Meine Damen und Herren! Sie werden es gewiß verstehen, wenn ich mich veranlaßt fühle, ein kurzes Wort zu dem großen, uns allen bewegenden Anliegen Berlin zu sagen. Ich möchte zunächst dies mit Betonung zum Ausdruck bringen: Berlin und sein Schicksal wird ganz gewiß Aufgabe und Sorge Nr: 1 der Bundesregierung mit dem Kanzler Konrad Adenauer an der Spitze sein.
Es wird nicht zuletzt Aufgabe und Sorge Nr. 1 des Herrn Finanzministers und nicht weniger des Herrn Wirtschaftsministers sein; aber es wird auch, und das in ganz besonderer Weise, in der Obhut
des Ministeriums, das mir anvertraut worden ist, stehen. Ich bekenne mich von Herzen zu dieser Aufgabe und zu dieser Sorge; denn, meine Damen und Herren, ich habe in dieser ersten Bundesregierung nur Verantwortung übernommen, weil ich des Glaubens bin, daß ich an diesem Platz und unter dieser Verantwortung am besten und am wirksamsten für die Stadt Berlin und ihre Bevölkerung eintreten kann,
für Berlin und für das ganze große Stück Deutschland, das an der Wiedervereinigung mit uns heute noch verhindert ist.
Ein früherer Diplomat — ich weiß im Augenblick seinen Namen nicht mehr — hat vor kurzem gesagt: Die erste außenpolitische Nachkriegstat ist von den Berlinern vollbracht worden, und ich sage dazu, daß nach meiner festen Überzeugung tatsächlich in der politischen Situation der Nachkriegszeit von Berlin und von seiner tapferen Behauptung ein Einfluß auf die Weltpolitik wie von keinem andern Ort ausgegangen ist.
Es sind von den Sprechern in dieser Berlin-Debatte viele gute und notwendige, viele überzeugende und die Bevölkerung von Berlin ermutigende Worte gesagt worden. Ich brauche sie, nicht zu wiederholen. Die Ausführungen von der äußersten Linken des Hauses darf ich wohl außer Betracht lassen. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß der Kollege Müller über die Gründe, die zur Trennung der Stadt Berlin geführt haben, nicht genau Bescheid weiß:
denn nicht wir haben die Stadt getrennt, sondern
die Partei, die politische Gruppe, der er angehört.
Jeder, der mich kennt, meine Damen und Herren, weiß im übrigen, wie sehr mir die Stadt Berlin am Herzen liegt. Ich will nur an dieser Stelle und in dieser Stunde versichern, daß ich in dem mir anvertrauten Amt und mit diesem Amt alles tun werde, um die notwendige Hilfe für Berlin mobilisieren zu helfen.
Ich werde es tun um seiner bedrohten materiellen Existenz willen, aber auch und nicht zuletzt, meine Damen und Herren, um seiner Tradition, um seiner Bedeutung willen als Stadt von höchstem geistigen, von höchsten kulturellen und von höchstem politischen Rang. Berlin leidet ja nicht nur materielle Not, sondern Berlin und die Bevölkerung der Stadt leiden auch geistige Not. Aus dieser geistigen Not heraus, meine Damen und Herren, hat in diesen Tagen auch schon mancher Hilferuf seinen Weg in die noch im Aufbau befindlichen Ämter der Bundesregierung gefunden.
Ich glaube, daß ich im Namen meiner Kollegen von der Bundesregierung sagen darf, daß wir im Rahmen des Menschenmöglichen alles, aber auch alles tun werden, damit Berlin leben und seine Aufgabe weiter erfüllen kann,
damit es seine Aufgabe und seine Verantwortung als deutscher, nein als europäischer Angelpunkt in der einfach schicksalhaften Begegnung und Auseinandersetzung zweier Welten auf dem Boden unseres Landes zu erfüllen in der Lage ist. Und ich glaube, meine Damen und Herren, daß ich ebenso im Namen der Bundesregierung sprechen darf, wenn ich sage, daß sie bemüht bleibt, zunächst die Anerkennung Groß-Berlins als zwölftes Bundesland zu erreichen. Ich bin der Überzeugung, daß wir für diese Bemühungen die Zustimmung aller Fraktionen des Hauses finden werden, zum mindesten ihrer überwältigenden Mehrheit. Denn nichts, meine Damen und Herren, tut unserem Volk so not, als daß ein zwingendes nationales Ziel Partei- und schließlich auch Klassenscheidungen überbrückt. Meine Damen und Herren, wir haben dieses Ziel heute. Es heißt: die Wiedervereinigung Deutschlands. Die Rettung, die Sicherung Berlins ist der erste Schritt zu dieser Wiedervereinigung unseres Vaterlandes.