Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der scharfen Kritik, auf die unser Antrag auf eine Amnestie zunächst gestoßen ist, erfüllt es uns mit einiger Befriedigung, zu sehen, was jetzt nach den Ausschußberatungen dem Hause vorgelegt worden ist. Wir erkennen an, daß dem Anliegen, das in unserem Antrage Drucksache Nr. 17 zum Ausdruck kam, im wesentlichen Rechnung getragen worden ist. Wir waren uns darüber klar, daß wir nicht mit allen Wünschen zu diesem Punkte durchkommen würden; aber das, was jetzt noch an Wünschen unerfüllt geblieben ist, ist uns nicht so wichtig, daß wir Widerspruch gegen das _erheben müßten, was jetzt vorliegt. Meine Fraktion erklärt sich deswegen mit dem vorliegenden Ausschußantrag einverstanden.
Nicht berücksichtigt worden ist von unseren Wünschen zunächst einmal der, im Falle der Ablehnung der Amnestie eine Beschwerdemöglichkeit zu geben. Man erklärte darauf in den Ausschußberatungen: Es ist sehr wohl möglich, die Sache zu prüfen, weil sich dann das Gericht mit dem gesamten Sachverhalt zu befassen hat. Aber freilich: der Unterschied liegt darin, daß dann das ganze Verfahren durchgepaukt wird und unter Umständen dem, der hinterher doch amnestiert wird, all die Unkosten, Aufregungen und Sorgen )nicht erspart bleiben.
Ferner hätten wir gewünscht, daß man von der Vergünstigung der Amnestie Rückfallverbrecher ausnimmt, insbesondere bei Vorliegen des strafschärfenden Rückfalls, also Rückfalldiebstahl und Rückfallbetrug, wo wegen der Rückfalleigenschaft ein Verbrechen vorliegt, und daß man auch solche ausgenommen hätte, die durch frühere nicht einschlägige Vorstrafen doch das Recht verwirkt haben, einen besonderen Gnadenerweis in Anspruch zu nehmen. Man hat darauf erwidert, daß solche Vorbestrafungen ihre Berücksichtigung schon in dem Strafmaß finden würden und daß damit dann das Strafmaß der Amnestie überschritten werde. Das trifft vielleicht nicht immer und nicht ganz zu.
Wie gesagt, ich will diese Dinge nur streifen und sagen: das Gesetz, wie es jetzt vorliegt, läßt für uns noch einiges zu wünschen offen; aber wir sehen darüber hinweg, weil wir im großen und ganzen anerkennen und damit einverstanden sind, daß man sich von allen Seiten ernsthaft bemüht, unter Aufgabe von Einzel- und Sonderwünschen doch einen dicken Strich unter die Vergangenheit zu ziehen. Wir stellen dabei fest, daß es also jetzt nach der Ansicht aller Parteien doch nicht gegen das Christentum verstößt, zu verzeihen, wie es in einer Veröffentlichung eines Ministers in zwei süddeutschen Zeitungen geheißen hat. Von A bis Z, möchte ich sagen, wurden wir damals bekämpft. Man fing an mit der Zuständigkeit und hörte auf mit dem Christentum, das unbedingt die Bestrafung verlange, wenn jemand gegen das Eigentum oder die Gesundheit anderer verstoßen hätte. Man hat also alle diese Bedenken zurückgestellt, und jetzt hat man nur den Wunsch, daß man möglichst noch vor den Weihnachtstagen zum Schluß kommt. Ich glaube, das wird durchaus möglich sein.
Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß es doch noch einer Abänderung dieses Antrages bedarf. Aus rein optischen Gründen oder aus Gründen der formalen Sauberkeit und Schönheit sollte man nicht ein Gesetz herausbringen, das mit einem § 3 a, § 6 und § 6 aa durch die Weltgeschichte zieht. Ich bitte, für eine fortlaufende Numerierung in diesem Gesetz Sorge zu tragen, wozu ja noch bei der dritten Lesung Gelegenheit sein wird. Damit es aber nicht unterbleibt, gestatte ich mir, einen dahingehenden Antrag zu unterbreiten.
— Ich habe keine solche Vorlage bekommen.
— So? — Dann ist der Antrag damit schon erledigt.
Aber noch ein Weiteres von materieller Bedeutung. Ich möchte nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß es uns sehr am Herzen liegt, auch eine entsprechende Disziplinaramnestie herauszubringen. Die SPD brachte diesen Gedanken schon in den Ausschußberatungen vor. Wir haben einen Antrag vorgelegt, der einen anderen Weg genommen hat. Dieser Antrag ist an den Beamtenrechtsausschuß verwiesen worden, und zwar mit Recht, wenngleich sich auch der Rechtsausschuß mit diesem Antrag noch wird befassen müssen. Es geht wegen der Zeitnot nicht an, jetzt die Frage der Disziplinaramnestie durchzuberaten; man würde sonst dieses Gesetz verzögern und verschleppen. Ich möchte aber nochmals ausdrücklich erklären, daß wir uns mit einer Amnestie ohne Berücksichtigung der Dienststraftatbestände nicht zufriedengeben können.
Wenn hier die Steuerdelikte ausgenommen sind, so muß ich dazu sagen, daß auch das kein endgültiger Zustand sein kann. Wir müssen uns darüber klar sein: die vielbeklagte Steuerunmoral kam von der Unmoral der Steuern her; und auch das bedarf einer Korrektur. Wir werden also nicht umhin können, uns in nächster Zeit mit der Frage einer Steueramnestie zu befassen und nicht bloß einer Steueramnestie so, wie es bisher bei den meisten Steuerreformen, die bisher immer nur eine reformatio in peius bedeutet haben, Sitte war, nämlich einer Steueramnestie nach tätiger Reue, die man nach dem Gesetz ohnehin nur in seltenen Fällen nötig hat, sondern mit einer echten Steueramnestie, die auch in dieser Hinsicht einen Strich unter die Vergangenheit zieht. Diese Steueramnestie darf nicht lange auf sich warten lassen, weil sie sonst durch den Gang der Geschichte, insbesondere durch die Steuerpraxis illusorisch gemacht werden wird.
Das sind die beiden Anliegen, die bei der Verabschiedung dieses Gesetzes noch offenbleiben und denen möglichst bald auch Rechnung getragen werden müßte. Ich kündige hiermit einen entsprechenden Antrag der Zentrumsfraktion bezüglich einer Steueramnestie schon an. Im übrigen stimmt meine Fraktion dem vorliegenden Ausschußantrag zu.