Ihre Nervosität beweist mir nur, daß ich Sie an einem empfindlichen Punkt getroffen habe. — Schauen Sie, wenn Sie zum Beispiel die Zeit der letzten 20 Jahre oder das letzte Menschenalter betrachten, dann finden Sie die Argumentation, die auch heute von den Herren Unternehmern den Gewerkschaften gegenüber angewandt wird: Ja, wenn wir den Frauen den gleichen Lohn bezahlen müssen wie den Männern, dann schmeißen wir eben die Frauen raus, dann werden wir die Frauen nicht beschäftigen!
Bei der Begründung dieser Anträge ist von rechts ein Zwischenruf gekommen, der besagte, daß die Unternehmer nicht bewußt darauf hinarbeiten, bestimmte Frauenabteilungen zu schaffen. Ich könnte Ihnen nachweisen, daß sie es sehr bewußt machen und heute in manchen Fällen sogar behaupten, daß es bestimmte Arbeiten gibt
— ich will nur an die Elektroindustrie denken -, die von Frauen besser gemacht werden können als von den Männern. Trotzdem heißt es in ihren Lohnregelungen „Frauenlöhne" und nicht einfach „Löhne für die Arbeiter".
Aber ich wollte etwas anderes sagen.
- Hic Rhodus, hic salta! Wenn Sie die Zustände glauben dort ändern zu müssen, gehen Sie hin!
— Ich gehe mit Ihnen sehr gerne hin.
Schauen Sie, was in der Krisenzeit 1931 bis 1932 geschehen ist.
— Ich bin zufrieden mit dem Zustand dort, nur mit dem Zustand hier nicht.
Was ist 1932 geschehen? Wieviel Hunderttausend Männer haben zu Hause sogar gekocht, Geschirr gewaschen, Strümpfe gestopft, weil nur noch die billige Arbeitskraft, die Frau, Arbeit bekommen hat.
Man muß sehr klar erkennen, daß diese Argumentation für die Frau, wenn man den gleichen Lohn für sie verlangt, etwas schief liegt und daß diese Argumentation nicht mit dem Grundgesetz übereinstimmt. Denn wenn das Grundgesetz die Gleichberechtigung verlangt, dann muß die Arbeitskraft, die entscheidende Lebensquelle eines jeden Menschen, gleich bewertet werden, und dann darf man auch nicht sagen, daß die Frage der Löhne eine Sache ist, die dem Sozialpartner zu überlassen ist, so daß dann die Herren von der Rechten kommen und sagen: die Gewerkschaften! So geht die Lösung nicht. Wollen Sie diese Gleichberechtigung haben, dann fangen Sie bei sich zu Hause an, fangen Sie an auf der Seite des Sozialpartners, der die wirtschaftliche Macht in der Hand hat.
— Das sind bis jetzt die Herren Unternehmer, die bestimmen, wen sie einstellen und wen sie entlassen, nachdem der Zwang, wie der Herr Bundeskanzler das genannt hat, von diesem Sozialpartner genommen worden ist, nachdem sie die Arbeiter jetzt wieder mehr oder weniger nach eigenem Gutdünken herauswerfen können.
— Das ist zur Sache. Ihr Zwischenruf gehört nicht zur Sache, Herr Kollege, wenn hier etwas zur Sache gesagt wird. — Die Gleichberechtigung in der Lohnfrage ist der Angelpunkt und auch der Maßstab für die Stellungnahme eines Politikers zu dem Problem der Gleichberechtigung der Frau überhaupt. Alles andere, was Sie sagen, sind und bleiben leere Deklamationen.
Ich möchte Sie deshalb bitten, den Antrag der KPD anzunehmen, damit auf diesem Gebiet gesetzlich nicht mehr erlaubt wird, daß Mann und Frau in der Lohnfrage verschieden behandelt werden, damit gerade den Millionen Frauen, die entscheidend kämpfen müssen, um ihre Existenz aufrechtzuerhalten, und die noch das Minus haben, daß sie keine Familie haben können, wirklich die Gleichberechtigung gegeben wird.
-- Das lassen Sie meine Sorge sein!