für den Verkauf ihrer Waren haben.
Mit großer Befriedigung habe ich zur Kenntnis genommen, daß Herr Professor Erhard mit den Alliierten Verhandlungen gepflogen hat und daß die Alliierten kein Antikartellgesetz herausbringen wollen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Amerikaner in ihren Ansichten immer Kartelle mit Trusts gleichsetzen und eigentlich mit den Preisabredekartellen, wie wir sie hier in Deutschland kennen, nicht so vertraut sind. Ich glaube, daß Abreden einzelner Unternehmer untereinander über einen Preis oder über eine
Marktbegrenzung der freien Marktwirtschaft nicht widersprechen. Ich glaube, daß eher der Eingriff des Staates in diesem Falle einer freien Marktwirtschaft entgegenstehen würde. Wir haben zuerst die freie Marktwirtschaft verkündet bekommen, und jetzt sollen von Regierungsseite aus wieder Einengungen derselben erfolgen. Mir kommt dies vor wie die Echternacher Springprozession: immer zuerst zwei Schritte voran und dann wieder einen Schritt zurück.
Leider ist hier noch gar nicht darüber gesprochen worden, daß es auch sehr gefährliche Zusammenballungen wirtschaftlicher Macht gibt, die sich in kommunaler oder staatlicher Hand befinden. Ich denke bei uns in Bayern zum Beispiel insbesondere an die Elektrizitätswirtschaft.
Es gibt auch noch andere Beispiele. Man könnte ganz kraß auch davon sprechen, daß die Bundesbahn eine solche Machtkonzentration darstellt, die einfach die Frachten und Preise erhöht, wie sie es sich vorstellt. Dabei möchte ich einmal ganz nebenbei sagen, daß ich persönlich der Meinung bin, daß, wenn die Bundesbahn nicht in der Hand des Staates, sondern in der von privaten Unternehmern wäre, sie wahrscheinlich besser liefe und billiger wäre.
— Ja, das wäre mir sehr angenehm.
Meine Partei, die Bayernpartei, ist gegen einen Monopolkapitalismus. Wir glauben jedoch, daß das Kartellproblem allzusehr aufgebauscht wird. Wir wollen jetzt einmal abwarten, wie das Gesetz, das die Regierung uns vorlegen wird, aussehen wird. Wir werden dann die Möglichkeit haben, dieses Gesetz genau zu prüfen, und wir hoffen, daß es sich mit den Prinzipien der freien Marktwirtschaft vereinbaren läßt. Auf jeden Fall sind wir der Meinung, daß man nicht schon wieder eine neue Behörde schaffen soll, die die Kartelle kontrolliert. Wir haben von den Behörden langsam genug, und meiner Ansicht nach haben wir in Deutschland noch allzuviel Behörden. Wir glauben, daß die einzelnen Landeswirtschaftsminister durchaus in der Lage sind, diese Kartelle oder diese Preisabreden entsprechend einem angenommenen Gesetz zu beobachten und zu kontrollieren. Es wird sicherlich in diesem Falle der Bemühungen aller beteiligten Kreise bedürfen, diese nicht einfache Abgrenzungslinie auf diesem schwierigen wirtschaftlichen Gebiet zu ziehen.
Im übrigen schließe ich mich den Ausführungen des Kollegen Etzel an und stimme ebenfalls für eine Überweisung des Antrags der SPD Drucksache Nr. 405 an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik.