Meine Damen und Herren! Es ist selbstverständlich heute nicht möglich, auf den Gesetzentwurf der sozialdemokratischen Fraktion im einzelnen einzugehen. Im übrigen hat der Herr Minister zum Ausdruck gebracht, daß er dem Hohen Hause seine Vorlage sehr bald zuleiten wird. Wenn man sich aber die Zeitungen der letzten Wochen ansieht, kommt man zu der Auffassung, daß sich im Wohnungsbau zwei Linien bereits klar abzeichnen. Die eine Linie scheint mir die der Regierung und des Herrn Wohnungsministers zu sein, nämlich eine Liberalisierung der ganzen Wohnungswirtschaft und des ganzen Wohnungsbauwesens durchzusetzen, und die andere Linie geht darauf hinaus, den jetzigen Zustand zu straffen und weiter zu ordnen, und zielt darauf ab, in erster Linie den wirklich sozialen Wohnungsbau für das werktätige Volk vorwärtszutreiben. Man spricht in den Zeitungen bereits davon, daß in dem Entwurf des Herrn Ministers in starkem Maße die Frage der Mieten enthalten sein soll. Ich kann jetzt schon sagen, daß wir diesem Grundsatz nicht folgen werden. Man muß eine Mietpolitik betreiben, die darauf hinausgeht, daß wirklich auch die Ärmsten der Armen in der Lage sind, eine anständige Wohnung zu bezahlen. Die Sätze, die schon im Entwurf der Sozialdemokratischen Partei genannt wurden — ich denke bis zu 1,10 Mark pro qm —, scheinen mir schon zu hoch zu sein; denn die Ver-
dienste der Arbeiter und kleinen Angestellten reichen nicht hin, um solche Mieten zu bezahlen. Hinzukommt, daß es nicht darauf ankommt, jetzt bestimmten kapitalistischen Wohnungseigentümern zu helfen, sondern daß es darauf ankommt, im beschleunigten Verfahren mit der Hilfe der Länder und des Bundes wirklich in breitem Maße für die Obdachlosen und Ausgebombten Wohnraum zu schaffen.
Heute kann man schon sagen, daß die Fragen der Finanzierung wohl die schwierigsten sein werden. Aus zahlreichen Erklärungen in der Presse ist erkenntlich, daß die Finanzierungsfrage noch keineswegs geklärt ist, wenn auch der Herr Minister in der letzten Ausschußsitzung die Dinge so darstellte. Ich kann diesen Optimismus nicht teilen. Das Wohnungsproblem ist nämlich vom gesamten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Problem nicht zu lösen; es ist ein Teil desselben. Wenn wir uns die Zahlen der ansteigenden Arbeitslosigkeit ansehen, wenn wir auch keineswegs den rosigen Zweckoptimismus in der Entwicklung unserer Wirtschaft mitmachen können, wenn wir dann sehen, daß das Steueraufkommen keineswegs so aussehen wird, wie es hier sehr oft dargestellt wurde, und wenn ich daran denke, was der Herr Finanzminister gestern sagte, dann muß ich schon sagen, gerade auf dem Wohnungsgebiet muß mit äußerstem Nachdruck vorgegangen werden. Wir sind jedenfalls der Meinung, daß man sehr bald vom Reden zu Taten kommen muß, daß man etwas tun muß, denn auch mit schönen Gesetzesvorlagen ist es nicht getan. Wir sind sowieso schon mit einer großen Hypothek belastet,
das ist die Hypothek der Besatzungsmächte. Wenn
Sie mit uns gemeinsam energischer für die Herabsetzeng der Besatzungskosten kämpfen würden, könnten auch viel größere Möglichkeiten auf dem Gebiet des Wohnungsbaus geschaffen werden. Ich möchte jedenfalls jetzt schon eines sagen, daß wir die Linie, die aus den Zeitungen zu ersehen ist und die anscheinend auch vom Herrn Minister eingeschlagen wird, nicht mitmachen können, sondern der Wohnungsbau muß in erster Linie den breiten Volksmassen dienen, und dafür müssen die Mittel bereitgestellt werden. So werden wir uns auch an der Debatte über den Gesetzentwurf der SPD und über den Gesetzentwurf der Regierung beteiligen und werden auch im Ausschuß die geeigneten Vorschläge zu den beiden Gesetzentwürfen machen.