Es ist vorhin davon gesprochen worden, daß wir Bayern heute schweres Geschütz auffahren wollten. Betrachten Sie diese Auseinandersetzung nicht von diesem Standpunkt aus. Es handelt sich um eine ernste Lebensfrage, die weite Berufsstände im ganzen bayerischen Wirtschaftsgebiet betrifft. Ich darf Ihnen sagen, daß das ganze bayerische Volk nicht aus Eigensucht, nicht aus Eigenbrötelei auf diese Auseinandersetzungen horcht, sondern wegen der Sicherheit der Existenz breitester Schichten des bayerischen Volkes. Ich darf noch einen Gedanken in die Debatte werfen: Sie wollen doch nicht bestreiten, daß das Grundgesetz die Möglichkeit gibt, gewisse Rechtsbereiche den Ländern zu übertragen. Wenn auf Grund einer jahrhundertelangen Entwicklung ein so verschiedenartiger Aufbau dieses Gewerbes in Bayern gegeben ist, dann kann diese Frage von der Sicht des Bundes aus eben nicht mit der Sorgfalt geregelt werden wie aus der Zuständigkeit der Länder heraus. Sie müssen sich klar werden, daß das Braugewerbe in verschiedene Formen zerfällt. Rein gewerbliche Betriebe beschäftigen sich mit dem Braugewerbe, daneben gibt es gemischtwirtschaftliche Betriebe, bei denen das Braugewerbe und die
Landwirtschaft oder das Braugewerbe und andere Gewerbe gekoppelt sind. Wir haben eine Unzahl von Realrechten, die den Haustrunk betreffen und auf ganz kleine Höfe Braurechte festlegen. Alle diese Eigenarten und Besonderheiten, die sich in Jahrhunderten entwickelt haben, stellen ein für Bayern eigenes Gewerbe dar. Sie bedürfen einer besonderen Pflege und Berücksichtigung, die bei der Schnellebigkeit der Wirtschaft von der Bundesebene aus nicht gewährleistet sind.
Sehen Sie: irgendwo müssen Sie den Ländern ihre Zuständigkeiten geben, denn sonst laufen Sie Gefahr, daß man den Glauben an einen föderativen Willen in diesem Hause verliert.
Ich gebe ohne weiteres zu, daß der zentralistische Staatsaufbau bei Ausschaltung der Länderzuständigkeit einfacher ist, ja er mag sogar schneller sein, weil man sich eben über die Belange der Minderheiten hinwegsetzen kann. Vergessen Sie doch aber nicht, was wir erst kurz hinter uns haben. Wohin hat denn ein exzeptioneller, zentralistischer Staatsaufbau geführt? Er führte zur Unduldsamkeit, zur Schematisierung, zur Erstickung wertvoller gestaltender Kräfte, die in den Ländern ruhen, und zu einem Verschleiß von Kräften, die zum Gesamtaufbau des Bundes verwendet werden könnten. Sie werden aber dadurch falsch gelenkt, daß durch einen zentralistischen Aufbau auf ebensolchen Gebieten ein Widerstandswille in den Ländern erweckt wird, der zu Reibereien zwischen dem Bund und den Ländern führt. Damit kommen wertvolle Kräfte, die anderswo besser und erfolgreicher eingesetzt werden könnten, zum Verschleiß.
Betrachten Sie doch die ganze Entscheidung, die Sie hier treffen, von diesem ernsten Gesichtspunkt aus. Nichts anderes bewegt . uns, in dieser Sache heute so ernst und so eindringlich zu Ihnen zu sprechen. Die Entscheidung, die Sie treffen, wird für die Zukunft richtunggebend sein. Wenn es überhaupt ein Gebiet gibt, das für die Übertragung an die Länder geeignet ist, dann ist es das Gebiet der Biersteuergesetzgebung. Wenn schon hier der Bund den föderalistischen Wunsch des Landes Bayern nicht hört, dann werden wir auch weiterhin beim Bund kein Gehör finden. Dann wissen wir, daß das, was im Grundgesetz an föderativen Gedanken verankert ist, offensichtlich nur ein leerer Schall ist. Reißen Sie hier nicht ein Mißtrauen zwischen dem Bund und einem so großen Land wie Bayern auf. Das ist diese Sache nicht wert, weil hier der Bund doch auf nicht viel verzichtet. Es ist ja gerade bei der Biersteuer im Grundgesetz verankert, daß sie sowieso den Ländern zufließt. Dann lassen Sie doch auch in der Gesetzgebung die Regelung aller dieser besonders gearteten wirtschaftlichen Verhältnisse bei einer vom Lande ausgehenden Biersteuergesetzgebung. Wenn Sie so denken und die föderativen Gestaltungskräfte der Länder auf solchen Gebieten, die dem Bund wirklich nicht viel nehmen, unterstützen würden, dann würden Sie im Gesamtinteresse nur die Entwicklung des Bundes und seine Entscheidungen potenzieren, weil Sie die Vielgestaltigkeit der Länder besser berücksichtigen würden.
Ich habe gesagt, eine zentralistische Ausrichtung auf diesem Gebiete wäre sicher einfacher und schneller. Wir wissen aber auch, daß eine zentralistische Staatsführung immer zur Unzufriedenheit und zur baldigen Zerstörung geführt hat. Ich gebe
Ihnen zu, und es ist richtig, daß in der zentralistischen Ausrichtung ein Befehl oder ein Mehrheitsbeschluß, der Minderheitsrechte unterdrückt, genügen kann, wo bei einem föderativen Staatsaufbau eine höhere staatsmännische Klugheit walten müßte und Persönlichkeitswerte eingesetzt werden müßten. Insofern wäre das föderative Staatssystem vielleicht schwieriger, aber auch wertvoller.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie noch einmal: machen Sie es nicht so, wie wir das in letzter Zeit schon des öfteren beobachten mußten, daß Sie im Bewußtsein der Mehrheit zentralistischen Denkens in diesem Hause über solche Fragen durch eine Entscheidung zur Tagesordnung übergegangen sind.