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    Deutscher Bundestag — 13. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Oktober 1949 307 13. Sitzung Bonn, Freitag, den 21. Oktober 1949. Geschäftlichte Mitteilungen . . . . 307G, 328D Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung und Mündlicher Bericht des Ausschusses für Berlin über den Antrag der Fraktion der SPD, betr. Maßnahmen für Groß-Berlin (Drucksachen Nr. 16 und 100) . . . . . 307D, 311C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 307D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 309C Dr. Suhr (SPD), Berichterstatter . . 311C Unterbrechung der Sitzung . . 312D Dr. Pünder (CDU) 312D Wehner (SPD) 314A Dr. Schäfer (FDP) 319A Dr. Mühlenfeld (DP) 319C Frau Wessel (Z) 319D Dr. Seelos (BP) 322A Goetzendorff (WAV) 322C Renner (KPD) 322D, 327B Dr. Richter (NR) . . . . . . . 326D Dr. Bucerius (CDU) . . . . . . 327A Antrag der Fraktion der DP, betr. Wohnungen für ostvertriebene Familien (Drucksache Nr. 42) 327C Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen über den Antrag der Abg. Ollenhauer u. Gen., betr. Entlassungen bei der Deutschen Bundesbahn (Drucksachen Nr. 32 und 116) 307C, 327C Jahn (SPD), Berichterstatter 327C, 328C Dr. von Brentano (CDU) (zur Geschäftsordnung) . . . . . . . . 328B Antrag der Abg. Frau Dr. Probst u. Gen., betr. Überbrückungsgesetz zum KB-Leistungsgesetz (Drucksache Nr. 108) . . 328D Nächste Sitzung 328D Die Sitzung wird um 15 Uhr 7 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Heinz Renner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Es ist nicht meine Absicht, heute auf die großen historischen Irrtümer in den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers bezüglich der Entstehung des westdeutschen Separatstaates einzugehen.

    (Lachen in der Mitte und rechts.)

    Das werden wir tun, wenn der Herr Bundeskanzler die Zustimmung vom Petersberg erhalten hat, über „seine" angekündigten innen- und außenpolitischen Maßnahmen hier im Bundestag Bericht zu erstatten.
    Wir haben heute die Erklärung einer Regierung gehört, die sich hinter die sogenannte strategische Rheinlinie der Atlantikpakt-Strategen abgesetzt hat. In dieser Erklärung wurde außer der Frage Berlin kein einziges der schwebenden deutschen Probleme auch nur angesprochen. Aus diesem Port heraus, hier vom linken Rhein her, spricht Herr Dr. Adenauer vom „Bollwerk Berlin" und erklärt, er wolle Berlin nicht im Stich lassen, Berlin müsse geholfen werden. — Jawohl, wir sind einverstanden.

    (Zurufe: Aha! — Weiterer Zuruf rechts: Sieh mal an!)

    Aber

    (Zurufe: Aha! Heiterkeit.)

    Berlin kann nur geholfen werden von Berlin aus.
    Berlin ist und bleibt die Hauptstadt Deutschlands.

    (Bravorufe.)

    In Berlin hat die provisorische Regierung der Deutschen Demokratischen Republik ihren Sitz. Aber Sie, meine Damen und Herren, streiten über Frankfurt oder Bonn als Bundeshauptstadt. Nach unserer Meinung wäre es, um die Spaltung Berlins, um die Spaltung Deutschlands zu überwinden,


    (Renner)

    von großem Nutzen, wenn die westlichen Verwaltungsorgane ihren Sitz nach Berlin verlegten.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Dadurch wäre die Möglichkeit gegeben, zu engeren Beziehungen zu den Organen der provisorischen demokratischen Regierung zu kommen.

    (Heiterkeit.)

    Dadurch wäre die Möglichkeit gegeben, die wirtschaftlichen Verhandlungen auf gesamtdeutscher Grundlage, ohne die Berlin nicht leben kann, leichter und reibungsloser durchzuführen.

    (Zuruf rechts: Luftbrücke!)

    — Das war auch eine Pleite!
    Wenn dann die Regierung Adenauer und die Politiker Westdeutschlands dafür kämpfen würden, daß die westlichen Besatzungsmächte den deutschen Organen die Hoheitsrechte zurückgeben würden, wie das die Regierung der UdSSR

    (große Heiterkeit — Unruhe)

    der provisorischen Regierung der Deutschen Demokratischen Republik gegenüber bereits getan hat, dann wäre ein entscheidender Schritt zur Verständigung getan. Wenn Sie, meine Damen und Herren, dafür kämpfen würden, daß alle Besatzungstruppen Berlin und darüber hinaus ganz Deutschland verlassen, dann wäre der entscheidende Schritt zur Wiederherstellung der deutschen Souveränität und der Einheit Deutschlands getan.

    (Zuruf rechts: Unter Schutzposten!)

    Herr Dr. Konrad Adenauer wünscht aber nicht Berlin als souveräne Hauptstadt Deutschlands. Deshalb bleibt er hinter dem Rhein

    (Heiterkeit in der Mitte und rechts)

    und will Berlin in der Rolle eines Vorpostens und Bollwerks gegen den Osten.

    (Bundeskanzler Dr. Adenauer: Ich wohne in Rhöndorf! — Große Heiterkeit.)

    — Sie machen hier aber Politik im Geiste von Wallstreet. Herr Dr. Konrad Adenauer will dadurch Berlin als Instrument des Kalten Krieges erhalten.
    Meine Damen und Herren von der SPD, hinter dieser Losung: „Berlin das Bollwerk gegen den Osten"

    (Zuruf: „Bollwerk der Demokratie"! — Heiterkeit)

    — „Bollwerk gegen den Osten", so hat Dr. Konrad Adenauer vorgestern gesagt —,

    (Zuruf: Gegen das totalitäre System!)

    versteckt sich eine andere Absicht, nämlich die
    Absicht der reaktionären Rechtsregierung, in Berlin
    sogar den sozialdemokratischen Einfluß zu brechen.

    (Heiterkeit.)

    Das ganze Gerede über die Hilfe, die Berlin zuteil werden soll, kann aber über die Tatsache nicht hinwegtäuschen, daß Arbeitslosigkeit, finanzielle Schwierigkeiten und die Wirtschaftskrise in Berlin diesem politischen Ziel der Rechtsregierung Konrad Adenauers förderlich sind und von ihm in diesem Sinne ausgenutzt werden.

    (Unruhe.)

    Um so unbegreiflicher ist es — selbst für viele Sozialdemokraten —, daß die Führung der SPD diese selbstmörderische Politik des Herrn Dr. Konrad Adenauer

    (Lachen bei der SPD)

    — für Sie selbst mörderisch — unterstützt.

    (Lachen bei der SPD. — Abg. Dr. Schmid: Er kann „uns" doch nicht „selbstmorden"! —Heiterkeit.)

    — Es lohnt sich für uns — das sage ich in diesem Zusammenhang an Ihre Adresse, meine Herren von der SPD —, die wir die politische Vergangenheit des Herrn Wehner, heute Sozialdemokrat, kennen, nicht, auf seinen Haßgesang einzugehen. Ich stelle hier fest, daß er noch vor wenigen Jahren zu den wütendsten Bekämpfern der SPD gezählt hat. Ein solch sprunghafter Gesinnungswechsel trübt oft die politische Klarheit und Urteilsfähigkeit.

    (Zuruf von der SPD: Er gehört nicht mehr dazu!)

    — Heute gehört er dazu; wer weiß, was morgen sein wird.

    (Abg. Dr. Schmid: Besser als ein Gummirücken!)

    Zu der Erklärung des Herrn Dr. Adenauer und der Bundesregierung gebe ich namens meiner Fraktion die folgende Erklärung ab:
    Die Ereignisse der letzten Wochen haben das deutsche Volk vor große Fragen und Entscheidungen gestellt. Unser Volk ist durch die Spaltung Deutschlands in eine nationale Notlage geraten, die große Gefahren heraufbeschwört. Wir Kommunisten haben alles getan, um diese Spaltung zu verhindern.

    (Lachen.)

    — Wir waren bekanntlich sogar gegen die Bildung dieser separatistischen westdeutschen Bundesrepublik.

    (Gelächter.)

    — Da kann ja nur Dummheit lachen!

    (Erneute große Heiterkeit und Zurufe.)

    — Wir sehen unsere entscheidende Aufgabe heute darin, alles zu tun, um die Spaltung unseres Vaterlandes zu überwinden.
    Die jüngste innerdeutsche und internationale Entwicklung, deren hauptsächliche Merkmale in der Bildung der provisorischen Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und in dem welthistorischen Telegramm Stalins, des Hauptes der Sowjetregierung, an den Präsidenten und den Ministerpräsidenten der Deutschen Demokratischen Republik bestehen, fordert schärfer als jemals zuvor die Entscheidung vom ganzen deutschen Volk darüber, welchen Weg es gehen soll, um zu seiner staatlichen Einheit, zum Frieden, zur vollen Souveränität als gleichberechtigte Nation zu gelangen.
    Die Erfahrungen der letzten Wochen haben unsere Voraussagen bestätigt, daß die Regierung Adenauer keine souveräne Regierung ist; denn eine Regierung, die auf der Grundlage des Besatzungsstatuts beruht, kann keine souveräne Regierung sein.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Tatsache um Tatsache beweisen dies. In einer für die Wirtschaft und das Wohl des Volkes so entscheidenden staatlichen Maßnahme, wie sie die Abwertung der D-Mark darstellt, diktierten die Hohen Kommissare ohne Befragung des Bundestags.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Ohne Finanzhoheit aber kann von Souveränität eines Staates keine Rede sein. Eine Regierung, der durch das Ruhrstatut die Verfügung über Kohle und Stahl entzogen ist, ist zu dauernder Ohnmacht verurteilt. Die Tatsache, daß man ihr sogar das Recht verweigerte, ein innerdeutsches


    (Renner)

    Handelsabkommen selbständig abzuschließen, und daß man den einstimmigen Beschluß von Regierung und Bundestag gegen die rechtswidrigen Demontagen mißachtete, beweist die volle Abhängigkeit von den Besatzungsmächten. Eine Regierung, der auf Grund des Besatzungsstatuts das Recht auf eine selbständige deutsche Außenpolitik verweigert wird, ist außerstande, den Frieden für unser Volk und die Einheit Deutschlands auf demokratischer Grundlage herzustellen. Sie wird niemals Deutschland zu einem anerkannten Faktor in der internationalen Politik machen können.
    Das deutsche Volk braucht einen Friedensvertrag, der ihm seine nationale Einheit und Unabhängigkeit, der ihm eine demokratische und friedliche Entwicklung sichert. Durch das Besatzungsstatut aber wird der Friedensvertrag verhindert, wird die Einheit Deutschlands unmöglich gemacht, werden dieselben verhängnisvollen Kräfte gestärkt, die Deutschland bereits in zwei Weltkriege gestürzt haben. Das Besatzungsstatut bedeutet Reaktion, koloniale Unterjochung und Krieg. Die Aufrechterhaltung der militärischen Besetzung Deutschlands ist zu einer Gefahr für den Frieden geworden. Deshalb stellen wir Kommunisten die Forderung: Weg mit dem Besatzungsstatut!
    Der Zustand der Aufrechterhaltung der Spaltung Deutschlands, der Verhinderung eines Friedensvertrags, der unbefristeten militärischen Besetzung Deutschlands ist für das deutsche Volk untragbar geworden. Angesichts dieser Lage kann es für das deutsche Volk nur einen Weg der Rettung geben, den Weg der Sammlung aller patriotischen Kräfte aller Arbeiter, Angestellten, Bauern, Kulturschaffenden und aller durch den Marshallplan in ihrer Existenz bedrohten Volksschichten in einer breiten nationalen Front zum Kampf für die Einheit Deutschlands,

    (lebhafte Zurufe)

    für einen gerechten Friedensvertrag und für den Abzug der Besatzungstruppen.
    Wir Kommunisten waren immer der Meinung, daß es aus dieser verhängnisvollen Lage, in die die Politik der Westmächte das deutsche Volk gebracht hat, einen Ausweg gibt: das ist der Weg einer demokratischen und friedlichen Entwicklung in Deutschland

    (Zuruf von der SPD: Freie Wahlen!)

    und der friedlichen Verständigung mit den Völkern der Welt, vor allem mit den Völkern der Sowjetunion.

    (Erneute lebhafte Zurufe.)

    Beschreiten wir entschlossen diesen Weg, dann werden die Lebensfragen unseres Volkes ihre Lösung finden, dann werden wir einen souveränen, einheitlichen deutschen Staat schaffen, dann werden uns alle Völker der Welt als gleichberechtigt anerkennen, und dann wird der Friede gesichert sein! Dieser Weg steht jetzt dem deutschen Volke offen.
    Die ganze Welt steht unter dem Eindruck des welthistorischen Telegramms Stalins zur Deutschlandfrage an den Präsidenten und an den Ministerpräsidenten der Deutschen Demokratischen Republik.

    (Heiterkeit. — Zuruf von der SPD: Sie kriegen auch eins!)

    — Sie sind ja nicht die Welt! Ich meine die politische Welt, die etwas zu sagen hat!

    (Erneute große Heiterkeit. — Abg. Dr. Schmid: Gut gebrüllt!)

    In diesem Dokument heißt es unter anderem:
    Die Gründung der Deutschen Demokratischen, friedliebenden Republik ist ein Wendepunkt in der Geschichte Europas.

    (Abg. Neumann: Was ist denn da demokratisch?)

    Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Existenz eines friedliebenden demokratischen Deutschlands neben dem Bestehen der friedliebenden Sowjetunion die Möglichkeit neuer Kriege in Europa ausschließt, dem Blutvergießen in Europa ein Ende macht und die Knechtung der europäischen Länder durch die Weltimperialisten unmöglich macht.

    (Zuruf: Durch Buchenwald ersetzt!)

    Die Erfahrung des letzten Krieges hat gezeigt, daß das deutsche und das sowjetische Volk in diesem Kriege die größten Opfer gebracht haben, daß diese beiden Völker die größten Potenzen in Europa zur Vollbringung großer Aktionen von Weltbedeutung besitzen. Wenn diese beiden Völker dieselbe Entschlossenheit an den Tag legen werden, für den Frieden mit der gleichen Anspannung ihrer Kräfte zu kämpfen, mit der sie den Krieg führten, so kann man den Frieden in Europa für gesichert halten.
    Diese Worte Stalins müßten in ihrer ganzen Bedeutung von unserem Volk und von allen verantwortungsbewußten Politikern erkannt werden.

    (Lebhafte Zurufe.)

    Aus diesen Worten spricht die weise historische Erkenntnis, — —(Zuruf des Abg. Dr. Schmid.)

    — Sie, der Gründer dieses Staates, sollten vorsichtig sein, Herr Carlo; mit Ihnen rechne ich bei nächster Gelegenheit ab!

    (Große Heiterkeit.)

    Aus diesen Worten spricht die weise historische Erkenntnis, welche Bedeutung ein friedliches und freundschaftliches Verhältnis zwischen der Sowjetunion und Deutschland für den Frieden in Europa und der Welt hat. Gewaltig sind die Perspektiven für das deutsche Volk, wenn Deutschland ein einheitlicher, demokratischer, friedliebender und unabhängiger Staat wird.

    (Zuruf: Ohne Moskau!)

    Ein solcher deutscher Staat wird ein gleichberechtigter Staat, ein Staat mit einer ruhmvollen Zukunft sein, der nach den Worten Stalins eine große Sympathie und aktive Unterstützung bei allen Völkern der Welt finden wird.
    Wir Kommunisten erstreben diesen einheitlichen demokratischen und friedliebenden deutschen Staat. Darum kämpfen wir gegen das Besatzungsstatut, das uns den Friedensvertrag verweigert und durch das Westdeutschland zu einem Tummelplatz für Kriegstreiber gemacht werden soll.

    (Zuruf rechts: Geh doch hinüber!)

    — Mit Ihnen gern! (Heiterkeit.)



    (Renner)

    1 Darum sind wir für den Abzug aller Besatzungstruppen aus ganz Deutschland.

    (Zuruf in der Mitte: Alles schon mal vorgelesen!)

    — Herr Präsident, gehen diese Störungen von meiner Redezeit ab?


Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, tun Sie mir einen Gefallen! Ich glaube, wir wollen Herrn Abgeordneten Renner die Verlesung der Erklärung seiner Fraktion erleichtern!
Bitte, Herr Abgeordneter Renner, Sie haben das Wort!

(Heiterkeit und Zurufe.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Renner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Glauben Sie, daß Sie mich mit
    Ihren Zwischenrufen aus der Ruhe bringen können?

    (Zurufe: Nein!)

    — Na also, dann warten Sie ab!

    (Zuruf: Wir hatten nicht die Absicht!)

    — Nicht die Absicht? Warum brüllen Sie dann so?
    Darum sind wir für den Abzug aller Besatzungstruppen aus ganz Deutschland; darum richten wir unseren Ruf an alle verantwortungsbewußten Deutschen, vor allem an die deutsche Jugend, zum gemeinsamen Kampf für die Neugeburt unseres Vaterlandes auf der Grundlage einer einheitlichen, demokratischen und friedliebenden deutschen Republik.
    Wir sprechen mit aller Deutlichkeit aus, daß die Krieghetze gegen die Sowjetunion und gegen die Volksdemokratien ein Verbrechen an den nationalen Interessen unseres deutschen Volkes ist.

    (Bravo! bei der KPD.)

    Eine wahre deutsche Politik muß ihren Ausdruck finden in der Herstellung eines freundschaftlichen Verhältnisses zur Sowjetunion. Dazu verpflichten uns die furchtbaren Erfahrungen des letzten Krieges. Die Feindschaft gegen die Sowjetunion hat unser Volk in unsägliches Elend gestürzt. Der Friede kann nur gesichert werden, wenn das deutsche und das russische Volk sich die Hände zum gemeinsamen Kampf für den Frieden reichen.
    In seiner ersten Proklamation als Präsident der Deutschen Demokratischen Republik wandte sich Wilhelm Pieck

    (lebhafte Zurufe rechts)

    mit folgenden Worten an den Bundestag und die Bundesregierung:
    Ich appelliere an die Männer und Frauen im westdeutschen Bundestag und in der westdeutschen Regierung, sich bewußt zu werden, in welcher Gefahr sich das deutsche Volk angesichts der Politik der Westmächte befindet,

    (Zuruf e)

    durch die die Einheit Deutschlands zerstört, der Friedensvertrag verhindert, die nationale Existenz des deutschen Volkes aufs Spiel gesetzt wird und ihm ein neuer Krieg aufgezwungen werden soll.

    (Zuruf des Abg. Strauß.)

    — Hören Sie doch mal eine Minute zu! Vielleicht kann er Ihnen trotz aller Ihrer Verbohrtheit doch etwas sagen!

    (Lachen und Zurufe.)

    Alles das aber kann verhindert werden, wenn der westdeutsche Bundestag und die westdeutsche Bundesregierung sich entschließen, nicht weiter diese Maßnahmen der westlichen
    Besatzungsmächte zu unterstützen, sondern den Kampf gegen sie aufnehmen. Es geht nicht darum, ob die westdeutsche Bundesregierung und die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik sich gegenseitig anerkennen, sondern darum, gemeinsam oder nebeneinander den nationalen Interessen des deutschen Volkes zu dienen

    (Sehr richtig! bei der KPD)

    und den Kampf um die Einheit Deutschlands, um den Friedensvertrag und um die nationale Selbständigkeit des deutschen Volkes zu führen. Wenn das von der westdeutschen Bundesregierung und dem westdeutschen Bundestag geschieht, dann werden wir uns einander nähern und schließlich die Spaltung Deutschlands beseitigen und eine Einheit Deutschlands schaffen, durch die Deutschland nicht zur Kolonie des amerikanischen Imperialismus (Zuruf rechts: Nein, aber dem russischen!) und nicht zum Aufmarschgebiet für einen neuen imperialistischen Krieg gemacht wird. Wir wollen ein demokratisches,

    (Zuruf rechts: Wir auch!)

    national und wirtschaftlich selbständiges Deutschland, das in Frieden und Freundschaft mit allen Völkern der Welt lebt.
    Diese Worte Wilhelm Piecks sind der Appell eines alten, erfahrenen deutschen Politikers (Zuruf von der SPD: Eines russischen Obersten!) zur Verständigung und zu gemeinsamem Handeln
    aller Deutschen in Ost und West.

    (Zuruf rechts: Glauben Sie den Quatsch, den Sie hier verzapfen?)

    — Glauben S i e denn den Quatsch, den Sie hier
    verzapfen? Ich glaube das, was ich sage, weil es meine innerste Überzeugung ist,

    (Erneute Zurufe)

    weil ich 40 Jahre dafür kämpfe und nicht gestern noch „Heil Hitler" geschrien habe wie so mancher unter Ihnen!

    (Zurufe und Unruhe. — Glocke des Präsidenten.)