Rede von
Dr.
Erich
Köhler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Nein, das ist sehr wichtig. Rische : Bitte sehr, Herr Präsident!
So wie die Lage heute ist, kann ich zu dieser Aufforderung der SPD an die Regierung, deren Auftrag uns ja bekannt ist, nur fragen: Warum gehen Sie nicht gleich zu den Konzernen und Kartellen, zu den westdeutschen Monopolgewaltigen selbst hin, damit sie ihr eigenes AntitrustGesetz machen? So steht doch die Frage.
Diese Regierung wird niemals ein wirklich echtes Gesetz zur Bekämpfung der Monopole und Konzerne vorlegen. Was ist nach unserer Auffassung notwendig? Darauf gibt es eine ganz einfache Antwort: die westlichen Alliierten und die Bundesregierung haben die Pflicht, nach den klaren Bestimmungen des Potsdamer Abkommens zu handeln. In diesem Abkommen heißt es ganz unmißverständlich: In praktisch kürzester Frist ist das deutsche Wirtschaftsleben zu dezentralisieren mit dem Ziel der Vernichtung der bestehenden übermäßigen Konzentration der Wirtschaftskraft, dargestellt insbesondere durch Kartelle, Syndikate, Trusts und andere Monopolvereinigungen. Meine Herren, das sind die Bestimmungen, die von den Westalliierten selbst getroffen wurden, und jede deutsche Regierung hätte sich unserer Auffassung nach darnach zu richten. Die Westalliierten haben allerdings das Potsdamer Abkommen gebrochen, weil sie an einer echten Demokratisierung in Westdeutschland nicht interessiert sind. Sie sind lediglich daran interessiert, mit Hilfe der alten Kartelle und Konzerne an Rhein und Ruhr die Macht des Großkapitals in Westdeutschland wiederherzustellen. Das geschieht dann mit der Brachialgewalt der rauhen Luft der Wirklichkeit, von der Professor Erhard in seiner gestrigen Rede so schwärmte. Die Amerikaner brauchen die Konzerne an der Ruhr zur Verstärkung des Rüstungspotentials des Atlantikblocks, sie brauchen sie als Stoßtrupp gegen die fortschreitende Demokratisierung und — ich
möchte hinzufügen, Kollegen von der SPD — gegen die fortschreitende Sozialisierung.
Gegen die amerikanische Konzeption von der Unordnung der Welt bekennen wir Kommunisten uns zu den Beschlüssen von Potsdam
und begrüßen die Stellungnahme der Außenminister der volksdemokratischen Länder und der Sowjetunion am 24. Juni 1948 auf der Warschauer Konferenz. Da diese Beschlüsse der volksdemokratischen Außenminister und der Sowjetunion in der Regel nicht bekannt sind, erlaube ich mir, Ihnen aus diesen Beschlüssen einen Absatz vorzulesen. Da heißt es:
Statt die Kohlen- und Hüttentruste und Kartelle der Ruhr in den Besitz des deutschen Volkes zu überführen, worauf sowohl die Sowjetunion als auch die anderen Teilnehmer der gegenwärtigen Beratungen bestehen, belassen die Regierungen der USA und Großbritanniens die Schwerindustrie der Ruhr somit faktisch in eigenen Händen, ohne Teilnahme Frankreichs und der UdSSR an der Kontrolle über die Produktion und ohne irgendeinen Einfluß deutscher demokratischer Organisationen. Damit wird die Möglichkeit einer Abmachung zwischen den amerikanischen und britischen Monopolen einerseits und den deutschen Magnaten der Kohle- und ,Stahlindustrie an der Ruhr andererseits erleichtert, was die Möglichkeit der Wiederherstellung des Kriegspotentials Deutschlands und der Bildung eines Herdes der neuen deutschen Aggression schafft.
Es ist nicht schwer zu begreifen, daß eine solche Politik mit den Interessen des Friedens und den Interessen des deutschen Volkes und anderer Völker Europas völlig unvereinbar ist.
Nur die Übergabe der Schwerindustrie an der Ruhr in die Hände des deutschen Volkes und die Errichtung einer Kontrolle über die Erzeugung und Verteilung der Produktion der Ruhrindustrie für eine bestimmte Frist durch die vier Staaten UdSSR, USA, Großbritannien und Frankreich, die gemeinsam die Entwicklung der Ruhrindustrie ausschließlich zu friedlichen Zwecken gewährleisten könnten, würde die Möglichkeit bieten, die Ruhrfrage im Interesse des Friedens und der Sicherheit der Völker Europas zu entscheiden.
Meine Damen und Herren, das ist auch unser Standpunkt. Wir fordern eine solche Kontrolle der Ruhr. Wir sind gegen jede Neuerrichtung von Konzernen und anderen Machtgebilden, die in der Vergangenheit eine so verhängnisvolle Rolle in der deutschen Wirtschaft gespielt haben. Dieser Standpunkt ist also unser Standpunkt, und er ist zugleich der Standpunkt aller Demokraten in allen Ländern der Erde.
Wenn wir den Antrag der SPD-Fraktion dennoch unterstützen, dann jedoch mit all den grundsätzlichen Bedenken, die ich namens meiner Fraktion vorgetragen habe. Wir warnen insbesondere vor allen Illusionen, als ob die Regierung Adenauer überhaupt gewillt sei, ein Gesetz gegen den Mißbrauch wirtschaftlicher Macht vorzulegen. Verdankt sie doch ihr Bestehen einzig und allein
dem Mißbrauch wirtschaftlicher und politischer Macht.