Ich kann mich auch so verständlich und deutlich machen.
Ich wünsche nur, andere Parteien, insbesondere auch die SPD, würden genau so ernste Lehren aus der Vergangenheit ziehen.
Die große Lehre ist: alle die, die eine Wiederholung analoger Ereignisse wie die des 20. Juli 1932 verhindern wollen, alle die, die dem Ansturm des Rechtsblocks gegen die Forderungen der Gewerkschaften, Arbeiter, Angestellten und Beamten sowie des Mittelstandes Einhalt gebieten wollen, die verhindern wollen, daß Arbeiter, Gewerkschaftler, Sozialdemokraten und andere fortschrittliche Kräfte aus den Positionen verdrängt und von den Vertretern des Besitzbürgerblocks abgelöst werden sollen, müssen sich in einer gemeinsamen Kampffront gegen diese Reaktion finden.
Im gemeinsamen Handeln aller fortschrittlichen Kräfte unseres Volkes liegt ihre Stärke. Aus der Zersplitterung und Spaltung hat immer nur die Reaktion Nutzen gezogen und kann nur die Reaktion Nutzen ziehen.
Ich spreche deshalb folgendes offen aus: wir sind in den Betrieben, in den Parlamenten und auch sonst wo immer zu gemeinsamen Absprachen mit den Sozialdemokraten bereit,
um den Ansturm der Reaktion auf die Positionen und Rechte der werktätigen Bevölkerung abzuwehren.
— Ja, das tut Ihnen weh! Ich weiß aber, daß wir damit auf dem richtigen Wege sind, um Sie zu erledigen.
— Politisch! Politisch!
Ich glaube nicht, Herr Dr. Schumacher, daß Sie sich der Illusion hingaben, daß wir mit unserer Stimmabgabe für Sie die nach unserer Meinung schädliche Anti-Ostpolitik akzeptieren. Ich komme im Laufe meiner Ausführungen noch darauf zurück.
Ich möchte deutlich und vernehmlich erklären: unsere Stimmabgabe für den Kandidaten Dr. Schumacher bei der Bundespäsidentenwahl war ein symbolischer Ausdruck unserer Gemeinschaft, gemeinsam mit der SPD überall, insbesondere aber in den Betrieben, den Kampf gegen die Wiederholung einer Brüning- und Papen-Politik zu führen,
gegen die Angriffe der autoritären Besitzverteidigungsregierung, wie Herr Dr. Schumacher diese Regierung genannt hat, auf die Löhne und alle Rechte der Arbeiter und der werktätigen Bevölkerung.
Herr Dr. Schumacher, Sie haben ziemlich starke Worte gegen die jetzige Regierung gebraucht. Sie sprachen davon, daß der Rechtsruck bedeutsamer ist, als er in den Mandatszahlen seinen Ausdruck findet.
SiE erinnerten an die zweite Periode der Weimarer Situation. Mir scheint aber, daß Ihre Konzeption einen Widerspruch in sich birgt. In der achtzigjährigen Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung wurde immer und immer wieder die Feststellung getroffen, daß das Kapital international ist. Sollte diese Feststellung heute vergessen sein? Mir scheint, sie gilt heute für Westdeutschland mehr denn je; denn ohne den Einfluß des amerikanischen Finanzkapitals wäre doch wohl eine Restaurierung der alten Kräfte, wie sie nach 1945 wieder erfolgte, unmöglich.
Oder meinen Sie etwa, die Aussetzung der Sozialisierung und die Aufhebung der Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte durch Vertreter des amerikanischen Finanzkapitals sei im Interesse der Demokratie und des Fortschritts erfolgt? Diese Maßnahmen erfolgten im Interesse des in- und ausländischen Großkapitals. Man kann also nicht konsequent gegen die Angriffe des deutschen Großkapitals kämpfen, wenn man nach der anderen Seite hin dem amerikanischen Kapital Konzessionen macht. Ich freue mich, feststellen zu können, daß führende Gewerkschaftler und Sozialdemokraten erkennen, daß dieser Widerspruch untragbar ist, und daß sie sogar in der Öffentlichkeit konsequent den Weg des Kampfes gegen den Marshall-plan und das Ruhrstatut beschreiten.
In ihrem Kampf gegen die Angriffe des Besitzbürgerblocks und der Reaktion haben die Arbeiterschaft und alle fortschrittlichen Kräfte Deutschlands heute eine starke Position, die geschaffen wurde durch die Industriereform, Bodenreform und Schulreform in der sowjetischen Besatzungszone.
Selbstverständlich ist die Veränderung der ökonomischen Basis und des sozialen Überbaues in der sowjetischen Besatzungszone keine einfache Sache. Es gibt beim Aufbau einer neuen Wirtschaft und Verwaltung aus eigener Kraft ohne Hilfe von außen Schwierigkeiten des Wachstums. Selbstverständlich brachte auch die Spaltung Deutschlands, die Tatsache, daß die sowjetische Besatzungszone keine eigene Schwerindustrie hat
und, wenn die Spaltung Deutschlands anhält, sich eine eigene Schwerindustrie aufbauen muß, zunächst Schwierigkeiten. Aber eins steht fest: daß diese Schwierigkeiten in wachsendem Maße vom Volke selbst überwunden werden. Man wird die Schwierigkeiten überwinden. Hier geht man aber in die Krise. Und wenn hier die Frage des Magneten gestellt wurde, so kann ich Ihnen heute in vollem Optimismus antworten: der Magnet wird nicht der westdeutsche Staat mit seiner Regierung Adenauer-Blücher sein, sondern der Magnet für das Volk wird die neue demokratische Ordnung der sowjetischen Besatzungszone sein!
Gestatten Sie mir, daß ich einige Bemerkungen zur verflossenen Konferenz der Außenminister in Paris mache. Es wurde hier sehr viel von der Einheit Deutschlands gesprochen, die man nicht aufgebe. Der Herr Bundeskanzler hat sogar einen Minister für gesamtdeutsche Fragen ernannt. Welchen Wert die Beteuerungen über die Einheit Deutschlands von Ihrer Seite haben, zeigt uns doch die Tat-
sache, daß, obwohl die Pariser Außenministerkonferenz die Wiederaufnahme von Wirtschaftsbeziehungen auf dem Wege der Verständigung der bestehenden Wirtschaftsorgane empfohlen hat, die Durchführung dieser Empfehlungen bisher von der Frankfurter Wirtschaftsverwaltung abgelehnt worden ist. Mir scheint aber, daß Tausende und aber Tausende von Unternehmern und Geschäftsleuten, denen Betriebsstillegungen drohen oder die vor dem Konkurs stehen, die Aufnahme der Wirtschaftsbeziehungen mit der Ostzone fordern. Der Handel mit der Ostzone ist auch die Brücke zu der Wiederaufnahme des Handels mit dem Osten und Südosten Europas.
Oder wohin wollen Sie nach der Abwertung des Pfundes um 30 Prozent und der vorgesehenen Abwertung der D-Mark um 20 Prozent noch exportieren? Mir ist bekannt, daß Tausende englischer Handelsfirmen ihre Geschäftsangebote nach Polen und in die Tschechoslowakei schicken und auch ihre Handelsagenten nach dort abkommandieren. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es in Westdeutschland solche unklugen Geschäftsleute gibt, die der Konkurrenz den Vortritt lassen wollen.
Ich bin sogar der Meinung, daß diese Geschäftsleute auch die Politiker, die aus engstirnigen Gesichtspunkten heraus den Handel mit der Ostzone und mit Osteuropa ablehnen, zwingen werden, das zu tun, was im Interesse der deutschen Wirtschaft liegt.
Ich muß mich in diesem Zusammenhang an eine zynische Bemerkung einer ausländischen Zeitung erinnern. Die „New York Herald Tribune" schreibt:
Es ist wahr, daß das Schlagwort „Exportiere oder stirb" für Großbritannien und Deutschland gilt. Aber wenn in dem kommenden Kampf um die Weltmärkte schon jemand sterben muß, so sollen es die Deutschen sein.
Wir wollen nicht, daß diese Fragestellung Wirklichkeit wird. Wir Deutschen wollen nicht sterben, wir wollen leben. Deshalb treten wir für eine Verständigung zwischen Ost und West ein, für die Bildung eines gemeinsamen Wirtschaftsausschusses zwischen den bestehenden Organen und für eine gesamtdeutsche Wirtschaftspolitik. Die Bildung eines Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen liegt nicht im Interesse der deutschen Wirtschaft und nicht im Interesse einer deutschen Verständigung. Dieses Ministerium ist ein widernatürliches Ministerium, ein Ministerium der Fortsetzung des kalten Krieges. Das wird auch durch die Tatsache bewiesen, daß zwar der Herr Bundeskanzler die Bildung dieses Ministeriums bekanntgab, aber ein so politisches Ereignis wie die Pariser Zusammenkunft der Außenminister und ihre Empfehlungen in seiner Regierungserklärung völlig außer acht ließ.
Der Herr Bundeskanzler sprach in seiner Regierungserklärung davon, daß er in einem geordneten Rechtsgang Ansprüche auf die Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Linie verfolge.
Was versteht der Herr Bundeskanzler unter „geordnetem Rechtsgang", nachdem er das Potsdamer
Abkommen, die einzig existierende, von den vier
Besatzungsmächten feierlichst verkündete Rechtsgrundlage ablehnt?
Sie haben, Herr Bundeskanzler, mit einem Male
das Potsdamer Abkommen zitiert und angeführt, daß die endgültige Grenzregelung auf einer Friedenskonferenz vorgenommen werden soll. Es mutet mich sehr eigenartig an, daß Sie sich auf das Potsdamer Abkommen und auf eine Friedenskonferenz berufen. Mir scheint, hier zeigen Sie sich, Herr Bundeskanzler, als ein Politiker der verpaßten Gelegenheiten;
denn Ihre Politik ist es ja gewesen, die Durchführung des Potsdamer Abkommens zu verhindern. Sie haben ja die Westmächte ermuntert, vom Potsdamer Abkommen abzutreten. Sie haben doch gerade, wenn ich mich recht erinnere, das Besatzungsstatut begrüßt und den Abschluß eines Friedensvertrages mit einer gesamtdeutschen Regierung durch die Bildung eines westdeutschen Staates verhindert.
Sie haben in Ihrer Regierungserklärung Herrn Churchill zitiert und angekündigt, daß Sie eine Denkschrift veröffentlichen wollen.
Herr Bundeskanzler! Gestatten Sie mir, daß auch ich Herrn Churchill jetzt zitiere. Am 27. Oktober 1944 hielt Herr Churchill im britischen Unterhaus eine Rede. Dabei führte er wörtlich aus:
Es steht den Polen frei, ihr Gebiet auf Kosten Deutschlands nach Westen auszudehnen.
Dabei müßte die Ausweisung der Deutschen,
— denn das ist es, was vorgeschlagen wurde —
die Ausweisung sämtlicher Deutschen aus den an Polen gefallenen Gebieten im Westen und Norden vorgenommen werden,
denn eine Ausweisung ist,
— so sagt Churchill —
soweit wir sehen konnten, die Methode, die am zufriedenstellendsten und auch die dauerhafteste sein wird. Es wird reiner Tisch gemacht!
So sagte Herr Churchill 1944. Weiter erklärte er: Ich fühle mich nicht alarmiert durch die Aussicht auf eine Loslösung von Bevölkerungen, auch nicht einmal durch diese großen Transferierungen, die unter modernen Verhältnissen eher möglich sind, als sie jemals waren.
- Ich komme! Nur Geduld, meine Herren!
Soweit Churchill! Und im Spätherbst 1944 schrieb Herr Roosevelt an Mikolaiczyk einen Brief. In diesem Brief heißt es — ich zitiere wörtlich —:
Falls die polnische Regierung und das polnische Volk den Wunsch haben sollten, nach der neuen Grenzziehung ihre nationalen. Minderheiten umzusiedeln, soll dem von amerikanischer Seite nichts entgegenstehen. Wir werden
- so sagt Roosevelt —
diese Umsiedlung vielmehr nach Kräften erleichtern.
Am 13. Mai 1943 sandte Herr Benesch — jetzt etwas für die Sudetendeutschen, die gestern so gerufen haben — —
Am 13. Mai — —
Ich komme! Ich bleibe Ihnen keine Antwort schuldig; verlassen Sie sich darauf!