Meine Damen und Herren! Ich hatte mich heute vormittag schon zum Wort gemeldet, um bei der Bedeutung. die dieser Gegenstand für das gesamte deutsche Volk hat, vor Schluß der Debatte auch die Meinung der Bundesregierung Ihnen und der Öffentlichkeit mitzuteilen.
Der Verlauf der Demontagefrage ist für uns alle eine große Enttäuschung. Wir hatten gehofft, daß das Zusammensein der drei Außenminister in den Vereinigten Staaten einen Anlaß und eine Möglichkeit gegeben hätte, die bisherige Demontagepolitik einer Nachprüfung zu unterziehen. Ich weiß zur Stunde nicht, ob Verhandlungen zum Abschluß gekommen sind oder nicht. Die Pressenachrichten, die wir erhalten haben, lauten ungünstig; aber sie brauchen ja nicht hundertprozentig zuverlässig zu sein.
Den Ausführungen, die einige meiner Herren Vorredner zur Demontagefrage gemacht haben, habe ich kaum etwas hinzuzufügen. Ich möchte nur nachdrücklichst auch gegenüber den Westalliierten auf die 'psychologische Bedeutung gerade dieser Demontagefrage hinweisen. Es ist mir bekannt, daß es bei den Westalliierten vielfach so angesehen wird, als ob wir Deutsche, wenn wir immer wieder mit der Demontagefrage kommen, damit eine Art Propaganda treiben wollten, und demgegenüber wird auf der andern Seite das Gefühl und das Empfinden wach, aus Prestigegründen könne man dem deutschen Verlangen nicht nachgeben. Es ist mit Recht hervorgehoben worden — und ich unterstreiche das —: es ist bei uns Dutschen weder Rechthaberei noch ein Bestreben, Propaganda zu betreiben; es sind wirtschaftliche Gründe, die uns veranlassen, und es sind darüber hinaus psychologische Gründe von allergrößter Bedeutun g. Wenn man das deutsche Volk in das europäische Leben und auch in das europäische Wirtschaftsleben eingliedern will, so wird das nur dann Erfolg haben, wenn das deutsche Volk wenigstens in seiner Mehrheit die Überzeugung bekommt. daß dieser Wille der drei Westmächte wirklich vorhanden ist.
Ich glaube, man kann aber sagen, daß gerade diese unberechtigte Zerstörung größter deutscher Werte in weiten Kreisen der deutschen Bevölkerung Zweifel daran hervorruft, ob es den Stimmen im Auslande, die uns erklären, daß sie uns in die europäische Gemeinschaft zurückführen wollen, wirklich ernst ist.
Diejenigen von Ihnen, meine Damen und Herren, die Versailles miterlebt haben, werden mir bestätigen, daß in der Folgezeit gerade der Versailler Vertrag, über dessen Erfüllungsmöglichkeiten man sich schon bei der Unterzeichnung keinem Zweifel hingegeben hatte, die beste Propaganda für einen zügellosen Nationalismus gewesen ist.
Ich glaube, man müßte verhüten, daß die Durchführung der Demontage in späteren Jahren wiederum zu einer solchen Parole wird, wie es die Unterzeichnung des Versailler Vertrags geworden ist.
Darum möchte ich auch von der Tribüne dieses Hohen Hauses herab an die drei Westalliierten die dringende Bitte richten, die Demontagefrage vornehmlich unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten, ihre Erledigung nicht auf die lange Bank zu schieben, sondern dieses Problem beherzt in die Hand zu nehmen. Ich meine, es müßte bei gutem Willen möglich sein, auch hier eine Lösung zu finden, die dem Reparationsverlangen der drei Westalliierten gerecht wird,) ohne bei uns dieses bittere Gefühl hervorzurufen, das ich eben geschildert habe.