Rede von
Dr.
Franz
Ott
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(Plos)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (Plos)
Meine Damen und Herren! Viel Bejahung, viel Verneinung und viel Ergänzung hat die Regierungserklärung unseres Herrn Bundeskanzlers erfahren. Ich will nur ganz kurz zwei Punkte herausgreifen.
Der Bundeskanzler hat gesagt, er werde die Radikalisten von links bis rechts mit allen zu Gebote stehenden Mitteln bekämpfen. Ich stimme damit überein, wenn er meint, daß er all die Zustände, die zu Radikalismus führen, wirklich mit allen zu Gebote stehenden Mitteln bekämpfen wird. Die armen Volksmassen, die vor überfüllten Schaufenstern stehen und sich auch heute noch nicht das zum Leben Notwendige kaufen können,- das ist ein Zustand, der unter allen Umständen zum Radikalismus führen muß. Wenn er diese Zustände bekämpfen wird, dann wird er wirklich die Zustimmung all der Wähler haben, die mich gewählt haben. Wenn er aber diejenigen Personen meint, die sich der armen Volksmassen in diesem tieftraurigen Zustand annehmen, dann allerdings, Herr Bundeskanzler, garantiere ich dafür, daß wir mit um so größerer Hartnäckigkeit unseren Kampf für die Belange der Armsten unseres Volkes fortsetzen werden.
Ein zweiter Punkt: Nationalismus. Wer gibt denn eigentlich dem Ausland die Voraussetzungen, daß wir deutschen Menschen dauernd als „Nationalisten" verschimpft werden? Nach meiner Auffassung sind wir es selbst; wir beschmutzen uns dauernd, und wenn die Idealisten kommen und sich gegen Selbstbeschmutzung wehren, dann sind das die „Nationalisten". Ja, meine Damen und Herren, so , ist es wirklich. Wenn man Geschichte studiert und wenn man vor allem während des Krieges mit anderen Völkern zusammengekommen ist, dann hat man die Feststellung machen können — besonders wir, die wir aus den östlichen Ländern und aus Prag kommen, und besonders im Priesterseminar habe ich das immer wieder festgestellt —, daß alle andern Völker, besonders alle slawischen Völker, mehr Nationalbewußtsein haben als gerade wir Deutschen. Niemand braucht also Angst zu haben vor unserem sogenannten Nationalismus; im Gegenteil, wir hätten alle Grund genug, unser Volk wieder mehr volksbewußt zu erziehen.
Was des Flüchtlingswesen anlangt, so haben sich alle Ausgewiesenen aus innerstem Herzen gefreut. Aber wir Ausgewiesenen schauen wirklich mit scharfen Augen auf dieses Ministerium. Möge es nicht ein Ministerium der Beschaulichkeit sein, denn nach unserer Auffassung ist es mit eines der verantwortungsvollsten Ministerien.
Da bitte ich vor allem den Herrn Minister Lukaschek, daß er die Familien wieder zusammenkommen läßt, daß endlich einmal diese Zuzugsbestimmungen, wenn nicht beseitigt, so doch gelockert werden, daß, wenn heute ein Vater oder eine Mutter die Kinder findet oder umgekehrt die Kinder die Eltern, sie nicht durch diese wirklich oft verdammungswürdigen Zuzugsbestimmungen am Zusammenkommen gehindert werden. Meine Auffassung ist: Wenn ein Vater oder ein Sohn einer Familie eine Wohnung gefunden hat, wenn er Arbeit gefunden hat, dann soll er tatsächlich mit seinen Angehörigen ein Familienleben führen können.
Was die Soforthilfe anlangt, so wünsche ich, daß sie nicht ein Schaden für unser Volk sein möchte, wie sie sich nun tatsächlich auswirkt, sondern daß sie eine Tathilfe sein möchte. Da kommen wir zum Lastenausgleich. Wir reden dauernd vom Lastenausgleich. Bringen wir endlich einmal dem Volk diese ausgleichende Gerechtigkeit auf allen Gebieten!
Zum Ministerium Dr. Erhard kurz folgendes; Man möge sich nicht dem leichten Optimismus hingeben und sagen, bei der letzten Wahl, am 14. August, hätte das Volk diese Wirtschaftspolitik bejaht. Dieser Meinung bin ich nicht ganz. Denn ich komme zu vielen Wählern, die gerade CDU und CSU gewählt haben und mir — auch jetzt am Sonntag wieder — erklärt haben: Wir sind unserem Gewissen gefolgt, haben damit aber nicht eventuell die Wirtschaftspolitik bejaht. Wenn das arme Volk vor den überfüllten Schaufenstern steht — ich komme gerade als Geistlicher immer wieder zu diesen Armsten der Armen — und sich nicht das Lebensnotwendigste kaufen kann -
— Dazu will ich auch, wenn es sein muß, Stellung nehmen. Ich war damals, als ich gezwungen wurde, wie so viele andere Sudetendeutsche, über die Grenze zu eilen — —
— Ich bin auch nicht in SA-Uniform gegangen, sondern in Freibund-Uniform, in kurzer Hose und Hemd, weil ich fliehen mußte, wenn ich nicht erschlagen werden wollte.
Wenn heute gesagt wurde, die Regierung hätte keine Idee gegeben, dann möchte ich den Vertretern der Bayernpartei nur sagen: es hat geheißen, wir bekennen uns zur christlich-abendländischen Kultur. Ich glaube, daß diese Idee wirklich ausreicht, um unserm Volk alles zu geben. Mag einer zu diesen Problemen eine Einstellung wie auch immer haben, Christus ist und bleibt die Grundlage der Rettung der Welt und auch des deutschen Volkes. Gerade vom praktizierenden Christentum aus gesehen haben wir Deutsche eine große Sendung für die ganze Welt.
Zum Schluß möchte ich noch ganz kurz zur Frage der Steuerreform Stellung nehmen. Auch da müßte ein Unterschied gemacht werden. Jawohl, wir brauchen eine Steuerreform, aber man möge nicht schablonenmäßig vorgehen, sondern die Ärmsten der Armen berücksichtigen, die Fliegergeschädigten, die Ausgewiesenen, die jetzt vor einem neuen Anfang stehen.
Alles in allem: zur Regierungserklärung ist genug gesagt worden. Ich möchte abschließend nur den einen Satz zitieren: Wir brauchen freiwillige und entsagende Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern, die Kraft und Gnade aus der ewigen Liebe Gottes schöpft.