Meine Damen und Herren! In den letzten Monaten sind in der Öffentlichkeit und auch in der Presse des langen und breiten das Wohnungsproblem und die Wohnungsnot erörtert worden. Wir sind der Auffassung, daß viele Erscheinungen der Not und der Kriminalität ein Ausdruck des Wohnungselends sind. Wir bedauern es, daß es bisher auf dem Boden der Länder nicht möglich war, jene Gesetzesmaßnahmen zu treffen, die in starkem Maße den sozialen Wohnungsbau garantieren. Statt eines sozialen Wohnungsbaus sehen wir in unseren Großstädten, daß in erhöhtem Maße Geld und Material für kostspielige Ladenbauten und für Prachtbauten der Verwaltung verwandt werden. Wir sind keineswegs dafür, daß die Geschäftswelt nicht ihre Läden wiederaufbauen soll, aber wenn man durch Düsseldorf und einige andere Städte des Landes Nordrhein-Westfalen geht, stehen doch diese Bauten und ihre Ausführungen in keinem Verhältnis zu jenen Erfordernissen, die auf dem Gebiete der Wohnungswirtschaft dringend geboten wären. Immer und immer wieder wurde darauf hingewiesen, daß es zur Verhütung der Verschwendung von Geld und Material keine Rechtsgrundlage gäbe. Ich denke, daß auch das im Zuge der gesamten Wohnungsgesetze berücksichtigt werden sollte.
In der Regierungserklärung hat der Herr Bundeskanzler ebenfalls vom Wohnungsbau gesprochen. Er sagte, daß man die private Initiative in entscheidendem Maße organisieren und zur Auslösung bringen müsse. Wir sind dafür, daß die private Initiative in einer richtigen Weise gesteuert wird, nämlich um die Not der Obdachlosen, der Flüchtlinge und Ausgebombten zu lindern. Aber wir sind nicht der Auffassung, daß man der privaten Initiative nun einfach Raum geben soll und. daß sie sich austoben darf, wie sie will. Wir sind auch nicht der Auffassung, daß die private Initiative allein genügt. Wir erleben doch jetzt Tag für Tag, daß diejenigen, die über viel Geld und über ein hohes Einkommen verfügen, sehr schnell in den Besitz von guten Wohnungen gelangen.
Ich denke nur an die tollen Bauzuschüsse, die von den einzelnen Privatbesitzern verlangt und ausgehandelt werden. Ich möchte sagen, daß gerade auf diesem Gebiet ein direkter Wucher betrieben wird, daß man die Wohnungsuchenden veranlaßt, große Mittel aus ihrer privaten Tasche herzugeben, die weit über die eigentlichen Baukosten hinausgehen. Manchmal werden die Forderungen nicht einmal bekannt, die gestellt werden. Man scheut die Öffentlichkeit bei der Klarstellung dieses Problems.
Wir sind der Auffassung, daß man von Bundes wegen erhöhte Anstrengungen machen muß, um vor allem den sozialen Wohnungsbau vorwärtszutreiben. Die Werktätigen, die Ausgebombten und die Flüchtlinge sind nicht in der Lage, solche Mieten zu zahlen, wie sie jetzt zum Teil für Neubauwohnungen gefordert werden. Wiederum sind die kleinen Hausbesitzer auch nicht in der Lage, ihre Häuser wieder aufzubauen, weil die notwendige staatliche Unterstützung fehlt. Noch viel schlimmer macht sich das bei den gemeinnützigen Bau- und Wohnungsgesellschaften bemerkbar, die über keinerlei Mittel verfügen, die ihre Wohnungen, die sich in ihrem Besitz befinden, zu niedrigen Preisen abvermietet haben, so daß die Erlöse nicht sehr hoch sind. So sind sie bei der Durchführung vernünftiger Bauvorhaben gehandikapt. Wir denken, daß es notwendig ist, diesen gemeinnützigen Gesellschaften in stärkstem Maße beizuspringen. Wir sind aber der Meinung, daß man zugleich den kleinen Hausbesitzern helfen muß, damit sie ebenfalls ihre zerstörten Häuser aufbauen und die beschädigten wieder instandsetzen können.
In den letzten Tagen hat der Herr Arbeitsminister Storch erklärt, es soll die Möglichkeit geschaffen werden, daß im Frühjahr des nächsten Jahres weitere hunderttausend Bauarbeiter Arbeit und Brot im Wohnungsbau finden. Aber der Herr Arbeitsminister Storch hat zugleich gesagt: „wenn das nötige Geld dafür bereitgestellt werden kann". Ich las heute morgen eine dicke Blocküberschrift in der „Welt". Wenn man sich die Erklärung und den Artikel der .,Welt" näher ansieht, dann sieht man darin den Versuch, die Menschen zu täuschen. Man sagt nämlich nicht, woher die Mittel genommen werden sollen. Mit allgemeinen Erklärungen über die Notwendigkeit des Wohnungsbaus ist den Massen draußen nicht geholfen. Wir sind auch nicht der Auffassung, daß es genügt und daß es richtig ist, durch Betteltouren den Wohnungsbau vorwärtszubringen, wie das in verschiedenen Gemeinden jetzt gemacht wird, indem man auf Gas und Strom eine freiwillige Abgabe legt. Damit lindert man die Wohnungsnot nicht. Das sind nur Palliativmittelchen, die zu keinem nennenswerten Erfolg führen können.
Wir wünschen deshalb, daß sehr bald ein Gesetz zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues von der Regierung vorgelegt wird. Wir glauben, in diesem Gesetz muß verankert werden, daß ein Großteil der Besatzungskosten für den Wohnungsbau verwandt wird. Es ist an der Zeit, daß die Besatzungsmächte Deutschland verlassen und daß der kostspielige Apparat auf einen kleinen Kontrollapparat reduziert wird, damit die Gel-
der, die bisher für die Besatzungskosten Verwendung finden, für soziale Zwecke, darunter für den Wohnungsbau, eingesetzt werden können.
Wir sind weiter der Meinung, daß man die Großverdiener und Großunternehmer durch eine Sonderabgabe zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues heranholen muß. Außerdem haben wir in unserem Antrag beantragt, daß 5 % der Gesamteinnahmen des Bundes für diese Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Ein besonderes Kapitel bilden die Einnahmen aus dem Zinsaufkommen aus der Staatsgrundschuld.
In der Vergangenheit war es so, daß die Gelder, die aus der Wohnungswirtschaft herausflossen, nicht wieder dem gemeinnützigen Wohnungsbau zugeführt wurden, sondern daß große Teile dieser Gelder im Staatshaushalt für die Unterhaltung der Reichswehr, der Polizei usw. verwandt wurden. Grundsätzlich sollte in dem Gesetzentwurf der Regierung festgelegt werden, daß alle Gelder, die aus der Wohnungswirtschaft durch Steuern oder sonstigen Zinsendienst herauskommen, zur Förderung des Wohnungsbaues eingesetzt werden müssen.
Ich glaube. daß es auch notwendig ist, von seiten des Wirtschaftsministers mit Hilfe der Gewerkschaften einmal zu überprüfen, in welchem Umfange das Material verwandt und wie es eingesetzt wird. Wenn nämlich ein großzügiger Wohnungsbau durchgeführt werden soll, wird die Kapazität unserer Zementwerke, unserer Dachziegeleien usw. kaum ausreichen, vor allem dann, wenn man zuläßt, daß mit Zement weiter in dem bisherigen Sinn umgegangen wird. Man sollte auch die Gewinne dieser Unternehmungen streng kontrollieren und alle Preisabsprachen auf diesem Gebiet unterbinden, um so auch von dieser Seite her die Garantie dafür zu schaffen, daß der Wohnungsbau vorwärtsgetrieben wird.
Ich glaube, daß auch noch viel auf dem Gebiet der Bereitstellung von Grundstücken und in bezug auf den Erlaß von Anliegerbeiträgen getan werden kann. In sehr vielen Ländern und Gemeinden wird heute ein Grundstückswucher betrieben. Nur in sehr geringem Umfange entscheidet man sich für die Bereitstellung von Grundstücken für verbilligtes Geld.
Ich glaube, daß alle diese Fragen in dem Gesetzentwurf mit behandelt werden sollten, um so ein Gesetz zu bekommen, welches in weitestem Maße der Förderung des Wohnungsbaues dient. Die Menschen draußen wünschen, daß das Wohnungselend gelindert wird, und sie wünschen Wohnungen, deren Miete auch ihrem Einkommen gemäß tragbar ist.
Wir sind keineswegs damit einverstanden — wir haben das auch in der Begründung zu diesem Antrag gesagt —, daß man nun den Mietpreisstop aufhebt, um damit dem Mietwucher Tür und Tor zu öffnen; wir sind im Gegenteil der Meinung — und da gehe ich mit dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion konform, in dem das ausdrücklich gesagt wird —, daß auch für Neubauwohnungen ein bestimmter Mietsatz festgesetzt werden muß, um ein für allemal dem Wucher und der Ausbeutung der Massen zu begegnen.
So möchte ich Sie im Auftrage meiner Fraktion bitten, unserm Antrag stattzugeben. Er ist geeignet, der Regierung Richtlinien an die Hand zu geben, die der Förderung des sozialen Wohnungsbaues dienen. Wenn Sie so im Sinne unseres Antrags handeln, dann werden wir in der Tat eine
Wendung in der Richtung einer verstärkten Beschaffung von Wohnungen für die Obdachlosen, die Ausgebombten und Flüchtlinge erreichen.