Rede:
ID0102203400

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    Deutscher Bundestag — 22. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1949 649 22. Sitzung Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1949. Geschäftliche Mitteilungen . 650B, 698D, 713C Anfrage Nr. 8 der Fraktion der SPD betr. Lohn- und Gehaltserhöhung anläßlich der Einkellerung von Kartoffeln und Brennstoffen (Drucksachen Nr. 189 u. 273) . . 650C Anfrage Nr. 7 der Fraktion der FDP betr. Umquartierung im Raum Köln (Drucksache Nr. 188) 650C Antrag der Abg. Renner und Gen. betr. Erklärung des Bundeskanzlers zu seinem Interview in Fragen der Remilitarisierung (Drucksache Nr. 269) 650D Renner (KPD) (zur Geschäftsordnung) 650D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit (Drucksache Nr. 270) . . . . 651D Dr. Oellers (FDP), Berichterstatter 651D Dr. Kopf (CDU) . . . . . . . . 655A Dr. Etzel (BP) . . . . . . . . 657C Loritz (WAV) 657D Ewers (DP) . . . . . . . 659B, 661D Schoettle (SPD) (zur Geschäftsordnung) 662A Dr. Kleindinst (CSU) 662B Dr. Richter (NR) . . . . . . . 662C Dr. Reismann (Z) . . . . . . . 664A Leibbrand (KPD) . . .. . . . . 664D Dr. Arndt (SPD) (zur Geschäftsordnung) 666A Arndgen (CDU) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . . . . 666D Zweite und dritte Beratung des Gesetzes zur Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache Nr. 271) 667A Dr. Krone (CDU), Berichterstatter . . . . . . . 667A, 676A Rische (KPD) 667D Rümmele (CDU) 669B, 672B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 669D, 671D Dr. Fink (BP) . . . . . . . . 670B Seuffert (SPD) . . . . . . . 671B Dr. Reif (FDP) 672A Renner (KPD) . . . . . . . . 672C Neumann (SPD) . . . . . . . 673C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Erstreckung der bei den Annahmestellen Darmstadt und Berlin eingereichten Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenanmeldungen auf die Länder Baden, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern und den bayerischen Kreis Lindau (Drucksachen Nr. 152 und 272) . . . . . . . . . . . 676C Dr. Wellhausen (FDP), Berichterstatter 676C Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Drucksache Nr. 241 neu) . . . . . . . . . 276D Antrag der Fraktion der BP betr. Streichung der Absätze 2 und 3 des § 103 der vorläufigen Geschäftsordnung (Drucksache Nr. 184) 677A Dr. Seelos (BP), Antragsteller 677A, 687C Dr. Etzel (BP) 678B Dr. Arndt (SPD) . . . . . 679D, 686A Frau Dr. Weber (CDU) 681D Loritz (WAV) 682B, 686D Renner (KPD) 683A Dr. von Brentano (CDU) . . . . 685A Dr. Oellers (FDP) (zur Geschäftsordnung) 687B Antrag der Fraktion der SPD betr. Einsetzung eines Ausschusses für den Erwerb von Ausstattungs- und Kunstgegenständen im Raume der vorläufigen Bundeshauptstadt (Drucksache Nr. 199) 687D Erler (SPD) Antragsteller . . 633A, 691C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 690B Dr. Decker (BP) . . . . . . 690C Dr. Wellhausen (FDP) 690D Dr. Bertram (Z) 691A Kiesinger (CDU) . . . . . . 691B Antrag der Abg. Renner und Gen. betr: Stellungnahme des Vizekanzlers zu dem behaupteten Wegfall von Subventionen (Drucksache Nr. 207) . . . . . . . . 6928 Rische (KPD), Antragsteller . . . . 692C Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 695A Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Maßnahmen gegen Preiserhöhung (Drucksachen Nr. 225 und 228) 696A Etzel (CDU), Berichterstatter . 696A Rische (KPD) 697A Schoettle (SPD) 698C Antrag der Abgeordneten Renner und Genossen betr. Wahrung der Pressefreiheit gegenüber Zeitungsverboten der britischen Dienststellen (Drucksache Nr. 208) . . . 699A Agatz (KPD), Antragsteller 699A Cramer (SPD) . . . . . . . . . 699D Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Antrag der Fraktion der BP betr. Biersteuergesetzgebung (Drucksachen Nr. 212 und 91); in Verbindung mit dem Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen über den Antrag der Abgeordneten Dr. Solleder, Dr. Horlacher, Dr. Laforet und Genossen betr. Biersteuer (Drucksachen Nr. 213 und 162) 701B Seuffert (SPD), Berichterstatter 701B, 709A Dr. Besold (BP) 702A, 710B Dr. Baumgartner (BP) 704A Dr. Solleder (CSU) 706B Dr. Wellhausen (FDP) . . . 707D, 713A Dr. Bertram (Z) 708D Wilhelm Schmidt (WAV) . . . . 709D Strauss (CDU) (zur Geschäftsordnung) 712C Mündlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen betr. einheitliche Regelung der Heimkehrerbetreuung (Drucksache Nr. 224) . . . 711B Arndgen (CDU), Berichterstatter . 711B Krause (Z) 711D Persönliche Bemerkung: Dr. Arndt (SPD) 712A Nächste Sitzungen 713C Die Sitzung wird um 9 Uhr 43 Minuten durch Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Bernhard Reismann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der scharfen Kritik, auf die unser Antrag auf eine Amnestie zunächst gestoßen ist, erfüllt es uns mit einiger Befriedigung, zu sehen, was jetzt nach den Ausschußberatungen dem Hause vorgelegt worden ist. Wir erkennen an, daß dem Anliegen, das in unserem Antrage Drucksache Nr. 17 zum Ausdruck kam, im wesentlichen Rechnung getragen worden ist. Wir waren uns darüber klar, daß wir nicht mit allen Wünschen zu diesem Punkte durchkommen würden; aber das, was jetzt noch an Wünschen unerfüllt geblieben ist, ist uns nicht so wichtig, daß wir Widerspruch gegen das _erheben müßten, was jetzt vorliegt. Meine Fraktion erklärt sich deswegen mit dem vorliegenden Ausschußantrag einverstanden.
    Nicht berücksichtigt worden ist von unseren Wünschen zunächst einmal der, im Falle der Ablehnung der Amnestie eine Beschwerdemöglichkeit zu geben. Man erklärte darauf in den Ausschußberatungen: Es ist sehr wohl möglich, die Sache zu prüfen, weil sich dann das Gericht mit dem gesamten Sachverhalt zu befassen hat. Aber freilich: der Unterschied liegt darin, daß dann das ganze Verfahren durchgepaukt wird und unter Umständen dem, der hinterher doch amnestiert wird, all die Unkosten, Aufregungen und Sorgen )nicht erspart bleiben.
    Ferner hätten wir gewünscht, daß man von der Vergünstigung der Amnestie Rückfallverbrecher ausnimmt, insbesondere bei Vorliegen des strafschärfenden Rückfalls, also Rückfalldiebstahl und Rückfallbetrug, wo wegen der Rückfalleigenschaft ein Verbrechen vorliegt, und daß man auch solche ausgenommen hätte, die durch frühere nicht einschlägige Vorstrafen doch das Recht verwirkt haben, einen besonderen Gnadenerweis in Anspruch zu nehmen. Man hat darauf erwidert, daß solche Vorbestrafungen ihre Berücksichtigung schon in dem Strafmaß finden würden und daß damit dann das Strafmaß der Amnestie überschritten werde. Das trifft vielleicht nicht immer und nicht ganz zu.
    Wie gesagt, ich will diese Dinge nur streifen und sagen: das Gesetz, wie es jetzt vorliegt, läßt für uns noch einiges zu wünschen offen; aber wir sehen darüber hinweg, weil wir im großen und ganzen anerkennen und damit einverstanden sind, daß man sich von allen Seiten ernsthaft bemüht, unter Aufgabe von Einzel- und Sonderwünschen doch einen dicken Strich unter die Vergangenheit zu ziehen. Wir stellen dabei fest, daß es also jetzt nach der Ansicht aller Parteien doch nicht gegen das Christentum verstößt, zu verzeihen, wie es in einer Veröffentlichung eines Ministers in zwei süddeutschen Zeitungen geheißen hat. Von A bis Z, möchte ich sagen, wurden wir damals bekämpft. Man fing an mit der Zuständigkeit und hörte auf mit dem Christentum, das unbedingt die Bestrafung verlange, wenn jemand gegen das Eigentum oder die Gesundheit anderer verstoßen hätte. Man hat also alle diese Bedenken zurückgestellt, und jetzt hat man nur den Wunsch, daß man möglichst noch vor den Weihnachtstagen zum Schluß kommt. Ich glaube, das wird durchaus möglich sein.
    Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß es doch noch einer Abänderung dieses Antrages bedarf. Aus rein optischen Gründen oder aus Gründen der formalen Sauberkeit und Schönheit sollte man nicht ein Gesetz herausbringen, das mit einem § 3 a, § 6 und § 6 aa durch die Weltgeschichte zieht. Ich bitte, für eine fortlaufende Numerierung in diesem Gesetz Sorge zu tragen, wozu ja noch bei der dritten Lesung Gelegenheit sein wird. Damit es aber nicht unterbleibt, gestatte ich mir, einen dahingehenden Antrag zu unterbreiten.

    (Lebhafte Zurufe: Das ist doch vorgesehen, steht schon drin!)

    — Ich habe keine solche Vorlage bekommen. (Zuruf: Doch, Drucksache Nr. 292!)

    — So? — Dann ist der Antrag damit schon erledigt.
    Aber noch ein Weiteres von materieller Bedeutung. Ich möchte nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß es uns sehr am Herzen liegt, auch eine entsprechende Disziplinaramnestie herauszubringen. Die SPD brachte diesen Gedanken schon in den Ausschußberatungen vor. Wir haben einen Antrag vorgelegt, der einen anderen Weg genommen hat. Dieser Antrag ist an den Beamtenrechtsausschuß verwiesen worden, und zwar mit Recht, wenngleich sich auch der Rechtsausschuß mit diesem Antrag noch wird befassen müssen. Es geht wegen der Zeitnot nicht an, jetzt die Frage der Disziplinaramnestie durchzuberaten; man würde sonst dieses Gesetz verzögern und verschleppen. Ich möchte aber nochmals ausdrücklich erklären, daß wir uns mit einer Amnestie ohne Berücksichtigung der Dienststraftatbestände nicht zufriedengeben können.
    Wenn hier die Steuerdelikte ausgenommen sind, so muß ich dazu sagen, daß auch das kein endgültiger Zustand sein kann. Wir müssen uns darüber klar sein: die vielbeklagte Steuerunmoral kam von der Unmoral der Steuern her; und auch das bedarf einer Korrektur. Wir werden also nicht umhin können, uns in nächster Zeit mit der Frage einer Steueramnestie zu befassen und nicht bloß einer Steueramnestie so, wie es bisher bei den meisten Steuerreformen, die bisher immer nur eine reformatio in peius bedeutet haben, Sitte war, nämlich einer Steueramnestie nach tätiger Reue, die man nach dem Gesetz ohnehin nur in seltenen Fällen nötig hat, sondern mit einer echten Steueramnestie, die auch in dieser Hinsicht einen Strich unter die Vergangenheit zieht. Diese Steueramnestie darf nicht lange auf sich warten lassen, weil sie sonst durch den Gang der Geschichte, insbesondere durch die Steuerpraxis illusorisch gemacht werden wird.
    Das sind die beiden Anliegen, die bei der Verabschiedung dieses Gesetzes noch offenbleiben und denen möglichst bald auch Rechnung getragen werden müßte. Ich kündige hiermit einen entsprechenden Antrag der Zentrumsfraktion bezüglich einer Steueramnestie schon an. Im übrigen stimmt meine Fraktion dem vorliegenden Ausschußantrag zu.


Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Leibbrand.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Meine Damen und Herren! Die Amnestie, so wie sie ja wohl von allen Frak-


    (Leibbrand)

    tionen dieses Hauses ihrem Sinne nach bejaht worden ist, soll auch nach dem Wortlaut der Begründung durch die Regierung einen Schlußstrich unter Jahre der Not, der Rechtsverwirrung und ungeordneter Zustände ziehen, in denen viele Menschen Straftaten begangen haben, die sie sonst, unter normalen Umständen, nicht begangen hätten.
    Wenn man dieses Ziel erreichen will, muß man bei der Amnestie eine gewisse Großzügigkeit walten lassen. Die Meinung meiner politschen Freunde ist die, daß die Straffreiheitsgrenze, die nun mit sechs Monaten Haft- oder Gefängnisstrafe festgelegt worden ist, dieser notwendigen Großzügigkeit nicht entspricht. Denken Sie bitte daran, wieviele Vergehen — Eigentumsvergehen und andere — in diesen Jahren aus einer Notlage heraus von kleinen, sonst unbescholtenen, ehrlichen Leuten begangen worden sind, die mit mehr als sechs Monaten bestraft worden sind und die nun bei der Grenzziehung, wie sie in dem Entwurf vorgesehen ist, nicht unter die Amnestie fallen würden. Man kann dem nicht entgegenhalten, daß in § 2 Absatz 2 des Gesetzentwurfs bedingter Straferlaß bis zu einem Jahr gewährt werde, eben deshalb, weil es nur ein bedingter Straferlaß ist, der zudem an gewisse subjektive Voraussetzungen geknüpft ist. Das würde bedeuten, daß in allen bereits abgeschlossenen Verfahren, wenn also das Urteil bereits gesprochen ist, erneut geprüft werden müßte, ob diese subjektiven Voraussetzungen für den Straferlaß, der bei Strafen zwischen sechs Monaten und einem Jahr gewährt werden soll, gegeben sind. Das bringt einmal eine neue Belastung der Gerichte mit sich und legt zum andern die Straffreiheit wieder zu einem großen Teil in das Ermessen der Staatsanwaltschaften und Gerichte und zieht so eben nicht einen generellen Schlußstrich unter die Vergangenheit. Aus diesem Grunde tritt die kommunistische Fraktion dafür ein, die Straffreiheitsgrenze generell und ohne Bedingungen von einem halben Jahr auf ein Jahr zu erhöhen. Für die Einzelberatung werden wir dem Herrn Präsidenten einen entsprechend formulierten Antrag überreichen, und wir bitten Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
    Im übrigen darf ich zu der Straffreiheitsgrenze noch bemerken, daß zu der Gefängnisstrafe von sechs Monaten die verhältnismäßig hohe Freigrenze von 5000 D-Mark für Geldstrafen in etwas auffälligem Gegensatz steht. Es ist ja ein offenes Geheimnis, daß diese hohe Grenze von 5000 DM Geldstrafe daraus resultiert, daß ursprünglich beabsichtigt war, Wirtschaftsvergehen, Vergehen gegen die Bewirtschaftung usw. bei der Straffreiheit gesondert und begünstigt zu behandeln. Erfreulicherweise ist diese Absicht im Ausschuß nicht durchgedrungen, und es wird jetzt kein Unterschied gemacht. Aber übriggeblieben ist eben doch, daß man die Grenze der Straffreiheit hinsichtlich der Geldstrafen auf das betreffende Kontrollratsgesetz zugeschnitten hat, auf bestimmte Wirtschaftsvergehen, während man bei den Gefängnisstrafen bedeutend daruntergeblieben ist. Es bleibt auf diese Weise auch jetzt noch eine gewisse soziale Ungerechtigkeit bestehen, die wir dadurch zu beseitigen bitten, daß man auch die Grenze für Gefängnisstrafen von sechs Monaten auf ein Jahr erweitert. Auch dann werden noch gewisse Härten übrigbleiben, aber das ist ja wohl unvermeidlich, weil irgendwo eine Grenze gezogen werden muß. Wir können daher nur den Wunsch aussprechen, daß die dann noch verbleibenden Härtefälle wenigstens auf dem Wege der Einzelbegnadigung weitestgehendem Verständnis seitens der Justizbehörden begegnen.
    Der andere Mangel des Entwurfs liegt unseres Erachtens darin, daß Disziplinarstrafen von Beamten von der Straffreiheit ausgenommen sind. Wir sind der Meinung, daß die Verhältnisse in den vergangenen Jahren, auf die sich das Straffreiheitsgesetz ja beruft, in vielen Fällen auch zu Disziplinarstrafen von kleinen Beamten geführt haben, deren Vergehen ebenfalls nur aus der damaligen Situation verständlich sind und die unter anderen Umständen nicht begangen worden wären. Auch unter diese Dinge muß ein Schlußstrich gezogen werden. Im Ausschuß waren von einer Fraktion entsprechende Vorschläge angekündigt. Wir unterstützen einen jeden derartigen Vorschlag, der darauf abzielt, auch die Disziplinarstrafen der Beamten in die Straffreiheit einzubeziehen, oder jeden anderen Weg, der gewährleistet, daß das so schnell als möglich erfolgt.
    Noch einige Worte zu dem § 6 aa, der unseres Erachtens einer unbedingten politischen Notwendigkeit entspringt. In den Ausschußberatungen sind Fälle genannt worden, in denen Menschen, die im Jahre 1945 im Wechsel zwischen dem Ende der nationalsozialistischen Regierung und dem Beginn des Besatzungsregimes, eingegriffen und sich zur Aufrechterhaltung einer notdürftigen Ordnung zur Verfügung gestellt haben. Diese Menschen haben mitunter nicht genau nach den formalen Bestimmungen soundso vieler Gesetze gehandelt, haben vielleicht auch damals in der begreiflichen Empörung den einen oder anderen Nationalsozialisten hart angegriffen und sollen deshalb nun vor einem Gericht zur Rechenschaft gezogen werden. Es scheint uns notwendig zu sein, daß derartige Verfahren nicht durchgeführt werden.
    Die Formulierung des § 6 aa ist allerdings sehr a dehnbar und verschieden auslegungsfähig. Sie ist dadurch entstanden, daß die Mehrheit des Ausschusses eine große Scheu davor hatte, das Kind beim Namen zu nennen und zu sagen, daß man Handlungen straffrei lassen will, die aus Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus begangen worden sind. Durch die vorliegende Formulierung werden auch solche Fälle nicht getroffen, die bereits in der ersten Lesung angeschnitten worden sind, nämlich Handlungen, die aus Widerstand gegen die nationalsozialistische Herrschaft schon in der Zeit vor dem 8. Mai 1945 begangen worden sind. Es ist zwar im Ausschuß einstimmig die Auffassung vertreten worden, daß solche Handlungen nicht strafbar sind und somit auch keiner Amnestie bedürfen. Leider. ist aber diese Auffassung, die wir für absolut richtig halten, nicht immer die Auffassung unserer Richter und Staatsanwälte, und wir fürchten, daß, wenn das nicht klar und eindeutig in Gesetzesform ausgesprochen wird, wir heute und auch noch in den nächsten Jahren erleben werden, daß Gegner des Nationalsozialismus vor Gericht zitiert werden, daß ihnen ein Verfahren angehängt wird — wie in einem Falle, der hier schon einmal erwähnt wurde —, weil sie im Jahre 1942 oder 1943 einen Meineid geschworen haben, um sich selbst oder irgendeinen anderen vor der nationalsozialistischen Verfolgung zu bewahren. So groß die Einmütigkeit in dieser Frage im Ausschuß gewesen sein mag, bei der Einstellung unserer Staatsanwälte und Richter sehen wir darin allein noch keine genügende Gewähr, daß solche Dinge in Zukunft wirklich unterbunden werden. Wir bitten also das Bundesjustizministerium — das hat mit der


    (Leibbrand)

    Amnestie gar nichts zu tun —, doch entsprechende Maßnahmen zu treffen.
    Meine Fraktion wird diesem Gesetz im ganzen zustimmen, weil sie die Notwendigkeit einer Amnestie bejaht. Sie appelliert aber an das Hohe Haus, großzügig zu sein und den Strafrahmen weiter zu stecken, als es jetzt im Entwurf geschehen ist.

    (Beifall bei der KPD.)