Ja, der Herr Präsident paßt bei den Kommunisten immer sehr gut auf! Das ist uns mittlerweile bekanntgeworden.
Meine Damen und Herren, der Berichterstatter hat auch noch eine andere Frage angesprochen,
nämlich die Frage der skandalösen Kartoffelpreiserhöhung. Selbstverständlich fiel diese Kartoffelpreiserhöhung gleich nach der D-Mark-Umbewertung beim Verbraucher stark ins Gewicht. Die Kartoffellieferverträge wurden überraschend und über Nacht mit dem Hinweis gekündigt, daß man Kartoffeln zu den empfohlenen Preisen von 5 bis 6 Mark nicht mehr liefern könne. Kartoffelpreise zwischen 8 und 9 D-Mark waren dann die unmittelbare Folge in vielen Städten Westdeutschlands. Und warum? Weil es Preisabreden gab, weil eine organisierte Zurückhaltung der Kartoffeln den Markt beunruhigte. Auch an dieser Tatsache kann man doch nicht einfach vorbeireden. Diese egoistische Politik hat der Landwirtschaft indessen keinen großen Nutzen gebracht. Nach der Erklärung des Herrn Landwirtschaftsministers — leider ist diese Erklärung aus einer Presseäußerung — sind von den Verbrauchern in diesem Jahre nur 20 Prozent der Kartoffeln eingekellert worden; die übrigen müssen nun von der Landwirtschaft eingelagert werden.
Meine Damen und Herren, ich mochte hier noch auf die völlige Anarchie verweisen, die auf dem Fleischmarkt herrscht.
Der Herr Berichterstatter hat die Meinung der überwiegenden Mehrheit des Ausschusses zum Ausdruck gebracht; aber meiner Meinung nach hätten bei einer gründlicheren Beschäftigung mit dem Preisproblem ganz andere Schlußfolgerungen gezogen werden müssen. Uns genügt nun einmal nicht eine Regierungserklärung, wenn wir sehen, daß sie in krassem Widerspruch zu den Tatsachen steht. Die Tatsachen selbst aber werden in den Presseorganen, die der Regierungskoalition aufs engste verbunden sind, ungeschminkt wiedergegeben.
Ich habe hier die Wirtschaftsbeilage der Allgemeinen Kölnischen Rundschau, bekanntlich das Zonenzentralorgan der CDU. Da heißt et am 27. November 1949 in einem Artikel: „Preisfall?" Hören Sie bitte genau zu, es ist Ihr eigenes Organ:
Trotz der stimmungsmäßigen Beeinflussungsversuche hätten sich die Preise — nicht zuletzt auch infolge gleicher Erscheinungen auf dem Weltmarkt — weiter rückläufig entwickelt, wenn nicht die Devalvation der D-Mark — zumindesten scheinbar — eine neue Lage geschaffen hätte. Während die Verbraucher sich teilweise zu Angstkäufen verleiten ließen, hielt die Industrie zunächst schlagartig mit ihren Angeboten zurück und verzögerte sogar die Auslieferung fest abgeschlossener Kontrakte. Vor allem schritten viele Fabrikanten sofort zu Preiserhöhungen — teilweise sogar für feste Abschlüsse — oder erklärten sich zur Lieferung nur unter ausdrücklichem Preisvorbehalt bereit.
Das, meine Damen und Herren, steht immerhin in der Zonenzentralzeitung der CDU, und es ist ein Leitartikel auf der Wirtschaftsseite! Ich denke, das muß man wissen. Oder gibt es hier zwei Meinungen, eine Meinung in dem Zonenorgan der CDU und dann eine weitere Meinung der CDU-Mitglieder im Ausschuß? Ich denke, das ist die Wahrheit, und jeder, der die Verhältnisse genau kennt, muß zugeben, daß es so ist.
Aber gestatten Sie mir, noch auf einige andere Dinge hinzuweisen. Seit der D-Mark-Umbewertung wurden immerhin beträchtliche Preiserhöhungen für Stab- und Formstahl und für Halbzeug bekanntgegeben. Auch dies ist in der Öffentlich-
keit bekannt und ist nicht zu leugnen. Es besteht ferner ein Regierungsvorschlag, den Butterpreis in allernächster Zeit zu erhöhen, und ich will hier nur daran erinnern, daß auch eine Vorlage in Vorbereitung ist, den Benzinpreis zu erhöhen. Durch diese rücksichtslose Preispolitik auf Kosten der werktätigen Bevölkerung wächst ja schon der Widerstand in der Bevölkerung.
Meine Damen und Herren, die Geduld des Volkes ist wirklich zu Ende!
Es verlangt Sicherung des Existenzminimums und verlangt vor allen Dingen eine Erhöhung der Löhne. Ich glaube, daß wir alle Ursache hatten, auf diese Dinge einmal in der Öffentlichkeit hinzuweisen. Es geht nicht an, die Ablehnung ernster Anträge in einer solchen Art und Weise zu begründen, wenn man genau weiß, wie die Wirklichkeit draußen ist.
In diesem Zusammenhang gestatten Sie mir auch ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Vizekanzlers. Der Herr Vizekanzler hat versucht, die sehr ernsten Bedenken meiner Fraktion über bestimmte Äußerungen von Regierungsmitgliedern zu entkräften. Es ist nicht zu bestreiten, daß derartige Äußerungen in den letzten Wochen von vielen Kabinettsmitgliedern abgegeben wurden. Es gibt eine Politik, die ganz systematisch dahin strebt, die jetzt von den Ländern aufgebrachten Subventionen abzuschaffen. Daraus müßte dann automatisch eine Preiserhöhung folgen.
Der Herr Minister hat es auch unterlassen, sich ganz präzise, und zwar mit Zahlen, über die seit 1945 in Westdeutschland eingetretene Verschuldung zu äußern. Er erklärt, daß wir die Gegenwertfonds nun benutzen können,, um Investitionen vorzunehmen. Ich möchte aber daran erinnern, daß die Dollarschuld bleibt.
Ich denke, das ist bekannt, meine Damen und Herren, und es hat auch keinen Zweck, über diese Dinge hinwegzureden. Ich möchte feststellen — leider ist der Herr Vizekanzler nicht mehr da —: Warum hat sich der Herr Vizekanzler nicht etwas tiefer, etwas näher und gründlicher mit diesen von uns aufgeworfenen Problemen beschäftigt? Sie sind es wert, daß man sich in aller Offenheit darüber ausspricht; denn hier wird tatsächlich ein sehr ernstes soziales und politisches Problem angesprochen, das entscheidend ist für die Preisentwicklung und für die gesamte westdeutsche Wirtschaftspolitik.
Der Herr Vizekanzler hat nun selbst erklärt, daß es außenpolitische Bedenken gibt, die dagegen sprechen, diese Frage hier polemisch und somit in aller Klarheit in Rede und Gegenrede in der Öffentlichkeit zu erörtern. Meine Freunde und ich sehen darin nur eine Fortsetzung der Geheimpolitik. Dem Volke in Westdeutschland soll die Kenntnis wirklich ernster Fragen vorenthalten werden, die Kenntnis von ernsten Entscheidungen, die sicherlich in unmittelbarer Zukunft bevorstehen.
Ich erinnere daran, daß es die Hohen Kommissare gewesen sind, die von der Bundesregierung verlangt haben, ab 1. Januar 1950 mit der Subventionierung der Einfuhrgüter Schluß zu machen!
Ist somit dieses Problem ernst oder ist es nicht
ernst? Aber der Herr Vizekanzler hat es vorgezogen, über diese Dinge zu schweigen, und er begnügte sich mit einem Hinweis auf bestimmte außenpolitische Erwägungen. Wir fordern: Schluß mit der Geheimpolitik! Und daher unsere Anfrage. Der Herr Vizekanzler aber hat es vorgezogen, mit ein paar belanglosen Erklärungen über ernste Fakten hinwegzureden, und hat uns eine in keiner Weise befriedigende Auskunft gegeben.