Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Ich glaube. nach den Erfahrungen, die wir mit amtlicher Graphik usw. gemacht haben, wäre es dringend notwendig, diese Dinge auf eine andere Basis zu stellen. Wir haben in dieser Beziehung soviel Schund gehabt, daß einem wirklich graust; und wenn der Herr Vorredner dies etwas ins Lächerliche gezogen und gesagt hat, das sei unwichtig, so glaube ich nicht, daß es unwichtig ist, derartige Dinge einmal in die Hand zu nehmen. Es ist nicht unwichtig, daß ein Volk, das doch auch mancherlei Künstler hat und gehabt hat, im Bereich der amtlichen Graphik so dasteht, als habe es von Kunst überhaupt noch nie etwas gehört oder gesehen.
Und nun die Bürokratie. Ich will mich über die Frage der Bürokratie nicht auslassen. Aber daß die Verbindung zwischen Bürokratie und Kunst etwas Sonderbares ist, wissen wir auch, und deswegen erscheint es mir wichtig, daß dieser Ausschuß aus Leuten zusammengesetzt wird,
die nicht gerade der Bürokratie mit Leib und Seele verfallen sind. Das wäre das erste, was zu sagen wäre.
Das zweite, was zu sagen wäre — ich will über die Einzelheiten, die die Herren Vorredner behandelt haben, nicht sprechen —, ist etwas ganz anderes. Nehmen Sie die Briefmarken. Man ist in allen Ländern jetzt eigentlich dazu übergegangen, die Briefmarke als ein sehr geschicktes und geeignetes Werbemittel zu betrachten, und zwar als ein Werbemittel, sagen wir einmal: für den Fremdenverkehr. Nehmen Sie die Briefmarken, die Frankreich gemacht hat, sehen Sie die schönen Städte und Landschaften; oder nehmen Sie die Briefmarken anderer Länder. Wenn wir nun gerade vom Fremdenverkehr Petitionen bekommen, daß wir ihm helfen sollen, so könnten die Regierung und dieses Gremium in dieser Beziehung dem Fremdenverkehr etwas Hilfe bringen.
Dazu kommt noch etwas anderes. Ich bin immer darüber erstaunt gewesen, daß ein Volk, das so viel Historik gepflegt und so viel Historiker hervorgebracht hat, doch im Grunde genommen in manchen Dingen ein geradezu traditionsloses Volk ist. Wir sind ein traditionsloses Volk in allen Dingen der eigentlichen Innenpolitik, indem wir die Leute, die Vorkämpfer der Neugestaltung gewesen sind, nicht geachtet oder nicht in genügendem Maße geachtet haben. Wie wäre es, wenn eine neue Briefmarkenserie einmal die Köpfe von Männern oder auch Frauen brächte, die sich um derartige Dinge verdient gemacht haben? Das ist keine Parteiangelegenheit, sondern das ist eine Angelegenheit von allgemeinem Interesse. Wie wäre es, wenn wir überhaupt in unsere Vergangenheit etwas hineingingen? Wir haben jetzt Goethe-Briefmarken gehabt. Sie waren sogar gut. Ich nehme an, daß sie nicht von der Postverwaltung, sondern vom Freien Deutschen Hochstift entworfen worden oder wenigstens von ihm die Vorlagen gegeben worden sind. Aber die Wohlfahrtsbriefmarken, die wir jetzt bekommen haben, kann man überhaupt nicht ansehen, ohne daß es einem graust. Denn da ist soviel drauf und so wenig Klarheit der Darstelstellung, daß sie überhaupt nicht wirken. Auch etwas politische Erziehung kann man auf diese Weise machen, und zwar gerade durch Briefmarken. Denn die Sammelwut bei Briefmarken ist a immer größer geworden. Sehen Sie sich einmal die russischen Briefmarken an; sie sind natürlich sehr tendenziös, aber sie sind im Sinne der Entwicklung der russischen Kultur zum Teil geradezu vorbildlich. Sehen Sie sich die französischen Briefmarken an. Bei denen ist es ebenso.
Nun möchte ich noch ein Wort zu der Zuständigkeit dieses Ausschusses sagen. Ja, meine Damen und Herren, das scheint mir einfach davon abzuhängen, ob Regierung und Parlament in diesen Dingen ohne unbedingte Bindung an Paragraphen zusammenarbeiten wollen oder ob sie das nicht tun wollen. Wenn wir der Meinung wären, daß wir die Regierung, sagen wir einmal: zwingen wollen, dann müßten wir ein Gesetz machen. Wenn wir so formuliert haben, dann heißt das: bitte, Regierung, sei vernünftigt und ziehe diese Leute herbei! Dabei haben wir eben von uns aus gedacht, daß die Regierung vernünftig sei, wobei ich allerdings, nachdem ich meinen Herrn Vorredner gehört habe, nicht recht weiß, ob er maßgeblich für die Regierung ist.
1 Denn das, was er gesagt hat, wäre durchaus nicht im Sinne einer vernünftigen Zusammenarbeit.
So stehen die Dinge, und ich glaube, wenn man vernünftige Leute dazu hinzuzieht, kann man dahin kommen, daß wir die eklatante Schwäche, die wir bisher gehabt haben, überwinden. Das war der Sinn dessen, was der kulturpolitische Ausschuß wollte. Deshalb, glaube ich, wäre es richtig, wenn man diesen Antrag annehmen würde.