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ID0100901500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 9. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 28. September 1940 157 9. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 28. September 1949. Geschäftliche Mitteilungen 157E, 173D Erklärung der Bundesregierung zur Auswirkung der Pfundabwertung: Dr. Adenauer, Bundeskanzler 157C, 168B Unterbrechung der Sitzung . . . 158B Dr. Schumacher (SPD) 158C Dr. Bucerius (CDU) 159A Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . . . 159C Dr. von Merkatz (DP) 160D Dr. Seelos (BP) . . . . . . . . 161C Rische (KPD) 162B Loritz (WAV) 164B Dr. Reismann (Z) 166A von Thadden (NR) 167C Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung 168D Agatz (KPD) 169A Dr. Reismann (Z) 172B Nächste Sitzung 173D Die Sitzung wird um 14 Uhr 46 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Gebhard Seelos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Bayernpartei möchte ich zu der Angelegenheit folgendes erklären. Wir bedauern es, daß schon acht Tage nach Inkrafttreten des Besatzungsstatuts dieses Statut durch die Alliierte Kommission eine Auslegung erfahren hat, der wir nicht folgen können. In Ziffer 2. Buchstabe g ist nur von der Überwachung des Außenhandels und des Devisenverkehrs die Rede, im Englischen control. Also mehr eine beobachtende und nachträgliche Maßnahme; keineswegs aber Maßnahmen, die bereits eine detaillierte Anordnung vorwegnehmen. Wir haben doch in den letzten Jahren von seiten der Militärregierungen, wenn sie freundlich waren, oft ihre Befehle in der Form von Wünschen entgegengenommen. Man hat gewünscht, aber wir wußten: es war ein Befehl, wir haben es zu tun. Denn nach den Waffenstillstandsbedingungen hatten wir keine andere Möglichkeit. Dieser Zustand sollte mit dem Erlaß des Besatzungsstatuts endgültig beseitigt werden. Wir sollten wieder im Verkehr mit den Besatzungsmächten eine Rechtsbasis haben. Nach unserer Auffassung ist diese Rechtsbasis von der Alliierten Kommission verlassen worden.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Nicht nur das: sondern auch den nächsten Buchstaben h bitte ich zu beachten, wo es heißt: „die Überwachung innerer Maßnahmen nur in dem Mindestumfang, der erforderlich ist, um die Verwendung von Geldmitteln, Lebensmitteln und sonstigen Bedarfsgütern in der Weise sicherzustellen, daß Deutschlands Bedarf an äußerer Unterstützung auf ein Mindestmaß herabgesetzt wird." Es widerspricht dieser eigenen Anordnung der Alliierten.
    Es ist, kurz gesagt, ein Befehl, dem wir nachkommen sollen, nicht die Anwendung des Rechts. Es ist besonders bedauerlich, daß in den ersten Tagen der Existenz der Bundesregierung solch eine Maßnahme getroffen wird. Was will man denn von seiten der Alliierten? Dieser Bundesregierung vom ersten Tage an Schwierigkeiten machen? Will man denn dieser Bundesregierung, die die unerhört wichtigen Maßnahmen des Wiederaufbaus, des Wohnungsbaus, der Eingliederung der Flüchtlinge zu regeln hat, vom ersten Tage an jede Autorität nehmen? Wir müssen uns dagegen verwahren, daß wir, die wir um unsere Existenz ringen, schon in den ersten Tagen mit solchen Schwierigkeiten zu rechnen haben. Als ob dieses Westdeutschland jetzt nicht auf seine eigenen Füße gestellt worden wäre und als ob wir nicht ein Besatzungsstatut hätten!

    (Zustimmung.)

    Weitere sachliche Ausführungen im einzelnen möchte ich nicht machen; sie sind schon von meinen Vorrednern weitgehend gemacht worden. Ich glaube auch nicht, daß es letztlich so entscheidend ist, ob der D-Mark-Kurs auf 22 oder 23 Cents festgelegt wird. Viel entscheidender ist, ob der deutsche Arbeiter und jeder andere deutsche Ver-


    (Dr. Seelos)

    braucher für das Pfund Brot 5 oder 10 Pfennig mehr oder weniger zu zahlen hat.

    (Sehr gut! rechts.)

    Ich glaube deshalb, daß gerade diese internen Maßnahmen nicht von seiten der Alliierten geregelt werden sollten.
    Der Erlaß der Militärregierung enthält auch verschiedene Widersprüche. Es heißt zum Beispiel in Artikel 2, daß diese Maßnahmen bis zum 1. Januar 1950 durchzuführen sind. Man nimmt also auf alliierter Seite an, daß diese Maßnahmen ein gewisses Zeitmaß der Anpassung benötigen. Andererseits steht nun aber in Artikel 3, und zwar in befehlsmäßigen Worten: diese Maßnahmen sind binnen 7 Tagen zu treffen. Wenn man nun aber binnen 7 Tagen so Hals über Kopf Maßnahmen treffen soll — obwohl in Artikel 2 steht, daß man eigentlich doch einige Monate braucht —, so ist das eine starke Präjudizierung dieser Maßnahmen nach Artikel 2, wenn man andererseits in Artikel 3 schon Sofortmaßnahmen verlangt.
    Ferner bin ich der Auffassung: wenn man auf deutscher Seite die Abschaffung des Dumping verlangt — eine Forderung, der wir grundsätzlich ohne weiteres zustimmen können —, so sollte das nur unter der Voraussetzung geschehen, daß auch die anderen Staaten ihre Dumping-Maßnahmen abschaffen und nicht etwa ihren Export subventionieren wollen durch indirekte deutsche Subventionen, die sie bei uns verbieten.

    (Sehr richtig!)

    Ich glaube mit meinem Vorredner, daß es geradezu eine Unterminierung der Idee des Marshallplans ist, wenn man jetzt mit diesen Befehlsbestimmungen wieder künstliche Wirtschaftsbeziehungen unter den europäischen Völkern erzwingt, über die wir doch endlich zu einer natürlichen Verbindung der Wirtschaften kommen sollten.
    Ich bitte deshalb im Namen meiner Fraktion, daß die Bundesregierung der Hohen Kommission das Bedauern über diese Anwendung der Bestimmungen des Besatzungsstatuts ausspricht, die schwere Folgen für die deutsche Wirtschaft haben können und besonders für den psychologischen Aufbau unseres Volkes einen schweren Rückschlag bedeuten.

    (Bravo! rechts und in der Mitte.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rische.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Rische


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Seit einigen Tagen wird in diesem Hohen Hause über die Regierungserklärung des Kabinetts Adenauer gesprochen. Die wahre Regierungserklärung ist jedoch der Beschluß der Alliierten Hohen Kommission bezüglich der Festsetzung eines neuen D-Mark-Kurses. Der Ton dieser Erklärung ist wie Sturmläuten! Mir der Erklärung zur D-MarkAbwertung hat der Herr Bundeskanzler nun selbst zugegeben, wer in Westdeutschland regiert. Konnte uns deutlicher bewiesen werden, wie abhängig die westdeutsche Separat-Regierung vom Willen der Hohen Kommissare ist? Der Herr Bundeskanzler sagte zwar in seiner Regierungserklärung, die Hohen Kommissare würden ohne vorherige Rücksprache mit der westdeutschen Regierung nichts tun.

    (Zuruf rechts: Das hat er so nicht gesagt!)

    — Er hat es gesagt. Er hat in diesem Zusammenhang allerdings nicht vom Besatzungsstatut und
    nicht vom Ruhrstatut gesprochen. Es wäre sicherlich notwendiger gewesen, dem Hohen Hause und unserem Volke in diesem Zusammenhang einmal klar und deutlich zu sagen, nach welchen Methoden

    (Zuruf rechts: Rußland!)

    und nach welchen Paragraphen in Westdeutschland regiert wird. Nun kennen wir die Methoden des Regierens in Westdeutschland, und zwar aus dem Munde des Herrn Bundeskanzlers selbst. Sie sprachen hier, meine Herren Vorredner, von der Brüchigkeit, ja vom Zusammenbruch der großen amerikanischen Konzeption; Sie sprachen von einer „Unterminierung des Marshallplans". Meine Damen und Herren, Sie sprechen in der Regel nur von den Äußerlichkeiten und von den Auswirkungen, aber Sie haben noch nicht von der eigentlichen Ursache der Abwertung und der Lage in Westdeutschland gesprochen. Die eigentliche Ursache dieser Lage ist gerade der Marshallplan. Die Abwertung in den kapitalistischen Ländern zeigt mit aller Deutlichkeit die Krise des kapitalistischen Systems und insbesondere die Krise des Marshallplans.

    (Zuruf rechts: Nein, die sozialistische Krise!)

    Sie zeigt den großen Rutsch in der Welt des Kapitalismus.

    (Zuruf rechts.)

    Der Herr Bundeskanzler hat zwar versucht, alle Schuld den Hohen Kommissaren zuzuschieben. Ich wage jedoch an dem Wert der heutigen Erklärung des Herrn Bundeskanzlers zu zweifeln, die Regierung werde der Anordnung der Hohen Kommissare nicht zustimmen. Hat der Herr Bundeskanzler immer noch nicht die Bedeutung des Besatzungsstatuts und des Ruhrstatuts erkannt? Man möchte fast glauben, hier wird mit deutschen Interessen gespielt. Nach dem Besatzungsstatut erzwingt sich jeweils diejenige Macht eine Entscheidung, die wirtschaftlich 'am stärksten interessiert ist oder, wie es heißt, die am meisten Hilfe leistet. Hier konnte man so anklingen hören, als ob es bei diesem Beschluß zu irgendwelchen Meinungsverschiedenheiten unter den Herren Kommissaren gekommen sei. Dann möchte ich die Frage stellen: Warum hat Herr McCloy nicht anders entschieden? Warum hat er seine Unterschrift gegeben? Eben wegen der großen amerikanischen Konzeption!

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Nun zeigt sich, wie recht wir Kommunisten hatten, als wir unser Volk vor dem Marshallplan warnten, warnten vor seinen zwangsläufigen Folgen. Dieser Marshallplan bedeutet für unser Volk und für alle daran beteiligten Länder Unfreiheit und Wirtschaftsdiktat, bedeutet gegen unser Volk, gegen unsere Wirtschaft die Anwendung einer Waffe der amerikanischen Wirtschafts- und Außenpolitik.

    (Abg. Dr. Würmeling: Sie haben lieber KZs!)

    — Marshallplan, westdeutscher Staat, D-MarkRutsch, das ist der Weg der Verzweiflung und der Weg des Niedergangs für unser Volk.

    (Zuruf rechts: Auf nach Moskau!)

    Keine wirtschaftliche Freizügigkeit, keine wirtschaftliche Freiheit, sondern Abhängigkeit und Knechtschaft bedeutet der Marshallplan, wie die heutige Debatte in aller Deutlichkeit beweist.

    (Unruhe. — Zuruf von der CDU: Davon leben Sie ja!)



    (Rische)

    Unter Ziffer 2 des Beschlusses der Hohen Kommission wird das Wort vom Dumping ausgesprochen. Es heißt dort:
    Die Hohe Kommission stellt fest, daß jegliche etwa existierenden diskriminatorischen Maßnahmen und jegliches Dumping aufzuhören haben und Maßnahmen getroffen werden müssen im Hinblick auf die Beseitigung irgendwelcher direkter oder indirekter Subsidien, die zur Unterstützung derartiger diskriminatorischer Maßnahmen und zu Dumpingzwekken gewährt werden.
    Mit der Erklärung, so kann man in diesem Zusammenhang wohl sagen, werden die deutschen Interessen mißachtet. Warum sprechen mit einem Male die Herren Hohen Kommissare so offen mit uns? Bisher war Deutschland der Kohlenlieferant für alle westeuropäischen Staaten. Wir lieferten nicht freiwillig; uns wurde der Zwangsexport diktiert. Wir haben die Kohle zu Zeiten exportiert, als es in der deutschen Wirtschaft an allen Ecken und Kanten fehlte, als wir verhindert waren, unseren eigenen Aufbau zügig zu forcieren. Die anderen Länder konnten während dieser Zeit mit der vom deutschen Bergmann im Ruhrgebiet geförderten
    Kohle ihre Wirtschaft aufbauen, und zu gleicher Zeit unterbanden damit diese am Marshallplan teilnehmenden Länder den Aufbau der deutschen Friedenswirtschaft. Und nun reden uns diese marshallisierten Regierungen vom Dumping. Nun sprechen ausgerechnet die Regierungen dieser Länder von diskriminierenden Maßnahmen, die wir etwa ergreifen könnten. Wer von diskriminierenden Maßnahmen zu sprechen hat, das dürfte doch wohl im Zusammenhang mit diesem Beschluß der Hohen Kommission ganz klar sein. Mit der Festlegung des Abwertungssatzes und den Bestimmungen der Hohen Kommission sind diskriminierende Maßnahmen gegen die deutsche Wirtschaft beschlossen worden.
    Meine Damen und Herren, es wird sicherlich nicht mehr lange dauern, dann wird in Auswirkung der Abwertung englische Kohle mit deutscher Kohle in Konkurrenz stehen, und zwar in Deutschland.

    (Zustimmung bei der KPD.)

    Ich erinnere nur an die Lage im Jahre 1926.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Im Jahre 1926 konnten die deutschen Unternehmer in Ruhrort, in Duisburg englische Kohle billiger kaufen als deutsche Kohle. Erinnern Sie sich an die Folgen dieser Dumpingpolitik: Massenarheitslosigkeit, Betriebsstillegungen usw.
    Darf ich auch noch an eine andere gegenwärtige Tatsache erinnern, an die Übersättigung des europäischen Kohlenmarktes. In Belgien lagern zur Stunde 3 Millionen Tonnen Kohle auf den Halden. Die Franzosen sperren schon die Einfuhr bestimmter Sorten von Ruhrkohle. Ich erinnere weiter an die unermüdlichen Bemühungen Englands, endlich in Westeuropa Kohlenabsatz zu finden, und dann spricht man vom Kohlendumping.
    Die Hohen Kommissare fordern binnen 7 Tagen eine Erhöhung des Kohlenpreises um 25 Prozent. Das ist ein Befehl! Wir kennen die Folgen. Die Folgen sind, daß nun wie nach der Währungsreform und wahrscheinlich noch schlimmer eine gewaltige Preislawine einsetzt, die alles das, was deutscher Fleiß und was die Arbeiter seit 1945 aufbauten — natürlich nicht, indem sie davon Profite erzielten, sondern indem sie opferten —, hinwegfegen wird. Die Folgen dürften somit jedem
    bekannt sein: Not und Verzweiflung werden von nun ab Westdeutschland regieren. Und die Auswirkungen? Ich warne, ich warne die Regierung sehr eindringlich. Die Arbeiterschaft in Westdeutschland hat sich lange Zeit geduldig genug erwiesen. Sie ist in diesen Tagen hellhörig geworden. Die Arbeiterschaft in Westdeutschland, die kommunistischen, sozialdemokratischen und die christlichen Gewerkschaftler, sie alle werden sich gegen die Maßnahmen der Hohen Kommission und der Regierung Adenauers geschlossen zur Wehr setzen.

    (Zurufe von der CDU: Aber nicht unter Ihrer Führung! Bleiben Sie nur unter sich!)

    Sie werden sehen, was diese Maßnahmen für Folgen haben werden. Die Arbeiter werden lernen, daß man sich auch gegen derartige Befehle zur Wehr setzen kann.
    Herr Bundeskanzler, Sie gaben uns eine Regierungserklärung, wonach Preiserhöhungen in Zusammenhang mit der Abwertung nicht erfolgen
    sollen. Stehen Sie noch zu dieser Erklärung, Herr
    Bundeskanzler? Herr Bundeskanzler, Sie sprachen
    von einer „blühenden Wirtschaft". Stehen Sie
    noch zu Ihrem Wort, Herr Bundeskanzler? Tatsachen und Befehle sind jedenfalls stärker als alle Worte und Erklärungen westdeutscher Politiker. Das hat die Geschichte der letzten Jahre bewiesen.

    (Beifall bei der KPD. — Zuruf von der CDU.) Die englische Regierung sprach bereits von Preiserhöhungen. Nun, Herr Bundeskanzler, haben Sie das Wort. Legen Sie nun Ihre Karten ebenfalls offen auf den Tisch, Herr Bundeskanzler!

    Wir sind überzeugt: was wir jetzt erleben, ist erst der Anfang. Es wird noch lustiger zugehen (Zuruf von der FDP: Das freut euch!)

    im Reich der Hohen Kommissare und der ausländischen Monopolisten, die nun den „heißen" Krieg gegen die deutsche Wirtschaft eröffnet haben.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Uns war es jedenfalls immer klar: westdeutscher Staat — das konnte keinen wirtschaftlichen Aufstieg bedeuten. Das war für uns niemals eine Garantie dafür, daß es nun mit unserem Volke wirtschaftlich aufwärts gehen werde.
    Wir haben einige Forderungen an die Regierung zu stellen. Die erste Forderung ist: im Zusammenhang mit dem Beschluß der Alliierten Hohen Kommission dürfen unter keinen Umständen Preiserhöhungen folgen, nicht im Kohlensektor, nicht im Lebensmittelsektor, noch sonst irgendwo. Wir warnen vor solchen Preiserhöhungen; denn sie würden das ganze wirtschaftliche Gefüge mit einem Mal auseinanderreißen. Sie wissen, was das ganz zwangsläufig bedeuten würde.
    Wir fordern nun unser Volk auf, einig und geschlossen zu stehen und von den uns umgehenden Mächten die Freiheit des Handelns, die Freiheit des Exports und Imports zu fordern.

    (Zuruf von der CDU: Genau wie im Osten! — Abg. Renner: Auch mit dem Osten!)

    Wir fordern von der Hohen Kommission die Freiheit, Lebensmittel dort einzukaufen, wo sie uns am billigsten angeboten werden und wo man bereit ist, uns Rohstoffe und Lebensmittel zu liefern, wenn wir dafür deutsche Fertigerzeugnisse liefern.

    (Abg. Dr. Seelos: Wie in Rußland!)



    (Rische)

    Wir fordern daher aus der Erkenntnis, daß es durch den Marshallplan mit der deutschen Wirtschaft nur bergab gehen kann, die Freiheit der deutschen Entscheidung in allen Fragen der Wirtschaft und die Forcierung des Ost-WestHandels.

    (Abg. Renner: Sehr gut!)

    Alle Tatsachen beweisen, daß die anderen Völker aus ihrer wirtschaftlichen Lage längst eine Schlußfolgerung gezogen haben. Sie verlassen sich nicht mehr allein auf die immer enger werdenden Märkte der kapitalistischen Weltwirtschaft, sondern sie bemühen sich darum — ich möchte beinahe sagen, wie nüchterne Realisten oder, wenn Sie wollen, wie Opportunisten —, mit ihren östlichen Nachbarn Handelsverträge abzuschließen. Sie sind uns dabei, meine Herren von der Industrie, mehr als nur eine Nasenlänge voraus.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Sie scheuen sich nicht, mit den Russen, mit den Polen und mit den Tschechoslowaken Handelsverträge abzuschließen. Sie sind sogar bereit, nach Moskau zu gehen und in Moskau zu verhandeln, weil sie wissen, Ost-West-Handel bedeutet unter den gegenwärtigen krisenhaften Erscheinungen der Weltwirtschaft so eine Art Rettungsanker. Es wird höchste Zeit, daß unsere Regierung sich entschließt, Maßnahmen zum Abschluß eines Ost-WestHandelsvertrages zu ergreifen. Noch immer nicht hat man es in Frankfurt fertiggebracht, den Vertrag zwischen der sowjetischen Besatzungszone und den Westzonen über den Austausch von Waren und Gütern unter Dach und Fach zu bringen. Immer noch fehlen die Unterschriften.

    (Zurufe von der FDP: Warum? — Zuruf rechts: Zur Sache!)

    Wir fordern darum eine unabhängige deutsche Wirtschaft, die einen gleichberechtigten Anteil am Welthandel hat. Wir sind jedoch illusionslos.

    (Lachen in der Mitte und rechts.)

    Wir wissen, daß die Regierung Adenauer auf Gedeih und Verderb mit der amerikanischen Konzeption verbunden ist; und sie wird mit der amerikanischen Konzeption untergehen.

    (Beifall bei der KPD.)