Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Namens der kommunistischen Fraktion habe ich zu der vorliegenden Drucksache, die den Bericht des zuständigen Ausschusses darstellt, folgendes zu erklären:
Die kommunistische Fraktion ist der Auffassung, daß die Flüchtlinge, deren Dienststellen infolge der Kriegsauswirkungen weggefallen sind, wenn Pensionsberechtigung und Beamteneigenschaft feststehen, einen Anspruch auf Pension bzw. Wartegeld haben, der erfüllt werden muß. Im Bericht steht aber — und davon hat der Herr Berichterstatter leider nichts erwähnt —, daß dieser selbe Anspruch auch den Angestellten und Lohnempfängern eingeräumt werden soll, daß sie mit sofortiger Wirkung den einheimischen Versorgungsberechtigten gleichgestellt werden sollen. Was heißt das? Wir Kommunisten sind der Auffassung, daß die Ansprüche der Arbeiter und Angestellten etwa aus der Sozialversicherung bei Wegfall des Sozialversicherungsträgers oder die Ansprüche des Arbeiters etwa aus Werkpensionskassen im Fall des Nichtmehrbestehens dieser Werkpensionskassen hier im Westen aus Mitteln des Bundes erfüllt werden sollen.
Aber nun, meine Damen und Herren, etwas zu dem sehr, sehr eigenartigen Ablauf und der Behandlung dieses Tagesordnungspunktes! Das, was ich jetzt zu sagen habe, ist für junge, noch besserungsfähige Parlamentarier geradezu ein Schulungsunterricht.
— Ich maße mir nicht an, ein Lehrer zu sein; aber ich maße mir an, bei Gelegenheit gewisse Praktiken aufzuzeigen.. Ich knüpfe dabei an die Worte des Herrn Dr. von Merkatz an, der hier gesagt hat, man solle es vermeiden.
Anträge von optischen Aspekten aus zu stellen. Was ist los? Was ist ]os?
Hat hier die CDU/CSU sich auf einmal eisern bemüht, ein Versprechen aus ihrem Wahlprogramm durchzusetzen?
— Nein, ich bin kein Hellseher und bin kein
Prophet, sondern ich wiederhole nur, was in der
Diskussion der letzten Sitzung des Ältestenrats gesagt worden ist.
Ich rufe nur die Herren Mitglieder der CDU/CSU — Herr Kollege Bausch lacht so zustimmend — als Kronzeugen für die Richtigkeit meiner Ausführungen auf. Darum geht es also! Es kam den Herren darauf an, hier eine optische Wirkung zu erzeugen; sie haben es aus spekulativen Erwägungen heraus durchgesetzt, daß über diesen Antrag, über diesen Bericht hier abgestimmt werden soll, und zwar in der Gewißheit, daß der „Vater des Vaterlandes"
hinterher erklärt: Ich bin nicht in der Lage, den Artikel 119 des Grundgesetzes so auszulegen, wie es mir durch den Beschluß der Mehrheit des Bundestags zugemutet wird. Wir haben also ganz nüchtern festzustellen, daß wir hier ein Manöver optischer Art vor uns haben.
Der Herr Kollege Merkatz hat die Katze halb aus dem Sack gelassen. Ich lasse sie ganz heraus.
Ich lasse sie ganz heraus, wie es meine Pflicht und meine Art ist.
An die Adresse der Flüchtlinge möchte ich aber ein letztes Wort sagen.
— Ja, ich bin der richtige Mann dafür, weil ich aus ihrer Not keine Propaganda mache, sondern mich bemühe, ihrer Not abzuhelfen, für die so mancher mit verantwortlich ist,
der hier im Saal in Ihren Reihen sitzt
und der als Wehrwirtschaftsführer oder als Financier Hitlers diesen Krieg mit zu verantworten hat
und nun hier für das Volk Wahlpropaganda gemacht hat. Wir machen aus der Not der Flüchtlinge keine Propaganda, sondern wir versuchen ihre Not abzustellen.
Das ist der kleine, aber entscheidende Unterschied!
Wir bitten Sie, mit der Methode der Propaganda endlich Schluß zu machen, den Notleidenden statt leerer Worte endlich Hilfe zu gewähren
und davon Abstand zu nehmen, die Methode des Wahlkampfes fortzusetzen. Hic Rhodus, hic salta! Nur so können Sie bestehen, und nur so kann man den Flüchtlingen helfen.
Das ist es, was hinter Ihrer heutigen Taktik steht. Und nun haben Sie ja das Wort, nun sollen mich die Kollegen Ihrer Fraktion, die im Ältestenrat sitzen, einmal desavouieren!
Vizepräsiden Dr. Schäfer: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Matzner.