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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 11. Sitzung. Bonn, Freitag, den SO. September 1949 203 11. Sitzung Bonn, Freitag, den 30. September 1949. Geschäftliche Mitteilungen 205D Schreiben der Zentrumsfraktion, betreffend Stellenanteilkartell WAV/Zentrum . . 206A Schreiben der Fraktionen der FDP und der DP, betreffend Fraktionsverbindung . . 206A Beschwerde des Abg. Reimann gegen einen Ordnungsruf 206B Mißtrauensantrag der Fraktion der KPD gegen den Bundestagspräsidenten Dr. Köhler . . . . . . . . . . . 207A Beschlußfassung über die Mitgliederzahl der Ausschüsse und Verfahren zu ihrer Besetzung (Drucksachen Nr. 48 und 64) . . 207A Dr. Seelos (BP) 20'7B Renner (KPD) 207B, 208D Schoettle (SPD) . . . 207D, 208D, 209C Gengler (CDU) 208A, 209C Scharnberg (CDU) 209A Dr. Miessner (NR) . . . . . . 210C Anträge der Fraktionen der SPD und der KPD betr. Demontagen und Demontageverweigerer (Drucksachen Nr. 2, 6, 7 und 11) 210D Healer (SPD) 211A, 226A Paul (KPD) 215C, 226D, 227D Unterbrechung der Sitzung . . 218B Dr. Dr. Lehr (CDU) . . . . 218B, 224A Storch, Bundesminister für Arbeit . . . . .. . . . 221D, 227C Dr. Richter (NR) 222B Tichi (WAV) 223D Frau Wessel (Z) . . . . . . . 224A Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 226A Renner (KPD) 228A Anträge der Fraktionen der SPD und der DP, betr. Groß-Berlin (Drucksachen Nr. 3, 16 und 40) 228A Frau Schroeder (SPD) 228C Dr. von Merkatz (DP) 233A Dr. Tillmanns (CDU) 235A Dr. Hamacher (Z) . . . . . . . 238B Dr. Reif (FDP) 239B Dr. Falkner (BP) . . . . . . . 240C Müller, Oskar (KPD) 241A Kaiser, Bundesminister für gesamt- deutsche Fragen 242D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 243C Strauß (CSU) 243D Dr. von Brentano (CDU) . . . . 244B, C Anträge der Fraktion der SPD und der Abg. Dr. Hilpert, Euler u. Gen., betr. vorläufigen Sitz der leitenden Bundesorgane (Drucksachen Nr. 4 und 19), und der Fraktion der KPD, betr. Wohnraumbeschlag- nahme (Drucksache Nr. 9) 244A Zinn (SPD) 244D, 252A Dr. Hilpert (CDU) 249A Dr. Linnert (FDP) . . . . . 250C, 253A Müller, Kurt (KPD) 250D Schäffer, Bundesminister f. Finanzen 251A Dr. Bucerius (CDU) . . . . 252B, 255B Euler (FDP) 253A Ollenhauer (SPD) 253B Dr. Schäfer (FDP) 253B Dr. von Brentano (CDU) 253D Dr. Becker (FDP) . . . . . . 254B Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . . . 255A Renner (KPD) 255C, D Hilbert (CDU) 256A Paul (KPD) 256A Antrag Loritz betr. Aussetzung eines Gerichtsverfahrens gegen ihn (Drucksache Nr. 49) 256B Loritz (WAV) . . . . . . . . 256C Dr. von Brentano (CDU) . . . . 256C Beschlußfassung über die Überweisung von Anträgen an Ausschüsse (Drucksachen Nr. 13, 20 bis 24, 26, 27, 29 bis 34) . 256D Nächste Sitzung 257D Die Sitzung wird um 11 Uhr 15 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heinz Renner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Ich protestiere dagegen, — —

    (Unruhe und Zurufe.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Abgeordneter Renner, ich entziehe Ihnen das Wort zu diesem Gegenstand.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Renner — vom Rednerpult abtretend —: „Demokratie"! Wir werden euch schon Antwort geben! — Zuruf in der Mitte: Kümmern Sie sich lieber um Buchenwald!)

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zu den Anträgen auf Drucksache Nr. 7 und Nr. 11. Dazu liegt ein Abänderungsantrag der CDU/CSU-, FDP- und' DP-Fraktion vor. Er lautet:
Das Haus stimmt der Erklärung der Regierung zu und bittet sie, entsprechend dieser Erklärung zu verfahren.
Ich lasse zunächst über den Abänderungsantrag abstimmen. Ich bitte diejenigen, die für den Abänderungsantrag sind, die Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. Damit ist der Antrag angenommen.
Die Anträge auf Drucksache Nr. 7 und Nr. 11 sind damit auch erledigt.
Wir kommen nunmehr zu den Punkten 6, 7 und 8 der Tagesordnung:
Antrag der Fraktion der SPD, betreffend GroßBerlin (Drucksache Nr. 3);
Antrag der Fraktion der SPD, betreffend Maßnahmen für Groß-Berlin (Drucksache Nr. 16); Antrag der Fraktion der DP, betreffend Mittel des Bundes zur Deckung des Haushaltsdefizits der Stadt Berlin (Drucksache Nr. 40).
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, daß die Punkte 6, 7 und 8 der Tagesordnung wegen der Gleichartigkeit des Gegenstandes zusammen behandelt werden sollen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Schroeder.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Louise Schroeder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Herrn und Damen! Wenn ich die Ehre habe, im Auftrage meiner Fraktion die Anträge auf Drucksache Nr. 3 und 16 zu begründen, so möchte ich zunächst das Bedauern wiederholen, das ich am 14. August anläßlich der außerordentlichen Stadtverordneten-Versammlung zur Wahl der Bundesversammlung ausgesprochen habe, das Bedauern darüber, daß die Herren Militärgouverneure sich nicht haben entschließen können. in Übereinstimmun a mit dem Artikel 23 des Grundgesetzes Berlin als vollberechtigtes Mitglied des Bundes anzuerkennen. Ich freue mich um so mehr, daß die sozialdemokratische Fraktion in ihrer Gesamtheit heute die Aufforderung an den Bundestag richtet, feierlich vor aller Welt zu erklären, daß nach dem Willen des deutschen Volkes Groß-Berlin Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland ist.

    (Beifall.)

    Nur hierdurch ist es möglich, die Stellung Berlins innerhalb Deutschlands so zu gestalten, daß sie ihrer Bedeutung und ihrem Wert entsprechend d i e Festigkeit erhält, die im Hinblick auf. die erstrebte Einheit Deutschlands und die erstrebte Behebung der außerordentlichen Schwierigkeiten Berlins notwendig ist. Solange wir aber diese Stellung nicht erhalten haben — ich hoffe, daß die Hohen Kommissare sich sehr bald dazu entschließen; aber wir können nicht bis dahin warten —. ist es notwendig. daß schon vorher der feste wirtschaftliche Anschluß geschaffen wird, wie er ja auch schon auf anderer Seite besteht, zum Beispiel zwischen Ost-Berlin und der Ostzone, und wie er zu einem Teil durch die einheitliche Währung West-Berlins mit West-Deutschland geschaffen worden ist. Denn nur durch diesen wirtschaftlichen Zusammenschluß können wir die ungeheuerlichen Schwierigkeiten ökonomischer und finanzieller Art überwinden, in denen sich Berlin heute befindet.
    Angesichts der hier von verschiedenen Seiten laut gewordenen Kritik scheint es mir doch notwendig, daß ich einen kurzen Rückblick auf die Entwicklung der Lage gebe, in der sich Berlin heute befindet. Berlin ist nicht nur, zum großen Teil durch die deutsche Wehrmacht und die SS noch ganz besonders in den letzten Kriegstagen, zerschlagen worden, sondern in Berlin sind alle sozia-


    (Frau Schroeder)

    len Einrichtungen genau so zerschlagen worden wie die Gebäude Berlins. Sparkonten und Bankkonten sind, wie man es so schön nennt, eingefroren, das heißt aufgehoben worden. Pensionszahlungen durften nicht mehr geleistet werden. Die Versicherungsträger waren zusammengebrochen, Löhne und Gehälter durften auf Monate hinaus auf Anordnung der Besatzungsmacht nicht gezahlt werden. Die Folge war eine Not ohnegleichen, die, wenn wir auch die Not in GesamtDeutschland berücksichtigen, doch unendlich höher war als die Not in Westdeutschland. Die alten Menschen brachen zusammen. Die Jugend, die ihre Hoffnung verloren hatte, war gleichzeitig der schlimmsten Unterernährung preisgegeben — Schwierigkeiten der unerhörtesten Art, die uns, als wir als erstes demokratisches Stadt-Parlament und als erster demokratischer Magistrat am 20. Otkober 1946 gewählt wurden, noch vor schier unüberwindliche Aufgaben stellten. Dann kam der allerdings auch für Sie ungeheuer schwere Winter 1946/47. Und wenn hier soeben die Debatte über die Demontagen stattgefunden hat, dann, meine verehrten Herren und Damen, muß ich Ihnen sagen, daß Berlin bereits in den allerersten Nachkriegstagen so demontiert wurde, daß von einer wirklich geordneten Wirtschaft nicht mehr die Rede sein konnte.

    (Hört! Hört!)

    Unsere Frauen sind es gewesen, die mit ihren bloßen Händen die Straßen von der Lebensgefahr befreit und die Trümmer aufgeräumt haben Dazu war Berlin von vier Besatzungsmächten besetzt, und ich spreche ja kein Geheimnis aus, wenn ich sage, wie wenig einig sich diese Besatzungsmächte waren. Berlin war eingeschlossen in eine Zone, in der die größte Not herrschte und politische Allmacht Verhältnisse schuf, die eine freie Entwicklung unmöglich machten.
    Wir haben in den letzten Wochen von dem Besuch Thomas Manns in Weimar gehört und haben den Brief gelesen, den er nach seiner Rückkehr geschrieben hat. Ich glaube, wir alle, die wir die Verhältnisse in der sowjetischen Zone kennen, können Herrn Thomas Mann sagen: Im Alltag sehen allerdings die Verhältnisse ganz anders aus, als wenn man sie als gefeierter Dichter sieht!

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Händeklatschen bei der SPD.)

    Wenn es uns trotzdem gelungen ist, die Verhältnisse im Laufe von einigen Jahren wenigstens einigermaßen zu festigen, so deswegen, weil ein enges Verhältnis zwischen der gewählten Exekutive, der Legislative und den Menschen draußen bestand, die wußten, daß sie um ihre nackte Existenz kämpften und gleichzeitig auch um ihre Freiheit. Allerdings: die Erfüllung unserer Aufgabe ist ungeheuer dadurch erschwert worden, daß eine totalitäre Organisation, unterstützt durch eine Besatzungsmacht, den Kampf gegen das demokratische Parlament führte, einen Kampf mit zum Teil schlimmsten Mitteln, von denen Sie hier im Westen zwar gelesen haben, die wir aber erleben mußten.
    Als besonderes Kampfmittel kam noch hinzu die teilweise Absperrung Berlins, bis dann infolge der Uneinigkeit über die Währungsreform die Blockade über Berlin verhängt wurde. Meine Herren und Damen, was die Blockade bedeutet hat, nachdem nicht nur eine, sondern mehrere Währungsreformen die Berliner Bevölkerung haben ausbluten lassen, kann nur der ermessen, der darunter gelitten hat; denn diese Währungsreformen kamen ja, nachdem der sogenannte Geldüberhang, von dem im Westen die Rede war, uns bereits 1945 fortgenommen war. Was es bedeutet hat, daß dem Magistrat die Konten gesperrt wurden, so daß er nicht in der Lage war, seine Verpflichtungen zu erfüllen, das kann wirklich nur derjenige empfinden und verstehen, der das in Berlin miterlebt hat.

    (Sehr wahr! bei der SPD und in der Mitte.) Die Blockade hat ein weithin — nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt — sichtbares Fanal gegeben, und ich möchte in diesem Augenblick allen denen, die uns in Erkenntnis dessen, was diese Blockade für Berlin bedeutete, ihre Hilfe gewährt haben, unsern herzlichsten Dank aussprechen.


    (Bravorufe.)

    Ich möchte der westdeutschen Bevölkerung, von der ich weiß, daß auch sie all diese Jahre hindurch ihre Not gehabt hat, herzlichst danken für die Hilfe, die sie auf dem Wege über Wohlfahrtsorganisationen, mit dem Hilfswerk Berlin und mit der Übernahme von über 15 000 Kindern zur Erholung nach Westdeutschland gewährt hat. Ich danke ebenso allen ausländischen Wohlfahrtsorganisationen, ganz besonders denen Englands und Amerikas. Am allermeisten aber danke ich und danken wir den Piloten der Luftbrücke, die ihr Leben einsetzten und zu unserem größten Bedauern auch ihr Leben gegeben haben, um Berlin vor dem Hunger, nein, um Berlin vor dem Verhungern zu schützen.

    (Bravorufe und Händeklatschen bei der SPD und in der Mitte.)

    Und doch hat die Berliner Bevölkerung — trotz aller dieser Hilfen — im Winter 1948/49 ein Leben geführt ohne Murren, mit 25 Pfund Kohle pro Familie' für den ganzen Winter, mit Trockenernährung für Kinder und Kranke ohne einen Tropfen Milch, mit Strom für zwei Stunden am Tage und zwei Stunden in der Nacht, bei Mangel an Gas und allem anderen Notwendigen, was ihr niemals vergessen werden darf.

    (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.)

    Das möchte ich besonders den Kritikern sagen, die hier im Anschluß an die Regierungserklärung auch über Berlin gesprochen haben; denn diese Opfer, meine verehrten Herren und Damen Kollegen, sind nicht nur für die Freiheit Berlins gebracht worden, sie sind gebracht worden für die Freiheit ganz Deutschlands,

    (erneuter lebhafter Beifall)

    für die Freiheit der Ostzone ebenso wie für die Freiheit der Westzonen!

    (Bravorufe und Händeklatschen.)

    Ich bedaure deshalb aufs tiefste, wenn ausgerechnet der Herr Abgeordnete Dr. Seelos, der mich selbst wie auch andere Mitglieder dieses Hohen Hauses daran erinnerte, wie er im Juni 1947 mit mir die erste Ministerpräsidentenkonferenz in München erlebte, auf der Berlin endlich aus der grausamen Isolierung herausgehoben wurde, daß ausgerechnet er und die Frau Ageordnete Kalinke eine Kritik an Berlin geübt haben,

    (Abg. Frau Kalinke: Nicht an Berlin!)

    die ganz unberechtigt und ganz unverständlich war

    (Abg. Frau Kalinke: Nicht an Berlin! Das weise ich zurück!)

    und auch von der Berliner Bevölkerung niemals verstanden werden wird.

    (Händeklatschen bei der SPD. — Abg. Frau Kalinke: Das habe ich nicht gesagt!)



    (Frau Schroeder)

    Freilich hat der Herr Bundeskanzler — wie ich annehmen muß, unbeabsichtigt — dadurch, daß er als einzige Zahlen in seiner Regierungserklärung die Summen angegeben hat. die für Berlin hergegeben worden sind, vielleicht diese Kritik des Herrn Kollegen Dr. Seelos hervorgerufen. Aber ich bedaure es, Herr Kollege Dr. Seelos, wenn Sie sich nicht nur gegen die Überführung von Bundeseinrichtungen nach Berlin gewandt, sondern auch dagegen protestiert haben, daß Her westdeutschen Wirtschaft eine Milliarde D-Mark entzogen worden sei, die man nach Berlin gegeben habe.

    (Abg. Dr. Seelos: Eine Feststellung!)

    Sie haben weiter im Zusammenhang mit Behauptungen, die die antisozialistische Presse im Wahlkampf gemacht und die nicht nur vom Berliner Magistrat, sondern auch von allen drei westlichen Militärregierungen zurückgewiesen worden sind, eine Kontrolle darüber verlangt, ob dieses Geld nicht etwa zu sozialistischen Experimenten verwendet würde.

    (Zuruf rechts: Sehr richtig!)

    — Herr Kollege Dr. Seelos, Sie sitzen in der Koalition mit der CDU zusammen.

    (Widerspruch und Heiterkeit bei der CDU.)

    — Nein? — Dann bitte ich um Entschuldigung. Trotzdem aber möchte ich darauf hinweisen, daß der Kämmerer Berlins ein nicht nur bei uns, sondern ein auch hier im Westen angesehenes Mitglied der CDU, also bestimmt kein Sozialist ist. Ich glaube deshalb, daß dieser Vorwurf, es würde Geld aus dem Westen zu sozialistischen Experimenten benutzt, ganz besonders auch seine Fraktion und seine Person trifft.
    Aber nun hat Frau Kalinke sich gegen die VAB gewandt und sich dabei der Argumente bedient, die der Berliner sogenannte Schutzverband der Zwangsversicherten in die Welt gesetzt hat. Frau Kalinke, in der Zeit, da die VAB die Versicherungsanstalt Berlin, zum großen Teil von Mitgliedern der SED geleite und von der sowietischen Besatzungsmacht kontrolliert wurde, gab es diesen Schutzverband der Zwangsversicherten nicht, sondern er hat sich erst in der Zeit gebildet, als die VAB genau so wie der Magistrat innerhalb weniger Stunden ihre Büros im Osten Berlins verlassen mußte, weil sie sich nicht den Zwangsmaßnahmen der sowjetischen Besatzungsmacht fügen wollte, und als es in Berlin um Leben und Sterben der Demokratie ging.

    (Lebhafte Zustimmung und Händeklatschen bei der SPD.)

    Nicht die Sozialisten, nicht die Sozialdemokraten im Berliner Magistrat und auch nicht die beiden anderen Parteien im Berliner Magistrat sind schuld an der Spaltung des Magistrats oder schuld an der Spaltung der VAB, sondern sie ist uns von jener diktatorischen Macht auferlegt worden, die mit dieser Spaltung genau so wie mit der Diktatur versuchte, die Demokratie, die Freiheit Berlins zu zerbrechen.
    Wenn wir in jenen Tagen und Wochen um unser Leben gerungen haben, auch um unser politisches Leben, dann ist es vollkommen verfehlt, nun etwa Einrichtungen zu kritisieren, die in jenen Wochen ohne Tisch und Stuhl, ohne Telephon, ohne Schreiboder Rechenmaschine wieder von vorn anfangen mußten. Meine verehrten Herren und Damen aus Westdeutschland, Sie alle wissen, was es bedeutet hat, nach 1945 diesen Anfang zu machen. Aber nach drei Jahren aufs neue vor dieser Tatsache zu stehen, ist noch tausendmal schwerer, und der VAB war ihr Vermögen genau so beschlagnahmt oder gesperrt worden wie dem Magistrat. Ich bin selber, die ich die Freude gehabt habe, vierzehn Jahre lang im Deutschen Reichstag an der sozialpolitischen Gesetzgebung mitzuarbeiten, jeder Kritik zugänglich. Aber vergessen Sie nicht, daß diese Versicherungsanstalt in einer Zeit geschaffen wurde, in der, wie ich schon sagte, alles, was es an sozialen Einrichtungen gegeben hatte, auch an Einrichtungen des Selbstschutzes in Gestalt des Sparkassenkontos, vernichtet war.

    (Zuruf der Abg. Frau Kalinke. — Abg. Schoettle: Hören Sie erst einmal zu!)

    — Das ist in Westdeutschland nicht so gewesen, Frau Kalinke! Zum Glück ist es nicht so gewesen. Aber unsere Alten und Arbeitsunfähigen hatten umsonst ihr Leben lang gespart. Das Ersparte ist vernichtet worden infolge der Art der Besatzung, die wir in Berlin erlebt haben, genau so wie die Pensionen, genau so wie die Unterstützungen für die Kriegsopfer und für die Opfer des Nationalsozialismus.

    (Abg. Frau Kalinke: Genau wie bei uns!)

    — Reden Sie doch nicht immer von „wie bei uns!"; ich bin Hamburgerin, ein bißchen weiß ich auch von dem Unterschied zwischen Westdeutschland und Berlin.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Und nun war es einzig die Sozialversicherung, die sich einsetzte und sich einsetzen mußte. Ich gebe zu, aus diesem Anlaß hat die VAB manche Aufgabe übernommen, die eigentlich nicht Aufgabe einer Versicherungsanstalt war.

    (Abg. Frau Kalinke: Aha!)

    — Jawohl, „aha"! Aber hätte sie sie nicht übernommen, dann wären die Menschen restlos zugrunde gegangen.

    (Lebhafte Zustimmung bei der SPD.)

    Wenn Sie nun auf die Zuschüsse hingewiesen haben und in Ihrem Antrag Nr. 40 aus einem Mißtrauen ohnegleichen eine Kontrolle dieser Zuschüsse verlangen, — verehrte Frau Kollegin Kalinke, gibt es denn im Westen keine Zuschüsse? Wird hier nicht auch in der Sozialversicherung pro Rentner ein jährlicher Zuschuß von 168 Mark gezahlt?

    (Abg. Frau Kalinke: Aber nur in der Rentenversicherung!)

    Und vergessen Sie nicht, daß das allein für die Bi-zone 275 Millionen im Jahr ausmacht! Wieso machen Sie uns dann diesen Vorwurf?

    (Zuruf von der SPD: Sie kann ja selbst nach Berlin gehen!)

    [eh darf Ihnen sagen: seit der Zeit, da ich als Bürgermeister in Berlin tätig bin und zeitweilig, auch gegenwärtig, Vorsitzende der VAB gewesen bin und noch bin,

    (Abg. Frau Kalinke: Aha!)

    — jawohl, „aha!", mit Ihrem „Aha!" machen Sie Ihre Ausführungen nicht wirksamer! —, habe ich alles getan, um das, was in der Versicherungsanstalt auch nach meiner Ansicht nicht richtig war,
    bessern, und ich bin an dieser Arbeit auch heute loch beteiligt.
    Darüber hinaus bin ich auch bereit, hier im Parament, wenn man mir Gelegenheit dazu gibt, an der Umgestaltung der Sozialversicherung mitzuarbeiten. Ich weiß, daß es eine Sozialversicherung


    (Frau Schroeder)

    für eine halbe Stadt von 2 Millionen Einwohnern nicht geben kann, daß niemals der Ausgleich der Risiken geschaffen werden kann. Aber diese Sozialversicherung muß so gestaltet werden, wie es im Interesse der arbeitenden Menschen notwendig ist. Die VAB ist nicht der Weisheit letzter Schluß, denn sie ist in ganz anormalen Zeiten geschaffen worden. Aber, Frau Kollegin Kalinke, die Ersatzkassen sind auch nicht der Weisheit letzter Schluß!

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Wir wollen nicht, daß die Ortskrankenkasse wieder eine Arme-Leute-Krankenkasse wird. Wir wollen, daß der Bessergestellte auch wirklich in kameradschaftlicher Weise mit eintritt für den am stärksten Notleidenden.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Sie haben gemeint, in diesen Stunden horche das 'deutsche Volk besonders hierher nach Bonn, und deshalb sollten alle Politiker ihre Verantwortung gegenüber der Sehnsucht und der Erwartung des deutschen Volkes spüren.
    Meine verehrten Herren und Damen Kollegen! Niemand horcht sehnsuchtsvoller nach Bonn als die Berliner Bevölkerung; aber wenn sie dann aus dem Munde einer Frau hören muß, daß ihre Partei nicht damit einverstanden ist, daß die Mittel der Steuerzahler der Westzonen, die Berlin zur Verfügung gestellt werden, etwa dafür verwendet werden, die zusammengebrochene Versicherungsanstalt zu erhalten, dann glaube ich, daß Sie damit nicht die Sehnsucht der Berliner erfüllen.

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf der Abg. Frau Kalinke. — Unruhe rechts. — Zuruf von der SPD: Sie kriegen wir auch noch ruhig!)

    Zu Ihrem Antrag Nr. 40 will ich Ihnen sagen: der Rechnungshof Westdeutschlands, der Bizone, hat nicht nur die Kasse und die Geschäftslage des Magistrats, er hat auch die Kasse und Geschäftslage der VAB geprüft, und uns sind keinerlei Beanstandungen bekannt geworden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Man hat volles Verständnis für die ungeheuer schwere Lage gehabt, in der wir uns befinden. Wenn nun aber infolge der Standhaftigkeit der Berliner Männer und Frauen und der Hilfe Westdeutschlands und des Auslands die Blockade — worauf ich besonders stolz bin als Pazifistin und als Frau — auf friedliche Weise überwunden worden ist, so ist zwar die Not in Berlin heute anders, als sie war, aber sie ist nicht geringer geworden. Und warum ist sie nicht geringer geworden? Wir alle wissen, daß die Folgen eines Krieges nicht in dem Augenblick überwunden sind, wo die Waffen schweigen; und so sind auch die Folgen der Blockade nicht in dem Augenblick überwunden, wo die Tore wenigstens teilweise wieder geöffnet worden sind. Dazu kommt, daß wir in unserer Etatgestaltung nicht frei sind, daß nach Beendigung der Blockade die bisher gewährte Unterstützung von 400 Millionen Mark wieder gestrichen wurde und daß alle die Schwierigkeiten hinzukamen, die durch die Blockade geschaffen worden waren. Wir haben für die Luftbrücke weit mehr als 100 Millionen Mark zahlen müssen, ganz ungerechnet die sogenannten mittelbaren Luftbrücken-kosten für den Bau der Flugplätze hier im Westen Deutschlands. Wir haben in der Blockadezeit, weil wir einfach unserer Bevölkerung nicht zumuten konnten, ihre Trockenernährung noch verteuert zu bezahlen, die Lebensmittel subventionieren müssen.
    Wir haben jetzt Hilfsmaßnahmen zur Linderung der Not der Währungsgeschädigten beschließen und veranlassen müssen. Denn unsere Lohn-Ausgleichskasse, die uns die Alliierten gestattet haben, kann bei weitem nicht das erfüllen, was das Wort sagt, nämlich einen Ausgleich vorzunehmen. Wir konnten nicht einfach die alten Menschen und die Kinder aus dem Osten, die ihre Unterstützung in wertloser Ostmark erhielten, ohne Hilfe lassen; wir mußten wenigstens zum Teil diese Beträge umwechseln, genau so wie die Löhne derjenigen, die im Osten arbeiten und im Westen das Sechsfache an Miete und für sonstige Notwendigkeiten zahlen müssen. Wir mußten, um unsere Wirtschaft überhaupt in Gang zu bringen, eine Blockadehilfe in Höhe von 20 Millionen Mark gewähren. Dazu kommen die Ausgaben für die produktive Erwerbslosenfürsorge, die während der Blockadezeit wenigstens dazu half, den erwerbslosen Menschen Arbeit und unseren Straßen wieder ein einigermaßen aufgeräumtes Aussehen zu geben. Nun aber fehlt uns dieses Geld. Wir haben in Berlin rund 300 000 Arbeitslose und Kurzarbeiter. Das bedeutet, daß ein Drittel bis ein Viertel aller Westberliner Familien unter der Erwerbslosigkeit ihres Ernährers zu leiden haben.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Was ist die Ursache? Es ist ja schon davon gesprochen worden, daß Betriebe aus Berlin, weil sich der Betriebsinhaber in Berlin nicht sicher glaubte, nach dem Westen verlagert worden sind. Es kommt hinzu das verhängnisvolle Dumping durch die wertlose Ostmark; es kommt hinzu der Geldmangel, der uns die Möglichkeit nimmt, die sozialen Ausgaben zu machen, die unbedingt für unsere Jugend, für unsere Alten notwendig wären. Es kommt hinzu, daß uns durch die Spaltung Berlins unsere Heime für Kinder, für Jugendliche allein in der Zahl von 66 Heimen, die im Ostsektor lagen, gesperrt worden sind und daß wir bei der auch seelischen und moralischen Not unserer Jugend nicht einfach diese Jugend zugrunde gehen lassen konnten, sondern neue Heime für sie schaffen mußten. Und dasselbe gilt für unsere Alten.
    Dazu kommt — worunter Sie hier im Westen zwar zahlenmäßig mehr leiden, wir aber vielleicht inhaltsmäßig noch stärker — die Not der Flüchtlinge, die aus der uns umgebenden Ostzone nach Berlin hineinströmen, politische Flüchtlinge, wirtschaf tliche 'Flüchtlinge, die wir nicht nach dem Westen geben können, weil Sie nicht aufnahmefähig sind, die wir aber auch nicht nach dem Osten zurückgeben können. Das alles hat ungeheuer große Schwierigkeiten gemacht, Schwierigkeiten, die nur dadurch behoben werden können, daß Berlin Arbeit hat. Wir wollen ja gar keine Unterstützungen. Wir wären die glücklichsten Menschen von der Welt, wenn wir nicht mehr um Unterstützungen nach dem Westen zu gehen brauchten. Aber was wir brauchen, sind Rohstoffe, sind Maschinen, sind Kredite, um unsere Wirtschaft in Gang zu bringen. Seien Sie mir nicht böse: das ist ein Kapitel des Wirtschaftsegoismus Westdeutschlands.

    (Sehr richtig! links.)

    Der Westen will Arbeit haben — das verstehen wir voll und ganz —, und er gibt nach Berlin die Fertigfabrikate. Er gibt aber auch manchmal Dinge her, die Berlin recht gut entbehren könnte, die aber im Westen auch nicht mehr gebraucht werden. Aber wir brauchen statt dessen die Rohmaterialien, die Maschinen und die Investierungen unserer Wirtschaft. Nur wenn wir das haben, können wir


    (Frau Schroeder)

    Berlin helfen. Das ist der Sinn unseres Antrags. Und wenn Sie mir jetzt sagen: die Berliner Bevölkerung muß sich selber helfen trotz ihrer ungeheuerlichen Notlage, so darf ich Ihnen sagen und muß ich Ihnen sagen, daß zu mir als Bürgermeister täglich die Menschen kommen, die buchstäblich nicht mehr weiter können, die tatsächlich vor der Frage stehen, ob sie den Gashahn öffnen sollen. Das sind alle jene, die als Währungsgeschädigte — wie sie sich selber, allerdings in unrichtiger Weise, nennen —, als Währungsvergessene nicht unter den Geldumtausch fallen und die im Westen Berlins wohnen. Ich muß Ihnen sagen, daß trotz der ungeheuren Notlage die Berliner Bevölkerung Opfer auf sich genommen hat, ein Währungsnotopfer in Gestalt des Abzugs vom Lohn und des Abzugs vom Einkommen, ein Währungsnotopfer auch aller derjenigen, die nur ein ganz geringfügiges Einkommen haben. Denn sie sieht es ein, daß sie nicht das Recht hat, die Selbständigen, auch die freien Berufe, ebenso wie die Arbeiter und Angestellten und den großen, den übermäßig großen Prozentsatz von nicht mehr oder noch nicht Arbeitsfähigen zugrunde gehen zu lassen. Die Berliner Bevölkerung hat eine Baunotabgabe auf sich genommen, damit die Menschen, die nicht mehr bei der Enttrümmerung beschäftigt werden können, wenigstens bei der Wiederherstellung von Wohnungen Beschäftigung erhalten. Und als Frau muß ich sagen: hier haben wir geradezu eine Ehrenpflicht, eine Ehrenpflicht gegenüber den Frauen, die noch im weißen Haar zum Zwecke der Enttrümmerung auf der Straße gestanden haben, und die nun plötzlich arbeitslos werden, weil wir sie nicht mehr bezahlen können.
    Die Berliner Bevölkerung nimmt es hin, daß die Lebensmittelpreise durch Fortfall der Subventionen erhöht werden, daß die Preise für Strom und Gas heraufgesetzt werden. Niemand kann also etwa sagen, daß die Berliner Bevölkerung auf Kosten des Westens leben will. Nein, ich wiederhole noch einmal: Wir wollen arbeiten!, Will wollen nicht Bittende sein, wir wollen arbeiten! Wir bitten Sie nur: Schalten Sie uns ein in Ihre Wirtschaft, damit wir die Möglichkeit zu dieser Arbeit haben.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Dazu gehört auch, daß Aufträge nach Berlin gegeben werden, Aufträge von seiten der westdeutschen Wirtschaft, Aufträge von seiten der Bundesinstanzen. In dem Antrag Nr. 22 fordert die Fraktion der Bayernpartei die Erteilung von Aufträgen an alle Länder. Jawohl! Aber einschließlich Berlins!

    (Beifall bei der SPD.)

    Und noch eines: Es ist unmöglich, daß ein Interzonenhandel und ein Interzonenverkehr über den Kopf Berlins hinweg zwischen dem Westen und dem Osten erfolgt. Nein, Berlin ist der Mittelpunkt, ich glaube, meine Damen und Herren, auch für Sie der Mittelpunkt Deutschlands, und an diesen Interzonenverhandlungen — betreffen sie die Wirtschaft, betreffen sie den Verkehr — muß in erster Linie Berlin beteiligt werden.
    Nun als letztes: die Überführung von Bundesinstanzen nach Berlin. Ich brauche Ihnen ja nicht zu sagen, daß Berlin, die Hauptstadt Deutschlands, die es durch lange Zeit hindurch war, immer zur Hälfte nicht von der Produktion, sondern von den Dienstleistungen gelebt hat. Berlin muß auch heute wieder solche Dienstleistungen verrichten. Alle Möglichkeiten, die da geschaffen werden müssen, können geschaffen werden. Ich bedauere, daß das Patentamt nach München verlegt worden ist.

    (Zuruf von der BP: Das glaube ich! — Zuruf rechts: Nach Moskau. verlegen! — PfuiRufe links.)

    In Berlin sind alle Vorbereitungen getroffen, das Patentamt wieder in Berlin voll zur Arbeit zu bringen. Warum ist es nicht möglich, das Aufsichtsamt für Privatversicherung, das Bundesversicherungsamt, die Sozialversicherungsträger des Bundes und vieles andere nach Berlin zu legen? Damit helfen Sie Berlin; Sie helfen ihm ideell, indem der Glaube Berlins an seine deutsche Heimat gestärkt wird, Sie helfen ihm aber auch materiell, indem Sie den Menschen Arbeit geben. Dasselbe gilt für die Elektroindustrie, für unsere Konfektionsindustrie, und dasselbe gilt, wie ich schon sagte, für die Aufträge der Eisenbahn, der Post und für viele andere.
    Ich richte deshalb an Sie alle die Bitte: Lassen Sie uns gemeinsam den in der Privatwirtschaft vorhandenen Wirtschaftsegoismus überwinden! In diesen Tagen ist hier so viel von Zwangswirtschaft, von Planwirtschaft und- von allen möglichen ähnlichen Dingen gesprochen worden. Ja, was eine nichtplanmäßige Wirtschaft bedeutet, das erleben wir in Berlin.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Wir wollen keine Zwangswirtschaft, aber wir wollen und müssen wollen, um leben und existieren zu können, daß unsere Wirtschaft in den Plan eingegliedert wird, der uns und damit ganz Deutschland da Leben ermöglicht.
    Wenn wir in diesen Tagen gehört haben, daß die Zuschüsse aus dem ERP-Fonds nur in ganz geringem Maße nach Berlin kommen sollen, so darf ich Ihnen sagen, daß wir uns damit in gar keiner Weise einverstanden erklären können. Ich möchte zu den Begründungen, die ich mir zu geben erlaubt habe, noch eine hinzufügen. Während Sie hier Material hatten, waren wir in Berlin abgeschlossen von jeder Materialzufuhr. Während Sie hier im Westen eine Besatzungsmacht hatten, die Ihnen die Bautätigkeit erlaubte, war unsere Bautätigkeit auf Befehlsbauten und auf Bauten der Besatzungsmacht beschränkt. Wir waren nicht in der Lage, Wohnungen für unsere Bevölkerung herzustellen. All dem muß entgegengewirkt werden. Ich weiß — und ich werde ja jetzt als Vertreterin Berlins an den Beratungen teilnehmen und gerne daran teilnehmen —, der Bund und die Bundesinstanzen haben ihre großen Sorgen. In diesen Tagen haben wir durch die Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers von den durch die Geldabwertung entstandenen und in Zukunft noch entstehenden Schwierigkeiten gehört. Aber der Herr Bundeskanzler hat gestern einen Fernspruch von Berlin erhalten, der von der Stadtverordnetenversammlung und dem Magistrat einhellig an ihn ergangen ist, durch den er gebeten wird, bei dieser ganzen Frage die besonderen Verhältnisse Berlins an der Grenze zweier Währungen nicht zu vergessen. Auch diese Bitte möchte ich an Sie und an die Herren der Bundesregierung richten.
    Zum Schluß möchte ich Ihnen eines sagen: Berlin ist heute in einer ungeheuer großen wirtschaftlichen und sozialen Gefahr. Wenn man Berlin helfen will, dann gilt es, schnell zu helfen. Am 14. August habe ich dem Hohen Kommissar McCloy zugerufen: Geben Sie schnell, dann geben Sie doppelt! Das möchte ich auch hier tun. Lassen Sie Berlin nicht, zugrunde gehen, es würde sich für ganz Deutschland rächen.


    (Frau Schroeder)

    Denn wir stehen heute nicht nur in einer wirtschaftlichn, sozialen und kulturellen Gefahr, wir stehen in einer ganz großen politischen Gefahr. Wie der Kampf gegen die Blockade Berlins nicht nur für Berlin, sondern für ganz Deutschland ausgetragen worden ist, so ist auch die Gefahr, in der sich Berlin heute befindet, eine Gefahr für ganz Deutschland. Wir haben hier mit Recht von dem Einheitsstaat Deutschland gesprochen. Dieses Wort wird von den verschiedenen Seiten benutzt, aber verschieden aufgefaßt. Für uns ist der Einheitsstaat Deutschland der demokratische Staat. Um ihn mit Ihnen zu schaffen, sind wir zu Ihnen nach Bonn gekommen. Lassen Sie uns daran zusammenarbeiten, dann retten Sie Berlin und retten Sie Deutschland.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD, in der Mitte und rechts.)