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ID0102209900

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    Vokabeln: 6
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    2. Wort: 1
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    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Bundesfinanzminister.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 22. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1949 649 22. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1949. Geschäftliche Mitteilungen . 650B, 698D, 713C Anfrage Nr. 8 der Fraktion der SPD betr. Lohn- und Gehaltserhöhung anläßlich der Einkellerung von Kartoffeln und Brennstoffen (Drucksachen Nr. 189 u. 273) . . 650C Anfrage Nr. 7 der Fraktion der FDP betr. Umquartierung im Raum Köln (Drucksache Nr. 188) 650C Antrag der Abg. Renner und Gen. betr. Erklärung des Bundeskanzlers zu seinem Interview in Fragen der Remilitarisierung (Drucksache Nr. 269) 650D Renner (KPD) (zur Geschäftsordnung) 650D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit (Drucksache Nr. 270) . . . . 651D Dr. Oellers (FDP), Berichterstatter 651D Dr. Kopf (CDU) . . . . . . . . 655A Dr. Etzel (BP) . . . . . . . . 657C Loritz (WAV) 657D Ewers (DP) . . . . . . . 659B, 661D Schoettle (SPD) (zur Geschäftsordnung) 662A Dr. Kleindinst (CSU) 662B Dr. Richter (NR) . . . . . . . 662C Dr. Reismann (Z) . . . . . . . 664A Leibbrand (KPD) . . .. . . . . 664D Dr. Arndt (SPD) (zur Geschäftsordnung) 666A Arndgen (CDU) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . 666D Zweite und dritte Beratung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache Nr. 271) 667A Dr. Krone (CDU), Berichterstatter . . . . . . . 667A, 676A Rische (KPD) 667D Rümmele (CDU) 669B, 672B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 669D, 671D Dr. Fink (BP) . . . . . . . . 670B Seuffert (SPD) . . . . . . . 671B Dr. Reif (FDP) 672A Renner (KPD) . . . . . . . . 672C Neumann (SPD) . . . . . . . 673C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erstreckung der bei den Annahmestellen Darmstadt und Berlin eingereichten Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenanmeldungen auf die Länder Baden, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern und den bayerischen Kreis Lindau (Drucksachen Nr. 152 und 272) . . . . . . . . . . . 676C Dr. Wellhausen (FDP), Berichterstatter 676C Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Drucksache Nr. 241 neu) . . . . . . . . . 276D Antrag der Fraktion der BP betr. Streichung der Absätze 2 und 3 des § 103 der vorläufigen Geschäftsordnung (Drucksache Nr. 184) 677A Dr. Seelos (BP), Antragsteller 677A, 687C Dr. Etzel (BP) 678B Dr. Arndt (SPD) . . . . . 679D, 686A Frau Dr. Weber (CDU) 681D Loritz (WAV) 682B, 686D Renner (KPD) 683A Dr. von Brentano (CDU) . . . . 685A Dr. Oellers (FDP) (zur Geschäftsordnung) 687B Antrag der Fraktion der SPD betr. Einsetzung eines Ausschusses für den Erwerb von Ausstattungs- und Kunstgegenständen im Raume der vorläufigen Bundeshauptstadt (Drucksache Nr. 199) 687D Erler (SPD) Antragsteller . . 633A, 691C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 690B Dr. Decker (BP) . . . . . . 690C Dr. Wellhausen (FDP) 690D Dr. Bertram (Z) 691A Kiesinger (CDU) . . . . . . 691B Antrag der Abg. Renner und Gen. betr: Stellungnahme des Vizekanzlers zu dem behaupteten Wegfall von Subventionen (Drucksache Nr. 207) . . . . . . . . 6928 Rische (KPD), Antragsteller . . . . 692C Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 695A Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Maßnahmen gegen Preiserhöhung (Drucksachen Nr. 225 und 228) 696A Etzel (CDU), Berichterstatter . 696A Rische (KPD) 697A Schoettle (SPD) 698C Antrag der Abgeordneten Renner und Genossen betr. Wahrung der Pressefreiheit gegenüber Zeitungsverboten der britischen Dienststellen (Drucksache Nr. 208) . . . 699A Agatz (KPD), Antragsteller 699A Cramer (SPD) . . . . . . . . . 699D Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Antrag der Fraktion der BP betr. Biersteuergesetzgebung (Drucksachen Nr. 212 und 91); in Verbindung mit dem Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Antrag der Abgeordneten Dr. Solleder, Dr. Horlacher, Dr. Laforet und Genossen betr. Biersteuer (Drucksachen Nr. 213 und 162) 701B Seuffert (SPD), Berichterstatter 701B, 709A Dr. Besold (BP) 702A, 710B Dr. Baumgartner (BP) 704A Dr. Solleder (CSU) 706B Dr. Wellhausen (FDP) . . . 707D, 713A Dr. Bertram (Z) 708D Wilhelm Schmidt (WAV) . . . . 709D Strauss (CDU) (zur Geschäftsordnung) 712C Mündlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen betr. einheitliche Regelung der Heimkehrerbetreuung (Drucksache Nr. 224) . . . 711B Arndgen (CDU), Berichterstatter . 711B Krause (Z) 711D Persönliche Bemerkung: Dr. Arndt (SPD) 712A Nächste Sitzungen 713C Die Sitzung wird um 9 Uhr 43 Minuten durch Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Fritz Erler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über unseren Antrag hat es seinerzeit trotz des schwach besetzten Hauses eine Auseinandersetzung mit der Regierung gegeben. Wir haben uns davon überzeugen lassen, daß die Überschrift dieses Antrages zu dem Inhalt in einem gewissen Widerspruch steht, und schlagen Ihnen daher eine neue Formulierung vor. Die Überschrift wäre nach unserem Antrag wie folgt zu fassen: „Einsetzung eines Ausschusses zur Prüfung der Auftragvergebung für Bauten und Einrichtungen des Bundes im Raume der vorläufigen Bundeshauptstadt." Um den Inhalt des Antrages stärker zu präzisieren und auch den Einwendungen, die der Herr Finanzminister erhoben hat, in etwa entgegenzukommen, beantragen wir weiterhin, dem Antrag einen zweiten Satz beizufügen, der lauten würde:
    Der Ausschuß hat dem Hause innerhalb von sechs Wochen über das Ergebnis seiner Prüfung und die der Regierung gegebenen Anregungen zu berichten.
    Worum handelt es sich? Sie wissen, daß wir augenblicklich im Raum Bonn das größte zusammenhängende Bauvorhaben des Bundes durchführen. Es ist in den heutigen Beratungen schon verschiedentlich darauf hingewiesen worden, daß der Bundestag seinerzeit mit der Entscheidung für den Bundessitz Bonn eine gewisse Verantwortung übernommen hat. Diese Verantwortung trägt die Körperschaft als Ganzes. Es ist nun nach all dem, was wir jetzt in diesem Raum beobachten können, unbedingt notwendig, bei diesem sehr großen Bauvorhaben zu einer ordentlichen Art und Weise der Vergebung der Aufträge zu kommen. Verschiedentlich ist von anderen Parteien, nicht etwa nur von der Sozialdemokratie — ich denke hier besonders an die Bayernpartei —, die Anregung gegeben worden, die sich auch in Anträgen niedergeschlagen hat und in Ausschüssen beraten worden ist, man möge bei der Vergebung und Verteilung dieser Bauaufträge den verschiedenen deutschen Landschaften besondere Beachtung schenken. Ein weiterer Antrag der Bayernpartei hat sich auch mit der Frage gewisser künstlerischer Gestaltungsmöglichkeiten beschäftigt, die im Rahmen solcher Bauvorhaben auftauchen.
    All das ist für die Zukunft wichtig. All das zeigt, daß jene Bestimmungen, die für die Vergebung öffentlicher Aufträge gelten, wie die Verdingungsordnung für Bauleistungen und die Verdingungsordnung für andere öffentliche Leistungen, nicht mehr in dem gebotenen Umfange angewendet werden. Es scheint uns notwendig zu sein, zu überprüfen, wie die Vergebung der Millionen-Aufträge — und es handelt sich um weit über 100 Millionen in diesem Raum, meine Damen und Herren! — organisiert ist. Ich möchte ganz klarstellen: Der Ausschuß hat nicht die Aufgabe, den Rechnungshof zu ersetzen und die einzelnen Pfennigbeträge nachzurechnen, sondern der Ausschuß soll die Organisation prüfen, soll prüfen, nach welchen Grundsätzen und Methoden die großen Aufträge im Raum Bonn vergeben worden sind und künftig vergeben werden. Es ist also eine Aufgabe für die Vergangenheit und gleichzeitig eine Aufgabe für die Zukunft. Wir müssen dahin kommen, daß entsprechend dem schönen Bild, das wir hier in der Vorhalle des Parlaments haben, uns nicht nur den Gegenständen nach angedeutet wird, daß hier in Bonn ganz Deutschland baut. Es muß nach Möglichkeit von Anfang an dafür gesorgt werden, daß alle für den betreffenden Auftrag geeigneten leistungsfähigen Unternehmen aus dem gesamten Gebiet Deutschlands an diesen Arbeiten beteiligt werden. Wir haben nicht in Erinnerung, bisher irgendwelche öffentlichen Ausschreibungen für diese Bauten gesehen zu haben, obgleich es sich doch um das größte Bauvorhaben des Bundes seit dem Zusammenbruch im Jahre 1945 überhaupt handelt. Es ist notwendig, daß die Aufträge sauber und gerecht an den sachlich Geeignetsten vergeben werden und daß dabei die notwendige Sparsamkeit geübt wird.
    Auf alle diese Gesichtspunkte wird der Ausschuß seine Ermittlungen zu erstrecken haben. Ich darf Ihnen sagen, daß aus den Kreisen des einheimischen Handwerks Klagen darüber laut geworden sind, daß im wesentlichen einige größere Bauunternehmer durch Gesamtverträge die Gewinne einstreichen, während das Handwerk sich mit sehr bescheidenen Preisen abfinden soll. Ich will das jetzt nicht in dieser Unbedingtheit ohne weiteres als Feststellung behaupten. Die Klagen sind laut geworden; es wird Aufgabe des Ausschusses sein, ihnen nachzugehen und das zu prüfen.
    Gewiß, es ist Sache der Regierung — und hier komme ich zu den Einwendungen, die der Herr Bundesjustizminister erhoben hat —, die betreffenden Aufträge im einzelnen durch die dafür vorgesehenen Organe zu vergeben. Es ist auch Sache der Regierung, den nachgeordneten Behörden in Erinnerung zu bringen, welches Recht und welche Bestimmungen für diese öffentlichen Aufträge gelten. Aber Sache des Parlaments ist es, zu überprüfen, ob das geltende Recht wirklich in vollem Umfange angewendet worden ist, und auch der Regierung seine Vorstellungen davon zu übermitteln, wie nach der Ansicht dieses dann die notwendige Sachkunde erarbeitenden Ausschusses das Vergebungswesen in diesem Raum ordentlich gestaltet werden kann.
    Der Herr Bundesjustizminister hat den Einwand erhoben, daß hiermit die Legislative in einer vollkommen unzulässigen Weise ihre Machtbefugnisse auf Kosten der Regierung stärke. Das ist ein Argument, daß wir uns auf die Dauer in diesem Hause einfach nicht mehr gefallen lassen sollten. Und zwar warum nicht? Selbstverständlich hat das Parlament die Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren, und nicht umgekehrt. Das müssen wir doch ein für allemal festhalten. Auch verfassungsrechtlich ist die Sache eindeutig klar, Wenn wir so bösartig wären, wie ein Teil der Abgeordneten des Hauses uns vielleicht einschätzt, dann hätten wir doch gleich einen anderen Weg gewählt, den Sie ja gar nicht verhindern könnten; dann hätten wir den Weg gewählt, einen Untersuchungsausschuß zu fordern. Aber was würde das bedeuten? Dieser Untersuchungsausschuß arbeitet mit einem Apparat, der gerichtsähnliche Prozeduren anzuwenden hat, und er müßte öffentlich tagen. Wozu denn das?
    Wir wollen mit einem kleinen, begrenzten Ausschuß, der für eine begrenzte Zeit tätig sein wird, weiter gar nichts tun, als eine Reihe von bestimmten konkreten Fragen hier untersuchen; und dann wird dieser Ausschuß sich im Interesse des Ganzen, auch im Interesse der Regierung selbst bemühen, Vorschläge zur Organisation des Auftragsvergebungsverfahrens zu machen. Dann wird er seinen Abschlußbericht erstatten und dem Hause sagen: so, jetzt ist es ordentlich. Wenn wir diese Gewißheit haben, dann hat der Ausschuß seine Arbeit erfüllt und löst sich wieder auf, und dann ist der für diesen Zweck gebildete Ausschuß wieder am Ende.


    (Erler)

    ) Sie aber, die Sie selbst durch Ihre Entscheidung die Verantwortung dafür übernommen haben, daß wir hier in diesen Raum weit über 100 Millionen DM hineinstecken, Sie sollten aus dieser Verantwortung den weiteren Schluß ziehen, daß Sie sich darum zu kümmern haben, wie und wo und in welcher Weise diese 120 Millionen Mark ausgegeben werden. Das ist ebenfalls Ihre Verpflichtung. Man sagt, daß das Parlament sich lediglich auf die Rolle der Gesetzgebung zu beschränken habe und daß es eine Verletzung der Gewaltenteilung sei, wenn das Parlament anders handle. Ich entsinne mich nicht mehr genau, ob der Herr Bundesjustizminister das Beispiel in diesem Zusammenhang gebracht hat, aber in anderem Zusammenhang ist es in diesem Hause schon gefallen. Sehr gerne wird auf das Beispiel der angeblich so sehr sauberen Gewaltenteilung in den Vereinigten Staaten hingewiesen. Meine Damen und Herren! Man kann jedes Prinzip zu Tode reiten, auch das der Gewaltenteilung. Eine echte Teilung der Gewalten — die alle drei vom Volk ausgehen würden — ist nur möglich, wenn jede der drei Gewalten unmittelbar durch Wahlen aus dem Volk hervorgeht, also wenn zum Beispiel auch die Richter gewählt würden. Wir haben dieses System bei uns nicht. Es gibt nur ein Organ, das unmittelbar aus dem Volk hervorgeht: das ist das Parlament. Das sind Sie selber! Aus diesem Organ leiten alle anderen ihre Machtbefugnisse her — auch und gerade die Regierung. Diese Stellung, die wir in unserem Grundgesetz gewählt haben, muß sich natürlich auch äußerlich darin ausdrücken, daß das Parlament der Regierung gegenüber Kontrollbefugnisse hat, die bisher in keinem parlamentarisch regierten Land der Welt irgendeine Regierung dem Parlament zu bestreiten gewagt hat. Ich möchte daran erinnern, daß es vielleicht eine nützliche Lektüre wäre, auch aus anderem Anlaß, wenn unsere verehrten Abgeordneten das große Gesetzgebungswerk des amerikanischen Kongresses in die Hand nehmen würden, in dem zum Beispiel das Europahilfsprogramm festgelegt ist. Da werden Sie sich sehr wundern, wie die Amerikaner mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung umgesprungen sind. Sie werden nämlich in diesem Gesetz finden, daß alle jene Dinge mitgeregelt sind, die sehr wenig mit der Legislative und außerordentlich viel mit der Organisation der dazu notwendigen Behörden zu tun haben. Auch das hat der amerikanische Kongreß in seiner eigenen Verantwortung getan.
    Umgekehrt hat dort der Präsident nicht einmal das Recht der Gesetzesinitiative dem Parlament gegenüber. Wir sind hier stärker ineinander verzahnt. Die Regierung, die nämlich nur Exekutive ist, hat auf die Legislative durch das Recht der Gesetzes-Initiative gewaltigen Einfluß. Dann hat umgekehrt natürlich das Parlament als Ausgleich sehr weitgehende Kontrollfunktionen gegenüber der Regierung.
    Lesen Sie doch einmal nach, was zu der inhaltlich vollkommen gleichen Bestimmung der Weimarer Verfassung etwa Anschütz in seinem Kommentar geschrieben hat. Er legt ausdrücklich fest, daß die Verpflichtung zur Anwesenheit der Regierungsmitglieder im Parament und in den Ausschüssen auf Verlangen des Hauses aus dem Frage- und Interpellationsrecht des Parlaments entspringt. Wie soll denn die Anwesenheit eines Ministers von Nutzen sein, wenn er sich lediglich die Debatte anhört und im übrigen dann dort sitzt und schweigt und das Parlament ihn nicht zum Reden bringen kann? Die Minister sind doch nicht als bloße Figuren und Atrappen hier und erst recht nicht in den Ausschüssen des Parlaments, sondern die Minister sind hier als Zeichen dessen, daß sie dem Parlament für alles, was sie tun, Rechenschaft schuldig sind und daß sie Rede und Antwort zu stehen haben. Und dies nicht nur in der schwerfälligen Art und Weise, daß jede Frage nun zu Papier gebracht und unter Umständen auch schriftlich beantwortet wird. Wenn wir das so halten wollten, dann würden wir bei der Überlastung unserer Tagesordnung auch in hundert Jahren mit unserer Arbeit nicht fertig werden. Es muß die Möglichkeit bestehen, in den Ausschüssen des Parlaments bestimmte Dinge, etwa eng umgrenzte Sachgebiete, durch eine Reihe von sachkundigen Fragen an den zuständigen Minister oder seine Sachbearbeiter sofort zu klären. Das entspringt ebenfalls aus dem Interpellationsrecht des Parlaments. Um alle diese Zweifel auszuschalten, haben wir jene Änderungen vorgeschlagen, die ich Ihnen eben zur Kenntnis gebracht habe. Deshalb sind wir der Meinung, daß es nicht das Recht, sondern die Pflicht des Parlaments ist, hier in diesen Dingen nach dem Rechten zu sehen.
    In normalen Zeiten ist das anders. In normalen Zeiten kann die Regierung jeden Pfennig nur dann ausgeben, wenn er vom Parlament bewilligt Norden ist. Wir haben noch gar keinen Haushaltsplan, und auch der Haushaltsausschuß des Bundestags würde eine Sysiphusarbeit zu bewältigen haben, wenn er neben seinen sonstigen Ausgaben noch das Projekt Bonn bis in die Details hinein studieren sollte. Das geht einfach nicht, weil wir dadurch die Verabschiedung des Planes z i sehr hinauszögern würden. Weil es bisher nicht möglich war, all diese Dinge vorausschauend schon der Kritik und der Würdigung des Parlaments zu unterwerfen, müssen wir es eben jetzt tun — der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe! —, solange diese Arbeiten noch im Gange sind, damit das Parlament der Regierung hier sogar hilft, die Verantwortung zu tragen, und es der Regierung beizeiten sagt, wenn irgendwie Dinge vorgekommen sein sollten, für die die Regierung die Verantwortung beim besten Willen vielleicht nicht übernehmen kann.
    Wir haben doch alle nur ein Interesse daran, daß wir bei der Vergebung dieser Aufträge wieder in ein richtiges und ordentliches Geleise kommen. Der Ausschuß wird schon eine erzieherische Aufgabe haben. Durch die bloße Existenz, daß er da ist, wird sich manches schon ändern, gewissermaßen als ,;the fleet in being". Dadurch, daß dieses Kontrollorgan in Funktion tritt, weiß man, daß der Rechnungshof nicht erst nach einigen Jahren die Rechnungen zu prüfen beginnt und die Nachprüfung nicht auf die lange Bank geschoben, sondern daß schnellstens auch an die Überprüfung der Organisation der Auftragsvergebung herangegangen wird.
    Deshalb bitten wir Sie, von dem normalen Wege, der darin besteht, Ausgaben im Parlament erst nach Vorberatung im Haushaltsausschuß bewilligen zu lassen und erst später den Bericht des Rechnungshofes entgegenzunehmen, hier wegen der Eilbedürftigkeit abzusehen. Sehr eindring-


    (Erler)

    lieh hat der Finanzminister gesagt — leider schien er vorher nicht zugehört zu haben, sonst wäre ihm der Ausdruck nicht entwischt —: wenn wir uns schon hier in, Bonn niederlassen, dann mußte schnell gearbeitet werden, dann konnten wir das nicht auf die lange Bank schieben, und dann konnte nicht etwa erst der Bundestag gefragt werden, wenn beispielsweise irgendwo ein Wasserleitungsbecken angebracht werden muß. So unvernünftig sind wir gar nicht. Das sehen wir ein. Diese Detailfunktion soll der Ausschuß gar nicht haben. Ich wiederhole noch einmal: er soll grundsätzlich das Verfahren prüfen und nicht die Einzelheiten, und er soll dabei helfen, ein ordentliches Verfahren auch für die Zukunft zu entwickeln. Wenn er beides getan hat, dann . sind die Dinge in Ordnung.
    Ich möchte Ihnen zusammenfassend sagen, daß wir der Meinung sind, wir könnten diese Dinge auch mit einem Untersuchungsausschuß zuwege bringen, den Sie, meine Damen und Herren, nicht verhindern könnten; denn das eine Drittel von Abgeordneten, das dazu nötig ist, bringen wir spielend auf. Wir wollen aber das Parlament nicht mit diesem Apparat eines Untersuchungsausschusses belasten für diesen relativ, im Vergleich zum Ganzen doch nicht allzu bedeutenden Sonderzweck. Daher scheint mir ein kleiner leistungsfähiger, rasch arbeitender Ausschuß richtig zu sein, der Ihnen und uns allen die Gewißheit geben soll, daß, nachdem nun einmal die Entscheidung für den Aufbau des vorläufigen Bundessitzes in Bonn gefallen ist, die dadurch unvermeidlichen, notwendigen Ausgaben so sparsam, so gerecht und so zweckmäßig wie möglich geleistet werden und nicht in anderer Weise. Deshalb bitten wir Sie im Interesse der Verantwortung des ganzen Hauses, nun die Konsequenz aus ihrem seinerzeitigen Beschluß zu ziehen und unserm Antrag in der abgeänderten Form zuzustimmen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Fritz Schäffer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine Damen und Herren! Ich habe mich bereits in der letzten Plenarsitzung gegen diesen Antrag ausgesprochen und wiederhole das heute. Ich will keine verkrampften juristischen und staatsrechtlichen Ausführungen machen, sondern ganz klipp und klar sagen, was nach meiner Auffassung die Absicht des Antrags ist. Die Absicht des Antrags scheint zu sein, einen Ausschuß einzusetzen, der so lange zu untersuchen und so lange allgemeine Grundregeln aufzustellen hat, daß die Bauzeit vorüber ist und so lange in Bonn keine Wohnungen und Regierungsbauten gebaut werden können.

    (Widerspruch bei der SPD.)

    Das scheint mir der Zweck des Ausschusses zu sein.
    Meine Damen und Herren, ich habe mich bereit erklärt, Ihnen bereits in diesen Tagen den alten und den neuen Haushaltsplan vorzulegen. Sie werden jeden Pfennig, der für Bauten verwendet wird, im Haushaltsplan entdecken, und da haben Sie die Möglichkeit, Ihr Urteil darüber abzugeben, ob er zweckmäßig verwendet ist oder nicht. Das Haushaltsrecht des Bundestags wird gewahrt. Damit wird Ihnen die volle Möglichkeit der Kritik gegeben. Aber einen Weg, der in die Exekutive eingreift und notwendige Maßnahmen verhindern will, bitte ich das Hohe Haus nicht zu gehen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)