Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Wir haben vor wenigen Minuten, möchte ich sagen, eine sehr interessante Debatte erlebt, als es sich um die Frage des Schutzes der Symbole des neu geschaffenen Bundesstaats handelte. Es standen sich hier eine polizeistaatliche Auffassung und eine andere, organische Auffassung gegenüber, die besagt: Der Staat muß in den Herzen seiner Menschen gegründet sein; dann braucht es keine polizeistaatlichen Maßnahmen.
Um die Zustimmung der Massen zu einem Staatssystem zu erreichen, bedarf es auch der Schaffung menschenwürdiger Lebensmöglichkeiten, zu denen vor allem auch die Bereitstellung menschenwürdiger Unterkünfte gehört. Es ist also über die Frage der Notwendigkeit des sozialen Wohnungsbaues unter dem Gesichtspunkt der menschenwürdigen Unterbringung der Bevölkerung kein Wort zu verlieren. Uns interessiert der soziale Wohnungsbau vor allem auch nach der wirtschaftlichen Seite. Wir stehen nicht auf dem Standpunkt, daß der Staat sozusagen nur eine Nachtwächterrolle zu spielen hat, bei der er mit Hellebarde und Laterne die Stunde ansagt, sondern daß er sich auch maßgebend um gewisse Bezirke des menschlichen Daseins zu kümmern hat.
Als im Jahre 1932 die Weltwirtschaftskrise überwunden war, wurde von der damaligen verantwortlichen Regierung nicht erkannt, daß es notwendig wäre, im neuralgischen Punkt der Entwicklung, das heißt rechtzeitig ein ausreichendes öffentliches Investitionsprogramm zum Zwecke einer Initialzündung der Wirtschaft einzusetzen. Dadurch wäre die Lähmung der Wirtschaft, die dann zu der politischen Katastrophe geführt hat, zu überwinden gewesen. Als wir gegen Ende des letzten Jahres die ersten deflatorischen Anzeichen wahrnahmen, waren wir besorgt, es möchte von den verantwortlichen Stellen wiederum dieser neuralgische Punkt übersehen werden, wo es gilt, durch Investitionen der öffentlichen Hand sich einer ungünstigen, nicht bloß wirtschaftlichen, sondern politischen Entwicklung entgegenzuwerfen. Die Bank deutscher Länder hat in ihrem Mai-Bericht dieses Jahres ausdrücklich festgestellt, daß, wenn es nicht gelingt, in weitgehendem Maße Investitionen vorzunehmen, die Schrumpfung der deutschen Wirtschaft nicht aufzuhalten sei. Wir haben die vor dem 14. August dieses Jahres erfolgten wiederholten sehr optimistischen Ankündigungen — ich will hier keine Persönlichkeit nennen, sondern mich darauf beschränken, zu sagen: aus dem Schoße des Wirtschaftsministeriums — mit Mißtrauen und Zweifeln vernommen, weil wir der Meinung waren, daß es leider nicht möglich sein wird, auf den von dort bezeichneten Wegen die notwendigen finanziellen Voraussetzungen für eine solche Investitionstätigkeit zu schaffen.
Ein wesentlicher und wichtiger Sektor, auf dem nicht nur unerläßliche und unverzichtbare Forderungen der Bevölkerung erfüllt werden können, sondern zugleich eine wirtschaftliche Belebung erreicht werden kann, ist der soziale Wohnungsbau. Unter diesem Gesichtspunkt darf ich kurz noch einiges hinzufügen.
Auch wir sind durchaus mit den Herren Antragstellern der Meinung, daß es gelingen muß, die öffentlichen Haushalte von den auf ihnen ruhenden unproduktiven Lasten zu befreien oder doch wenigstens diese unproduktiven Teile der öffentlichen Haushalte wesentlich zu verringern. Dazu zähle ich auch — ich spreche das offen aus — die übermäßige Ausdehnung der Besatzungskosten. Es muß auf dem einen oder andern Wege gelingen, die Finanzierung des sozialen Wohnungsbaues sicherzustellen. Wenn diese Aufgabe nicht verwirklicht werden könnte, wäre alles andere umsonst.
Wir sind aber der Meinung, daß sich der Bund, wenn er diese Aufgabe in Angriff nimmt, auf das beschränken muß, was unbedingt zentral zu regeln ist. Wir stimmen dem Antrag Ollenhauer in seinen Ziffern 1 und 5 zu, worin er verlangt, daß das von ihm vorgeschlagene Gesetz Richtlinien zur wesentlichen Steigerung des sozialen Wohnungsbaus und Grundsätze über die Verwendung der Mittel in den Ländern enthalten soll. Man darf hier nicht von der Zentrale des Bundes aus einen neuen Panzer über die eigene lebendige Tätigkeit der Länder werfen, sondern muß sich darauf beschränken — wie das auch die Erklärung der Bundesregierung zum Ausdruck gebracht hat —, mit allen Mitteln den Wohnungsbau in der energischsten Weise zu fördern, und zwar nicht, indem der Bund selbst baut, sondern indem er die Gelder zur Verfügung stellt und darauf dringt, daß von den Ländern alle Möglichkeiten auf dem Gebiete des Wohnungsbaus ausgeschöpft werden. Aus den Erfahrungen, die früher mit dem sozialen Wohnungsbau gemacht worden sind — ich erinnere an das Streben des früheren Reichsarbeitsministeriums, bis in die letzten und kleinsten technischen und administrativen Einzelheiten die Gestaltung des
sozialen Wohnungsbaus zu regeln —, warnen wir davor, ein Gleiches noch einmal zu beginnen.
Wir stimmen der Tendenz des vorliegenden Antrages durchaus zu, wir wünschen ihn, wir fördern ihn und wir unterstützen ihn mit allen Mitteln, soweit er sich darauf beschränkt, von der Bundesseite her die Mittel zur Verfügung zu stellen und die Grundsätze und Richtlinien für die Verwendung des Geldes durch die Länder festzulegen. Der Bund soll den Motor für die Länderregierungen bilden, damit dort das Erforderliche geschehe. Wir sind gegen eine detaillierte Reglementierung in den Ländern, sondern verlangen, daß der Bund die Länder in voller Freiheit, wenn auch unter seinem beobachtenden Auge, arbeiten läßt und nur dann hervortritt, wenn die Länder das ihnen Aufgegebene nicht erfüllen sollten.