Ich erteile zunächst dem Herrn Bundesfinanzminister Schäffer das Wort.
Schäffer, Bundesfinanzminister: Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der bisherigen Debatte ist der Bundesfinanzminister manchmal apostrophiert worden. Es ist betont worden, daß diese Frage doch in erster Linie nach dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit und nach dem Gesichtspunkt der finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkung entschieden werden solle. Deshalb ein kurzes Wort vom Standpunkt des gegenwärtigen Bundesfinanzministers aus.
Ich habe als Abgeordneter dieses Hauses die Denkschriften der beiden Städte und selbstverständlich auch das technische Gutachten der Ministerpräsidentenkonferenz studiert. Auch die Herren Antragsteller werden mir zugeben, daß sich aus dem technischen Gutachten eine Berechnung über die finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen einer etwaigen Rückverlegung des Bundessitzes von Bonn nach Frankfurt nicht machen läßt. Dieses technische Gutachten scheint mir vielfach auch mißverständlich autgetaßt worden zu sein. Ich kann aus dem technischen Gutachten nicht entnehmen, daß darin überhaupt nur die Behauptung aufgestellt worden sei, eine Unterbringung der Behörden 'der Bundesregierung sei vor dem Jahre 1950 oder 1951 nicht moglich.
Wenn es darin stünde, wäre es ein Irrtum gewesen; denn ich kann versichern: die Unterbringung der Behörden der Bundesregierung ist- in Bonn in sehr kurzer Zeit möglich.
Es ist irrtümlich, wenn man annähme, daß es notwendig sei, allein hinsichtlich des Fernmeldewesens eine weitere Ausgabe von 32 Millionen Mark zu machen.
Wer den Bericht auf Seite 3 liest, der ersieht daraus ganz genau, daß die Aufwendungen für das Fernmeldewesen in der Stadt Bonn, die infolge der Tatsache, daß die Bundesregierung hier ist, notwendig sind, bis zum 1. November dieses Jahres bereits gemacht sind. Ich habe mich persönlich in dieser Frage mit dem Leiter des Bundespostministeriums besprochen, der mir bestätigt hat, daß die spätere Ziffer von 32 Millionen Mark,, die auf Seite 20, glaube ich, des technischen Berichts enthalten ist, sich nicht mit Bonn beschäftigt, sondern lediglich feststellen soll, daß, wenn man die Automatisierung des Fernmeldewesens für ganz
Westdeutschland beschleunigt, ein solcher Aufwand von 32 Millionen Mark erforderlich ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf feststellen, daß die Verwaltung heute auch in Frankfurt naturgemäß Schwierigkeiten hat; denn der Sitz der Verwaltung in Frankfurt beschränkt sich nicht auf die Stadt Frankfurt.
Ich kann Ihnen von meinem Verwaltungszweig bestätigen, daß Homburg, Höchst, Wiesbaden, Darmstadt und Offenbach weitere Ableger der Bundesverwaltung zur Zeit beherbergen.
Es ist eine Frage, die bei der Gesamtentscheidung zu prüfen ist, was von diesen zerstreuten Verwaltungsteilen unbedingt nach Bonn etwa übernommen werden soll oder was in den Stadten, in denen sie heute zerstreut liegen, bleiben kann. Das ist bei der bisherigen Prüfung bisher nirgends geschehen.
All die Angaben, die ich mir in den wenigen Tagen meiner Amtstätigkeit geholt habe, sind immer von Ziffern ausgegangen, die bei näherer Prüfung nicht stichhaltig sind. Auch die Zahl der Beamten und Angestellten, nach der die — übrigens vorübergehenden — Trennungsgelder etc. berechnet worden sind, ist nach meiner Überzeugung noch nachzuprüfen.
Ein sehr wichtiger Posten ist bisher in der öffentlichen Debatte überhaupt nicht erschienen: die Frage der Unterbringung der Besatzungsstabe im Falle einer Rückverlegung nach Frankfurt. Der entscheidende Punkt ist ja nicht, was investiert worden ist, sondern was in dem einen oder in dem andern Falle zur Fehlinvestition wird.
Die Aufwendungen in Frankfurt brauchen nornlange keine Fehlinvestition zu sein, während die Aufwendungen in Bonn vielleicht eine Fehlinvestition werden können, wenn eine Rückverlegung eintritt.
Alle diese Fragen sind noch nicht geprüft, und alle diese Fragen müssen erst geprüft werden.
— Ich habe die Frage sine ira et studio studiert.
Der wesentliche Gesichtspunkt in dieser Frage der Ausgaben ist die Frage der Wohnungen. Wir wissen ganz genau, daß die Wohnungen, die, sagen wir einmal, in Homburg oder sonstwo frei werden, keine verlorene Investition sind
und sicherlich einem Teil der Bevölkerung Deutschlands sehr zustatten kommen.
Wohnungen müssen in Deutschland gebaut werden.
Das, was heute an Material vorliegt, ist nach meiner Überzeugung für den, der die Frage vom Standpunkt der Zweckmäßigkeit und der wirt-
schaftlichén und finanziellen Auswirkungen aus betrachtet; noch nicht genügend, um sich ein ganz sicheres Urteil zu bilden.
Ich muß erklären, daß ich mich in den wenigen Tagen meiner Amtstätigkeit bemüht habe, solche sicheren und zuverlässigen Unterlagen zu erhalten, um sie dem Hohen Hause vorzulegen. Ich hoffe, in der nächsten und übernächsten Woche soweit zu sein, daß ich Ihnen wirklich zuverlässige Unterlagen bieten kann. Deshalb bin ich erfreut, aus dem Antrag Linnert zu hören, daß das Haus bereit ist, in eine sachgemäße Prüfung dieser Unterlagen, die erst vervollständigt werden, einzutreten und die Prüfung einem Ausschuß zu überweisen.