Protokoll:
8206

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 8

  • date_rangeSitzungsnummer: 206

  • date_rangeDatum: 7. März 1980

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 12:54 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/206 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 206. Sitzung Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Inhalt: Nachruf auf Ministerpräsident a. D. Wilhelm Hoegner 16497 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 16497 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 16497 C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau der heimlichen Steuererhöhungen und zur Entlastung der Familien (Steuer- und Familienentlastungsgesetz 1981) — Drucksache 8/3666 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Steuerentlastung und Familienförderung (Steuerentlastungsgesetz 1981) — Drucksache 8/3701 — in Verbindung mit . Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes — Drucksache 8/3702 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abschaffung der Spielkarten-, Zündwaren- und Essigsäuresteuer — Drucksache 8/3687 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze — Drucksache 8/3688 — in Verbindung mit Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Grunderwerbsteuergesetzes — Drucksache 8/3524 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Kreile, Pfeifer, Dr. Köhler (Wolfsburg), Kunz (Berlin), Dr. Jenninger, Benz, Dr. Hubrig, Daweke, Dr. von Wartenberg, Lampersbach, Rühe, Broll, Dr. Hornhues, Gerstein, Spilker, de Terra, Niegel und der Fraktion II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes (Künstlerhilfe) — Drucksache 8/3616 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kreile, Dr. Häfele, Dr. Schäuble und der Fraktion der CDU/ CSU Durchführung des Umsatzsteuergesetzes 1979 — Drucksachen 8/3345, 8/3727 — Dr. Häfele CDU/CSU 16498 C Westphal SPD 16504 B Frau Matthäus-Maier FDP 16509 D Matthöfer, Bundesminister BMF 16515 B Dr. von Wartenberg CDU/CSU 16521 A Gobrecht SPD 16522 C Schleifenbaum FDP 16525 B Dr. Hirsch, Minister des Landes NordrheinWestfalen 16528 B Dr. Möller CDU/CSU 16529 A Waltemathe SPD 16530 C Hoppe FDP 16532 C Dr. Haack, Bundesminister BMBau 16533 C Nächste Sitzung 16535 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 16537* A Anlage 2 Verwendung von Chemie in der Pflanzenproduktion sowie Einsatz von „Pflanzenärzten" MdlAnfr Al 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU MdlAnfr A2 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Meyer zu Bentrup CDU/CSU SchrAntw PStSekr Gallus BML 16537* C Anlage 3 Staatliche Hilfe für Stahlunternehmen MdlAnfr A3 29.02.80 Drs 08/3738 Carstens (Emstek) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi 16538* A Anlage 4 Finanzsituation der Programme „Politische Bildung außerhalb der Jugendverbände" und „Zentrale Jugendverbände" MdlAnfr A39 29.02.80 Drs 08/3738 Kroll-Schlüter CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 16538* B Anlage 5 Gesetzliche Regelung des Bildungsurlaubs MdlAnfr A40 29.02.80 Drs 08/3738 Frau Krone-Appuhn CDU/CSU MdlAnfr A41 29.02.80 Drs 08/3738 Frau Krone-Appuhn CDU/CSU SchrAntw PStSekr Engholm BMBW 16538* C Anlage 6 Modellversuche über Bildungsurlaub MdlAnfr A42 29.02.80 Drs 08/3738 Höpfinger CDU/CSU MdlAnfr A43 29.02.80 Drs 08/3738 Höpfinger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Engholm BMBW 16539* A Anlage 7 Probleme des Wechselschichtdienstes im Polizeibereich MdlAnfr A52 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/ CSU MdlAnfr A53 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/ CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16539* B Anlage 8 Aufnahme politisch verfolgter argentinischer Bürger durch die Kommunen der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A54 29.02.80 Drs 08/3738 Meininghaus SPD MdlAnfr A55 29.02.80 Drs 08/3738 Meininghaus SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16539* D Anlage 9 Zuständigkeit für die Errichtung und Unterhaltung von Sammellagern MdlAnfr A57 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Jobst CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16540* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 III Anlage 10 Gesunkene Verfügbarkeit von Kernkraftwerken MdlAnfr A60 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Steger SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16540* B Anlage 11 Ausschluß einer gegenseitigen Konkurrenz" unter den Bundesministerien betreffend die Förderungsprogramme für in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Unternehmen MdlAnfr A65 29.02.80 Drs 0813738 Bahner CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF 16540* D Anlage 12 Konditionen von Bundeshilfen an Unternehmen sowie Einschaltung des Bundeskanzlers in diesen Fällen MdlAnfr A67 29.02.80 Drs 08/3738 Metz CDU/CSU MdlAnfr A68 29.02.80 Drs 08/3738 Metz CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF 16541* B Anlage 13 Jährliche Steuereinnahmen durch den Zigarettenkonsum MdlAnfr A69 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Jentsch (Wiesbaden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF 16541* C Anlage 14 Sicherheitsüberprüfung aller Beamten des Deutschen Patentamts in München MdlAnfr A70 29.02.80 Drs 08/3738 Lattmann SPD MdlAnfr A71 29.02.80 Drs 08/3738 Lattmann SPD SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ 16541* D Anlage 15 Änderung der Nachhaftung ausgeschiedener persönlich haftender Gesellschafter für Ansprüche ehemaliger Arbeitnehmer aus der betrieblichen Altersversorgung MdlAnfr A72 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Zeitel CDU/CSU MdlAnfr A73 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Zeitel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ 16542* A Anlage 16 Befreiung kommunaler Mandatsträger von Wehrübungen MdlAnfr A74 29.02.80 Drs 08/3738 Biehle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 16542* B Anlage 17 Bereitstellung von Transportflugzeugen der Bundeswehr für amerikanische Soldaten im Zusammenhang mit den Ereignissen im Mittleren Osten MdlAnfr A75 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Marx CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 16542* D Anlage 18 Änderung der Vorschriften über das Tragen einer Uniform von Bundeswehrangehörigen bei Veranstaltungen demokratischer Institutionen MdlAnfr A76 29.02.80 Drs 08/3738 Frau Simonis SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 16543* A Anlage 19 Rückläufige Weiterverpflichtungsbereitschaft der Soldaten infolge mangelnder Attraktivität der Bundeswehr MdlAnfr A77 29.02.80 Drs 08/3738 Voigt (Sonthofen) CDU/CSU MdlAnfr A78 29.02.80 Drs 08/3738 Voigt (Sonthofen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 16543* C Anlage 20 Anstieg der Erkrankungen an Lebertumoren durch die Antibabypille MdlAnfr A79 29.02.80 Drs 08/3738 Müller (Schweinfurt) SPD MdlAnfr A80 29.02.80 Drs 08/3738 Müller (Schweinfurt) SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 16544* C IV Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Anlage 21 Höhe der Ausgaben für die Aufklärung über die Gesundheitsschäden des Rauchens MdlAnfr A81 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Jentsch (Wiesbaden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 16545* A Anlage 22 Erkenntnisse über die jährlichen Neuerkrankungen an Krebs sowie über den Bestand und die Sterblichkeit der Krebskranken MdlAnfr A82 29.02.80 Drs 08/3738 Kirschner SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 16545* B Anlage 23 Definition des vom Bundeskanzler verwendeten Begriffs „reaktionäre Presse" MdlAnfr A83 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw StMin Huonker BK 16545* C Anlage 24 Fortsetzung deutscher Sprachstudien für Lehrer aus Osteuropa MdlAnfr A94 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Hupka CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 16545* D Anlage 25 Einführung der deutschen Sprache als Amtsprache bei der OECD SchrAnfr B1 29.02.80 Drs 08/3738 Francke (Hamburg) CDU/CSU SchrAnfr B2 29.02.80 Drs 08/3738 Francke (Hamburg) CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 16546* A Anlage 26 Beitrag der USA, der Bundesrepublik Deutschland, der UdSSR und der OPEC-Staaten zum Etat der Vereinten Nationen; Mehrheitsverhältnisse in der Vollversammlung der UNO SchrAnfr B5 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAnfr B6 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 16546* C Anlage 27 Verwendung von Napalmbomben durch sowjetische Besatzungstruppen in Afghanistan SchrAnfr B7 29.02.80 Drs 08/3738 Ey CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 16547*A Anlage 28 Geldzuwendungen an den Schriftsteller Bernd Engelmann für Vorträge im Ausland SchrAnfr B8 29.02.80 Drs 08/3738 Niegel CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 16547* B Anlage 29 Zahl der am 31. Dezember 1969 nach A 13 bis A 16 und nach B 1 bis B 11 besoldeten Bundesbeamten sowie Höhe der Zulagen in den Besoldungsgruppen B 1 bis B 11 SchrAnfr B9 29.02.80 Drs 08/3738 Kolb CDU/CSU SchrAnfr B10 29.02.80 Drs 08/3738 Kolb CDU/CSU SchrAnfr B11 29.02.80 Drs 08/3738 Kolb CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16547* C Anlage 30 Strahlenbelastung durch Radon; Versetzung von Beamten und Angestellten aus dem Bereich Besoldungsreform des Bundesinnenministeriums in den Bereich Reaktorsicherheit und Entsorgung; Organisation der geplanten Bund/Länderkommission für die Entsorgung der Kernkraftwerke SchrAnfr B12 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAnfr B13 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAnfr B14 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16548* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 V Anlage 31 Auffassung der Bundesregierung über die Mitgliedschaft oder Funktion von Beamten in einer Partei SchrAnfr B15 29.02.80 Drs 08/3738 Conradi SPD SchrAnfr B16 29.02.80 Drs 08/3738 Conradi SPD SchrAntw PStSekr von. Schoeler BMI 16549* A Anlage 32 Bindung des Bundesdisziplinaranwalts an Weisungen der Bundesregierung SchrAnfr B17 29.02.80 Drs 08/3738 Coppik SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16549* B Anlage 33 Kompetenzen und Pflichten des Bundesdisziplinaranwalts SchrAnfr B18 29.02.80 Drs 08/3738 Voigt (Frankfurt) SPD SchrAnfr B19 29.02.80 Drs 08/3738 Voigt (Frankfurt) SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16549* C Anlage 34 Bericht des Innenausschusses des Bundestages zur Novellierung der Bundesdisziplinarordnung SchrAnfr B20 29.02.80 Drs 08/3738 Brandt (Grolsheim) SPD SchrAnfr B21 29.02.80 Drs 08/3738 Brandt (Grolsheim) SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16550* A Anlage 35 Urlaub für Beamte, die für die DKP oder NPD kandidieren SchrAnfr B22 29.02.80 Drs 08/3738 Jungmann SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16550* C Anlage 36 Gewährung von Urlaub zur Vorbereitung einer Wahl SchrAnfr B23 29.02.80 Drs 08/3738 Gansel SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16550* D Anlage 37 Verwendung der Begriffe „verfassungsfeindliche Parteien" und „Verfassungsfeinde" durch den Bundesdisziplinaranwalt SchrAnfr B24 29.02.80 Drs 08/3738 Hansen SPD SchrAnfr B25 29.02.80 Drs 08/3738 Hansen SPD SchrAntw PStSekr- von Schoeler BMI 16551* A Anlage 38 Verfassungswidrigkeit von Parteien SchrAnfr B26 29.02.80 Drs 08/3738 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD SchrAnfr B27 29.02.80 Drs 08/3738 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16551* C Anlage 39 Beurteilung der Mitgliedschaft einer Partei „mit verfassungsfeindlichen Zielsetzungen" im Beschluß des Bundesverfassungsgerichts SchrAnfr B30 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Spöri SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16552* A Anlage 40 Bindung des Bundesdisziplinaranwalts an Weisungen der Bundesregierung SchrAnfr B31 29.02.80 Drs 08/3738 Kühbacher SPD SchrAnfr B32 29.02.80 Drs 08/3738 Kühbacher SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16552* B Anlage 41 Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Mitgliedschaft in einer Partei SchrAnfr B33 29.02.80 Drs 08/3738 Meinike (Oberhausen) SPD SchrAnfr B34 29.02.80 Drs 08/3738 Meinike (Oberhausen) SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16552* C VI Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Anlage 42 Bleigehalt im Blut von Kindern im Raum Oker; Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes SchrAnfr B35 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Wendig FDP SchrAnfr B36 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Wendig FDP SchrAnfr B37 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Wendig FDP SchrAnfr B38 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Wendig FDP SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16553* B Anlage 43 Funktionstüchtigkeit des Zivil- und Katastrophenschutzes SchrAnfr B41 29.02.80 Drs 08/3738 Schröder (Wilhelminenhof) CDU/CSU SchrAnfr B42 29.02.80 Drs 08/3738 Schröder (Wilhelminenhof) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16554* A Anlage 44 Vorlage des Gutachtens zur Wirkungsweise von Vergaserzusatzgeräten SchrAnfr B43 29.02.80 Drs 08/3738 Pfeffermann CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16554* D Anlage 45 Beihilfeleistungen an öffentliche Bedienstete SchrAnfr B44 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16555* A Anlage 46 Standortbewertungsdaten für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich SchrAnfr B45 29.02.80 Drs 08/3738 Lenders SPD SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16555* B Anlage 47 Schadensersatzleistungen an Spätaussiedler für gestohlenes Umzugsgut SchrAnfr B46 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Wittmann (München) CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16555* C Anlage 48 Weitergabe vertraulicher Angaben über Lohn- und Gehaltshöhe von Arbeitnehmern an Gewerkschaften SchrAnfr B47 29.02.80 Drs 08/3738 Schetter CDU/CSU SchrAntw PStSekr von Schoeler BMI 16556* A Anlage 49 Erlöschen des Versicherungsschutzes für Kraftfahrzeuge beim Ungültigwerden der TÜV-Plakette SchrAnfr B48 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Jobst CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. de With BMJ 16556* C Anlage 50 Reduzierung des Abschreibungszeitraums für wärmedämmende und energiesparende Maßnahmen als Anreiz für Althausbesitzer SchrAnfr B49 29.02.80 Drs 08/3738 Frau Hürland CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF 16556* D Anlage 51 Steuer- und versicherungsrechtliche Behandlung der Kopfschlächter SchrAnfr B50 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Jenninger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF 16557* A Anlage 52 Finanzierung der Neuregelungen im 5. Rentenversicherungsänderungsgesetz und des Mutterschaftsurlaubs SchrAnfr B51 29.02.80 Drs 08/3738 Schmidt (Kempten) FDP SchrAntw PStSekr Haehser BMF 16557* C Anlage 53 Verteilung der Steuervorteile durch die angekündigte Erhöhung des Vorwegabzugs auf Selbständige und Arbeitnehmer SchrAnfr B52 29.02.80 Drs 08/3738 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF 16557* D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 VII Anlage 54 Beseitigung von Bunkerruinen des Westwalls im Landkreis Rastatt SchrAnfr B53 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Friedmann CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF 16558* A Anlage 55 Möglichkeit zur vorzeitigen prämienunschädlichen Verwendung von Bausparverträgen zur Modernisierung von Mietwohnungen SchrAnfr B54 29.02.80 Drs 08/3738 Niegel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF 16558* C Anlage 56 Neufestsetzung des Einheitswertes nach Vornahme von Energiesparinvestitionen SchrAnfr B55 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Steger SPD SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF 16558* D Anlage 57 Anpassung der Betriebsrenten an die Lebenshaltungskosten gemäß § 16 des Gesetzes über die betriebliche Altersversorgung SchrAnfr B56 29.02.80 Drs 08/3738 Lenzer CDU/CSU SchrAntw StSekr Frau Fuchs BMA 16559* B Anlage 58 Erscheinen von 400 nicht ausgegebenen Otto-Hahn-Gedenkmünzen im Münzhandel SchrAnfr B57 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF 16559* C Anlage 59 Verzicht auf Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer bei vorsteuerabzugsberechtigten Importeuren bei Streichung des Vorsteuerabzugs SchrAnfr B58 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Warnke CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Böhme BMF 16559* D Anlage 60 Beschaffung eines im Haushaltsplan 1979 nicht vorgesehenen stärkeren Dienstwagens durch den Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit SchrAnfr B59 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Rose CDU/CSU SchrAntw PStSekr Haehser BMF 16560* A Anlage 61 Heizenergieversorgung ländlicher Räume, insbesondere Rolle des Heizöls SchrAnfr B60 29.02.80 Drs 08/3738 Lintner CDU/CSU SchrAnfr B61 29.02.80 Drs 08/3738 Lintner CDU/CSU SchrAnfr B62 29.02.80 Drs 08/3738 Lintner CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi 16560* B Anlage 62 Substitution von Heizöl durch feste Brennstoffe SchrAnfr B63 29.02.80 Drs 08/3738 Krey CDU/CSU SchrAnfr B64 29.02.80 Drs 08/3738 Krey CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi 16560* D Anlage 63 Kritische Abhängigkeitsschwelle beim Bezug von Energie oder Rohstoffen aus der Sowjetunion SchrAnfr B65 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Marx CDU/CSU SchrAntw PStSekr Grüner BMWi 16561* A Anlage 64 Finanzierung von Exporten in die RGW-Staaten durch die Bundesregierung, Bedeutung der Hermesbürgschaften für diese Exporte; Einschränkung der Exporte in RGW-Staaten wegen der Afghanistankrise; Einschränkung von Hermesbürgschaften gegenüber autoritären Staaten SchrAnfr B66 29.02.80 Drs 08/3738 Hoffmann (Saarbrücken) SPD SchrAnfr B67 29.02.80 Drs 08/3738 Hoffmann (Saarbrücken) SPD VIII Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 SchrAnfr B68 29.02.80 Drs 08/3738 Hoffmann (Saarbrücken) SPD SchrAnfr B69 29.02.80 Drs 08/3738 Hoffmann (Saarbrücken) SPD SchrAntw PStSekr Grüner BMWi 16561* C Anlage 65 Mangel an Magermilchpulver im Einzelhandel trotz großer EG-Vorräte; Behinderung bayerischer Agrarexporte durch Währungsschwankungen, insbesondere der italienischen Lira; Kritik des EG-Verbraucherverbandes (BEUC) an der Höhe der Nahrungsmittelpreise in der EG SchrAnfr B70 29.02.80 Drs 08/3738 Paintner FDP SchrAnfr B71 29.02.80 Drs 08/3738 Paintner FDP SchrAnfr B72 29.02.80 Drs 08/3738 Paintner FDP SchrAntw BMin Ertl BML 16561* D Anlage 66 Stand der Verhandlungen mit Thailand betreffend Importbeschränkungen für Tapioka SchrAnfr B73 29.02.80 Drs 08/3738 Neumann (Bramsche) SPD SchrAntw BMin Ertl BML 16563* B Anlage 67 Lage der deutschen Kutterfischerei und Hilfsmaßnahmen; Lage der deutschen Kutterfischerei und Hilfsmaßnahmen SchrAnfr B74 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Zumpfort FDP SchrAnfr B75 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Zumpfort FDP SchrAnfr B76 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Zumpfort FDP SchrAnfr B77 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Zumpfort FDP SchrAntw BMin Ertl BML 16563* D Anlage 68 Subventionierung des Tabakanbaus in der EG SchrAnfr B78 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Jentsch (Wiesbaden) CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 16565* A Anlage 69 Zunahme der Tierversuche im Jahre 1979 SchrAnfr B79 29.02.80 Drs 08/3738 Stutzer CDU/CSU SchrAnfr B80 29.02.80 Drs 08/3738 Stutzer CDU/CSU SchrAntw BMin Ertl BML 16565* B Anlage 70 Erleichterung der Kassenzulassung für Ärzte in ländlichen Gebieten SchrAnfr B81 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Jobst CDU/CSU SchrAntw StSekr Frau Fuchs BMA 16565* D Anlage 31 Erhöhung der Förderungssätze für den Winterbau; Benachteiligung der Schlechtwettergeld beziehenden Betriebe gegenüber Betrieben mit Kurzarbeit SchrAnfr B82 29.02.80 Drs 08/3738 Seiters CDU/CSU SchrAnfr B83 29.02.80 Drs 08/3738 Seiters CDU/CSU SchrAntw StSekr Frau Fuchs BMA 16566* A Anlage 72 Ersetzung des Worts „Auszubildender" durch „Lehrling" in allen offiziellen Dokumenten SchrAnfr B84 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Zeitel CDU/CSU SchrAntw PStSekr Engholm BMBW 16566* C Anlage 73 Kritik des Bundesrechnungshofes am Bundesamt für den Zivildienst; Beeinträchtigung des Arbeitsmarktes durch die Vermittlung von Zivildienstleistenden „zum Nulltarif" SchrAnfr B85 29.02.80 Drs 08/3738 Weiskirch (Olpe) CDU/CSU SchrAnfr B86 29.02.80 Drs 08/3738 Weiskirch (Olpe) CDU/CSU SchrAnfr B87 29.02.80 Drs 08/3738 Weiskirch (Olpe) CDU/CSU SchrAnfr B88 29.02.80 Drs 08/3738 Weiskirch (Olpe) CDU/CSU SchrAntw StSekr Frau Fuchs BMA 16566* D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 IX Anlage 74 Zahl der auf Grund des 2. Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes von der Versicherungspflicht befreiten und auf Grund des 20. Rentenanpassungsgesetzes erneut pflichtversicherten Angestellten SchrAnfr B89 29.02.80 Drs 08/3738 Frau Verhülsdonk CDU/CSU SchrAnfr B90 29.02.80 Drs 08/3738 Frau Verhülsdonk CDU/CSU SchrAntw StSekr Frau Fuchs BMA 16567* D Die Fragen B 91 und B 92 — Drucksache 8/ 3738 vom 29.02.80 — des Abgeordneten Lutz (SPD) sind vom Fragesteller zurückgezogen. Anlage 75 Neuregelung der Kosten für die Benutzung der Gemeinschaftsunterkünfte durch Bundeswehrangehörige ab 1. Mai 1979; Neuregelung der Kosten für die Benutzung der Gemeinschaftsunterkünfte durch Bundeswehrangehörige SchrAnfr B93 29.02.80 Drs 08/3738 Würzbach CDU/CSU SchrAnfr B94 29.02.80 Drs 08/3738 Würzbach CDU/CSU SchrAnfr B95 29.02.80 Drs 08/3738 Würzbach CDU/CSU SchrAnfr B96 29.02.80 Drs 08/3738 Würzbach CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 16568* A Anlage 76 Entwicklungszeit des Pullovers für die Bundeswehr SchrAnfr B97 29.02.80 Drs 08/3738 Würtz SPD SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 16569* A Anlage 77 Vertragloser Zustand zwischen der Bundeswehr und der kassenärztlichen Vereinigung Hannover; Beeinträchtigung der ärztlichen Versorgung von Bundeswehrangehörigen in Niedersachsen SchrAnfr B98 29.02.80 Drs 08/3738 Dr.-Ing. Oldenstädt CDU/CSU SchrAnfr B99 29.02.80 Drs 08/3738 Dr.-Ing. Oldenstädt CDU/CSU SchrAnfr B100 29.02.80 Drs 08/3738 Dr.-Ing. Oldenstädt CDU/CSU SchrAnfr B101 29.02.80 Drs 08/3738 Dr.-Ing. Oldenstädt CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 16569* B Anlage 78 Herstellung von ABC-Waffen in der Sowjetunion; Ausrüstung der Nationalen Volksarmee der DDR mit ABC-Waffen SchrAnfr B102 29.02.80 Drs 08/3738 Voigt (Sonthofen) CDU/CSU SchrAnfr B103 29.02.80 Drs 08/3738 Voigt (Sonthofen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 16569* D Anlage 79 Verbesserung der Schuhausrüstung der Bundeswehr SchrAnfr B104 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Marx CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 16570* B Die Frage B 105 — Drucksache 8/3738 vom 29.02.80 — des Abgeordneten Würtz (SPD) ist vom Fragesteller zurückgezogen. Anlage 80 Bewilligung von Bundesdarlehen für den Bau oder Erwerb von Eigenheimen durch Soldaten der Bundeswehr; Mängel in der Wohnungsfürsorge für Bundeswehrangehörige, insbesondere in Ballungsräumen; Änderung des Umzugskostenrechts betreffend Umzüge innerhalb eines Bundeswehrstandorts SchrAnfr B106 29.02.80 Drs 08/3738 Jung FDP SchrAnfr B107 29.02.80 Drs 08/3738 Jung FDP SchrAnfr B108 29.02.80 Drs 08/3738 Jung FDP SchrAnfr B109 29.02.80 Drs 08/3738 Jung FDP SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 16570* D Anlage 81 Negative Entwicklung bei der freiwilligen Weiterverpflichtung von Wehrpflichtigen X Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 SchrAnfr B110 29.02.80 Drs 08/3738 Biehle CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 16571* C Anlage 82 Beschaffungsaufträge der Bundeswehr an ausländische Finnen bei Bekleidung SchrAnfr B111 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. von Bülow BMVg 16571* D Anlage 83 Entwicklung der Beteiligung an Polioschutzimpfungen seit 1973 SchrAnfr B112 29.02.80 Drs 08/3738 Amling SPD SchrAnfr B113 29.02.80 Drs 08/3738 Amling SPD SchrAnfr B114 29.02.80 Drs 08/3738 Amling SPD SchrAnfr B115 29.02.80 Drs 08/3738 Amling SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 16572* A Anlage 84 Koffeingehalt des „koffeinfreien Kaffees"; Altersobergrenze für den Jugendaustausch mit Ostblockstaaten SchrAnfr B116 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAnfr B117 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Hennig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 16572* C Anlage 85 Zusammenhänge zwischen Laserstrahlen in Diskotheken und Augenerkrankungen sowie Früherkennung der Schädigungen SchrAnfr B118 29.02.80 Drs 08/3738 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU SchrAnfr B119 29.02.80 Drs 08/3738 Frau Dr. Neumeister CDU/CSU SchrAntw StSekr Frau Fuchs BMA 16572* D Anlage 86 Gesundheitsunschädlichkeit der aus den USA importierten billigen Brillen SchrAnfr B120 29.02.80 Drs 08/3738 Schmidt (München) SPD SchrAnfr B121 29.02.80 Drs 08/3738 Schmidt (München) SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 16573* B Anlage 87 Erfahrungen mit der Inanspruchnahme des Heizölkostenzuschusses SchrAnfr B122 29.02.80 Drs 08/3738 Gansel SPD SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 16573* D Anlage 88 Art der illegalen Drogen sowie Zahl der Therapieplätze und Heilungschancen für Drogenabhängige SchrAnfr B123 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Langguth CDU/CSU SchrAnfr B124 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Langguth CDU/CSU SchrAnfr B125 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Langguth CDU/CSU SchrAntw PStSekr Zander BMJFG 16574* A Anlage 89 Pflege der deutschen Soldatengräber in Ungarn durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. SchrAnfr B126 29.02.80 Drs 08/3738 Graf Huyn CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 16574* C Anlage 90 Gewährung der Vergünstigungen für Schwerbehinderte im öffentlichen Personennahverkehr an gehbehinderte Besucher aus der DDR, Ost-Berlin und Osteuropa SchrAnfr B151 29.02.80 Drs 08/3738 Burger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Kreutzmann BMB 16574* C Anlage 91 Haltung von Bundesminister Dr. Schmude gegenüber der „U-AStA" an der Universität Freiburg SchrAnfr B153 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Langguth CDU/CSU SchrAntw PStSekr Engholm BMBW 16575* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 XI Anlage 92 Finanzierung der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule durch das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft SchrAnfr B154 29.02.80 Drs 08/3738 Frau Krone-Appuhn CDU/CSU SchrAnfr B155 29.02.80 Drs 08/3738 Frau Krone-Appuhn CDU/CSU SchrAntw PStSekr Engholm BMBW 16575* C Anlage 93 Verstöße der in Paraguay ansässigen deutschen Firma Fiduciaria Transattlantica Alemana gegen arbeitsrechtliche Vorschriften des Gastlandes sowie gegen öffentlich geförderte deutsche Investoren in der Dritten Welt SchrAnfr B156 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Holtz SPD SchrAnfr B157 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Holtz SPD SchrAnfr B158 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Holtz SPD SchrAnfr B159 29.02.80 Drs 08/3738 Dr. Holtz SPD SchrAntw PStSekr Brück BMZ 16576* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16497 206. Sitzung Bonn, den 7. März 1980 Beginn: 9.00 Uhr
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    16536 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Berichtigung 203. Sitzung (Nachtrag), Seite 16313* A: Vor der ersten Zeile ist folgendes einzufügen: „Die Sowjetunion wurde am 24. Januar 1980 aus der Liste der Bestimmungsländer für EG-Getreide gestrichen, um zu verhindern, daß das von der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika verhängte Ausfuhrverbot für Getreide durch Ersatzlie-'' Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 7. 3. Dr. Aigner* 7. 3. Alber* 7. 3. Bahner 7. 3. Dr. Bangemann* 7. 3. Dr. Bayerl 7. 3. Dr. Blüm 7. 3. Blumenfeld* 7. 3. Dr. Böhm (Melsungen) ** 7. 3. Burger 7. 3. Dr. Enders** 7. 3. Ey 7. 3. Eymer 7. 3. Fellermaier* 7. 3. Frau Dr. Focke* 7. 3. Dr. Früh * 7. 3. Frau Geier 7. 3. Genscher 7. 3. Gerstein 7. 3. Dr. Gradl 7. 3. Haberl 7. 3. Hölscher 7. 3. Dr. Holtz** 7. 3. Dr. Jentsch (Wiesbaden) 7. 3. Katzer* 7. 3. Dr. h. c. Kiesinger 7. 3. Dr. Klepsch* 7. 3. Klinker 7. 3. Dr. Kohl 7. 3. Dr. Kreile 7. 3. Frau Dr. Krone-Appuhn 7. 3. Dr. Graf Lambsdorff 7. 3. Lange* 7. 3. Lemp 7. 3. Lücker* 7. 3. Luster* 7. 3. Milz 7. 3. Müller (Wadern) 7. 3. Dr. Müller-Hermann * 7. 3. Neuhaus 7. 3. Dr. Pfennig * 7. 3. Rosenthal 7. 3. Russe 7. 3. Schäfer (Offenburg) 7. 3. Schedl 7. 3. Frau Schleicher* 7. 3. Dr. Schmidt (Gellersen) 7. 3. Schmidt (Hamburg) 7. 3. Schmidt (Wattenscheid) 7. 3. Schröder (Wilhelminenhof) 7. 3. Schulte (Unna) 7. 3. Dr. Schwencke (Nienburg) * 7. 3. Sieglerschmidt* 7. 3. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim 7. 3. Stöckl 7. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Tübler 7. 3. Vogel (Ennepetal) 7. 3. Dr. Vogel (München) 7. 3. Dr. Vohrer** 7. 3. Voigt (Sonthofen) 7. 3. Frau Dr. Walz * 7. 3. Dr. Warnke 7. 3. Wawrzik* 7. 3. Weber (Heidelberg) 7. 3. Wissmann 7. 3. Wittmann (Straubing) 7. 3. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Gallus auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Meyer zu Bentrup (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen A 1 und 2): Gedenkt die Bundesregierung angesichts der anhaltenden Diskussion um den Einsatz von „Chemie" in der Pflanzenproduktion, die Bestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes und seiner Durchführungsverordnungen zu ändern bzw. zu verschärfen? Wie denkt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang fiber den Einsatz von mit besonderen Befugnissen ausgestatteten "Pflanzenärzten"? Zu Frage A 1: Mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes, das zur Zeit von der Bundesregierung vorbereitet wird, soll das Pflanzenschutzgesetz den heutigen Erfordernissen angepaßt werden. Insbesondere soll die Zweckbestimmung des Pflanzenschutzgesetzes im Hinblick auf die Abwehr möglicher Schäden durch Pflanzenbehandlungsmittel stärker konkretisiert werden. Es wird weiterhin eine Ermächtigung vorgesehen, die Überwachung von Pflanzenschutzgeräten zu regeln. Mit der ebenfalls in Vorbereitung befindlichen Verordnung über Anwendungsverbote und -beschränkungen für Pflanzenbehandlungsmittel, die die Verordnung aus dem Jahre 1974 ablösen wird, wird nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen Erfahrungen die Anwendung einer Reihe von Wirkstoffen in Pflanzenbehandlungsmitteln vollständig verboten oder einer strengen Beschränkung unterworfen. In Programmen der Bundesregierung ist mehrfach bekundet worden, die Anwendung von Pflanzenbehandlungsmitteln auf das notwendige Maß zu beschränken. In diesem Sinne werden alle Bemühungen unterstützt, den integrierten Pflanzenschutz auf breiter Ebene in die Praxis einzuführen. Zu Frage A 2: Die Frage des Einsatzes von Pflanzenärzten wurde, auch unter Beteiligung der Länder, mehrfach diskutiert. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß durch den Ausbau einer verbrauchsunabhängigen Beratung im Pflanzenschutzbereich den ökologischen, wirtschaftlichen und Verbraucherinteressen besser Rechnung getragen wird; eine gesetzliche Regelung hält sie zur Zeit nicht für angebracht. 16538* Deutscher Bundestag 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Carstens (Emstek) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Frage A 3): Liegen der Bundesregierung außer dem Antrag der Hoesch Hüttenwerke AG in Dortmund bereits Anträge anderer Stahlunternehmen auf staatliche Hilfen vor, oder ist der Bundesregierung bekannt, daß weitere Stahlunternehmen beabsichtigen, staatliche Hilfe zu beantragen (Hinweis auf Stuttgarter Zeitung vom 23. November 1979), und ist die Bundesregierung bereit, entsprechende Bundeshilfen gegebenenfalls auch anderen, z. B. mittelständischen Unternehmen zu gewähren? Nahezu alle Stahlunternehmen und viele der reinen Walzwerksunternehmen, der sog. Re-roler, haben Anträge auf Gewährung von staatlichen Hilfen im Rahmen des Förderprogramms für Stahlforschung und -technologie des BMFT gestellt. Viele der Anträge sind zwischenzeitlich positiv beschieden worden. Mit weiteren Anträgen ist zu rechnen. Eine Reihe von Stahlunternehmen haben auch staatliche Hilfen im Rahmen anderer Förderprogramme beantragt, wie z. B. Investitionshilfen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, Hilfen für Umweltschutzmaßnahmen, sowie andere Forschungshilfen im Rahmen` der Schwerpunktprogramme des BMFT, wie z. B. das für die Energieforschung und Energietechnologien. Auch insoweit ist mit weiteren Anträgen zu rechnen. Sofern andere, auch mittelständische Unternehmen die jeweiligen Voraussetzungen erfüllen, können auch sie mit entsprechenden staatlichen Hilfen rechnen. Aus dem Stahlforschungsprogramm erhalten z. B. eine Reihe von anderen Unternehmen, wie Stahlverarbeiter sowie Zulieferer von Investitionsgütern für Stahlunternehmen Zuwendungen. Bei ihnen handelt es sich oft um mittelständische Betriebe. Im übrigen gibt es gerade für mittelständische Unternehmen eine Reihe besonderer staatlicher Förderinstrumente, wie z. B. die Richtlinie für die Gewährung von Zuschüssen an kleinere und mittlere Unternehmen des produzierenden Gewerbes für Aufwendungen für das in Forschung und Entwicklung tätige Personal. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kroll-Schlüter (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage A 39): Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Arbeitskreises Deutscher Bildungsstätten, daß die Programme .Politische Bildung außerhalb der Jugendverbände" und .Zentrale Jugendverbände" von der Gefahr finanzieller Auszehrung betroffen sind, und hält die Bundesregierung die deswegen geforderte einmalige Anhebung der Mittelansätze von insgesamt 3,5 Millionen DM für notwendig? Es trifft zu, daß die an der allgemeinen Haushaltslage orientierte finanzielle Fortschreibung des Bundesjugendplanes in den letzten Jahren nicht allen Programmen zugute kommen konnte. Die Zuwachsraten reichten im wesentlichen lediglich zur teilweisen Deckung gestiegener Personalkosten und für unabweisbare Schwerpunktbildungen in Modellprogrammen zum Ausgleich sozialer Benachteiligung; darüber hinaus konnten nur im bescheidenen Umfang in anderen Aufgabenbereichen Starthilfen für neue Träger oder neue Aufgaben gegeben werden. Das hatte auch in den Programmen „Politische Bildung außerhalb der Jugendverbände" und „Zentrale Jugendverbände" zur Folge, daß. Kostensteigerungen durch Reduzierung des Maßnahmen-Volumens und Personalbestandes aufgefangen werden mußten. Die Bundesregierung sieht in der politischen Bildung nach wie vor einen Schwerpunkt außerschulischer Jugendarbeit. Sie hat daher Verständnis für die Sorge der Trägerverbände und wird sich bemühen, im Zuge der Haushaltsberatungen für 1981 zu einer Konsolidierung beizutragen. Dabei wird zu prüfen sein, ob die von den Verbänden geforderte einmalige Anhebung der Mittelansätze nach Art und Umfang, aber auch im Blick auf die anderen Programme des Bundesjugendplanes, vertretbar und realisierbar erscheint. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Krone-Appuhn (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen A 40 und 41): Hält die Bundesregierung auch unter Berücksichtigung der derzeitigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung eine umfassende gesetzliche Regelung des Bildungsurlaubs für zweckmäßig, nachdem sie vor einem Jahr die Absicht bekräftigt hat, gesetzliche Regelungen zum Bildungsurlaub vorzubereiten? Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung zur inhaltlichen Gestaltung eines Bundesbildungsurlaubsgesetzes, insbesondere zu den Bildungsinhalten, zur Dauer der jährlichen Freistellungsmöglichkeit und zur Finanzierung? Zu Frage A 40: Die Bundesregierung bereitet gegenwärtig keine Gesetzesinitiativen zu diesem Fragenbereich vor. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Anspruch auf Freistellung von Arbeitnehmern für Bildungszwecke nur unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Entwicklung ausgeweitet werden kann. Auch ist der Zusammenhang mit Überlegungen der Tarifpartner zur Arbeitszeitverkürzung zu sehen. Zur Zeit werden die Ergebnisse von Modellversuchen ausgewertet. Darüber hinaus hat die Bundesregierung darauf hingewirkt, daß Fragen der Freistellung von der Arbeit für Bildungszwecke in der von Bund und Ländern erarbeiteten Fortschreibung des Bildungsgesamtplanes Berücksichtigung finden. Die Bundesregierung bedauert, daß die notwendige Anhörung der betroffenen Verbände und Institutionen aus Gründen, die sie nicht zu vertreten hat, bisher nicht zustande gekommen ist. Zu Frage A 41: Im Hinblick auf die zu Frage A 40 dargestellte Situation können noch keine Aussagen über Einzel- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16539* heften möglicher bundesgesetzlicher Regelungen gemacht werden. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Höpfinger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen A 42 und 43): Sind die Modellversuche über Bildungsurlaub inzwischen abgeschlossen, und wie sind die Ergebnisse bzw. Zwischenergebnisse zu werten? Welche konkreten gesetzgeberischen Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Modellversuchen? Modellversuche des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft, über die unmittelbar Erkenntnisse über Bildungsangebote für Personen gewonnen werden sollten, die hierfür von der Arbeit freigestellt werden, sind inzwischen abgeschlossen. Die Ergebnisse in bezug auf Bildungsangebote für Betriebsräte wurden bereits im vergangenen August im Bildungszentrum der IG Metall in Sprockhövel der Offentlichkeit vorgestellt. Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Begleitung des umfangreichen Bildungsurlaubs-Versuchs- und -Entwicklungsprogrammes (BUVEP) werden zur Zeit veröffentlicht; vier Bände und eine Kurzfassung liegen bereits gedruckt vor, der Rest erscheint in den nächsten Wochen. Eine erste Einschätzung führt zu dem Ergebnis, daß derartige Bildungsangebote auch bei kurzen Veranstaltungen durchaus zu guten Lernerfolgen führen, wenn sie auf die jeweiligen Adressaten besonders zugeschnitten sind. Wichtige Erkenntnisse erbrachte das Programm in bezug auf Fragen der Zeitorganisation, der Nacharbeit sowie der organisatorischen und inhaltlichen Planung der Veranstaltungen. Besondere Aufmerksamkeit muß darüber hinaus der richtigen Ansprech- und Werbemethode gewidmet werden, will man diejenigen Personengruppen erreichen, die bisher in der Weiterbildung stark unterrepräsentiert sind. Sicherlich ist es noch zu früh, konkrete Konsequenzen aus diesen Ergebnissen zu ziehen, zumal das restliche Material noch nicht vorliegt. Im übrigen verweise ich auf meine schriftliche Antwort vom 5. März 1980 an Frau Abgeordnete Krone-Appuhn. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen A 52 und 53): - Wie beurteilt die Bundesregierung die in den letzten Jahren immer häufiger geführten Klagen von Polizeibeamten über schlechte Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit dem Schichtdienst, und was gedenkt die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern insoweit zu unternehmen? Liegen der Bundesregierung inzwischen die Ergebnisse der Studie vor, die sich mit den Problemen des Wechselschichtdienstes im Polizeibereich befaßt? Die Bundesregierung mißt dem Problem der Schichtarbeit große Bedeutung zu. Im öffentlichen Dienst gibt es solche Probleme nicht nur im Sicherheitsbereich einschließlich der Polizei, sondern auch im Dienstleistungs- und Verkehrsbereich und im Gesundheitsdienst. Da wegen der besonderen Aufgaben des öffentlichen Dienstes für die Allgemeinheit Schichtarbeit in diesen Bereichen nicht eingeschränkt werden kann, muß versucht werden, die mit ihr verbundenen Belastungen so weit wie möglich zu verringern. Die Ständige Konferenz der Innenminister/ -senatoren der Länder hat durch Beschluß vom 27. April 1979 das Land Nordrhein-Westfalen gebeten, ein bundesweites Forschungsprogramm zur Untersuchung der Probleme des Wechselschichtdienstes bei der Polizei Und der Berufsfeuerwehr in Auftrag zu geben. Unabhängig davon werden inzwischen im öffentlichen Dienst des Bundes Erhebungen über Umfang und Art der Schicht- und Nachtarbeit durchgeführt. Nach Auswertung der Ergebnisse der Untersuchung zu treffende Maßnahmen bedürfen einer sorgfältigen Abstimmung mit allen betroffenen Bereichen. Bei der von Ihnen angesprochenen Studie handelt es sich um die Rohfassung eines Gutachtens der von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Unfallforschung beauftragten Forschungsgruppe Arbeit und Gesundheit über Schichtarbeit und Berufsverlauf bei Polizeibeamten in Nordrhein-Westfalen. Sie beruht lediglich auf einer Befragung aktiver und im Ruhestand befindlicher Polizeibeamter und bedarf noch der Objektivierung durch ergänzende wissenschaftliche Arbeiten. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Meininghaus (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen A 54 und 55): Wäre es im Rahmen der humanitären Aufnahmeaktion politisch verfolgter argentinischer Bürger in die Bundesrepublik Deutschland nach Beurteilung der Bundesregierung wünschenswert und einer zügigen, unbürokratischen Abwicklung dienlich, wenn die Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland durch formelle Aufnahmebeschlüsse die Bemühungen der Bundesregierung unterstützen würden? Ist der Bundesregierung bekannt, ob durch die Aufnahmebereitschaft der Kommunen, die durch Gemeinderatsbeschlüsse deklariert wurde, in der Vergangenheit eine Anreise argentinischer politisch verfolgter Bürger beschleunigt werden konnte? Im Rahmen der humanitären Aufnahmeaktion für Flüchtlinge aus Argentinien sind bisher 51 Personen in das Bundesgebiet eingereist. Diese geringe Zahl hat ihren Grund in der restriktiven Erteilung von Ausreiseerlaubnissen durch die argentinischen. Behörden und nicht darin, daß zu wenig Aufnahmeplätze zur Verfügung stünden. Die Bundesländer haben für diese Aufnahmeaktion rund 400 Plätze zur Verfügung gestellt. Damit ist derzeit für jeden Antragsteller, der ausreisen darf, die Aufnahme in die Bundesrepublik Deutsch- 16540* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 land sichergestellt. Deshalb haben Aufnahmebeschlüsse der Kommunen, die grundsätzlich begrüßenswert sind, speziell im Fall der Aufnahmeaktion für politische Flüchtlinge aus Argentinien zur Zeit keine Auswirkung auf die Anzahl der aufgenommenen Personen und die Verfahrensdauer. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage A 57): Teilt die Bundesregierung die in der Stuttgarter Zeitung vom 13. Februar 1980 geäußerte Auffassung von Bundesinnenminister Baum, die Errichtung und Unterhaltung von Sammellagern sei ausschließlich Ländersache, obwohl § 39 des Ausländergesetzes lautet, ,,Die Bundesregierung bestimmt im Benehmen mit der zuständigen Landesregierung die Sammellager für Ausländer', und der Bund in Zirndorf bis zum Jahr 1977 selbst ein Lager unterhalten hat? Bundesminister Baum hat in seinem Interview in der Stuttgarter Zeitung vom 13. Februar 1980 ausgeführt: „Im übrigen bitte ich zu beachten, daß Errichtung und Unterhaltung von Sammellagern ausschließlich Ländersache sind.' Diese Rechtslage ergibt sich aus § 39 des Ausländergesetzes, der der Bundesregierung lediglich eine Bestimmungskompetenz zuweist und ihr keine Kompetenz zur Errichtung und Unterhaltung von Sammellagern für Ausländer gibt. Auch das von der Bundesregierung bestimmte Sammellager für Ausländer in Zirndorf war eine bayerische Einrichtung, die von Bayern auch unterhalten worden ist. Entsprechend hat der Unterausschuß des Rechtsausschusses des Bundesrates am 28. Februar 1978 im Zusammenhang mit dem Antrag des Freistaates Bayern auf Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ausländergesetzes (BR-Drucksache 67/78) festgestellt, daß die Unterbringung asylbegehrender Ausländer eine Verwaltungsaufgabe der Länder sei. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 8/3738 Frage A 60): Wie erklärt sich die Bundesregierung die 1979 erneut gesunkene Verfügbarkeit von Kernkraftwerken, und welche Konsequenzen will sie — insbesondere auf dem Materialsektor — daraus ziehen? Die Bundesregierung nimmt keine eigene spezielle Auswertung der Verfügbarkeiten der Kernkraftwerke vor, da dies keinen sicherheitsrelevanten Sachverhalt darstellt, sondern vorrangig ein betriebstechnisches und betriebswirtschaftliches Problem ist. Die offiziellen Jahresberichte der Betreiber liegen für das Betriebsjahr 1979 noch nicht vor, so daß die in der Presse genannten Durchschnittswerte für dieses Jahr noch nicht im einzelnen überprüfbar sind. Nach meinem gegenwärtigen Kenntnisstand weichen aber die Ergebnisse des Jahres 1979 nicht wesentlich von den vorangehenden Ergebnissen ab. Wie in früheren Betriebsjahren auch, war ein Teil der Stillstandszeiten der Kernkraftwerke im Jahr 1979 durch umfangreiche Materialprüfungen bedingt, deren Ergebnisse in einzelnen Fällen den Austausch etwa von Rohrleitungen bzw. Nachbesserungsarbeiten notwendig gemacht haben. Besonders bei den Siedewasserreaktoren der Baulinie 69 wird die Bundesregierung das vorgesehene Sanierungsprogramm bezüglich der Kühlmittelleitungen wie vorgesehen durchführen. Der Umfang und das Vorgehen hierbei wurde in der Antwort auf die Schriftliche Frage des Kollegen Seefeld vom 18. Mai 1979 (Stenographischer Bericht über die 155. Sitzung, S. 12435) für das Kernkraftwerk Philippsburg I beispielhaft erläutert. Dieses Vorhaben kann bis zu seinem Abschluß noch begrenzte Auswirkungen hinsichtlich der Verfügbarkeit einzelner Anlagen dieses Typs haben. Es ist jedoch nicht daran gedacht, von diesen als notwendig erachteten Maßnahmen aus Verfügbarkeitsgründen abzusehen. Diese Erfahrungen haben die Bundesregierung veranlaßt, parallel zu den Nachbesserungen auf dem Materialsektor ein in wesentlichen Punkten verbessertes Konzept zu entwickeln, das durch entsprechende Auslegung, Werkstoffwahl und Qualitätsgewährleistung während der Herstellung und Verarbeitung derartige Mängel ausschließt. Die Anforderungen für eine derartige sogenannte „basissichere" Auslegung sind zum Beispiel in den RSK-Leitlinien (2. Ausgabe, 24. Januar 1979) im einzelnen spezifiziert und werden bei der Genehmigung von Neuanlagen zugrunde gelegt. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Bahner (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage A 65): Wie hat die Bundesregierung Vorsorge getroffen, daß sich die einzelnen Bundesminister bei den in ihren Haushalten vorgesehenen Förderungsprogrammen für in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Unternehmen nicht mit unterschiedlichen Konditionen und unterschiedlicher Förderungshöhe gegenseitig „Konkurrenz" machen? Die Förderungen der Wirtschaft aus dem Bundeshaushalt haben ebenso wie Steuervergünstigungen in Übereinstimmung mit § 12 Stabilitäts- und Wachstumsgesetz das Ziel, Betriebe oder Wirtschaftszweige aus übergeordneten gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu erhalten, Anpassungen an veränderte Bedingungen zu ermöglichen sowie Produktivitätsfortschritt und Wachstum zu unterstützen. Für die Bundesregierung haben diejenigen Hilfen, die der Anpassung an veränderte Strukturen und der Modernisierung dienen, besonderen Vorrang. Denn es ist unser Ziel, die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft auf ihrem hohen Stand zu halten und ihre ständige Verbesserung zu unterstützen. Derartige Förderungen können auch Unternehmen zugute kommen, die in wirtschaftli- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16541* che Schwierigkeiten geraten sind, sofern es unter beschäftigungspolitischen Gesichtspunkten vor dem Hintergrund der sozialen Stabilität der Bundesrepublik im gesamtwirtschaftlichen Interesse geboten ist, ihnen bei der Anpassung an veränderte Bedingungen zur Seite zu stehen. Dabei kann und darf überhaupt nicht zweifelhaft sein, daß vergleichbare Förderungstatbestände auch mit vergleichbaren Förderhilfen bedacht werden und damit die Gleichartigkeit der Förderung im Sinne der Gleichbehandlung gewährleistet ist. Im einzelnen werden Förderungsprogramme vor einer Entscheidung in Übereinstimmung mit § 70 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien zwischen allen in Betracht kommenden Ressorts eingehend erörtert und beraten. Dabei achtet der Bundesminister der Finanzen zusammen mit dem federführenden Ministerium darauf, daß alle denkbaren Förderungsmöglichkeiten aus den verschiedenen Bereichen des Bundes aufeinander abgestimmt werden. Schon daraus ergibt sich, daß bei der Entscheidung über derartige Förderungsprogramme eine „Konkurrenz" verschiedener Hilfen auszuschließen ist. Auch Maßnahmen von dritter Seite, z. B. der Länder, werden in diese Überlegungen einbezogen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich besonders darauf hinweisen, daß derartige Förderungsprogramme, für die Haushaltsmittel vorgesehen sind, im Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages eingehend beraten und in allen Einzelheiten erörtert werden. Ich wiederhole: Wo im Einzelfall Hilfen gewährt werden, da müssen sie im gesamtwirtschaftlichen Interesse liegen. Hilfen des Bundes setzen außerdem ein überregionales Interesse voraus. Die Konditionen dieser Hilfen richten sich nach den unmittelbaren Erfordernissen des Einzelfalls. Entsprechende Vorprüfungen werden von den beteiligten Bundesressorts, häufig auch unter Mitwirkung des betroffenen Landes und des Unternehmens selbst (z. B. Anteilseigner und Bankengläubiger), mit dem Ziel durchgeführt, die Maßnahmen aufeinander abzustimmen. Auch hier ist eine „Konkurrenz" verschiedener Hilfen auszuschließen. Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Metz (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen A 67 und 68): Zu welchen Konditionen wurden diese Bundeshilfen gewährt? In welchen Fällen ist dabei der Bundeskanzler eingeschaltet worden? Die Förderungen der Wirtschaft aus dem Bundeshaushalt haben ebenso wie Steuervergünstigungen in Übereinstimmung mit § 12 Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes das Ziel, Betriebe oder Wirtschaftszweige •aus übergeordneten gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu erhalten, Anpassungen an veränderte Bedingungen zu ermöglichen sowie Produktivitätsfortschritt und Wachstum zu unterstützen. Es kann und darf überhaupt nicht zweifelhaft sein, daß vergleichbare Förderungstatbestände auch mit vergleichbaren Förderhilfen, das gilt auch hinsichtlich der Konditionen, bedacht und damit die Gleichartigkeit der Förderung im Sinne der Gleichbehandlung gewährleistet ist. Der Herr Bundeskanzler wird bei der Gewährung von Bundeshilfen im Regelfall nicht eingeschaltet. Dies ist ganz ausnahmsweise nur dann der Fall, wenn schwerwiegende wirtschafts- oder arbeitsmarktpolitische Belange im Vordergrund stehen. Anlage 13 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jentsch (Wiesbaden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage 69): Wie hoch sind die jährlichen Steuereinnahmen, die dem Staat durch den Zigarettenkonsum zufließen? Im Haushaltsjahr 1979 sind aus dem Zigarettenkonsum in der Bundesrepublik an Steuern aufgekommen: Tabaksteuer rund 10,395 Mrd. DM. Umsatzsteuer rund 1,995 Mrd. DM. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Lattmann (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen A 70 und 71): Trifft es zu, daß alle Beamten im Deutschen Patentamt in München, obwohl nur wenige von ihnen tatsächlich Geheimsachen bearbeiten, wegen eines angeblich erhöhten Sicherheitsrisikos generell einer Überprüfung gemäß den „Richtlinien für die Sicherheitsüberprüfung von Bundesbediensteten" unterzogen werden, und daß dies für die Betroffenen die Folge hat, daß sie auch private Verbindungen zu Verwandten und Bekannten in der DDR namentlich benennen müssen? Hält die Bundesregierung diese Maßnahmen gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt des Grundgesetzes für angemessen, nach dem auch Deutsche in der DDR die Rechte der Bürger der Bundesrepublik beanspruchen können und also nicht zu befürchten haben sollten, daß ihre Daten in Computersystemen der Geheimdienste von Bundesrepublik und DDR auftauchen und dadurch für sie eine persönliche Gefährdung entstehen kann? Zu Frage A 70: Das Deutsche Patentamt ist wegen seiner Aufgabenstellung und insbesondere wegen der dort zahlreich anfallenden geheim zu haltenden Patentanmeldungen nachrichtendienstlich von besonderem Interesse und bedarf deshalb des Schutzes. Dieser gebotene Schutz vor Spionage wird im Rahmen der von der Bundesregierung beschlossenen Richtlinien gewährt. Ich bitte um Verständnis dafür, daß es mir die Natur der Sache verbietet, die näheren Einzelheiten der Durchführung dieses Geheimschutzes öffentlich darzulegen und zu erörtern. 16542* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Zu Frage A 71: Eine solche Gefährdung dritter Personen durch den Geheimschutz beim Deutschen Patentamt ist ausgeschlossen. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Zeitel (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen A 72 und 73): Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß persönlich haftende Gesellschafter für alle Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen, die vor der Beendigung der Gesellschafterposition bestanden haben, unbefristet haften, und halt die Bundesregierung eine gesetzliche Änderung des bestehenden Gesetzeszustands für angebracht? Plant die Bundesregierung, besonders angesichts der problematischen Nachhaftung für Verbindlichkeiten aus der betrieblichen Altersversorgung, diese Regelung zu ändern? Das Problem der Haftung ausgeschiedener persönlich haftender Gesellschafter für Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Für Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen hat das Bundesarbeitsgericht im Jahre 1977 entschieden, daß der persönlich haftende Gesellschafter auch nach seinem Ausscheiden für vorher begründete, aber erst später fällig werdende Ansprüche weiter haftet. Allgemein für Dauerschuldverhältnisse hat der Bundesgerichtshof im gleichen Jahre entschieden, daß die Haftung des ausgeschiedenen persönlich haftenden Gesellschafters auf den Zeitraum bis zum ersten auf das Ausscheiden .folgenden Kündigungstermin beschränkt sei. Diese Entscheidungen haben in der Zwischenzeit in der Praxis nicht zu Problemen geführt, die ein Eingreifen des Gesetzgebers erforderten. Die Bundesregierung plant daher gegenwärtig nicht, das geltende Recht durch eine Gesetzesinitiative zu ändern. Inhaltlich entspricht im übrigen Ihre Frage im wesentlichen einer in der 109. Sitzung des 8. Deutschen Bundestages beantworteten Frage des Abgeordneten Dr. van Aerssen. Ich darf mich daher auch auf die damalige Antwort der Bundesregierung beziehen. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Biehle (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Frage A 74): Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, daß die kommunalen Mandatsträger (Bürgermeister, Kreis-, Stadt- und Gemeinderäte) nicht nur einen verantwortungsvollen, sondern auch einen z. T. zeitlich sehr aufwendigen Beitrag für das Gemeinwesen leisten, und falls das zutrifft, ist die Bundesregierung bereit. Maßnahmen zu ergreifen, um diese Mandatsträger — wie die Bundestags- und Landtagsabgeordneten — von Wehrübungen zu befreien, damit sie sich uneingeschränkt ihren kommunalen Aufgaben widmen können? Die generelle Freistellung dieser Mandatsträger von Wehrübungen ist nach den Bestimmungen des Wehrpflichtgesetzes nicht möglich. Diese sehen die generelle Freistellung nur für Abgeordnete des Deutschen Bundestages und der Landtage vor. Das öffentliche Interesse an der ausreichenden Wahrnehmung des kommunalen Mandats während einer Wehrübung wird im Einzelfall im Verfahren auf Unabkömmlichstellung und auf Grund der Bestimmungen der Soldatenurlaubsverordnung berücksichtigt. Mandatsträger, die für diese Zeit bei der Ausübung ihres Mandats nicht entbehrt werden können, werden für den Wehrdienst unabkömmlich gestellt. Bei nur zeitweiliger Unentbehrlichkeit werden sie — unter Belassung der Geld- und Sachbezüge — beurlaubt. Mit der generellen Freistellung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der Landtage hat der Gesetzgeber der besonderen Bedeutung der gesetzgebenden Gewalt Rechnung getragen. Er geht davon aus, daß die ungestörte Wahrnehmung der gesetzgeberischen Funktionen uneingeschränkt gewährleistet sein muß. Die kommunalen Vertretungskörperschaften und ihre Mitglieder hingegen sind — wie auch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat — der vollziehenden Gewalt zuzuordnen. Deren Aufgaben kommt — bei aller Anerkennung der ihr zukommenden Bedeutung für das Gemeinwesen — nicht der gleiche Rang zu. Die Bundesregierung hält Maßnahmen zur Änderung der geltenden Bestimmungen nicht für angezeigt. Sie ist der Auffassung, daß die unterschiedliche Behandlung der Mandatsträger, die der gesetzgebenden und die der vollziehenden Gewalt angehören, sachlich gerechtfertigt ist. Die Belange der kommunalen Vertretungskörperschaften sind auch ohne Gleichstellung mit den Gesetzgebungskörperschaften ausreichend gewahrt. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Marx (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage A 75): Welches Ergebnis hatte die vom Regierungssprecherin Aussicht gestellte „eingehende Prüfung" amerikanischer Wünsche, die Bundeswehr möge Transportflugzeuge für amerikanische Soldaten im Zusammenhang mit den Ereignissen im Mittleren Osten bereitstellen? Bisher ist uns ein Wunsch der amerikanischen Regierung an die Bundesregierung zur Bereitstellung militärischen Lufttransportraums nicht bekanntgeworden. Insofern handelt es sich also um eine hypothetische Frage. Ich gehe auch nicht davon aus, daß ein solcher Wunsch isoliert gesehen werden könnte. Mit unseren Partnern in der NATO und in der EG sind wir dabei, der jetzigen Lage angemessene Schritte zu entwickeln. In diesem Rahmen muß am Ende geprüft werden, welchen Beitrag einzelne Staaten leisten werden. Eines steht allerdings fest, und damit komme ich auf Ihre Frage zurück: Ein Einsatz der Bundeswehr außerhalb des NATO-Gebiets steht nicht zur Debatte. Die Möglichkeit, in Einzelfällen Hilfe zu leisten, bleibt davon unberührt. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16543* Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Simonis (SPD) (Drucksache 8/3738 Frage A 76): Treffen Berichte zu nach denen ein Angehöriger der Bundeswehr wegen Tragens seiner Uniform bei einer DGB-Veranstaltung mit vier Tagen Arrest bestraft wurde, und sieht die Bundesregierung bejahendenfalls Möglichkeiten, die entsprechenden Vorschriften so zu ändern, daß das Tragen einer Uniform bei Veranstaltungen demokratischer Institutionen nicht mehr einen Straftatbestand darstellt? Ich gehe davon aus, daß sich Ihre Frage auf den Bericht der Frankfurter Rundschau vom 27. Februar 1980 bezieht, demzufolge ein Stabsarzt der Bundeswehr mit 4 Tagen Disziplinararrest gemaßregelt worden ist, weil er am 1. September 1979 in Mainz an einer vom DGB veranstalteten Kundgebung zur 40. Wiederkehr des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges in Uniform teilgenommen hat. Hierzu ist folgendes festzustellen: Es trifft zu, daß gegen einen Stabsarzt der Bundeswehr eine Disziplinarmaßnahme von 4 Tagen Arrest verhängt worden ist, weil er am 1. September 1979 in Mainz im Rathaussaal in Uniform an einer Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes teilgenommen und sich nach dieser Kundgebung an einem Demonstrationszug vom Rathaussaal zum Theater beteiligt hat. Der Soldat hat gegen diese Disziplinarmaßnahme Beschwerde eingelegt, über die das zuständige Truppendienstgericht noch nicht entschieden hat. Es handelt sich also um ein noch schwebendes Verfahren. Die konkrete Beurteilung muß daher dem Gericht überlassen bleiben. Ich darf hierbei auf folgendes hinweisen: Die Veranstaltungen zur 40. Wiederkehr des Beginns des II. Weltkrieges am 1. September 1979 standen bundesweit unter dem Thema „Für Frieden und Abrüstung". Es war zu erwarten und hat sich bestätigt, daß bei diesen Veranstaltungen die Teilnehmer, die das ganze Spektrum der politischen Landschaft unseres Staates abdeckten, ihre eigenen konkreten Vorstellungen und Forderungen zu diesem Thema propagierten. Die Veranstaltungen waren somit politische Veranstaltungen ungeachtet dessen, wer jeweils der Veranstalter war. § 15 Abs. 3 des Soldatengesetzes verbietet dem Soldaten, in Uniform an solchen Veranstaltungen teilzunehmen. Diese Vorschrift des Soldatengesetzes hindert den Soldaten jedoch nicht, an Veranstaltungen der Gewerkschaften und anderer Berufsorganisationen in Uniform teilzunehmen, wenn diese Veranstaltungen der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder dienen. Die Wahrnehmung des Koalitionsrechtes ist für den Soldaten also in keiner Weise behindert oder erschwert. Die Vorschrift hindert ihn auch nicht, sich wie jeder andere Staatsbürger an politischen Veranstaltungen zu beteiligen, soweit diese sich im Rahmen des Grundgesetzes halten. Aber diese Beteiligung ist seine ganz persönliche Angelegenheit, getrennt von seiner Funktion als Soldat der Bundeswehr. Deshalb verbietet § 15 Abs. 3 des Soldatengesetzes, an politischen Veranstaltungen in Uniform teilzunehmen. Würde man diese gesetzliche Regelung aufgeben, wäre die bisher gelungene parteipolitische Unabhängigkeit der Bundeswehr schwerlich zu gewährleisten. Die Bundesregierung sieht daher keinen Anlaß, auf eine Änderung der geltenden Regelungen zum Uniformtragen hinzuwirken. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Voigt (Sonthofen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen A 77 und 78): Teilt die Bundesregierung die Auffassung junger Ausbilder der Bundeswehr, die laut ,,Pressedienst des Deutschen Bundeswehr-Verbands, 11/80" anläßlich einer Gruppenführertagung feststellten, daß als Grund für die rückläufige Weiterverpflichtungsbereitschaft die mangelnde Attraktivität der Bundeswehr zu suchen sei, sich außerdem neben einer Wiedereinführung der Verpflichtungsprämie auch für eine Minderung der Versetzungshäufigkeit und für eine Einbeziehung der Soldaten auf Zeit in die Arbeitslosenversicherung und die sonstigen-Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz einsetzten? Hält es die Bundesregierung angesichts der Unzufriedenheit der jungen Ausbilder über ihre Ausbildung zum Gruppenführer für erforderlich, durch eine gezielte Vorauswahl und Eignungsüberprüfung sowie durch einen verlängerten Unteroffizierlehrgang entsprechende Verbesserungen zu bewirken? Zu Frage A 77: 1. Die Anzahl der Weiterverpflichtungen ergibt sich zum einen aus der Zahl der Verpflichtungen kurzdienender Soldaten auf Zeit (SaZ 2) zu Dienstzeiten von 3-15 Jahren und zum anderen aus der Zahl der Verpflichtungen längerdienender Soldaten auf Zeit (SaZ 3-15) innerhalb des Zeitraumes von 3-15 Jahren. Die Zahlen des BMVg zeigen, daß die Weiterverpflichtungen seit 1977 ansteigen. 1977 = 16 081 Weiterverpflichtungen 1978 = 16 460 Weiterverpflichtungen 1979 = 17 088 Weiterverpflichtungen Diese Entwicklung wird nach bisherigen Erkenntnissen auch 1980 anhalten. Die Feststellung, die Weiterverpflichtungsbereitschaft sei wegen mangelnder Attraktivität der Bundeswehr rückläufig, trifft daher nicht zu. 2. Zur Stärkung der Verpflichtungsbereitschaft sieht der Entwurf eines 13. Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes, mit dessen Verabschiedung durch die gesetzgebenden Gremien in Kürze gerechnet werden kann, ab 1. Januar 1980 wieder die unbefristete Zahlung der Dienstbezüge an Soldaten auf Zeit ab Dienstantritt vor. Weitere finanzielle Anreize zur Verbesserung der Bewerberlage, so auch die Wiedereinführung der 1976 ausgelaufenen Verpflichtungsprämie, sind derzeit nicht vorgesehen. Die Personalentwicklung der Soldaten auf Zeit wird sorgfältig beobachtet. Bei einem Rückgang der Verpflichtungsbereitschaft werden geeignete Maßnahmen eingeleitet. 16544* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 3. Die Personalführung der Bundeswehr hat sich bemüht, die jährlichen Versetzungen von Soldaten, insbesondere von Soldaten auf Zeit, zu reduzieren. Eine weitere Verringerung wird kaum möglich sein. Die Besonderheiten des Soldatenberufes, die hier nur mit den Stichworten — Erhaltung der Einsatzbereitschaft durch Nachbesetzung freiwerdender Dienstposten — Verwendungsaufbau — Verwendungsbreite gekennzeichnet werden sollen, bedingen eine bestimmte Anzahl von Versetzungen. Zudem wird vermehrt den Versetzungswünschen der Soldaten entsprochen. Es wird deshalb in erster Linie versucht, die mit der Versetzung verbundenen Probleme wie Wohnungswechsel, Schulwechsel der Kinder, Wechsel von Arbeitsverhältnissen der Ehefrau durch gezielte Maßnahmen zu verringern. 4. Zur Verbesserung der sozialen Sicherung ehemaliger Soldaten auf Zeit im Falle der Arbeitslosigkeit nach ihrem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis sind innerhalb der Bundesregierung eine Reihe von Modellen erarbeitet worden. Die Prüfung konnte bisher, nicht zuletzt wegen der hohen finanziellen Auswirkungen, noch nicht abgeschlossen werden. Zu Frage A 78: Die geltenden Regelungen sehen grundsätzlich keine gezielte Vorauswahl für die Ausbildung zum Gruppenführer vor. Diese Auswahl wird jedoch für spezielle Verwendungen (z. B. Fernmeldetruppe ELOKA, Instandsetzungsdienste, Elektronik) durchgeführt. Für die Eignungsüberprüfung gelten die Ernennungs- und Verwendungsgrundsätze des § 3 Soldatengesetz. Danach ist der Soldat nach Eignung, Befähigung und Leistung zu ernennen und zu verwenden. Diese Kriterien müssen im Rahmen der Ausbildung zum Gruppenführer in mindestens ausreichendem Maße erfüllt werden. Für Soldaten, die nach § 13 Soldatenlaufbahnverordnung mit dem Dienstgrad Unteroffizier eingestellt werden, wird die Eignungsüberprüfung während der regelmäßig vier Monate dauernden Eignungsübung vorgenommen. Unabhängig von diesen Feststellungen kann ich mitteilen, daß der Bundesminister der Verteidigung bereits im Juni 1979 angeordnet hat, die Situation der jungen Unteroffiziere zu untersuchen und Vorschläge zur Verbesserung der Ausbildung zu erarbeiten. Das Untersuchungsergebnis wurde dem Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages vorgelegt und in den Ausschußsitzungen am 16. und 23. Januar 1980 beraten. Am 4. März 1980 hat der Bundesminister der Verteidigung nunmehr entschieden, daß — die Ausbildung zum Unteroffizier/Maat von 12 auf 15 Monate verlängert wird — die Unteroffiziere/Maate einheitlich frühestens nach dem 15. Dienstmonat befördert werden — der Beginn für die Umstellung der Ausbildung auf den 1. Juli 1980 festgesetzt wird. Wesentliche Merkmale dieser Entscheidung sind die Verbesserung der Ausbildung in den allgemeinmilitärischen Ausbildungsteilgebieten (Menschenführung, Politische Bildung usw.) und die Verlängerung der Stehzeit in der Truppe vor der Beförderung zum Unteroffizier/Maaten. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Müller (Schweinfurt) (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen A 79 und 80): Kann die Bundesregierung Meldungen bestätigen, nach denen als Folge der Langzeiteinnahme von Antibabypillen in den letzten zehn Jahren die Anzahl der Erkrankungen an Lebertumoren bei Frauen deutlich angestiegen sein soll? Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über positive und negative gesundheitliche Auswirkungen der Antibabypille insbesondere bei kontinuierlicher Einnahme über zehn oder mehr Jahre? Zu Frage A 79: Wie bereits in der Fragestunde am 13. Februar 1980 ausgeführt wurde, ist der Bundesregierung bekannt, daß es bei langjähriger Einnahme von hormonellen Kontrazeptiva in sehr seltenen Fällen zu Leberveränderungen kommen kann. Nach unserem derzeitigen Erkenntnisstand ist für Frauen, die hormonelle Kontrazeptiva nehmen, das Risiko sehr gering, an einem Leberzelladenom (das ist ein gutartiger Tumor der Leber) zu erkranken. Nach statistischen Beobachtungen aus den USA liegt die Häufigkeit einer solchen Erkrankung bei einem Fall pro Jahr bezogen auf 80 000 Benutzerinnen. In der deutschen Literatur liegen nur wenige Originalmitteilungen vor. Zu Frage A 80: Aus dem z. Zt. vorliegenden Schrifttum kann folgendes entnommen werden: In einem positiven Sinne werden z. B. beeinflußt gesundheitliche Störungen beim Ablauf der Regelblutung, Akne und Seborrhoe (Hauterkrankungen im Zusammenhang mit einer starken Talgsekretion). Hormonelle Kontrazeptiva vermindern das Auftreten gutartiger Tumore der Brustdrüsen, der Gebärmutter und der Eierstöcke, sie verhindern das Auftreten einer Eisenmangelanämie bei Störungen der Regelblutung. Die Schutzwirkung nimmt mit der Einnahmedauer zu. Unerwünschte Wirkungen nach Einnahme hormoneller Kontrazeptiva wurden teilweise schon nach vier Wochen, zum Teil erst nach mehreren Jahren beobachtet. Der Beobachtungszeitraum lag bei der Mehrzahl "der Fälle unter zehn Jahren. Als schwerwiegende unerwünschte Wirkungen werden genannt: Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16545* Leberzelladenome in einer Häufigkeit von 6 zu 100 000 Frauenjahren und Störungen der Blutgerinnung. Insgesamt liegt die Häufigkeit fünfmal höher bei Frauen mit hormonellen Kontrazeptiva als bei Frauen ohne Kontrazeptiva. Bei Frauen über 30 Jahren nimmt die Häufigkeit signifikant zu. Insgesamt liegt die Häufigkeit dieser unerwünschten Wirkungen bei Benutzerinnen von hormonellen Kontrazeptiva bei 70 zu 100000 Frauenjahren gegenüber 20 zu 100 000 Frauenjahren bei Nichtbenutzerinnen von hormonellen Kontrazeptiva. Als weniger gravierende unerwünschte Wirkungen werden beschrieben Ikteros, Neigung zu Gallensteinbildung, Entzündung der Bauchspeicheldrüse, Migräne, Sehstörungen, Zuckerstoffwechselstörungen, Blutdruckanstieg. Hormonelle Kontrazeptiva gelten nach dem gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis als die mit dem größten Sicherheitsfaktor versehenen Mittel zur Empfängnisverhütung. Das gilt auch trotz ihrer möglichen negativen Wirkungen. Ihre Verordnung erfordert ein sorgfältiges Abwägen der in Kauf zunehmenden unerwünschten Wirkungen gegen den erwünschten Effekt. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Jentsch (Wiesbaden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage A 81): Wie hoch sind die Mittel, die von der Bundesregierung für die Aufklärung über die Gesundheitsschäden des Rauchens jährlich bereitgestellt werden? 1979 hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die den Bereich gesundheitliche Aufklärung über Rauchen wahrnimmt, 670000 DM .speziell für Maßnahmen gegen das Rauchen ausgegeben. Für 1980 sind 1,2 Millionen DM vorgesehen. Derselbe Betrag ist — vorbehaltlich der entsprechenden Mittelbewilligung durch den Bundestag — für 1981 geplant. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Kirschner (SPD) (Drucksache 8/3738 Frage A 82): Welche wirtschaftlich gesicherten Erkenntnisse liegen der Bundesregierung hinstlich der epidemiologischen Krebsforschung zur Zahl der jährlichen Neuerkrankungen auf diesem Gebiet sowohl des Bestands der Krebskranken als auch deren Sterblichkeit (Morbidität) vor? Im Jahre 1978 sind in der Bundesrepublik Deutschland 155 000 Personen an einem Krebsleiden gestorben bei einer Gesamtzahl der Sterbefälle von 723 000. Hinsichtlich der jährlichen Neuerkrankungen wie des Bestandes an Krebskranken muß auf Schätzungen zurückgegriffen werden. Fachleute rechnen mit einem Neuzugang von jährlich ca. 230 000 Krebskranken und einem Bestand von ca. 700 000 Patienten. Aussagen, die von knapp zwei Millionen Krebskranken in der Bundesrepublik Deutschland sprechen, erscheinen nicht zutreffend. Gesicherte Erkenntnisse liegen auf Grund des Fehlens eines ausreichenden Krebsmorbiditätsregisters derzeit nicht vor. Nach Ausbau der epidemiologischen Register in Münster und Stuttgart wird jedoch zusammen mit den Registern in Hamburg und im Saarland ein repräsentativer Bevölkerungsanteil erfaßt sein, womit aussagefähige Ergebnisse über Krebserkrankungen erwartet werden können. Im Krebsbericht der Bundesregierung sind zu diesem Themenkomplex weiterreichende Ausführungen gemacht worden. Anlage 23 Antwort des Staatsministers Huonker auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage A 83): Wen versteht der Bundeskanzler unter dem Begriff „reaktionäre Presse"? Gemeint sind einzelne deutsche Presseorgane, in denen Verfechter einer rückwärtsgewandten, auf innen- und außenpolitische Konfrontation zielenden Politik Stimmungsmache betreiben, wozu ihnen fast jedes Mittel — und fast jede, auch obskure Informationsquelle — recht ist. Anlage 24 Antwort des Staatsminster Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hupka (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage A 94): Welche Möglichkeiten konnten von der Bundesregierung seit Abschluß der Ostverträge dahin gehend genutzt werden, mit Lehrern der deutschen Sprache in Osteuropa die Verbindung aufzunehmen und ihnen die Fortsetzung deutscher Sprachstudien zu eröffnen? Seit 1973 werden die Stipendien des Goethe-Instituts für dreiwöchige Fortbildungskurse in der Bundesrepublik regelmäßig von Deutschlehrern aller osteuropäischen Staaten außer der CSSR in Anspruch genommen (1979 insgesamt 105 Stipendiaten). Darüber hinaus hat das Goethe-Institut in den letzten Jahren in Rumänien und Jugoslawien Fortbildungskurse für einheimische Deutschlehrer veranstaltet. In Jugoslawien ist überdies seit kurzem ein Fachberater der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen tätig, der sich voll der Fortbildung jugoslawischer Deutschlehrer widmet. Schließlich kommen auch die Maßnahmen des DAAD, also die Arbeit der Lektoren in Rumänien und Jugoslawien, der Austausch von Germanisten und die Vergabe 16546* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 von Germanistikstipendien den zukünftigen Deutschlehrern in Osteuropa zugute. Anlage 25 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Francke (Hamburg) (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 1 und 2): Ist die Bundesregierung bereit, Initiativen zu ergreifen, deutsch als Amtssprache bei der OECD einzuführen? Hat die Bundesregierung in der Vergangenheit diesbezüglich nichts unternommen, obwohl gerade die Bundesrepublik Deutschland einen hohen Beitrag zum Haushalt dieser Organisation leistet, und warum hat sie gegebenenfalls nichts unternommen? 1. Es ist nicht beabsichtigt, eine neue Initiative zur Einführung der deutschen Sprache als Amtssprache bei der OECD zu ergreifen, weil die unter 2. erläuterte gegenwärtige Regelung unseren Belangen ausreichend Rechnung trägt. Ein erneuter Antrag würde voraussichtlich gleichgeartete Schritte anderer Mitgliedsstaaten mit ähnlicher Interessenlage nach sich ziehen (Japan, Italien, Spanien). Die damit verbundene Ausweitung der Übersetzungs- und Verwaltungsdienste würde einen erheblichen Mehraufwand verursachen, der in keinem angemessenen Verhältnis zum erzielten Effekt stünde. 2. Deutsch ist seit Gründung der OECD im Jahre 1961 als Arbeitssprache eingeführt. Zunächst war dies nur auf zeitlich begrenzter Basis mit jeweiliger Verlängerung möglich. 1967 und in den folgenden Jahren hat die Bundesregierung mehrfach geprüft, inwieweit die Aufnahme von deutsch als Amtssprache möglich ist. Als durch Ratsbeschluß vom 17. September 1970 festgelegt wurde, daß deutsch unbefristet Arbeitssprache und der deutsche Übersetzungsdienst Teil der Organisation ist, wurden diese Bemühungen aus den unter 1. genannten Gründen nicht weiter verfolgt. Der deutsche Übersetzungsdienst bei der OECD übersetzt nach den Wünschen der Bundesregierung im Rahmen seiner Kapazitäten (5 OECD-Bedienstete des Höheren Dienstes) wichtige Dokumente, darunter Wirtschafts-Länderberichte, Jahresbericht des Entwicklungshilfe-Ausschusses und IEA-Dokumente. Für Ministerkonferenzen und andere besonders wichtige Tagungen werden Arbeitspapiere sowie Presse- und Schlußkommuniqués ins Deutsche übersetzt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, auf Antrag Dolmetscherdienste für das SimultanDolmetschen von deutsch in die Amtssprachen und von diesen ins Deutsche bei Konferenzen einzusetzen. Von dieser Möglichkeit wird bei allen Ministerkonferenzen, IEA-Verwaltungsratstagungen etc. Gebrauch gemacht. Anlage 26 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 5 und 6): Wieviel Prozent tragen die USA, die Bundesrepublik Deutschland, die Sowjetunion und die OPEC-Staaten zum Etat der Vereinten Nationen bei, und welche Bemühungen unternimmt die Bundesregierung, um zu einer gerechteren Verteilung dieser Lasten zu kommen? Entspricht es den Tatsachen, daß in der UNO 10 v. H. der Weltbevölkerung eine Zweidrittelmehrheit in der Vollversammlung herbeiführen können, und wie beurteilt die Bundesregierung gegebenenfalls diesen Sachverhalt? Zu Frage B. 5: Die USA tragen 25 %, die UdSSR 11,10 %, wir selbst 8,31 % und die OPEC-Staaten 2,89 % zum Haushalt der Vereinten Nationen für 1980/81 bei. Die Berechnung beruht auf Beschlüssen der Generalversammlung. Danach werden die Beitragsanteile im wesentlichen nach den Kriterien der Bevölkerungszahl und des Bruttosozialprodukts der Mitgliedstaaten ermittelt. Diese Berechnungsgrundlage wurde bislang von allen Staaten als verbindlich akzeptiert. Ob andere Maßstäbe für die Ermittlung der Beitragshöhe Aussicht auf allgemeine Anerkennung hätten, ist fraglich. Über die genauen Beitragsanteile, die regelmäßig den sich ändernden Voraussetzungen bei den Mitgliedstaaten anzupassen sind, wird im Beitragsausschuß, im Beratenden Ausschuß für Verwaltungs- und Haushaltsfragen (einem Unterausschuß des 5. Ausschusses der VN-Generalversammlung) und schließlich im 5. Ausschuß verhandelt. Als einer der wichtigsten Beitragszahler gehört die Bundesrepublik Deutschland zu den jeweils 13 Mitgliedern des Beitragsausschusses und des Beratenden Ausschusses. Sie setzt sich in diesen Gremien intensiv für eine möglichst gerechte Bemessung nicht zuletzt auch ihres eigenen VN-Beitrags im Rahmen des gegebenen Bewertungsmodus ein. Zu Frage B 6: Das Prinzip „ein Staat — eine Stimme" ist in der Charta der Vereinten Nationen verankert. Bei der gegenwärtigen Zusammensetzung der Generalversammlung entfallen danach mehr als 100 Stimmen auf Staaten mit einer Bevölkerung von bis zu 10 Millionen Einwohnern. Sie repräsentieren insgesamt nur etwa 10% der Weltbevölkerung. Darunter befinden sich auch 12 westeuropäische Staaten. Faßt man lediglich die VN-Mitgliedstaaten mit bis zu 1 Million Einwohnern zusammen, ergeben sich nur 30 Stimmen, d. h. ein Fünftel der VN-Mitglieder. Würden sich alle 100 Staaten zu gemeinsamer Stimmabgabe zusammenfinden, würden sie in der Tat über eine Zweidrittelmehrheit verfügen. Dieser rein rechnerischen Betrachtungsweise kommt jedoch in Wirklichkeit nur sehr eingeschränkte Bedeutung zu. Zwar gehört der größte Teil der kleinen Staaten zur Dritten Welt, deren Stimmgewicht dadurch erheblich verstärkt wird; wie bekannt, stellt aber die Dritte Welt trotz Gemeinsamkeiten in vie- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16547* len Bereichen keinen geschlossenen Block dar. Die einzelnen Staaten ordnen sich — je nach Themenstellung — unterschiedlichen Gruppierungen zu und zeigen ein differenziertes Stimmverhalten. Die Bundesregierung bejaht den Grundsatz der Charta der Vereinten Nationen, die jedem Staat volle, gleichberechtigte Mitwirkung in der Weltorganisation gewährt. Nur dadurch ist partnerschaftliche Zusammenarbeit aller Staaten in einer universalen Organisation auf der Basis der Gleichberechtigung möglich. Die Vereinten Nationen können ihre zentrale Funktion als Forum des Dialogs und der Verhandlung nur erfüllen, wenn alle Staaten in ihnen vertreten sind und sich auch kleine und kleinste Staaten aus allen Teilen der Welt — auch aus Europa — in diesem weltweiten Rahmen Gehör verschaffen können. Anlage 27 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Ey (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 7): Liegen der Bundesregierung gesicherte Erkenntnisse über die Anwendung von Napalmbomben durch die sowjetischen Besatzungstruppen in Afghanistan vor? Die Bundesregierung hat keine gesicherte Kenntnis, daß die Sowjetstreitkräfte in Afghanistan Napalmbomben angewendet haben. Presseberichte und Hinweise, daß Napalmbomben abgeworfen wurden, sind bisher nicht bestätigt worden. Der Bundesregierung liegen keine Informationen darüber vor, daß unter den afghanischen Flüchtlingen in Pakistan Personen mit typischen Napalmverbrennungen aufgetreten sind. Anlage 28 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 8): Wurde der „Schriftsteller" Bernd Engelmann vom Goethe-Institut zu Vorträgen/Dichterlesungen ab 1970 im Ausland eingesetzt, und wenn ja, welche Geldzuwendungen hat er hierfür erhalten, und ist dies mit dem Auswärtigen Amt und den jeweiligen Botschaftern einvernehmlich abgestimmt worden? Die Zentralverwaltung des Goethe-Instituts hat den Schriftsteller Bernd Engelmann nicht zu Vorträgen oder Dichterlesungen im Ausland eingesetzt. Anlage 29 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Kolb (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 9, 10 und 11): Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, wie viele Bundesbeamte am 31. Dezember 1969 in den Besoldungsgruppen A 13 bis A 16 beschäftigt waren, und wie hoch das durchschnittliche Entgelt einschließlich aller Zulagen je Gruppe war? Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, wie viele Bundesbeamte am 31. Dezember 1969 in den Besoldungsgruppen B 1 bis B 11 je Gruppe beschäftigt waren? Ist die Bundesregierung in der Lage anzugeben, wie hoch das durchschnittliche Entgelt aller Zulagen in den Besoldungsgruppen B 1 bis B 11 je Gruppe war? Erhebungen, aus denen sich auch die Besoldungsgruppen der Beamten ergeben, werden erst seit 1974 alle drei Jahre durchgeführt. Die erbetenen Angaben können deshalb nur aufgrund einer einmaligen, zum 2. Oktober 1968 erfolgten Erhebung, bei der auch die Besoldungsgruppen erfaßt wurden, mitgeteilt werden. Die Zahlen lauten für den unmittelbaren Bundesdienst einschl. Bundesbahn und Bundespost wie folgt: A 13 (geh. D.) — 2 001 A 13 (höh. D.) — 4 508 A 14 — 5 199 A 15 — 2 853 A16 — 1285 B 1 — 58 B 2 — 148 B 3 — 453 B4 — 1 B 5 — 478 B 6 — 48 B 7 — 53 B 8 — 117 B9 — 3 B10 — 19 B 11 — 34 Im Gegensatz zur Erhebung aus dem Jahre 1977, auf die in der Antwort auf Ihre Schriftlichen Fragen für die Fragestunden im Deutschen Bundestag am 27./28. Februar 1980 abgestellt worden ist, enthalten die vorstehenden Zahlen nicht den Personalstand des Bundesgrenzschutzes. Die für die. Besoldungsgruppe B 11 zum Erhebungszeitpunkt 30. Juni 1977 angegebene Zahl von 57 umfaßte im Gegensatz zu der jetzt für den 2. Oktober 1968 mitgeteilten Angabe auch Empfänger von Bezügen, die nicht Beamte sind, jedoch nach den allgemeinen Hinweisen zur Statistik über den Personalstand der Besoldungsgruppe B 11 zugerechnet worden sind (z. B. die Mitglieder der Bundesregierung); ohne diese Fälle lautet die entsprechende Zahl für den Zeitpunkt 30. Juni 1977: 34. 16548* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Für das Jahr 1969 stehen statistische Angaben über Durchschnittsentgelte nicht zur Verfügung. Im Jahre 1968 ist eine Gehalts- und Lohnstrukturerhebung im öffentlichen Dienst durchgeführt worden. Die Angaben aus dieser Statistik werden zusammen mit den Zahlen für 1979, die Sie in den oben erwähnten Schriftlichen Fragen erbeten hatten, nachgereicht. Anlage 30 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Laufs (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 12, 13 und 14): Beabsichtigt die Bundesregierung, die in zunehmender Zahl bekannt werdenden Forschungsergebnisse über steigende Strahlenbelastung der Bevölkerung durch Radon bei zurückgehenden Luftwechselraten in wärmedichten Wohnungen zum Anlaß zu nehmen, ihre Empfehlungen zum Energiesparen entsprechend abzuändern? Welches sind die Grande dafür, daß Beamte und Angestellte aus dem Bereich Besoldungsreform des Bundesinnenministeriums in den Bereich Reaktorsicherheit und Entsorgung versetzt wurden? Welche Vorstellungen hat der Bundesminister über die Organisation und den Arbeitsablauf der geplanten Bund/Länderkommission für die Entsorgung der Kernkraftwerke? Zu Frage B 12: Wissenschaftliche Untersuchungen über die Strahlenbelastung in Wohn- und Aufenthaltsräumen durch die Inhalation von Radon, das aus Baustoffen freigesetzt wird, und seinen Folgeprodukten werden seit einigen Jahren durchgeführt. Im Rahmen dieser Forschungsvorhaben wird auch der Zusammenhang zwischen Luftwechselrate und Radonkonzentration untersucht. Die Frage, ob aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse bereits konkrete Empfehlungen für die Höhe der Luftwechselrate angesprochen werden müssen, kann jedoch erst dann beantwortet werden, wenn die vorliegenden Verhältnisse präziser analysiert und das Strahlenrisiko, das mit der Inhalation von Radon und seinen Folgeprodukten in Wohn- und Aufenthaltsräumen verbunden sein könnte, mit hinreichender Sicherheit abgeschätzt werden kann. Zur Frage B 13: Umsetzungen von Beamten und Angestellten zwischen den elf Abteilungen des Bundesministeriums des Innern erfolgen im Hinblick auf die Aufgabenvielfalt dieses Hauses regelmäßig. In diesem Rahmen ist auch — nur — ein Beamter aus der früheren Arbeitsgruppe D IV — Reform des öffentlichen Dienstrechts — in das neugebildete Referat „Bundesaufsicht über die Fachkunde von Personal in kerntechnischen Anlagen und Einrichtungen" umgesetzt worden. Für diese Umsetzung war maßgebend, das hervorragende Fachwissen dieses Beamten aus dem früheren Aufgabengebiet für die neue, bedeutende Aufgabe zu nutzen. Zu Frage B 14: Die Regierungschefs des Bundes und der Länder hatten am 28. 9. 1979 u. a. vereinbart, daß unter der Federführung des Bundes und unter Begleitung durch den Bund/Länder-Ausschuß für Atomkernenergie für Mitte der 80er Jahre eine Entscheidung über die dann einzuschlagende Entsorgungsstrategie vorbereitet wird. Zur Durchführung dieses Beschlusses sind im BMI drei Arbeitsbereiche eingerichtet worden. Ihre Aufgabe besteht keinesfalls darin, ein später allfälliges, konkretes Genehmigungsverfahren zu ersetzen; sie sollen jedoch dazu beitragen, derartige spätere Verfahren dadurch wesentlich vorzubereiten und zu verkürzen, daß bereits aufbereitete Planungsunterlagen vorab und standortunabhängig, gewissermaßen in einem „simulierten Genehmigungsverfahren", soweit wie möglich auf ihre Genehmigungsfähigkeit hin geprüft und optimiert werden. Im Hinblick auf ihre Zielsetzung setzen diese Arbeiten — wie von den Regierungschefs von Bund und Ländern zutreffend erkannt — voraus, daß sie in enger Abstimmung mit den Ländern durchgeführt werden. Es ist deshalb vorgesehen, beim Bund/Länder-Ausschuß für Atomkernenergie eine Arbeitsgruppe „Entsorgung" einzurichten, in der alle interessierten Länder sowie die betroffenen Bundesressorts vertreten sind. Je nach Bedarf sollen auch Sachverständige, z. B. aus Reaktorsicherheits-Kommission, Strahlenschutzkommission, PhysikalischTechnische Bundesanstalt hinzugezogen werden. Die genannten Arbeitsbereiche beim BMI werden die Beratungsunterlagen der Arbeitsgruppe „Entsorgung" erarbeiten bzw. zusammenstellen und jeweils Vorschläge für das weitere Vorgehen unterbreiten. Auf diese Weise soll kontinuierlich gewährleistet werden, daß der Sachverstand und die Erfahrungen der atomrechtlichen Genehmigungsbehörden der Länder bei der weiteren Entwicklung der Entsorgungsmöglichkeiten berücksichtigt werden und die in etwa 5 Jahren zu treffende Entscheidung über die endgültig einzuschlagende Entsorgungsstrategie von allen Ländern mitgetragen wird. Bei den Arbeiten wird insbesondere auch dem Mandat der Konferenz der Regierungschefs von Bund und Ländern hinsichtlich der Untersuchung alternativer Entsorgungsmöglichkeiten Rechnung getragen werden. In diesen von den bereits erwähnten Arbeitseinheiten des BMI durchzuführenden „simulierten Genehmigungsverfahren" wird der BMI die Rolle einer „simulierten Genehmigungsbehörde", die Deutsche Gesellschaft zur Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen — zumindest für die Alternative der Wiederaufarbeitung — in dieser Phase die Rolle des „simulierten Antragstellers", und vermutlich ein TÜV die Rolle des „simulierten zugezogenen Sachverständigen" nach § 20 AtG spielen. Zur Zeit sind die entsprechenden Arbeitseinheiten des BMI darum bemüht, in intensiven Gesprächen zwischen allen Beteiligten einen Arbeitsplan und erste Beratungsunterlagen für dieses Verfahren aufzustellen. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16549* Anlage 31 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Conradi (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen B. 15 und 16): Bleibt die Bundesregierung bei ihrer Auffassung, die Mitgliedschaft oder Kandidatur für eine Partei, die Ziele der in Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes genannten Art verfolgt, sei für sich allein betrachtet noch kein sicherer Beweis für eine Treuepflichtverletzung, vielmehr komme es darauf an, ob der Beamte in seinem Gesamtverhalten den Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlassen habe? Warum läßt es die Bundesregierung zu, daß der Bundesdisziplinaranwalt nicht prüft, ob ein Beamter in seinem Gesamtverhalten die freiheitlich-demokratische Grundordnung verlassen hat, sondern statt dessen behauptet, die Funktion oder Kandidatur für eine Partei, die Ziele der in Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes genannten Art verfolgt, sei automatisch eine Treuepflichtverletzung? Zu Frage B 15: Die Bundesregierung verweist auf ihre Antwort zu den Fragen 7 und 8 der Kleinen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (Drucksache 8/3611) und auf die dortige Antwort zu Frage 12 sowie die darin erwähnten früheren Antworten in den Fragestunden des Deutschen Bundestages. Zu Frage B 16: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom 22. Mai 1975 festgestellt, daß die Entfernung aus dem Dienst wegen Verletzung der politischen Treuepflicht „nur auf Grund eines begangenen konkreten Dienstvergehens möglich" ist. Ein Dienstvergehen liegt nur vor, wenn im Einzelfall ein Beamter die ihm obliegende Pflicht objektiv verletzt und hierbei schuldhaft handelt. Nach § 26 BO sind bei dem Verdacht eines Dienstvergehens die Dzur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Ermittlungen durchzuführen, wobei die belastenden, die entlastenden und die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bedeutsamen Umstände einzubeziehen sind. Der von der Bundesregierung vertretene Grundsatz der Einzelfallprüfung findet daher auch in dem gesetzlich geordneten Disziplinarverfahren Anwendung und ist von dem die Vorermittlungen durchführenden Dienstvorgesetzten zu beachten. Die Bundesregierung geht davon aus, daß auch der Bundesdisziplinaranwalt in jedem Einzelfall prüft, ob die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für ein Dienstvergehen wegen Verletzung der politischen Treuepflicht erfüllt sind. Die Vorermittlungsakten und der Bericht des mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestatteten Untersuchungsführers werden dem Gericht vom Bundesdisziplinaranwalt mit der Anschuldigungsschrift vorgelegt. Damit ist auch dem Gericht die Einzelfallprüfung unter Gesamtwürdigung des persönlichen Verhaltens des Betroffenen möglich. Anlage 32 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Coppik (SPD) (Drucksache 8/3738 Frage B 17): Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Bundesdisziplinaranwalts, er verfüge über das Machtmittel, unter Umständen auch einmal einen Bundesminister zu zwingen, etwas zu tun, das nach seiner Beurteilung nicht erforderlich ist, oder ist sie der Auffassung, daß der Bundesdisziplinaranwalt an Weisungen der Bundesregierung gebunden ist und bei Nichtbefolgung von Weisungen auch gegen seinen Widerspruch in ein anderes Amt der gleichen Besoldungsgruppe versetzt werden kann? Nach § 39 BDO kann der Bundesdisziplinaranwalt die Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens beantragen, wenn im Verfahren voraussichtlich auf Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt, auf Entfernung aus dem Dienst oder Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Auch wenn ein Bundesminister als zuständige Einleitungsbehörde diese Voraussetzung nicht als erfüllt ansieht, ist nach § 39 BDO einem solchen Antrag des Bundesdisziplinaranwalts zu entsprechen. Die Versetzung eines Beamten in ein anderes Amt ist nach § 26 BBG ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn ein dienstliches Bedürfnis besteht und das neue Amt derselben oder einer gleichwertigen Laufbahn angehört wie das bisherige Amt und mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist. Anlage 33 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Voigt (Frankfurt) (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen B 18 und 19): Ist die Bundesregierung der Auffassung, der Bundesdisziplinaranwalt habe eine Richtlinienkompetenz gegenüber der Bundesregierung zur Auslegung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts? Gehört es zu den Pflichten des Bundesdisziplinaranwalts, auch die einen einer Treuepflichtverletzung beschuldigten Beamten entlastenden Gesichtspunkte und Tatsachen, z. B. aus den Vorermittlungen, in das Verfahren einzubringen, und kann eine Unterlassung dieser Pflicht eine Dienstpflichtverletzung des Bundesdisziplinaranwalts begründen? Zu Frage B 18: Der Bundesdisziplinaranwalt hat gegenüber der Bundesregierung keine Richtlinienkompetenz zur Auslegung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und eine solche auch zu keinem Zeitpunkt beansprucht. Zu Frage B 19: Der Bundesdisziplinaranwalt fertigt die Anschuldigungsschrift nach dem Ergebnis der Vorermittlungen und der Untersuchung. im förmlichen Disziplinarverfahren, das er zu beurteilen und rechtlich zu würdigen hat. Gegenstand der Entscheidung des Gerichts ist die Anschuldigungsschrift. Dem Gericht liegen jedoch auch die Vorermittlungsakten und die Untersuchungsakten vor, die ihm ein Bild über die im vorgerichtlichen Verfahren getroffenen Feststellungen, die Einlassung des Beamten und die Beweiserhebungen vermitteln. 16550* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Anlage 34 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Brandt (Grolsheim) (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen B 20 und 21): Weiß die Bundesregierung, daß der Innenausschuß des Bundestages in seinem Bericht zur Novellierung der Bundesdisziplinarordnung erklärt hat, .Dem Bundesdisziplinaranwalt ist (um das Ermessen der zuständigen Behörde nicht mehr als erforderlich einzuengen) das Antragsrecht ... nur noch in besonders schwerwiegenden Fällen vorbehalten worden. Dabei geht der Ausschuß von der Erwartung aus, daß der Bundesdisziplinaranwalt sich dieses Rechts mit der gebotenen Zurückhaltung bedient", und bleibt die Bundesregierung bei ihrer Auffassung, nicht der Bundesdisziplinaranwalt, sondern die Bundesregierung habe sich zurückzuhalten? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß sie in allen Fallen, in denen die Einleitungsbehörde nach gewissenhafter Prüfung zu der Oberzeugung kommt, daß eine förmliche Ahndung nicht gerechtfertigt ist, das Disziplinarverfahren zwingend einstellen muß und die Entscheidung nicht aus anderen Erwägungen — etwa weil sie eine gerichtliche Entscheidung für zweckmäßiger halt — dem Disziplinargericht überlassen darf? Zu Frage B 20: Bei der Novellierung der Bundesdisziplinarordnung hat der Gesetzgeber die Institution des Bundesdisziplinaranwalts bestätigt, um eine einheitliche Ausübung der Disziplinargewalt zu sichern. Er wollte es damit nicht in das alleinige Ermessen der Einleitungsbehörden stellen, ob und wie die Disziplinargewalt ausgeübt wird, sondern in schweren Disziplinarfällen die Befassung der Gerichte ermöglichen. Der in Ihrer Frage zitierte Schriftliche Bericht des Innenausschusses (Drucksache V/1693) bezieht sich auf das Recht des Bundesdisziplinaranwaits, in besonders schwerwiegende Fällen die Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens zu erzwingen (§ 39 BDO). Der Bundesdiziplinaranwalt hat von dieser Möglichkeit in den Jahren 1968 bis 1978 bei insgesamt rund 7 000 förmlichen Disziplinarverfahren lediglich in 17 Fällen Gebrauch gemacht. Zu der nach Auffassung der Bundesregierung gebotenen Zurückhaltung bei der Ausübung des Weisungsrechts verweise ich auf die Antwort zur Frage Nr. 31 des Abgeordneten Kühbacher. Zu Frage B 21: Im nichtförmlichen Disziplinarverfahren kann nach dem Ergebnis der Vorermittlungen die Einstellung des Verfahrens durch den Dienstvorgesetzten in Betracht kommen, wenn ein Dienstvergehen nicht festgestellt wurde oder der Dienstvorgesetzte eine Disziplinarmaßnahme nicht für angezeigt oder nicht für zulässig hält (§ 27 BDO). Im förmlichen Diziplinarverfahren kann die Einleitungsbehörde nach § 64 Abs. 2 BDO das Verfahren, solange es noch nicht bei dem Bundesdisziplinargericht anhängig ist, einstellen, wenn sie dies nach dem Ergebnis der Untersuchung oder aus anderen Gründen für angebracht hält. Die jeweils zuständige Behörde hat diese Entscheidungen nach dem Ergebnis ihrer gewissenhaften Prüfung der Sach- und Rechtslage zu treffen. Wenn der Bundesdisziplinaranwalt mit der Entscheidung nicht einverstanden ist und von den in der Bundesdisziplinarordnung vorgesehenen Rechten Gebrauch macht, um das Verfahren fortzuführen, ergibt sich die Möglichkeit, eine Weisung der Bundesregierung herbeizuführen, um die Auffassung der Einleitungsbehörde durchzusetzen. Aus dem rechtsstaatlichen Prinzip, daß die verbindliche Gesetzesanwendung den Gerichten und nicht der Exekutive obliegt, kommt eine Weisung in Betracht, wenn das Vorgehen des Bundesdisziplinaranwalts unter keinem rechtlich vertretbaren Gesichtspunkt, insbesondere unter Berücksichtigung der gefestigten Rechtsprechung, gerechtfertigt erscheint. Anlage 35 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Jungmann (SPD) (Drucksache 8/3738 Frage B 22): Warum gewährt die Bundesregierung Beamten, die für die DKP oder NPD zu öffentlichen Wahlen kandidieren, den zur Vorbereitung einer Wahl erforderlichen Urlaub? o 89 Abs. 2 Satz 2 des Bundesbeamtengesetzes schreibt zwingend vor, daß einem Bundesbeamten, der seiner Aufstellung als Bewerber für die Wahl zum Deutschen Bundestag oder zu der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes zustimmt, auf Antrag innerhalb der letzten zwei Monate vor dem Wahltag der zur Vorbereitung seiner Wahl erforderliche Urlaub unter Wegfall der Dienstbezüge zu gewähren ist. Damit wird der verfassungsrechtlich jedermann gewährleistete Anspruch auf Wahlvorbereitungsurlaub (Artikel 48 Abs. 1 GG) konkretisiert. Bei der Entscheidung über den Antrag hat die zuständige Behörde keinen Ermessensspielraum. Anlage 36 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 8/3738 Frage B 23): Wie erklärt die Bundesregierung den Widerspruch zwischen der Gewährung des zur Vorbereitung einer Wahl erforderlichen Urlaubs und dem mit dieser Kandidatur begründeten Vorwurf einer Treuepflichtverletzung durch den Bundesdisziplinaranwalt? Artikel 48 Abs. 1 GG gibt jedem Bewerber um einen Sitz im Bundestag einen ,Anspruch auf den zur Vorbereitung seiner Wahl erforderlichen Urlaub". Das gilt ausnahmslos für Bewerber aller Parteien, solange das Bundesverfassungsgericht ihre Verfassungswidrigkeit nicht festgestellt hat (Art. 21 Abs. 2 GG). § 89 Abs. 2 Satz 2 des Bundesbeamtengesetzes schreibt demgemäß zwingend vor, daß einem Bundesbeamten, der seiner Aufstellung als Bewerber für die Wahl zum Deutschen Bundestag oder zu der gesetzgebenden Körperschaft eines Landes zustimmt, auf Antrag innerhalb der letzten zwei Monate vor dem Wahltag der zur Vorbereitung seiner Wahl erforderliche Urlaub unter Wegfall der Dienstbezüge zu gewähren ist. Der Urlaub zur Ausübung staatsbürgerlicher Rechte berührt die politische Treuepflicht des Beamten nicht, da zwischen beidem kein rechtlicher Zusammenhang besteht. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16551* Anlage 37 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen. des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen B 24 und 25): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Feststellung, eine Partei verfolge "verfassungsfeindliche Ziele", durch ein Gericht unzulässig ist, weil dieser Begriff rechtlich unbestimmt ist und seine Verwendung mit Rechtsfolgen in die Nähe der Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei käme, die nach Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes ausschließlich dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten ist, und welche Folgerungen zieht sie gegebenenfalls daraus? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die vom Bundesdisziplinaranwalt verwendeten Begriffe „verfassungsfeindliche Parteien" und „Verfassungsfeinde" weder durch die Verfassung noch durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts oder durch ein Gesetz gedeckt ist, und hat die Bundesregierung ihre Auffassung dem Bundesdisziplinaranwalt in Form einer Weisung als Grundsatz für die Ausübung seiner Befugnisse mitgeteilt und ihn aufgefordert, nach diesem Grundsatz zu verfahren? Es liegt in der politischen Verantwortung der Bundesregierung, die Offentlichkeit über Parteien, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, zu unterrichten und damit einen Beitrag zur politischen Auseinandersetzung zu leisten. Von dieser Verantwortung ist zu unterscheiden die Verpflichtung des Dienstherrn zur Prüfung, ob ein Beamter in seinem Amt die politische Treuepflicht verletzt oder ob der Bewerber um ein Amt im öffentlichen Dienst seiner Persönlichkeit nach die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Für die bei dieser Prüfung erforderliche Beurteilung der Persönlichkeit kann in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch der Beitritt oder die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt — unabhängig davon, ob ihre Verfassungswidrigkeit durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts festgestellt ist oder nicht —, erheblich sein. Bei der gerichtlichen Nachprüfung einer Verwaltungsentscheidung, der eine entsprechende Würdigung zugrunde liegt, muß das Verwaltungsgericht auch prüfen können, ob die Feststellung der Verwaltungsbehörde, die Partei des Bewerbers verfolge verfassungsfeindliche Ziele, zutrifft. Die dabei vorgenommene gerichtliche Würdigung hat nur Bedeutung in dem zur Entscheidung stehenden Einzelfall. Sie steht nicht in Widerspruch zu der Erklärung der Bundesregierung, der Verfassungsschutzbericht sei ausschließlich Informationsbeitrag zur politischen Auseinandersetzung, Rechtsfolgen dürften mit ihm nicht verbunden werden. Denn diese Erklärung ist eine bewußte Ablehnung jeder Automatik bei der Persönlichkeitsbeurteilung im Einzelfall. Aus ihr darf nicht der Umkehrschluß gezogen werden, daß die Zugehörigkeit zu einer Partei, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, in jedem Falle ohne rechtliche Bedeutung sein müsse und daher auch nicht Gegenstand einer gerichtlichen Würdigung sein dürfe. Mit dem Begriff „verfassungsfeindlich" bezeichnet die Bundesregierung solche Zielsetzungen, die gegen die grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet sind. Mit .diesem Inhalt bestimmt der Begriff auch die Ausübung der Befugnisse des Bundesdisziplinaranwalts. Anlage 38 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen B 26 und 27): Bleibt die Bundesregierung bei ihrer Auffassung, daß der Begriff "verfassungsfeindliche Ziele" eine Funktion als Bestandteil ihrer politischen Aufklärungsarbeit hat, mit dem Rechtsfolgen nicht verbunden sind, und daß nur solche Zielsetzungen als .verfassungsfeindlich" bezeichnet werden dürfen, die gegen die tragenden Verfassungsprinzipien gerichtet sind, ohne daß dazu stets ein aktiv kämpferisches Durchsetzungsverhalten hinzutreten müßte, wie es Voraussetzung für ein Verbotsverfahren wegen Verfassungswidrigkeit nach Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes wäre? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß im politischen Meinungskampf die Überzeugung gewonnen und vertreten werden darf, eine Partei verfolge verfassungsfeindliche Ziele und sei deshalb politisch zu bekämpfen, ohne daß aus diesem Werturteil rechtliche Konsequenzen für die Mitglieder einer solchen Partei gezogen werden dürfen? Die Bundesregierung ist berechtigt und verpflichtet, im Rahmen der politischen Auseinandersetzung mit extremistischen Kräften öffentlich darzustellen, welche Organisationen nach ihren Erkenntnissen „verfassungsfeindliche Ziele" verfolgen. Sie bezeichnet nur solche Zielsetzungen als „verfassungsfeindlich", die gegen die grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet sind, ohne daß dazu stets ein aktivkämpferisches Durchsetzungsverhalten hinzutreten müßte, wie es Voraussetzung für ein Parteienverbot nach Art. 21 Abs. 2 GG wäre. Die Bundesregierung versteht ihre z. B. in den jährlichen Verfassungsschutzberichten veröffentlichten Informationen über Organisationen mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung als eine Orientierungshilfe für jeden, der sich ein Urteil über die Ziele dieser Organisationen bilden will. Wenn die Bundesregierung erklärt hat, daß mit ihrer Berichterstattung über Organisationen mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung keine Rechtsfolgen verbunden werden dürfen, dann ist dies eine bewußte Ablehnung jeder Automatik bei der Persönlichkeitsbeurteilung im Einzelfall. Aus dieser Aussage darf jedoch nicht der Umkehrschluß gezogen werden, daß die Zugehörigkeit zu einer Organisation, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, in jedem Falle ohne rechtliche Bedeutung sei. Die Bundesregierung ist vielmehr mit dem Bundesverfassungsgericht der Auffassung, daß „ein Stück des Verhaltens, das für die hier (bei der Einstellung von Bewerbern in den öffentlichen Dienst und bei der Prüfung der Verfassungstreue eines Beamten) geforderte Beurteilung der Persönlichkeit des Bewerbers erheblich sein kann ... auch der Beitritt oder die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei sein (kann), die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt — unabhängig davon, ob ihre Verfassungswidrigkeit durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts festgestellt ist oder nicht. Es wäre geradezu willkürlich, dieses Element der Beurteilung einer Persönlichkeit auszuscheiden, also den Dienstherrn zu zwingen, die Verfassungstreue eines Beamten zu bejahen, weil eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungswidrigkeit einer Partei aussteht — eine Entscheidung übrigens, die von einem Antrag abhängt, der weithin im Ermessen 16552* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 der Antragsteller steht und schwerlich nur deshalb gestellt werden wird, um Amtsbewerber ablehnen oder gegen Beamte wegen Verletzung ihrer politischen Treuepflicht dienststrafrechtlich einschreiten zu können.'' Anlage 39 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Spöri (SPD) (Drucksache 8/3738 Frage B 30): Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Bundesdisziplinaranwalts, durch mißverständliche Formulierungen im Beschluß des Bundesverfassungsgerichts sei eine unsichere Rechtslage eingetreten, wie die Mitgliedschaft in einer Partei mit „verfassungsfeindlichen Zielsetzungen'' zu beurteilen ist, und warum hat die Bundesregierung gegebenenfalls nicht diese unsichere Rechtslage durch eine klare Weisung an den Bundesdisziplinaranwalt beseitigt und damit die einheitliche Ausübung des Disziplinarrechts gesichert? Das Bundesverfassungsgericht hat zur Frage der disziplinarrechtlichen Bewertung einer Mitgliedschaft in der Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung nicht ausdrücklich Stellung genommen. Nach Auffassung der Bundesregierung kann eine solche Mitgliedschaft nur ein Beurteilungselement unter mehreren abgeben (vgl. Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 24. Februar 1978; Stenographischer Bericht S. 6039/6040). Das Prinzip der Einzelfallprüfung verbietet es, eine generelle Regelung zu treffen. Es ist auch nicht Aufgabe der Exekutive, sondern vielmehr der Gerichte, Rechtsfragen abschließend zu entscheiden. Im übrigen sind Disziplinarverfahren gegen Bundesbeamte wegen bloßer Mitgliedschaft nach Kenntnis der Bundesregierung nicht eingeleitet. Anlage 40 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Kühbacher (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen B 31 und 32): Ist die Bundesregierung befugt, dem Bundesdisziplinaranwalt für die Ausübung seiner Befugnisse Einzelanweisungen oder allgemeine Grundsätze in Form von Weisungen zu erteilen, beispielsweise den Grundsatz, daß sie den Begriff „verfassungsfeindliche Zielsetzung im Rahmen ihrer politischen Aufklärungsarbeit verwendet, ohne daß daraus Rechtsfolgen gezogen werden? Ist es Sache des Bundesdisziplinaranwalts zu prüfen, unter welchen Aspekten eine Weisung der Bundesregierung erfolgt ist? Zu Frage B 31: Die Bundesregierung kann dem Bundesdisziplinaranwalt nach § 38 Abs. 1 Satz 2 der Bundesdisziplinarordnung für die Ausübung seiner Befugnisse Weisungen erteilen, wobei ich hinsichtlich des Begriffs „verfassungsfeindliche Zielsetzung'' auf meine Antworten zu den Fragen B 24, 25, 26 und 27 der Abgeordneten Hansen und Dr. Däubler-Gmelin verweise (Anlagen 37 und 38). Die Bundesregierung hat zur Frage des Weisungsrechts gegenüber dem Bundesdisziplinaranwalt bereits in ihrer Antwort zu Frage 12 der Kleinen Anfrage der CDU/CSU (Drucksache 8/3611) Stellung genommen. Die dort geäußerte Zurückhaltung bei der Beurteilung dieser Frage beruht auf der Überlegung, daß die Bundesdisziplinarordnung die Weisungsmöglichkeit der Bundesregierung nicht einräumt, um ein rechtsstaatlich vorgesehenes Verfahren zu unterbinden und die nach der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der Bundesdisziplinarordnung den Gerichten obliegende materielle Beurteilung von Rechtsfragen zu verhindern. Zu Frage 32: Der Bundesdisziplinaranwalt ist wie jeder Beamte gehalten, die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen zu prüfen und etwaige Bedenken in der in § 56 des Bundesbeamtengesetzes vorgesehenen Form geltend zu machen. Anlage 41 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Meinike (Oberhausen) (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen B 33 und 34): Bleibt die Bundesregierung bei ihrer Auffassung, daß eine Automatik oder Regelvermutung in dem Sinne, daß die bloße Mitgliedschaft in einer Partei, die Ziele der in Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes dargestellten Art verfolgt, in der Regel Zweifel daran begründet, ob der Betreffende jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten wird, nicht mit dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 vereinbar ist, und daß zum Tatbestand einer Treuepflichtverletzung gehört, daß der Beamte den Kernbestand der Verfassung selbst in seiner Person aktiv bekämpft oder seine politischen Ziele auch mit Gewalt durchsetzen will? Warum läßt die Bundesregierung es zu, daß der Bundesdisziplinaranwelt öffentlich seine der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entgegenstehende Auffassung äußert, nach der bereits die bloße Mitgliedschaft in einer Partei, die Ziele der in Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes dargestellten Art verfolgt, eine Treuepflichtverletzung sei? Zu Frage B 33: Die Bundesregierung bleibt bei ihrer Auffassung, daß mit dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 eine Automatik oder Regelvermutung in dem Sinne, daß die bloße Mitgliedschaft in einer Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung in der Regel Zweifel daran begründet, ob der Bewerber um Aufnahme in den öffentlichen Dienst jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten wird, nicht vereinbar wäre (vgl. Verfassungsrechtlicher Rahmen für die Verfassungstreue-Prüfung im öffentlichen Dienst Nr. 1.3 — Bulletin Nr. 131 vom 14. November 1978 —). Zur Treuepflichtverletzung eines Beamten hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 22. Mai 1975 ausgeführt: „In jedem Fall ist die Entfernung aus dem Dienst jedoch nur aufgrund eines begangenen konkreten Dienstvergehens möglich. Das Dienstvergehen besteht nicht einfach in der ,mangelnden Gewähr' des Beamten dafür, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten werde, sondern in der nachgewiesenen Verletzung jener Amtspflicht, sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten'. Dabei ist zu beachten, daß sich der umschriebene Inhalt der Treuepflicht des Beamten nicht völlig mit dem Inhalt der diszipli- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16553* när zu ahndenden Treuepflichtverletzung des Beamten deckt, weil zum letztgenannten Tatbestand ein Minimum an Gewicht und an Evidenz der Pflichtverletzung gehört. Andererseits kann die Pflichtverletzung nicht nur in Aktivitäten, sondern auch in einem Unterlassen bestehen, beispielsweise wenn der Vorgesetzte oder Dienstvorgesetzte verfassungsfeindliche Umtriebe innerhalb seines Verantwortungsbereichs geflissentlich übersieht und geschehen läßt. Das bloße Haben einer Überzeugung und die bloße Mitteilung, daß man diese habe, ist niemals eine Verletzung der Treuepflicht, die dem Beamten auferlegt ist; dieser Tatbestand ist überschritten, wenn der Beamte aus seiner politischen Überzeugung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugung zieht.'' Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts enthält nicht die Aussage, daß diese Voraussetzungen nur dann erfüllt sind, wenn der Beamte den Kernbestand der Verfassung selbst in seiner Person aktiv bekämpft oder seine politischen Ziele auch mit Gewalt durchsetzen will. Zu Frage B 34: Die Bundesregierung sieht es nicht als ihre Aufgabe an, öffentlich, insbesondere in Fachzeitschriften, geäußerte Rechtsauffassungen von Beamten zu unterbinden. Wie die Äußerungen des Bundesdisziplinaranwalts im einzelnen zu beurteilen sind, kann schon deshalb dahingestellt bleiben, weil Disziplinarverfahren gegen Bundesbeamte wegen bloßer Mitgliedschaft in einer Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung nach Kenntnis der Bundesregierung nicht eingeleitet sind. Anlage 42 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Wendig (FDP) (Drucksache 8/3738 Fragen B 35, 36, 37 und 38): Ist der Bundesregierung bekannt, ob der in der Monitorsendung vom 26. Februar 1980 geschilderte Sachverhalt über die erschreckenden Ergebnisse von Untersuchungen über den Bleigehalt im Blut von Kindern im Raume Oker (Kreis Goslar) zutrifft? War der Bundesregierung der diesem Sachverhalt zugrunde liegende Bericht des Freiburger Instituts für angewandte Ökologie bekannt, und wenn ja, welche Möglichkeiten hat die Bundesregierung, um eine weitere Gefährdung des Gebietes im Raume Oker auszuschalten? Welche rechtlichen Möglichkeiten ergeben sich zur Sicherung dieses Raums aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz in seiner gegenwärtigen Fassung? Sieht der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des BundesImmissionsschutzgesetzes verbesserte Möglichkeiten zur Sanierung des Gebiets im Raum Oker vor? Ihre Fragen beantworte ich wie folgt und möchte in diesem Zusammenhang zugleich auf meine Antworten auf die Mündlichen Anfragen der Herren Kollegen Konrad (Stenographischer Bericht über die 204. Sitzung, S. 16357 C) und Dr. Linde (Stenographischer Bericht über die 205. Sitzung, S. 16409 B) für die Fragestunde des Deutschen Bundestages am 5./ 6. März 1980 hinweisen: 1. Der Bundesregierung sind die Verhältnisse im Raum Oker/Harlingerode als ein mit Blei und Cadmium besonders hoch belastetes Gebiet im Zusammenhang mit der Festlegung von Immissionswerten für diese Schadstoffe in der Novelle zur TA Luft im Jahre 1978 bekanntgeworden. Als Folge der Diskussion um diese Immissionswerte hat die Niedersächsiche Landesregierung im Jahre 1979 auf der Grundlage einer EG-Richtlinie den Blei- und Cadmiumgehalt im Blut einer repräsentativen Bevölkerungsgruppe aus dem Immissionsgebiet ermittelt. Die Ergebnisse dieser erst kürzlich abgeschlossenen Untersuchung und ihre Bewertung durch die Niedersächsische Landesregierung liegen mir noch nicht vor. 2. Der Bericht des Freiburger Instituts für angewandte Ökologie e. V. ist der Bundesregierung erst nach der Monitor-Sendung vom 26. Februar 1980 bekanntgeworden. Für die Durchführung der immissionsschutzrechtlichen Vorschriften ist allein das Land Niedersachsen zuständig. Daher hat die Bundesregierung keine unmittelbaren Möglichkeiten, um eine weitere Gefährdung des Gebietes auszuschalten. Ungeachtet dieser Zuständigkeiten hat der Bundesminister des Innern zugesagt, im Rahmen des „Altanlagenprogramms", in dem die Bundesregierung 560 Millionen Mark in den Jahren von 1979 bis 1984 für Modellversuche zur Verbesserung von Altanlagen bereitgestellt hat, Maßnahmen der Niedersächsischen Landesregierung und der Anlagenbetreiber zur Luftreinhaltung im Raum Oker/Harlingerode zu fördern, soweit sie die Voraussetzungen erfüllen. Zur Erarbeitung eines umfassenden ökologischen Sanierungsprogramms für die Region hat der Bundesminister des Innern der dafür zuständigen Landesregierung die Unterstützung von Institutionen des Bundes — wie Bundesgesundheitsamt, Institut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene und Umweltbundesamt — angeboten. Wenn das Programm vorliegt, wird die Bundesregierung die Möglichkeiten der Förderung von Maßnahmen zu seiner Durchführung prüfen. 3. Nach den Informationen, die mir vorliegen, kann davon ausgegangen werden, daß hier insbesondere die Vorschriften des fünften Teils des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Anwendung finden. Das heißt, es handelt sich um ein Belastungsgebiet, weil Luftverunreinigungen auftreten, die in besonderem Maße schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen können. Wegen der Verpflichtungen, die sich hieraus im einzelnen für die zuständigen Landesbehörden ergeben, verweise ich auf die §§ 44 bis 47 in Verbindung mit den §§ 17 und 21 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Insbesondere sind danach diese Gebiete als Belastungsgebiete auszuweisen, die Immissionen fortlaufend zu ermitteln, Emissionskataster und — un- 16554* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 ter Verwendung der hierbei gewonnenen Daten — Luftreinhaltepläne aufzustellen und durchzuführen. Die Entscheidung über jede dieser Maßnahmen liegt ausschließlich in der Zuständigkeit der Niedersächsischen Landesregierung. 4. Schon das jetzige rechtliche Instrumentarium des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der TA Luft 1974 bietet ausreichende Möglichkeiten zur Sanierung des Gebietes im Raum Oker/Harlingerode. Der Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in Verbindung mit der von der Bundesregierung 1978 beschlossenen Novelle zur TA Luft verfeinert dieses Instrumentarium dadurch, daß diese Möglichkeiten im Gesetz rechtlich besser abgesichert und in der TA Luft deutlicher konkretisiert werden. Anlage 43 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 41 und 42): Kann die Bundesregierung Angaben einiger Ortsverbände des Technischen Hilfswerks bestätigen, wonach sowohl bei den Kraftfahrzeugen als auch beim technischen Gerät und der persönlichen Ausstattung der Helfer der überwiegende Teil der Bestände noch zur sogenannten Erstausstattung der Jahre 1960/62 gehört und nunmehr überwiegend verschlissen ist, daß die Ersatzbeschaffung durch den Bund .unverantwortlich langsam" vor sich geht und andererseits neuere Geräte sich zum Teil „kaputtstehen", weil sie wegen Kraftstoffmangels nicht bewegt werden können? Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um die Funktionstüchtigkeit des Zivil- und Katastrophenschutzes allgemein zu verbessern, und ist sie bereit, in Gebieten mit besonderen Katastrophengefahren vorrangig Verbesserungen einzuleiten, wie das im Raum Ostfriesland mit seinen besonderen Risiken, wie Sturm, Hochwasser, Tankerunfälle, Ölverschmutzung und Erdgasanlagen, zwingend notwendig erscheint? Zu Frage B 41: Die Bundesregierung kann die aufgestellten Behauptungen nicht bestätigen. Es trifft zwar zu, daß ein Teil der Kraftfahrzeuge und Geräte des vom THW getragenen Bergungsdienstes im erweiterten Katastrophenschutz vor 1964 beschafft worden ist. Um den aus Mangel an Haushaltsmitteln überalterten Bestand abzubauen, wurden jedoch inzwischen verstärkt Ersatzbeschaffungen vorgenommen, die für die Jahre 1979 bis 1981 500 Fahrzeuge umfassen. Die Fahrzeuge und das darauf verlastete technische Gerät des ebenfalls vom THW getragenen Instandsetzungsdienstes des erweiterten Katastrophenschutzes sind sämtlich erst nach 1972 beschafft worden. Da die Beschaffung von Kraftfahrzeugen und technischem Gerät im Rahmen der vorhandenen Haushaltsmittel bisher aus fachlichen Gründen erste Priorität hatte, konnten die vorhandenen Lükken bei der persönlichen Ausstattung bisher nur teilweise abgedeckt werden. Die Beschaffung von persönlicher Ausstattung wird daher in den kommenden Haushaltsjahren als Schwerpunkt angesehen. Den Einheiten stehen im Rahmen der Selbstbewirtschaftung genügend Haushaltsmittel zur Verfügung, um trotz gestiegener Treibstoffkosten die erforderlichen Ausbildungsmaßnahmen mit Fahrzeugen und Gerät durchzuführen. Darüber hinaus wurden in der Vergangenheit Betriebskosten, die anläßlich der Bekämpfung größerer Katastrophen entstanden, vom Bund durch Bereitstellung überplanmäßiger Haushaltsmittel beglichen. Zu Frage B 42: Zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Zivil- und Katastrophenschutzes sind die in der Finanzplanung vorgesehenen Ansätze im Rahmen eines Finanzsonderprogramms für die Jahre 1979 bis 1983 um insgesamt 390 Millionen DM aufgestockt worden. Davon sind allein 320 Millionen DM für die Modernisierung des Kfz-Bestandes vorgesehen. Insgesamt stehen hiernach für Beschaffungszwecke des erweiterten Katastrophenschutzes bis 1983 601 Millionen DM zur Verfügung. Die vom Bund beschafften Ausstattungsgegenstände werden nach § 5 KatSG von den Ländern auf die Kreise und kreisfreien Städte verteilt. Für die Bewältigung der aufgeführten besonderen Risiken sind grundsätzlich die Länder im Rahmen ihrer Zuständigkeit für den friedensmäßigen Katastrophenschutz verantwortlich. Ihnen steht hierbei das vom Bund beschaffte Potential uneingeschränkt zur Verfügung. Anlage 44 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pfeffermann (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 43): Wann ist mit der Vorlage des vom Bundesinnenministerium beim Umweltbundesamt in Auftrag gegebenen Gutachtens zur Wirkungsweise von Vergaserzusatzgeräten zu rechnen, und liegen gegebenenfalls Zwischenberichte mit welchem Inhalt vor? Ich gehe davon aus, daß Sie mit Ihrer Frage Bezug nehmen auf die Antwort von Staatssekretär Dr. Hartkopf vom 4. Oktober 1978 auf die Mündliche Frage des Kollegen Schäfer (Offenburg), Stenographischer Bericht S. 8537. In seinem Bericht kommt das Umweltbundesamt zu dem Ergebnis, daß keine Notwendigkeit für eine erneute umfassende Untersuchung von Vergaserzusatzgeräten mit anschließendem Flottentest besteht, da nach Prüfung der vorliegenden neueren Unterlagen über Vergaserzusatzgeräte keine Weiterentwicklung gegenüber der Untersuchung dieser Geräte beim Technischen Überwachungs-Verein Rheinland im Jahre 1971 festgestellt werden konnte. Auch ein vom Umweltbundesamt am 25. April 1979 durchgeführtes Fachgespräch über Vergaserzusatzgeräte, zu dem u. a. die Hersteller dieser Geräte eingeladen waren, ergab keine neuen Gesichtspunkte bei der Beurteilung des Gesamtkomplexes Vergaserzusatzgeräte. Festzustellen ist ferner, daß Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16555' die mit diesem Fachgespräch angebotene Möglichkeit, den technischen Entwicklungsstand von Vergaserzusatzgeräten zu demonstrieren, von den Herstellern dieser Geräte bis heute noch sehr wenig genutzt wurde. Der Technische Überwachungs-Verein Rheinland bereitet ein Fach-Colloquium über technische und andere Möglichkeiten des Benzinsparens vor. Anlage 45 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 44): Hält die Bundesregierung unterschiedlich hohe Beihilfezahlungen an öffentlich Bedienstete bei gleich hohen Rechnungsbeträgen für richtig, je nachdem ob der Beihilfeempfänger freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse oder in einer privaten Krankenkasse versichert ist. und was gedenkt sie gegen diesen unbefriedigenden Zustand zu unternehmen? Nach den Beihilfevorschriften des Bundes sind freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Beamte und privatversicherte Beamte grundsätzlich gleichgestellt. Die in Ihrer Frage bezeichneten Unterschiede beruhen darauf, daß bei Inanspruchnahme von Sachleistungen bzw. Sachleistungssurrogaten eine Beihilfegewährung — entsprechend dem das Beihilferecht prägenden Grundsatz der ergänzenden Alimentation — ausscheidet, weil wegen der prinzipiellen Kostenfreistellung durch die gesetzliche Krankenversicherung dem Beihilfeberechtigten kein beihilfefähiger eigener Aufwand verbleibt. Es ist rechtlich nicht möglich, Beihilfen auch dann zu gewähren, wenn dem Betroffenen kein eigener Aufwand entstanden ist, so daß eine Änderung in diesem Punkt nicht in Betracht gezogen werden kann. Anlage 46 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Lenders (SPD) (Drucksache 8/3738 Frage B 45): Wie ist der Standort des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich nach den Standortbewertungsdaten des Bundesinnenministers (1975) bewertet, und wie ist der Vergleich mit den Bewertungsdaten für die anderen KKW-Standorte in der Bundesrepublik Deutschland? Die für die Rechts- und Zweckmäßigkeitsaufsicht über die atomrechtlichen Genehmigungsverfahren zuständigen Bundesminister für Bildung und Wissenschaft (1972) und des Innern (1974) hatten 1972 gegen den Standort und 1974 das Konzept sowie die Errichtung des Kernkraftwerkes Mülheim-Kärlich keine Bedenken erhoben, nachdem sie nach sorgfätiger Prüfung und Beratung durch die Reaktor-Sicherheitskommission zu der Auffassung kamen, daß die für das geplante Kernkraftwerk vorgesehenen Sicherheitseinrichtungen und Schutzmaßnahmen als ausreichend zu bewerten seien und daß die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet werden könne. Die später, nämlich Mittte 1975 veröffentlichten Bewertungsdaten für Kernkraftwerksstandorte dienen primär- der vorausplanenden Standortvorsorge. Sie weisen den Standort Mülheim-Kärlich im Nahbereich in Klasse III, im Fernbereich in Klasse I aus. Die Klasseneinteilung basiert auf der mittleren Bevölkerungsdichte in der Bundesrepublik Deutschland. Damit fällt der Standort Mülheim-Klärlich im Nahbereich im Vergleich zu anderen KKW-Standorten zwar in die ungünstige Kategorie; andererseits ist der Fernbereich als günstig zu bezeichnen. Allerdings steht Mülheim-Kärlich keineswegs isoliert da, denn während z. B. für die Kernkraftwerke Kahl, Neckarwestheim und Philippsburg im Nahbereich ebenfalls Klasse III angegeben wird, haben im Fernbereich die Kernkraftwerke Biblis, Kahl, Nekkarwestheim und Philippsburg Klasse II. Anlage 47 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 46): Welche Schadensersatzleistungen können Spätaussiedlern für gestohlenes Umzugsgut gewährt werden, nachdem bekanntgeworden ist, daß häufig Diebstähle von Umzugsgut aus dem polnischen Machtbereich vorkommen? Der Bundesregierung ist bekannt, daß im Sommer vergangenen Jahres einige Waggons mit Umzugsgut von Aussiedlern aus dem polnischen Bereich, die verplompt in Friedland eingetroffen waren, stark beschädigte und offensichtlich auch zumindest teilweise ausgeraubte Kisten enthielten. In den Vormonaten und in den Jahren zuvor waren nur selten Diebstähle beim Umzugsgut von Aussiedlern festgestellt worden. Nachdem die Bundesregierung die polnischen Behörden auf diese Vorfälle unverzüglich hingewiesen hatte, sind derartige Vorkommnisse seit dem Spätsommer 1979 nicht mehr beobachtet worden. Der Aussiedler, der bei Auslieferung seines Umzugsgutes durch die Deutsche Bundesbahn den Diebstahl oder die Beschädigung vom Umzugsgut bemerkt, kann auf Grund des Internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr (CIM) vom 7. Februar 1970 (BGBl. II 1974 S. 381 ff.) bei der Deutschen Bundesbahn -Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn der Diebstahl bzw. die Beschädigung in der Zeit zwischen der Annahme der Fracht bei der Polnischen Staatsbahn und der Ablieferung durch die Bundesbahn vorgekommen ist. Die Anzeige des Schadens sollte unter Aufzählung der beschädigten oder fehlenden Gegenstände und ihres Wertes unter Beifügung des Frachtbriefes an die nächstgelegene Bundesbahndirektion gerichtet werden. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß es nach dem genannten Abkommen eine Reihe von Haf- 16556* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 tungsausschlußgründen sowie eine Haftungshöchstgrenze von derzeit 50 Goldfranken je Kilogramm fehlendes Rohgewicht gibt (ein Goldfranken entspricht etwa 0,80 DM). Eine Schadensersatzleistung im Zusammenhang mit der Erstattung der Rückführungskosten ist hingegen nicht möglich. In Nr. 14 Punkt 10 der Richtlinien des Bundesministers des Innern über die Verrechnungsfähigkeit der Kosten der Rückführung gemäß § 15 des Ersten Überleitungsgesetzes vom 1. Juli 1960 i. d. F. vom 1. Oktober 1973 ist eine derartige Möglichkeit ausdrücklich ausgeschlossen. Anlage 48 Antwort des Parl. Staatssekretärs von Schoeler auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schetter (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 47): Ist der Bundesregierung bekannt, daß vertrauliche Daten (u. a. Lohn- und Gehaltshöhe der Arbeitnehmer) an Gewerkschaften zugunsten gewerkschaftlicher Beitragsanhebungen weitergegeben werden, und was kann die Bundesregierung gegebenenfalls gesetzgeberisch tun, um derartige Praktiken zu unterbinden, falls sie nach der geltenden Rechtslage zulässig sein sollten? Der Bundesregierung ist bekannt, daß von einem Industrieunternehmen bei Arbeitnehmern, die dafür eine Einzelvollmacht erteilt hatten, die Gewerkschaftsbeiträge in der satzungsgemäßen Höhe von 1 % des monatlichen Bruttoeinkommens abgezogen und an die betreffende Gewerkschaft weitergeleitet worden sind. Dabei wurden Name, Mitgliedsnummer und Beitragshöhe übermittelt. Die Vertreter der Länder, denen die Aufsicht über die Ausführung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) im nicht-öffentlichen Bereich obliegt, sind der Auffassung, daß bei Vorliegen eines Vertragsverhältnisses die Übermittlung dieser Daten gem. § 24 Abs. 1 BDSG zulässig ist. Die Bundesregierung teilt diese Ansicht. Ein solches Vertragsverhältnis kann unmittelbar durch rechtsgeschäftliche Erklärung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber begründet werden (Auftrag, Vollmacht); eine Tarifvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft begründet in diesem Zusammenhang das Recht der Gewerkschaft, vom Arbeitgeber nach seiner Beauftragung durch den Arbeitnehmer die Beitragsüberweisung verlangen zu können. Ferner kann eine vertragliche Beziehung durch eine rechtsgeschäftliche Erklärung der Gewerkschaft gegenüber dem Arbeitgeber für den Arbeitnehmer begründet werden; insoweit ist eine Bevollmächtigung der Gewerkschaft durch den Arbeitnehmer erforderlich, die sich aus einer entsprechenden Satzungsbestimmung oder auf Grund ausdrücklicher Erklärung ergeben kann. Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist gewährleistet, daß die betreffende Datenübermittlung nicht gegen den Willen des Arbeitnehmers erfolgt. Ein solcher Sachverhalt steht in Übereinstimmung mit den Prinzipien des Datenschutzes. Die Bundesregierung sieht deshalb keine Notwendigkeit zu einer Änderung der bestehenden Rechtslage. Anlage 49 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. de With auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 48): Gilt eine Regelung, wonach der Versicherungsschutz des Kraftfahrzeughalters erlischt, wenn die Plakette des Technischen Überwachungsvereins (TÜV) ungültig geworden ist, oder beabsichtigt die Bundesregierung eine entsprechende Gesetzesinitiative (vgl. Zeitschrift des Bundesgrenzschutzes Nr. 11 — November 1977)? Im geltenden Recht besteht keine Regelung, wonach der Versicherungsschutz eines Kraftfahrzeughalters erlischt, wenn die zum Nachweis der beanstandungsfrei durchgeführten periodischen Hauptuntersuchung zugeteilte Prüfplakette (§ 29 StVZO) ungültig geworden ist. Es ist auch nicht beabsichtigt, eine derartige Regelung einzuführen. Im Interesse der Verkehrsopfer muß ein ausreichender Versicherungsschutz bestehen, solange ein Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt. Das Ungültigwerden der Prüfplakette hindert den Halter oder Fahrer des betreffenden Fahrzeugs nicht, weiter am Verkehr teilzunehmen; es hat deshalb keinen unmittelbaren Einfluß auf den Versicherungsschutz. Ist allerdings die Prüfplakette wegen eines Mangels am Fahrzeug verweigert worden, der als gefahrerhöhender Umstand im Sinne der § 23 ff. des Versicherungsvertragsgesetzes angesehen werden muß, und trifft den Halter an der Gefahrerhöhung ein Verschulden, so kann der Haftpflichtversicherer dem Halter gegenüber leistungsfrei sein; dies aber nicht, weil die TÜV-Plakette fehlt oder ungültig ist, sondern weil der schwerwiegende Mangel des Fahrzeugs die Unfallgefahr erheblich vergrößert hat. Dem Geschädigten gegenüber besteht jedoch auch in diesem Fall die Leistungspflicht nach § 3 Nr. 6 Pflichtversicherungsgesetz in Verbindung mit § 158c Abs. 2 VVG fort, freilich mit der Einschränkung, daß die Haftung durch die Mindestdeckungssummen begrenzt ist und der Versicherer nur haftet, wenn und soweit der Geschädigte nicht in der Lage ist, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder einem Sozialversicherungsträger zu erlangen. Im Leistungsfall kann der Haftpflichtversicherer beim Halter des Fahrzeugs Rückgriff nehmen; dieser Rückgriff ist nach § 7 Abschnitt V der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) auf DM 1 000 beschränkt. Ich nehme an, daß in dem von Ihnen zitierten Artikel in der Zeitschrift des Bundesgrenzschutzes — wenn auch in mißverständlicher Form — auf diesen Sachverhalt hingewiesen werden sollte. Anlage 50 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Hürland (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 49): Erwägt die Bundesregierung die Abschreibungsmöglichkeiten für wärmedämmende, energiesparende Baumaßnahmen von derzeit zehn Jahren auf einen geringeren Zeitraum zu begrenzen, um damit besonders Althausbesitzern einen größeren Anreiz zu geben, solche wärmedämmenden Baumaßnahmen durchzuführen? Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16557* Nach § 82 a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) können Herstellungskosten u. a. für ausschließlich dem Wärme- oder Lärmschutz dienende Maßnahmen, für Anschlüsse an bestimmte Fernwärmenetze sowie für den Einbau von Wärmepumpen-, Solar- und Wärmerückgewinnungsanlagen mit jährlich bis zu 10 v. H. erhöht abgesetzt werden. Diese erhöhte Absetzungsmöglichkeit stellt im Vergleich zu der sonst für Gebäude maßgebenden normalen (linearen) Absetzung für Abnutzung (AfA) von jährlich 2 v. H. bereits eine erhebliche Vergünstigung dar. Nach den bisherigen Erfahrungen kann der Abschreibungssatz von jährlich 10 v. H. als ausreichend angesehen werden. Die gegenwärtigen hohen Energiepreise bewirken, daß Investitionen zur Energieeinsparung schneller als bisher die Rentabilitätsschwelle erreichen. Eine staatliche Hilfe zur weiteren Beschleunigung der Amortisation derartiger Maßnahmen erscheint nicht erforderlich. Im übrigen würden Begünstigte mit niedrigem Einkommen höhere Abschreibungssätze unter Umständen steuerlich gar nicht voll ausnutzen können, so daß sich für sie gegenüber der bestehenden Regelung keine Vorteile ergäben. Anlage 51 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jenninger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 50): Aus welchen Gründen werden die sogenannten Kopfschlächter, die unständig bei kommunalen Schlachthäusern beschäftigt sind, einkommens- und gewerbesteuerrechtlich als Gewerbebetriebe behandelt und andererseits als Arbeitnehmer in der Rentenversicherung für Arbeiter und in der AOK pflichtversichert? Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer einem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Beurteilung, ob ein Dienstverhältnis vorliegt, von dem Gesamtbild der tatsächlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten auszugehen. Mit der Frage der steuerlichen Einordnung der „Kopfschlächter" hat sich bereits der Reichsfinanzhof und später der Bundesfinanzhof mehrfach auseinandergesetzt (RFH vom 3. April 1935, RStBl S. 1096; vom 30. September 1936, RStBl S. 1179; vom 19. März 1937, RStBl S. 623; BFH vom 14. Januar 1965, BStBl III S. 185; vom 18. Mai 1961, HFR S. 283). Während sie in einigen Entscheidungen als Arbeitnehmer der Schlachthof-Verwaltungen bezeichnet wurden, wurden in anderen Fällen die Schlächter als Mitunternehmer von Gesellschaften bürgerlichen Rechts angesehen. Dies zeigt, daß die Verhältnisse bei den Lohnschlächtern in den einzelnen Schlachthöfen sehr unterschiedlich liegen können. Die „Kopfschlächter" können Unternehmer sein; sie können Angestellte des Metzgers sein, für den sie schlachten; sie können aber auch in den Betrieb des Schlachthofs derart eingegliedert sein, daß sie dessen Angestellte sind, auch wenn sie sich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen haben. Eine für alle Lohnschlächter geltende Entscheidung über ihre Selbständigkeit oder Nichtselbständigkeit läßt sich deshalb nicht treffen. Die Frage muß vielmehr nach den vom Reichsfinanzhof und Bundesfinanzhof herausgearbeiteten allgemeinen Merkmalen über die Selbständigkeit und Nichtselbständigkeit natürlicher Personen für jeden Einzelfall gesondert beantwortet werden. Die Verhältnisse des Ihrer Frage zugrunde liegenden Falles sind mir nicht bekannt. Anlage 52 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (FDP) (Drucksache 8/3738 Frage B 51): Welche Konsequenzen wird die Bundesregierung aus den Entschließungen des Deutschen Bundestages vom 20. Oktober 1.978 zum 5. Rentenversicherungs-Anderungsgesetz und vom 10. Mai 1979 zum Gesetz zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs, nach denen die Bundesregierung dem Bundestag bis zum 30. Juni 1981 einen Vorschlag zur Finanzierung der genannten Neuregelungen vom Jahr 1982 an zu machen hat, für die mittelfristige Finanzplanung der Jahre 1981 bis 1984 ziehen? Die Bundesregierung hat auf Grund der Entschließungen des Deutschen Bundestages zum 5. Rentenversicherungs-Änderungsgesetz und zum Gesetz zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs bis zum 30. Juni 1981 über die finanziellen Auswirkungen der von Ihnen angesprochenen Maßnahmen zu berichten und einen Finanzierungsvorschlag für die Zeit ab 1982 vorzulegen. Eine Entscheidung zur Finanzierung wird erst auf der Grundlage dieses Berichts getroffen werden können. Ob für den Finanzplan bei der Fortschreibung Konsequenzen zu ziehen sein werden, hängt ebenfalls von dem bis zum 30. Juni 1981 vorzulegenden Bericht ab. Anlage 53 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 52): Inwieweit kommt die angekündigte Erhöhung des Vorwegabzugs um 500 DM/1 000 DM von 2 500 DM/5 000 DM auf 3 000 DM/6 000 DM mit Steuermindereinnahmen von 1,6 Milliarden DM den Selbständigen, und inwieweit kommt sie den Arbeitnehmern zugute? Wegen unzureichender statistischer Unterlagen können keine genauen Angaben darüber gemacht werden, in welcher Höhe Arbeitnehmer und Selbständige durch die Erhöhung des Vorwegabzugs im einzelnen entlastet werden. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß im Entstehungsjahr 1982 die sich aus der Anhebung des Vorwegabzugs ergebenden Steuerentlastungen insgesamt gesehen zu einem großen Teil den Arbeitnehmern zugute kommen. Allerdings werden die Entlastungen im Einzelfalle bei den Arbeitnehmern geringer sein als bei 16558* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 den Selbständigen, da bei den Lohnsteuerzahlern der Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung auf den Vorwegabzug anzurechnen ist und somit der Spielraum zur Berücksichtigung weiterer Vorsorgeaufwendungen eingeschränkt wird. Darüber hinaus werden die Entlastungen bei den Arbeitnehmern von Jahr zu Jahr geringer, da der nicht ausgeschöpfte Teil des Vorwegabzugs durch den infolge der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung ansteigenden Arbeitgeberanteil jährlich abnimmt. Bei den Selbständigen dagegen bleibt die Steuerentlastung auch in den Folgejahren uneingeschränkt bestehen. Anlage 54 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Friedmann (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 53): Wieviel Ruinen ehemaliger Westwallbunker gibt es noch im Landkreis Rastatt entlang dem Rhein, und ist die Bundesregierung bereit, in den nächsten Jahren die finanziellen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß diese Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg, die in aller Regel Schandflecke und Gefahrenquellen in der Natur darstellen und die oft einer geordneten Dorf- und Stadtentwicklung entgegenstehen, in verstärktem Maß beseitigt werden können? In dem von Ihnen angesprochenen Bereich gibt es noch etwa 200 ehemalige Westwallanlagen. Ein Anspruch auf Beseitigung dieser Anlagen besteht nicht. Gemäß § 1 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes (AKG) vom 5. November 1957 — BGBl. I S. 1747 — sind alle Ansprüche, die auf einer Beeinträchtigung oder Verletzung des Eigentums beruhen, erloschen. Eine Ausnahme besteht gemäß § 19 Abs. 2 AKG nur dann, wenn eine unmittelbare Gefahr für das Leben und die Gesundheit besteht. Dann kann jedoch nur die Beseitigung der Gefahr verlangt werden. Nur in wenigen Fällen führt das zu einer Entfernung der gesamten Anlage; in dem von Ihnen bezeichneten Gebiet werden auf dieser Grundlage zur Zeit 12 Anlagen beseitigt. Ungeachtet dieser Rechtslage stellt der Bund freiwillig Haushaltsmittel für die Beseitigung von militärischen Anlagen des Westwalls zur Verfügung. Seit 1957 sind hierfür rund 39 Millionen DM aufgewendet worden. Auch in den kommenden Jahren wird der Bund entsprechende Mittel bereitstellen. Nach den Erläuterungen im Bundeshaushaltsplan 1980 und der Vorjahre zu Kap. 0807 Tit. 671 02 können solche Anlagen beseitigt werden, die der Durchführung von im öffentlichen Interesse bzw. im Interesse der Allgemeinheit liegenden Vorhaben hinderlich sind und deren Beseitigung wirtschaftlich vertretbar ist. Darunter fallen insbesondere ehemalige Westwallanlagen, die einer geordneten kommunalen Entwicklung entgegenstehen. In dem von Ihnen angesprochenen Bereich werden zur Zeit 3 Anlagen beseitigt, die in einem Gebiet liegen, das nach der Bauleitplanung für einen Friedhof vorgesehen ist. Anlage 55 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 54): Können Mieter bereits nach geltendem Recht angesparte Bausparbeiträge vor Ablauf der gesetzlichen Sperrfristen steuer- bzw. prämienunschädlich zur Modernisierung der von ihnen gemieteten Wohnung verwenden (vgl. Sparkasse Heft 2/1980), und wenn nein, wird die Bundesregierung eine entsprechende Gesetzesänderung vorschlagen? Nach geltendem Recht ist grundsätzlich ausgeschlossen, daß der Mieter Bausparmittel vor Ablauf der gesetzlichen Sperrfristen steuer- bzw. prämienunschädlich zur Modernisierung seiner Mietwohnung verwendet. Nur wenn der Mieter ein Angehöriger (§ 15 Abgabenordnung) des Hauseigentümers ist, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine unschädliche Verwendung zu derartigen Zwecken erfolgen. Dies beruht auf der gesetzlichen Regelung, wonach die Übertragung eines Bausparvertrags auf einen Angehörigen unschädlich ist, wenn dieser die Bausparmittel zu gegebener Zeit zum Wohnungsbau für sich selbst oder den Übertragenden verwendet (vgl. Abschn. 92 Abs. 2 Satz 4, Abschn. 94 Abs. 2 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien). Zur Frage, ob im Wege einer Gesetzesänderung generell zugelassen werden sollte, daß Mieter Bausparmittel vor Ablauf der Sperrfrist unschädlich zu Modernisierungszwecken verwenden können, hat die Bundesregierung bisher negativ Stellung genommen. Maßgebend dafür war der Gesichtspunkt, daß die steuer- und prämienrechtliche Begünstigung des Bausparens eine vermögenspolitische Maßnahme ist, in deren Rahmen grundsätzlich nur Eigentumsmaßnahmen begünstigt werden sollten. Die Frage einer Beteiligung des Mieters an Maßnahmen der Wohnungsmodernisierung ist inzwischen durch einen Beschluß des Deutschen Bundestages, den dieser anläßlich der Verabschiedung des Wohnungsbauänderungsgesetzes 1980 gefaßt hat (vgl. Drucksache 8/3403), erneut aufgegriffen worden. In diesem Beschluß wird die Bundesregierung aufgefordert zu prüfen, ob praktikable und rechtlich abgesicherte Modelle zur Förderung der Wohnungsmodernisierung durch Mieter entwickelt werden können. Dabei soll auch geprüft werden, ob die Modernisierung durch Verwendung von Bausparmitteln, direkte Zuschüsse oder steuerliche Absetzungsmöglichkeiten erleichtert werden kann. Das Ergebnis dieser Prüfung, für die der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau die Federführung übernommen hat, bleibt abzuwarten. Anlage 56 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Steger (SPD) (Drucksache 8/3738 Frage B 55): Ist der Bundesregierung bekannt, ob Hauseigentümer, die Energiesparinvestitionen vorgenommen haben, sofort vom Finanzamt zu höheren Einheitswerten veranlagt werden und so höhere Steuern zahlen mußten, und hält die Bundesregierung dieses Verhalten der Finanzbehörden für energiesparfreundlich? Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16559* Nach dem Bewertungsgesetz (BewG) haben die Finanzämter den Einheitswert' eines Grundstücks neu festzustellen, wenn sich nach der letzten Einheitswertfeststellung Änderungen im Wert des Grundstücks ergeben haben und dabei bestimmte Wertgrenzen überschritten werden. Bei Wertfortschreibungen nach oben muß die Wertabweichung auf der Basis der Wertverhältnisse vom 1. Januar 1964 mehr als ein Zehntel, mindestens jedoch 5 000 DM, oder absolut 100 000 DM betragen (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 BewG). Wohngrundstücke werden in der Regel im Ertragswertverfahren bewertet. Für eigengenutzte Wohnräume wird dabei die bei einer Vermietung erzielbare übliche Miete zugrunde gelegt. Die Höhe der üblichen Miete bestimmt sich nach der Lage des Grundstücks sowie nach der Größe und Ausstattung des Gebäudes. Zur Ausstattung des Gebäudes gehört auch die Bauqualität und damit auch eine erhöhte Wärmedämmung, wie Sie ' durch entsprechende Isolierung der Außenwände, des Daches, durch Isolierverglasung usw. erreicht werden kann. Umfangreiche Maßnahmen zur Energieeinsparung können deshalb im Einzelfall auch zu einer Erhöhung des Mietwerts und damit des Einheitswerts führen, wenn die obengenannten Fortschreibungsgrenzen erreicht werden. Die sich hieraus ergebenden Steuererhöhungen sind folgerichtig, denn sie orientieren sich an dem Wert des Grundstücks. Anlage 57 Antwort des Staatssekretärs Frau Fuchs auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 56): Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung im Rahmen des § 16 des Gesetzes über die betriebliche Altersversorgung, eine Anpassung an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten vorzunehmen? Nach § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) hat der Arbeitgeber alle 3 Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Der Arbeitnehmer hat damit einen Anspruch auf Anpassungsüberprüfung. Ob es zu einer Anpassungsverpflichtung im Rahmen des billigen Ermessens kommt, richtet sich nach Kriterien, die die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts insbesondere in den Urteilen vom 15. September 1977 (3 AZR 654/76) und 17. Januar 1980 (3 AZR 614/38 und 3 AZR 1107/78) entwickelt hat. Ansatzpunkt für die Anpassung nach § 16 ist das Ausmaß der Verteuerung der Lebenshaltungskosten (BAG, Urteil vom 16. Dezember 1976, AZR 795/75). Der Anspruch auf Anpassung richtet sich gegen den Arbeitgeber. Kommt dieser seiner Verpflichtung aus § 16 BetrAVG nicht nach, ist der Anspruch im Streitfall durch Klage bei den zuständigen Gerichten durchsetzbar. Die Bundesregierung hat insoweit keine Möglichkeit, im Rahmen des § 16 BetrAVG eine Anpassung an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten vorzunehmen. Anlage 58 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 57): Welchen Erkenntnisstand bezüglich Ort, Zeitpunkt, Umfang und Beteiligte besitzt die Bundesregierung über das Auftauchen von angeblich 400 Otto-Hahn-Münzen auf dem Markt, und könnte sich angesichts dieser Spekulationen die Bundesregierung doch noch dazu entschließen, die bereits geprägten Münzen nicht einzuschmelzen, sondern sie — da mit Sicherheit ausschließlich Sammelobjekte — mit einem entsprechenden Aufpreis zu verkaufen? Der Bundesregierung liegen bisher keine Nachweise vor, daß Stücke der Silberausführung der Otto-Hahn-Gedenkmünze widerrechtlich in den Verkehr gelangt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Pressemeldung, daß angeblich 400 Stück der Münze auf dem Markt aufgetaucht sind. Selbst wenn sich diese Meldung oder andere Spekulationen dieser Art bewahrheiten sollten, könnte mit einer Ausgabe der Münze in Silber nicht mehr gerechnet werden. Die Bundesregierung hat nämlich am 27. Februar 1980 beschlossen, die Silberausführung der Münze einschmelzen und aus dem bei den 5-DM-Umlaufmünzen verwendeten Dreischichtenwerkstoff neu ausprägen zu lassen. Einer Ausgabe der Münze mit Aufpreis hätte das Nominalwertprinzip entgegengestanden. Anlage 59 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Böhme auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Warnke (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 58): Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, die Einfuhrumsatzsteuer dadurch zu vereinfachen, daß bei vorsteuerabzugsberechtigten Importeuren auf die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer gegen Streichung des Vorsteuerabzugs verzichtet wird? Schon bei der Einführung der Mehrwertsteuer ist die Frage geprüft worden, ob im System der Mehrwertsteuer auf die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer verzichtet werden könne, soweit der inländische Abnehmer ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer ist. Gegen einen derartigen Verzicht sprechen folgende Gründe: Um einen unversteuerten Letztverbrauch zu vermeiden, müßte ein Verzicht auf die Fälle beschränkt werden, in denen die eingeführten Gegenstände für einen in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer bestimmt sind und die eingeführten Waren im Unternehmen entsprechend verwendet werden. Die Zolldienststellen müßten deshalb bei jeder Einfuhr im Benehmen mit den zuständigen Finanzämtern prüfen, ob die angegebenen Voraussetzungen vorliegen. Eine solche Prüfung würde die Verwaltungsarbeit in einer nicht vertretbaren Weise erschweren. Das, gilt in verstärktem 16560* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Maße für die zahlreichen Fälle, in denen die Einfuhren von Spediteuren durchgeführt werden. Aus den angegebenen Gründen ist im Umsatzsteuergesetz keine Möglichkeit für einen Verzicht auf die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer vorgesehen. Hinzu kommt, daß inzwischen durch das Sammelverfahren bei der Einfuhr und durch den zeitlich vorgezogenen Abzug der Einfuhrumsatzsteuer im Besteuerungsverfahren wesentliche Erleichterungen geschaffen worden sind. Die Bundesregierung hält die geltende Regelung für sachgerecht. Sie sieht deshalb keine Veranlassung, den gesetzgebenden Körperschaften eine abweichende Regelung vorzuschlagen. Anlage 60 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Rose (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 59): Wie beurteilt der Bundesfinanzminister das Verhalten des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit, der sich am 21. Dezember 1979 einen Ministerwagen mit 136 kW angeschafft hat, obwohl im Haushaltsplan für 1979 nur die Anschaffung eines Wagens mit 125 kW genehmigt war? Der Vollzug des Haushalts obliegt jedem Bundesminister für seinen Einzelplan in eigener Verantwortung. Dem Bundesminister der Finanzen steht es nicht zu, das Verhalten anderer Bundesminister zu beurteilen, zumal gesetzliche Vorschriften in dem von Ihnen erwähnten Fall nicht verletzt worden sind. Anlage 61 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Lintner (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 60, 61 und 62): Welche Konzeption verfolgt die Bundesregierung hinsichtlich einer in Zukunft ausreichenden und bezahlbaren Versorgung der ländlichen Räume mit Energie für Heizzwecke? Wie kann die erhöhte Abhängigkeit der Bewohner in ländlichen Gebieten vom Mineralöl verringert werden? Auf welcher Energie für Heizzwecke soll der Schwerpunkt in dünn besiedelten Gebieten in der Zukunft liegen? Zu Frage B 60: Die Bundesregierung verfolgt mit ihrer Energiepolitik auch das Ziel, alle Regionen der Bundesrepublik Deutschland mit Energie für Heizzwecke ausreichend und zu angemessenen Preisen zu versorgen. Im Prinzip sind die wirtschaftspolitischen Ansätze und Instrumente für die Bewohner der ländlichen Regionen die gleichen wie für das übrige Bundesgebiet. Einer speziellen Konzeption für die Versorgung ländlicher Räume mit Energie für Heizzwecke bedarf es nicht. Zu Frage B 61: Auch die Abhängigkeit der Bewohner in ländlichen Gebieten vom Mineralöl kann durch energiesparende Maßnahmen verringert werden, indem beispielsweise die Wärmedämmung sowohl in Alt- als auch in Neubauten verbessert wird, auf vorhandene Alternativen umgestellt wird und energiesparende Technologien wie z. B. die Wärmepumpe — gegebenenfalls zusätzlich — genutzt werden. Energiesparende Investitionen in Altbauten — Wärmepumpen auch in Neubauten — werden durch das 4,35 Milliarden-DM-Programm des Bundes und der Länder finanziell unterstützt. Mit dem BundLänder-Programm zur Förderung des Baues von Erdgasleitungen, für das bis 1983 Bundesmittel in Höhe von insgesamt 170 Millionen DM zur Verfügung stehen, wird das Energieangebot außerhalb der kommunalen Ballungsräume erweitert und damit die Verdrängung von Heizöl gefördert. Mit einer Änderung der Bundestarifordnung Elektrizität wurde der Einsatz elektrischer Wärmepumpen erleichtert. Zu .Frage B 62: Die Energiepolitik der Bundesregierung ist darauf ausgerichtet, den Einsatz von 01 auch für Heizzwecke zurückzudrängen. Dies gilt auch für dünnbesiedelte Gebiete. Es obliegt aber dem Verbraucher, unter dem vorhandenen Angebot das für ihn optimale auszuwählen. Wie in der Antwort auf die vorherige Frage dargelegt, ist die Bundesregierung um eine Erweiterung dieses Angebots bemüht. Anlage 62 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Krey (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 63 und 64): Wie beurteilt die Bundesregierung den steigenden Absatz der Festbrennstoffe im Hausbrand- und Kleinverbraucherbereich, und kann aus dieser Entwicklung abgeleitet werden, daß Hausbrandverbraucher anstelle von 01 wieder feste Brennstoffe verbrauchen? Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Substitution von Öl und die Verwendung fester Brennstoffe in engem Zusammenhang stehen, und daß durch den Einsatz von Festbrennstoffen in Einzelöfen eine erhebliche Einsparung von Heizöl erzielt werden kann? Zu Frage B 63: Der Absatz von Festbrennstoffen für Hausbrand-und Kleinverbraucher ist nach einem ständigen Rückgang in den vergangenen Jahren erstmals im Jahre 1979 wieder kräftig angestiegen (um rund 15 gegenüber 1978). Für diese positive Absatzentwicklung sind verschiedene Faktoren maßgebend, vor allem der strenge Winter in der Heizperiode 1978/79 und die gestiegenen Ölpreise. Bei dem Mehrabsatz von Festbrennstoffen handelt es sich zu einem Teil um Vorratskäufe, der allerdings noch nicht näher beziffert werden kann. Verschiedene Anzeichen, vor allem die starke Nachfrage nach Heizgeräten für Kohle und Briketts deuten jedoch darauf hin, daß die Festbrennstoffe auch für Hausbrand- und Kleinverbrauch als Alternative zum 01 an Bedeutung gewinnen und an Stelle von Cl verwendet werden. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16561* Zu Frage B 64: Die Verdrängung von 01 ist ein vorrangiges energiepolitisches Ziel. Im Rahmen dieser Zielsetzung haben die Festbrennstoffe eine besondere Funktion als Substitutionsenergie. Dies gilt auch für die Einzelofen-Heizung. Im Bundesgebiet gibt es derzeit etwa 6,3 Millionen Einzelöfen und -herde, die mit leichtem Heizöl (HL) beheizt werden. In diesen Einzelfeuerstätten werden jährlich knapp 3 Millionen t HL eingesetzt. Diese Zahlen bezeichnen ein beträchtliches Substitutionspotential, das durch den verstärkten Einsatz von festen Brennstoffen genutzt werden kann. In diesem Teil des Hausbrandmarktes besteht auch durchaus die Chance, den Festbrennstoffen wieder größere Marktanteile zu verschaffen. Sowohl die Steinkohle als auch die Braunkohle haben umweltfreundliche und leicht handhabbare Produkte entwickelt. Die Ofenindustrie hat den Kohleofen, insbesondere auch im Hinblick auf den Wirkungsgrad technisch wesentlich verbessert. Anlage 63 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Marx (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 65): Wann kann nach Feststellung der Bundesregierung beim Bezug von bestimmten Energiearten oder Rohstoffen aus der Sowjetunion die „kritische Abhängigkeitsschwelle" erreicht werden? Die gegenwärtige Abhängigkeitssituation bei Bezügen von Energie und Rohstoffen aus der UdSSR und den anderen RGW-Ländern hat das Bundeswirtschaftsministerium in Beantwortung einer Anfrage des Abgeordneten Klaus Jäger (Wangen) am 23. Januar 1980 dargestellt. Die dort genannten Anteile an Gesamtimporten bestimmter Waren oder Warenarten würden bei einem, von der Bundesregierung im übrigen nicht erwarteten, teilweisen oder vollständigen Lieferausfall zwar nachteilige Folgen ergeben, jedoch entstünde daraus keine kritische allgemeine Versorgungssituation. Bei welchen weiteren Zuwächsen östlicher Lieferungen kritische Schwellen erreicht würden, läßt sich nicht generell feststellen. Nach Auffassung der Bundesregierung gibt es keine in Zahlen feststellbare „kritische Abhängigheitsschwelle" für einen einzelnen Energieträger. Vielmehr muß die Frage der Abhängigkeit von einem Lieferland im Rahmen des Gesamtbildes der politischen und geographischen Streuung aller Energie- und Rohstoffbezugsquellen beurteilt werden. Dabei sind für jede Energieart und für jeden Rohstoff unterschiedlich geartete Faktoren, wie sonstige Versorgungsmöglichkeiten, Substitutionsfähigkeit, Lagerbestände und Einsparpotential, zu berücksichtigen. Ich kann Ihnen aber versichern, daß die Bundesregierung bei den besonders sensiblen Bezügen die Entwicklung der Importabhängigkeit genau verfolgt, um erforderlichenfalls angemessen reagieren zu können. Diese Politik wird durch Abstimmung mit den westlichen Partnern ergänzt. Anlage 64 Antwort des Parl. Staatssekretärs Grüner auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Hoffmann (Saarbrücken) (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen B 66, 67, 68 und 69): In welcher Höhe und mit welchen Haushaltstiteln finanziert die Bundesregierung Exporte von Unternehmen der Bundesrepublik Deutschland in Staaten des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW)? Können die Hermesbürgschaften als solche Finanzhilfe gewertet werden, oder erbringen diese per Saldo einen Ertrag? Wie steht die Bundesregierung zu den an sie gerichteten Forderungen, aus außenpolitischen Gründen im Zusammenhang mit der Afghanistankrise den Export bundesdeutscher Produkte in Länder des RGW zu drosseln? Müßte eine Veränderung der Richtlinien für Hermesbürgschaften, wie aus Anlaß der Afghanistankrise von verschiedenen Seiten gefordert, nicht auch eine Änderung der Praxis gegenüber anderen autoritären Staaten nach sich ziehen? Zu Frage B 66: Für Exporte von deutschen Unternehmern in Staaten des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe stehen keinerlei Finanzmittel aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung. Kredite werden jeweils von den Exporteuren selbst oder von den deutschen Banken zur Verfügung gestellt. Die Bundesregierung stellt auf Antrag der Exporteure oder Banken Bundesbürgschaften zur Absicherung der Kreditrisiken zur Verfügung. Zu Frage B 67: Die Bundesbürgschaften sind so angelegt, daß die entstehenden Unkosten einschließlich der zu leistenden Entschädigungen aus den von den Dekkungsnehmern zu leistenden Entgelten bestritten werden können. Damit enthält das Ausfuhrbürgschaftsinstrumentarium keinerlei Subventionselement; es ist daher keine Finanzhilfe. In der Praxis wurde vielmehr seit 1950 ein rechnerischer Überschuß von etwa 1,3 Milliarden DM erwirtschaftet, der im jeweiligen Haushaltsjahr dem Bundeshaushalt zugeführt wurde. Zu Frage B 68: Hierzu verweise ich auf die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers vor dem Deutschen Bundestag am 28. Februar 1980. Zu Frage B 69: Eine Änderung unserer Deckungspraxis gegenüber einem RGW-Land muß nicht zwangsläufig eine Änderung gegenüber anderen RGW-Ländern nach sich ziehen. Derartige Maßnahmen könnten nur im westlichen Verbund ihre Wirkungen haben. Anlage 65 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Paintner (FDP) (Drucksache 8/3738 Fragen B 70, 71 und 72): Hat auch die Bundesregierung Klagen darüber gehört, daß im Lebensmitteleinzelhandel Magermilchpulver für den Kleinverbraucher kaum zu haben ist, und woran kann das angesichts der großen EG-Bestände liegen? 16562* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Inwieweit sind Klagen aus Bayern zutreffend, wonach der dortige Agrarexport durch Währungsschwankungen speziell gegenüber Italien erschwert wird, und ist es richtig, daß bei Abwertung der grünen Lira die Konkurrenzsituation für Frankreich gegenüber Bayern verbessert wird? Was ist aus der Sicht der Bundesregierung zum Vorwurf des EG-Verbraucherverbands (BEUC) zu sagen, die EG-Nahrungsmittelpreise seien die höchsten der Welt, mit Ausnahme der Schweiz und Japans, und war nicht der Anteil, den die EG-Agrarpolitik an den gesamten EG-Mitteln beansprucht, schon wegen des geringen Integrationsstands in anderen Bereichen früher sogar noch höher als jetzt die kritisierten 70 Prozent? Zu Frage B 70: Die Bundesregierung hat solche Klagen nur vereinzelt gehört. Sie hat diese Frage bei dem zuständigen Milchindustrie-Verband angesprochen. Der Bedarf an haltbarer Milch wird durch die H-Milch und die verschiedenen Formen von Kondensmilch in allen Fettstufen nahezu gedeckt, so daß daher die Nachfrage nach Magermilchpulver sehr gering ist. Deshalb wird zur Zeit reines Magermilchpulver in Kleinpackungen kaum angeboten. Magermilchpulver in Mischungen, z. B. als BabyNahrung, Aufbaudiät oder als besondere Zubereitungen, ist in Kleinpackungen reichlich verfügbar. Allerdings wird diese Ware mehr über Reformhäuser, Drogerien, Apotheken u. a. Spezialgeschäfte angeboten. Sollte sich jedoch künftig die Nachfrage nach reinem Magermilchpulver in Kleinpackungen verstärken, werden die betreffenden Hersteller in Wahrnehmung dieser neuen Absatzmöglichkeiten ihr Angebot entsprechend ausweiten. Zu Frage B 71: Der deutsche Agrarexport — speziell von Bayern nach Italien — wird durch Währungsschwankungen nicht erschwert. Um auch bei einem vom allgemeinen Devisenmarktkurs abweichenden landwirtschaftlichen Umrechnungskurs das Funktionieren der Agrarmarktorganisation im allgemeinen und ihrer Interventionsregelung im besonderen zu gewährleisten, wird dieser Kursunterschied nach Maßgabe der VO (EWG) Nr. 974/71 vom 12. Mai 1971 (ABl. der EG L 106/71) ausgeglichen. Der Währungsausgleichssatz entspricht, abgesehen von bestimmten Kürzungen, dem prozentualen Abstand zwischen Devisenmarktkurs (ggf. Leitkurs) und landwirtschaftlichem Umrechnungskurs. Dieser Abstand und damit auch der Währungsausgleichssatz können sich somit sowohl bei Änderungen des Devisenkurses als auch bei Änderungen des landwirtschaftlichen Umrechnungskurses ändern. In Italien werden z. Z. Währungsausgleichsbeträge bei der Einfuhr von Agrarprodukten gewährt und bei der Ausfuhr erhoben. Seit 25. Februar 1980 gilt für Italien ein Währungsausgleichssatz von 1,3 % gegenüber vorher von 2,3 %. Diese Reduzierung hatte ihre Ursache in einer aufwertenden Entwicklung der Italienischen Lira. Für den deutschen Agrarexporteur steht im Handel mit Italien der Senkung des italienischen Währungsausgleichsbetrages ein entsprechend günstigerer Wechselkurs (mehr DM für gleichen Preis in Lire) gegenüber. Die z. Z. letzte Änderung des landwirtschaftlichen Umrechnungskurses der Italienischen Lira erfolgte mit Wirkung vom 17. Dezember 1979. Infolge einer Abwertung der „Grünen Lira" reduzierte sich der Währungsausgleichssatz für Italien von 7,8 % auf 2,3%. Diese Änderung des landwirtschaftlichen Umrechnungskurses (von 1 ECU = 1 061 Lire auf 1 ECU. = 1 117 Lire) hatte eine entsprechende Erhöhung des italienischen Agrarpreisniveaus zur Folge. Damals stand daher für den deutschen Agrarexporteur im Handel mit Italien der Senkung des italienischen Währungsausgleichsbetrages ein entsprechender Preisanhebungsspielraum gegenüber (mehr DM durch höheren Preis in Lire). Grundsätzlich werden Währungsschwankungen und Änderungen der vom gemeinsamen Agrarpreisniveau abweichenden Agrarpreisniveaus in nationalen Währungen durch Änderungen der Währungsausgleichsbeträge ausgeglichen. Dies schließt nicht aus, daß z. B. die Marktpreise für Agrarprodukte schon vor einer Änderung des landwirtschaftlichen Umrechnungskurses angestiegen sind (Vorteil für den Handel) oder die Marktpreise nach einer solchen Änderung nicht sofort das entsprechende neue Niveau erreichen (Nachteil für den Handel). Auch können durch die Gestaltung der Handelsverträge im Einzelfall unbillige Ergebnisse eintreten. Jedem Nachteil füreinen Exporteur oder einen Importeur steht jedoch ein entsprechender Vorteil für den Vertragspartner gegenüber. Es ist Sache des Handels, Vor- und Nachteile auszugleichen bzw. die Kalkulationen und die Handelsverträge so zu gestalten, daß es nicht zu unbilligen Ergebnissen kommen kann. Währungsausgleichsbeträge werden gegenüber jedem anderen Mitgliedstaat und auch gegenüber Drittländern in gleicher Weise angewandt. Es ist daher ausgeschlossen, daß eine Abwertung des landwirtschaftlichen Umrechnungskurses der Italienischen Lira sich in unterschiedlicher Weise auf den Italien-Agrarhandel der Bundesrepublik Deutschland einerseits und Frankreichs andererseits auswirken könnte. Diese Feststellungen werden durch die Entwicklung der Ausfuhren untermauert: a) Anteil einzelner Länder an der Einfuhr Italiens an Ernährungsgütern insgesamt (in %) 1970 1974 1975 1976 1977 Bundesrepublik Deutschland 10 13 16 14 15 Frankreich 16 19 18 20 20 b) Steigerung des Ernährungsgüterexports Bayerns nach Italien von 1970 = 598 Millionen DM auf 1978 = 1 842 Millionen DM, somit um 208 %. c) Steigerung des Ernährungsgüterexports der Bundesrepublik Deutschland nach Italien 1978 2 909,7 Millionen DM 1979 3 566,6 Millionen DM = + 22,6%. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16563* Zu Frage B 72: Ein weltweiter Vergleich der absoluten Verbraucherpreise ist grundsätzlich problematisch. Abgesehen davon, daß die erfaßten Produkte nicht immer von Land zu Land vergleichbar sind und ihnen je nach Verzehrsgewohnheiten in den einzelnen Ländern unterschiedliche Bedeutung zukommt, sollte auch ein Preisniveau stets im Zusammenhang mit dem allgemeinen Preis- und Einkommensniveau in einer Volkswirtschaft verstanden werden. Es trifft zu, daß die Verbraucherpreise für Nahrungsmittel in der EG im internationalen Vergleich ein relativ hohes Niveau haben. Allerdings bestehen zwischen den einzelnen Mitgliedsländern und auch von Produkt zu Produkt z. T. erhebliche Unterschiede. Zumeist höher als in der EG sind die Verbraucherpreise — soweit Angaben vorliegen — in Japan, der Schweiz und Schweden, bei einzelnen Produkten auch in Argentinien. Doch dieser über Devisenkurs errechnete Vergleich sagt nichts über die Bedeutung eines Produktpreises im Rahmen der Angaben für die allgemeine Lebenshaltung und im Vergleich zu den Einkommen in dem jeweiligen Land aus. Aufschluß über die relative Höhe der Nahrungsmittelpreise gibt u. a. ein Vergleich mit den Arbeiterverdiensten. So konnten sich z. B. Arbeitnehmer in Japan, einem „Hochpreisland", Mitte 1979 für ihren Bruttoverdienst nahezu die doppelte Menge an Brot, Reis, Kotelett kaufen wie ein Arbeiter in Mexiko, das zu den „Niedrigpreisländern" zählt. Bei einer Umrechnung der Nahrungsmittelpreise mit der Verbrauchergeldparität, die eine über die gesamten Haushaltsausgaben gewogene Kaufkraft der DM in den einzelnen Ländern ausdrückt, verschiebt sich das Bild ebenfalls. Danach rückten bei einzelnen Produkten neben Italien als EG-Land und Schweden beispielsweise auch Mexiko, Australien und USA in die Gruppe der „Hochpreisländer" auf. Die Verbraucherpreise in der Bundesrepublik Deutschland. (Bonn) bewegten sich im Mittelfeld. Es ist richtig, daß der Anteil, den die EG-Agrarpolitik an den gesamten EG-Mitteln beansprucht, in den letzten Jahren eine fallende Tendenz zeigt. Anlage 66 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Neumann (Bramsche) (SPD) (Drucksache 8/3738 Frage B 73): Welchen Stand haben die Verhandlungen zwischen Thailand und der Europäischen Gemeinschaft, Importbeschränkungen für Tapioka auf Wunsch Frankreichs und Irlands herbeizuführen, und welche Maßnahmen sind getroffen worden, insbesondere im Nordosten Thailands eine Umstellung der Tapiokaerzeugung auf andere Feldfrüchte mit Hilfe der EG einzuleiten? Die thailändische Regierung hat EG-Vizepräsident Gundelach im März 1979 zugesagt, das Volumen ihrer Tapiokaausfuhren in die Europäische Gemeinschaft im Jahr 1979 auf den Stand 1978 zu begrenzen und über Maßnahmen zur schrittweisen Verminderung dieser Einfuhren in die EG ab 1980 zu verhandeln. Die EG ihrerseits hat sich bereit erklärt, eine Studie über die Möglichkeiten einer Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion in der Nordost-Region Thailands zu finanzieren. Inzwischen hat sich das Problem durch den erntebedingten Rückgang der thailändischen Ausfuhren in die EG (1978 5,5 Millionen t, 1979 rd. 4,5 Millionen t) temporär entschärft. Unabhängig davon wird jedoch die Frage eines Selbstbeschränkungsabkommens und die Prüfung der Möglichkeiten für den Anbau anderer Feldfrüchte als Tapioka weiter verfolgt werden. EG-Vizepräsident Gundelach und der thailändische Handelsminister Ob Vasuratna haben am 19. Februar 1980 in Brüssel vereinbart, die Gespräche über Exportselbstbeschränkung und die damit zusammenhängenden Fragen der Anbaudiversifizierung Mitte März 1980 in Bangkok fortzusetzen. Die EG hat für Thailand im Rahmen der Hilfe für nichtassoziierte Länder Mittel, insbesondere für Maßnahmen im Nordosten des Landes, bereitgestellt. Über den Stand der Maßnahmen werden Ermittlungen angestellt, deren Ergebnis nachgereicht wird. Anlage 67 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Zumpfort (FDP) (Drucksache 8/3738 Fragen B 74, 75, 76 und 77): Wie beurteilt die Bundesregierung die Wettbewerbssituation der deutschen Kutterfischerei in der Nordsee und der Ostsee im Vergleich zu der Konkurrenz innerhalb und außerhalb der EG angesichts der andauernden Kostensteigerungen bei Gasöl? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, durch staatliche Maßnahmen auf nationaler Ebene den Kutterfischern eine angemessene Existenz zu sichern und zu erhalten? Welche Maßnahmen sollten nach Meinung der Bundesregierung die Kutterfischer selbst ergreifen, um ihre Wettbewerbssituation zu verbessern? Wie beurteilt die Bundesregierung eine Neufassung der EG-Fischmarktordnung mit dem Ziel, die Existenz der Kutterfischerei innerhalb der EG durch Einfuhrbeschränkungen zu sichern? Zu Frage B 74: Die Wettbewerbssituation der deutschen Kutterfischerei ist bei den Gasölpreisen und bei den Entfernungen zu den traditionellen Fangplätzen auf Grund der geographischen Gegebenheiten ungünstiger als bei den wesentlichen fischwirtschaftlichen Nachbarländern in der EG. In hohem Maße betroffen sind davon die Ostseefischer, deren Fangmöglichkeiten besonders eingeschränkt worden sind. Allerdings haben gerade die letzten länderweise unterschiedlichen Preissteigerungen dazu beigetragen, daß sich die Gasölpreise international angeglichen haben. Unter den Drittländern haben die Isländer ein sehr viel höheres Preisniveau, vergleichbare Preise wie deutsche Kutterfischer müssen die Fischer in Kanada und Norwegen bezahlen, deutlich darunter liegen die Preise in den USA. Um die Anpassung an die veränderten fischereipolitischen Gegebenheiten zu erleichtern, gewährt die Bundesre- 16564* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 gierung speziell unter den Sofortmaßnahmen zur Kapazitätsanpassung auch Zuschüsse für die Neuausrichtung der Fischereitätigkeit; diese sollen im gewissen Umfang auch einen Ausgleich für die in der Regel höheren Kosten beim Aufsuchen neuer Fangplätze bieten. Zu Frage B 75: Um die Anpassungsschwierigkeiten für die deutsche Seefischerei auf Grund der negativen Seerechtsentwicklung und der Überfischungserscheinungen zu mildern, hat die Bundesregierung bereits 1978 ein dreijähriges Sofortprogramm für die Fischwirtschaft aufgestellt. Es sieht für die Kutter- und Küstenfischerei eine Gesamtsumme von 17,2 Millionen DM vor; davon wurden bis Ende 1979 10 Millionen DM ausgezahlt. Bei diesen Förderungsmaßnahmen handelt es sich bekanntlich um Hilfen für Betriebe, die ihre Fahrzeuge wegen fehlender Fangmöglichkeiten und zur Schonung der Fischbestände vorübergehend stillegen müssen sowie um Prämien für das Aufsuchen bisher wenig befischter Fanggebiete und den Fang nichttraditioneller Fischarten und schließlich um erhöhte Abwrackprämien für endgültig ausscheidende Kutter. Die am stärksten betroffene Ostseefischerei wird von den Regelungen besonders begünstigt. Die Förderungsrichtlinien zur Kapazitätsanpassung wurden zu Beginn des Jahres für die Kutterfischerei der Entwicklung angepaßt. Auch nach Auffassung des Fachverbandes der Kutterfischerei hat sich das Gesamtkonzept der Sofortmaßnahmen zur Kapazitätsanpassung bewährt. Diese Maßnahmen haben wesentlich dazu beigetragen, daß drastische Ertragsrückgänge vermieden worden sind und notwendige Anpassungen erleichtert werden. Auf Grund wirtschaftlicher Schwierigkeiten in der Seefischerei im Zusammenhang mit den gestiegenen Betriebskosten bereitet die Bundesregierung die Gewährung einer einmaligen Anpassungshilfe vor. Gegenwärtig wird außerdem geprüft, wie weit Umstellungsmöglichkeiten auf energiesparende und qualitätsfördernde Fangmethoden auch finanziell gefördert werden können. Die bisherigen Investitionsförderungsmaßnahmen für die Kleine Hochsee- und Küstenfischerei (insbesondere Kutterdarlehen, Zuschüsse für Neubauten u. a., Zinszuschüsse) werden unter Berücksichtigung der Fangmöglichkeiten weitergeführt. Zu Frage B 76: Um das Einkommen der Kutterfischerei mittel- und langfristig zu erhöhen, sollte jede Möglichkeit zu kostensenkenden und erlössteigernden Maßnahmen genutzt werden. Zukünftig wird vermutlich die zweite Maßnahmegruppe von der Kutterfischerei im stärkeren Umfang zur Einkommensverbesserung genutzt werden müssen. Um Erlössteigerungen zu verwirklichen, dürfte sich für die Kutterwirtschaft im wesentlichen die Verstärkung ihrer Bemühungen bei folgenden Maßnahmen anbieten: Es sollte die Marktstellung der Erzeugerorganisationen verbessert werden; wobei für die Marktstellung nicht nur die Größe der Organisation, sondern auch der wirtschaftliche Zusammenhalt der Mitglieder von entscheidender Bedeutung ist. Das Instrument der Fang- und Absatzplanung sollte konsequenter als in der Vergangenheit von der Kutterwirtschaft, soweit möglich in Abstimmung mit der Hochseefischerei und den ausländischen Anbietern, eingesetzt werden, insbesondere um kurzfristige Marktzusammenbrüche durch Anlandungen zu vermeiden, die der Marktentwicklung (im Hinblick auf den Zeitpunkt, die Menge, das Sortiment) nicht angepaßt sind und um den Umschlagseinrichtungen, den Verarbeitungsbetrieben und dem Handel eine relativ kontinuierliche Auslastung ihrer Kapazitäten zu ermöglichen. Die Qualität der angelandeten Ware kann gewiß in einigen Punkten verbessert und in Zusammenarbeit mit der abnehmenden Hand den Bedürfnissen der Verarbeitungsindustrie bzw. des Verbrauchers angepaßt werden. Der Markt sollte hinsichtlich Menge und Preis gerade unter dem Ziel einer funktionierenden Fang- und Absatzplanung bei den Erzeugerorganisationen, aber auch bei den Dispositionen der Industrie und des Handels transparenter gestaltet werden. Besonders bei der Realisation der beiden letztgenannten Maßnahmen kann die Bundesregierung unter Umständen organisatorisch und stützend Beistand leisten. Zu Frage B 77: Eine Anpassung der 1970 in Kraft getretenen EG- Fischmarktordnung ist unter den veränderten fischereipolitischen Gegebenheiten dringend erforderlich und ist von deutscher Seite in den letzten Jahren in den Brüsseler Gremien immer wieder gefordert worden. Nach Erklärungen, die Rat und Kommission in dieser Angelegenheit im Dezember 1979 ausgesprochen haben, besteht in diesem Jahr die Aussicht, daß mit der Änderung begonnen wird. Dabei bieten sich vorrangig folgende Themenbereiche an: — Verbesserung der Regelungen für den Binnenmarkt, insbesondere durch Schaffung einer größeren Flexibilität des Rücknahmepreissystems. Damit soll den saisonalen und u. U. auch regionalen Marktgegebenheiten besser als bisher Rechnung getragen werden. Auch soll durch die Änderung erreicht werden, daß konsumfähiger Fisch nicht nur in der Fischmehiproduktion kommerziell verwertet werden darf. — Verbesserung der Regelung für den Handel mit Drittländern, insbesondere durch eine funktionsfähigere Gestaltung des bestehenden Referenzpreissystems, die im erforderlichen Umfang den Markt vor Störungen zu schützen vermag. Es ist von seiten der Bundesregierung nicht daran gedacht, dieses Referenzpreissystem durch Einfuhrbeschränkungen zu ergänzen. Die Marktorganisation und die Zollregelung sichern den Fischern der Gemeinschaft im Grundsatz eine bevorzugte Stellung gegenüber Importen. Auf diese sollte insbesondere die Bundesrepublik Deutschland zur Sicherung einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16565* mit Fisch nach einzelnen Arten und Angebotsformen sowie zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftskraft der Küstenregionen und in Anbetracht der weltwirtschaftlichen Verflechtung der deutschen Wirtschaft nicht verzichten. Anlage 68 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jentsch (Wiesbaden) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 78): Ist es zutreffend, daß die EG-Subventionen für den Tabakanbau für 1978 ca. 600 Millionen DM betrugen, von denen die Bundesrepublik Deutschland 28 v. H. trug, wovon wiederum etwa zwei Drittel auf die Nichtraucher entfielen? Für den Sektor der Gemeinsamen Marktorganisation für Rohtabak wurden im Haushaltsjahr 1978 vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) insgesamt 216,1 Millionen ERE ausgegeben. Das entspricht in etwa dem angegebenen Betrag von 600 Millionen DM. Diese Mittel kamen im wesentlichen den Hauptanbauländern Italien und Frankreich zugute. Die Bundesrepublik Deutschland trug mit einem Anteil von rd. 28% zu den Gesamtausgaben des EAGFL Abt. Garantie bei. Eine Aufteilung der aus dem Bundeshaushalt stammenden Mittel nach Rauchern oder Nichtrauchern ist nicht möglich. Ich darf jedoch darauf verweisen, daß im Jahre 1978 aus der Tabaksteuer von Rauchern allein in der Bundesrepublik Deutschland 10,5 Milliarden DM aufgebracht worden sind. Anlage 69 Antwort des Bundesministers Ertl auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Stutzer (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 79 und 80): Ist der Bundesregierung bekannt, an wieviel Tieren 1979 Versuche vorgenommen wurden und wieviel Tierversuche 1979 im Vergleich zu 1978 mehr oder weniger vorgenommen worden sind? Ist die Bundesregierung bereit, sich bei den Bundesländern einen Überblick über den Umfang der Tierversuche zu verschaffen, wenn ihr hierüber Zahlenmaterial nicht vorliegen sollte, und wenn ja, wird sie dann die Offentlichkeit über die Zahl der in den Jahren 1978 und 1979 durchgeführten Tierversuche unterrichten? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, an wie vielen Tieren im Jahre 1979 Versuche vorgenommen worden sind. Es kann deshalb auch kein Vergleich mit Versuchen aus dem Jahre 1978 gezogen werden. Die Erfassung der Tierversuche in einer bundeseinheitlichen Statistik ist nicht möglich, da hierfür eine Rechtsgrundlage nicht gegeben ist. Entsprechende Ermächtigungen sollen in das Ratifikationsgesetz aufgenommen werden, das zum Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren, die zu Versuchszwecken verwendet werden, ausgearbeitet wird. An dem Übereinkommen wird in Straßburg mit Vordringlichkeit gearbeitet, in ihm ist ein statistischer Fragebogen über Tierversuche vorgesehen. Die Bundesregierung hatte bereits im Jahre 1978 die Länder gebeten, Zahlenangaben für Tierversuche zu machen. Aus den damals erhaltenen Angaben konnten, wie sich aus der Bundestagsdrucksache 8/2320 vom 27. November 1978 ergibt, auch auf diesem Wege keine sicheren Zahlen erarbeitet werden. Auch die Länder sind nicht in der Lage, Zahlen über verwendete Tiere anzugeben, da nicht die einzelnen Versuche genehmigt werden, sondern nur die Versuchsvorhaben. Deshalb hat z. B. auch der Hessische Minister für Landesentwicklung, Umwelt, Landwirtschaft und Forsten in der Beantwortung einer Kleinen Anfrage — Drucksache des Hessischen Landtags 9/549 vom 5. April 1979 — ausgeführt: „Statistiken über Anzahl und Arten von Versuchstieren gibt es bisher nicht' In der Antwort der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen auf eine Kleine Anfrage — Drucksache des Landtags Nordrhein-Westfalen 8/4778 vom 27. Juli 1979 — heißt es: ,,Angaben über Artzugehörigkeit und Zahl der verwendeten Versuchstiere sind nicht möglich, da entsprechende statistische Erhebungen gesetzlich nicht vorgesehen sind und nicht vorgenommen werden. Auch die von den Regierungspräsidenten erteilten Tierversuchsgenehmigungen geben insoweit keinen Aufschluß. Hier sind zwar die bei Antragstellung vorgesehenen Tierarten angegeben; es werden aber nicht immer alle beantragten Versuche in vollem Umfang durchgeführt." Genaue Zahlen über die in Versuchen verwendeten Tiere lassen sich erst nach dem Inkrafttreten des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren, die zu Versuchszwecken verwendet werden, erheben. Anlage 70 Antwort des Staatssekretärs Frau Fuchs auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jobst (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 81): Hält es die Bundesregierung angesichts des ungedeckten Bedarfs an ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen in vielen ländlichen Gebieten für erforderlich, die Kassenzulassung niederlassungswilliger Ärzte und Zahnärzte zu erleichtern, und welche Maßnahmen gedenkt sie gegebenenfalls zu treffen? Zum 1. Januar 1977 ist das Gesetz zur Weiterentwicklung des Kassenarztrechts (Krankenversicherungs-Weiterentwicklungsgesetz — KVWG) vom 28. Dezember 1976 in Kraft getreten. Ziel dieses Gesetzes war es vor allem, das Planungs- und Maßnahmeninstrumentarium der Kassenärztlichen Vereinigung zur Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung auszubauen sowie die zur Abwendung drohender oder Beseitigung eingetretener ärztlicher Unterversorgung notwendigen und geeigneten Maßnahmen gesetzlich zu sichern. Damit sollte das Angebot an ärztlichen Leistungen vor allem in ländlichen Stadtrandgebieten verbessert, die Niederlassung von Kassenärzten bedarfsgerechter beeinflußt und Unterversorgungssituationen wirksamer begegnet werden können. Diesem Ziel dienten vor allem drei Regelungskomplexe: 16566* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 — Eine gesetzlich vorgeschriebene Bedarfsplanung für die kassenärztliche Versorgung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Krankenkassen — Ein Ausbau des Sicherstellungsinstrumentariums, damit die für die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung verantwortlichen Kassenärztlichen Vereinigungen die hierfür notwendigen und geeigneten Maßnahmen ergreifen können — Eine gesetzliche Absicherung besonderer Maßnahmen dieser Körperschaften, um eine unmittelbar drohende Unterversorgung abzuwenden oder eine eingetretene Unterversorgung zu beseitigen Dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung sind bisher keine Berichte, insbesondere nicht von den zuständigen Ministern und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder bekanntgeworden, aus denen sich der von Ihnen beschriebene ungedeckte Bedarf an ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen ergeben würde. Die Bundesregierung sieht daher keinen Anlaß, im gegenwärtigen Zeitpunkt besondere Maßnahmen zu ergreifen. Anlage 71 Antwort des Staatssekretärs Frau Fuchs auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Seiters (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 82 und 83): Wie beurteilt die Bundesregierung die Vorschläge im Winterbauerfahrungsbericht der Bundesanstalt für Arbeit, im Rahmen der Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft die seit 1973 nicht erhöhten Förderungssätze beim Mehrkostenzuschuß anzuheben? Wie beurteilt die Bundesregierung Vorschläge, beim Schlechtwettergeld die Betriebe des Baugwerbes, des Dachdeckerhandwerks und des Garten- die und Landschaftsbaus nicht schlechter zu stellen als die und kurzarbeitenden Betriebe? Auf die Notwendigkeit einer Erhöhung der Förderungssätze für den Mehrkostenzuschuß wurde bereits vielfach hingewiesen. Die RationalisierungsGemeinschaft „Bauwesen" der deutschen Wirtschaft hat mir vor wenigen Tagen einen Vorschlag für eine Anhebung der Förderungssätze übersandt. Die Bundesregierung wird diesen Vorschlag sorgsam prüfen und mit den Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft erörtern. Ich bitte daher um Verständnis, daß ich Ihre Frage noch nicht abschließend beantworten kann. Mit Ihrer weiteren Frage zielen Sie vermutlich auf die unterschiedliche Regelung der Krankenversicherung bei dem Kurzarbeiter- und Schlechtwettergeld ab. In beiden Fällen tragen die Arbeitgeber den Beitrag zur Krankenversicherung. Beim Kurzarbeitergeld zahlt die Bundesanstalt für Arbeit auf Antrag einen Zuschuß von 50 v. H., die Arbeitgeber des Baugewerbes tragen den Beitragsaufwand allein. Die Belastung der Arbeitgeber des Baugewerbes mit dem vollen Beitrag zur Krankenversicherung ist durch die Winterbau-Novelle 1972 als Interessenquote der Bauwirtschaft am Aufwand für die Winterbauförderung eingeführt worden. Die Arbeitgeber sollten die vollen Krankenversicherungsbeiträge für die Bezieher von Schlechtwettergeld übernehmen, um so zu den erheblichen Kosten der witterungsbedingten Arbeitsausfälle beizutragen. Ich erinnere daran, daß im Winter 78/79 allein für Schlechtwettergeld mehr als 1,5 Mrd. DM gezahlt werden mußten. Da der Gesetzgeber im Rahmen der Winterbau-Novelle 1972 aber auch die Leistungen der Produktiven Winterbauförderung erheblich verbessert hat, hat er den Baubetrieben die Möglichkeit gegeben, die Bautätigkeit im Winter fortzusetzen und so witterungsbedingte Arbeitsausfälle weitgehend zurückzudrängen und die mit dem Schlechtwettergeld verbundenen Lasten zu vermindern. Eine vergleichbare Ausweichmöglichkeit hat der kurzarbeitende Betrieb nicht. Die unterschiedliche Regelung ist daher gerechtfertigt. Anlage 72 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Zeitel (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 84): Ist die Bundesregierung bereit, entsprechend einer öffentlichen und eindeutigen Erklärung des Bundeskanzlers darauf hinzuwirken und gesetzgeberische Maßnahmen vorzubereiten, daß künftig in allen geltenden Gesetzen und Verordnungen das Wort „Auszubildender" durch „Lehrling" ersetzt wird? Der Begriff „Auszubildender" ist durch den Initiativgesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, FDP vom 25. Oktober 1966 — Bundestagsdrucksache V/1009 — in die parlamentarischen Beratungen des Berufsbildungsgesetzes eingebracht worden. Der Begriff wurde seinerzeit wegen des umfassenden persönlichen Anwendungsbereiches des Berufsbildungsgesetzes gewählt, das nicht nur für Lehrlinge, sondern für alle Personen in Berufsausbildung, also auch für Anlernlinge, Praktikanten und Volontäre gelten sollte. Aus demselben Grunde ist der um fassende Begriff auch in anderen Gesetzen, wie im Bundesausbildungsförderungsgesetz und im Arbeitsförderungsgesetz, verwendet worden. Er hat sich inzwischen allgemein durchgesetzt, wovon ein Blick in die Anzeigenteile der Tagesprese leicht überzeugt. Gesetzgeberische Maßnahmen müssen daher nicht vorbereitet werden. Anlage 73 Antwort des Staatssekretärs Frau Fuchs auf die Schriflichen Fragen des Abgeordneten Weiskirch (Olpe) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 85, 86, 87 und 88): Sind der Bundesregierung Pressemeldungen bekannt, nach denen dem Bundesamt für den Zivildienst durch den Bundesrechnungshof Verschwendungen in Millionenhöhe vorgeworfen werden, und welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung in diesem Zusammenhang vor? Trifft es zu, daß mit den vom Bundeskabinett im Januar 1978 zusätzlich bewilligten Mitteln in Höhe von 50 Millionen DM zur Schaffung zusätzlicher Zivildienstplätze tatsächlich jedoch Zivildienstleistende weit- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16567* gehend kostenfrei den Beschäftigungsstellen überlassen werden, und welche Auswirkungen hat dieses Verfahren auf f 6 des Zivildienstgesetzes und den Bundeshaushalt? Ist der Bundesregierung bekannt, daß Zivildienstleistende an Beschäftigungsstellen vermittelt werden, die diese überwiegend als Kraftfahrer, Pförtner, Handwerker, Telefonisten und Bürohilfskräfte einsetzen. und wie verhindert sie, daß der amtlichen Arbeitsvermittlung eine institutionalisierte Konkurrenz in dieser Form erwächst, die dadurch eine Eingliederung von Arbeitslosen verhindert? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bereitstellung von Zivildienstleistenden zum ,,Null-Tarif'' die Korrumpierung der Beschäftigungsstellen ermöglicht, wieviel Zivildienstplätze sind daher seit dem 1. Januar 1978 neu eingerichtet, und wieviel „Altplätze" sind seit dieser Zeit in „Neuplätze'' umgewandelt worden? Zu Frage B 85: In seinen Prüfungsmitteilungen vom 28. August 1979 hat der Bundesrechnungshof sich u. a. zu den sogenannten Aufwandszuschüssen geäußert. Diese sind vom Deutschen Bundestag im Haushalt 1978 als finanzieller Anreiz für die Bereitstellung neuer Plätze für Zivildienstleistende geschaffen worden. Diese Maßnahme war erforderlich, um jeden anerkannten Kriegsdienstverweigerer zur Ableistung seines Zivildienstes einberufen zu können. Der Bundesrechnungshof „empfiehlt" lediglich, im Hinblick auf die Zahl der nunmehr zur Verfügung stehenden Zivildienstplätze die weitere Förderung einzustellen. Die Zahl der zur Zeit zur Verfügung stehenden Zivildienstplätze die im Januar 1978 rd. 43 000 betragen hat, reicht — unter Berücksichtigung einer notwendigen Platzreserve — voraussichtlich aus, die in den Jahren 1980 und 1981 zu erwartende Zahl von anerkannten Kriegsdienstverweigerern zum Zivildienst heranziehen zu können. Die Bundesregierung hat deshalb veranlaßt, daß die Bereitstellung neuer Plätze seit dem 1. Februar 1980 nur noch in den Bereichen der mobilen sozialen Dienste, der individuellen Schwerstbehindertenbetreuung und der Modellversuche durch Zahlung von Aufwandszuschüssen gefördert wird. In den beiden erstgenannten Bereichen besteht in der Bundesrepublik ein erheblicher Bedarf an Dienstleistungen. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß der Einsatz von Zivildienstleistenden in diesem Dienst am Menschen in besonderem Maße dem Auftrag des Zivildienstgesetzes entspricht, Aufgaben im engeren sozialen Bereich zu erfüllen. Die Förderung von Modellversuchen ist erforderlich, um neue Einsatzfelder für Zivildienstleistende zu erschließen. Zu Frage B 86: Die Aufwandszuschüsse sollen die Beschäftigungsstellen vom durchschnittlichen Aufwand für Verpflegung, Arbeitskleidung und Unterbringung der Zivildienstleistenden entlasten. Dabei handelt es sich um diejenigen Belastungen, die den Beschäftigungsstellen auch bei Erlaß des Kostenbeitrages nach § 6 ZDG, der nahezu allen Beschäftigungsstellen zugestanden wird, verbleiben. Die vom Deutschen Bundestag im Haushalt zur Verfügung gestellten Mittel werden damit zu dem Zweck verwandt, zu dem sie nach den Erläuterungen im Haushalt bestimmt sind. An Förderungsmitteln standen bereit im Haushalt 1978 50 Millionen DM, 1979 30 Millionen DM und 1980 10 Millionen DM. Zu Frage B 87: Zivildienstleistende können grundsätzlich zu allen Arbeiten herangezogen werden, die in einer anerkannten, im allgemeinen dem sozialen Bereich zuzuordnenden Beschäftigungsstelle anfallen. Dabei steht der unmittelbare Dienst am Menschen als eigentliche Aufgabe des Zivildienstes im sozialen Bereich im Vordergrund. Nicht jeder Zivildienstleistende ist allerdings für den Dienst am Menschen geeignet oder zu ihm bereit, so daß dem Zivildienstleistenden auch ein Einsatz in anderen Tätigkeiten angeboten werden muß. Dabei kommen vor allem die von Ihnen erwähnten Tätigkeiten als Hilfskraft in sozialen Einrichtungen auch außerhalb des Bereiches der Pflege und Betreuung in Betracht. Die Bundesregierung räumt daher der Vermittlung von Arbeitslosen unbedingte Priorität gegenüber dem Einsatz von Zivildienstleistenden ein. Sie hat deshalb in gewissen Bereichen, in denen für die Tätigkeit der Zivildienstleistenden auch ein Arbeitsloser in Frage kommen könnte, den Einsatz von Zivildienstleistenden von einer befürwortenden Stellungnahme des Betriebs- oder Personalrats der Beschäftigungsstelle abhängig gemacht. Es ist mit Sicherheit davon auszugehen, daß in nicht wenigen Fällen durch die Beschäftigung von Zivildienstleistenden sogar neue, zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden, die mit Arbeitssuchenden besetzt werden können. Zu Frage B 88: Mit Hilfe der Förderung ist es gelungen, die Zahl der Zivildienstplätze seit Einführung der Aufwandszuschüsse seit 1. Juni 1978 um rund 10 000 Plätze zu erhöhen. Die Zahl der Fälle, in denen Beschäftigungsstellen bereits bestehende, nicht geförderte Plätze aufgegeben haben, um sich neue förderungsfähige Plätze anerkennen zu lassen, ist nicht bekannt. Es dürfte sich jedoch nicht um viele Fälle handeln, da Beschäftigungsstellen, die auf Zivildienstplätze verzichten, nach den Förderungsvorschriften innerhalb der folgenden 12 Monate nicht für neue Dienstplätze Aufwandszuschüsse erhalten können. Anlage 74 Antwort - des Staatssekretärs Frau Fuchs auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Verhülsdonk (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 89 und 90): Kann die Bundesregierung mitteilen, wie hoch die Zahl der Rentenversicherten ist, die von der Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht nach Artikel 2 § 1 Abs. I des Zweiten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes vom 23. Dezember 1966 (BGBl. I S. 745) Gebrauch gemacht haben? Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele der auf Grund der obigen genannten Vorschrift Befreiten nach Artikel 2 f 1 b des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes in der Fassung des 20. Rentenanpassungsgesetzes wieder versicherungspflichtig geworden sind? Der Bundesregierung ist weder die Zahl der bei ihren Ehegatten beschäftigten Personen bekannt, die sich für diese Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreien ließen, noch die Zahl derer, die 16568* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Versicherungspflicht wählten, als ihnen die Pflichtversicherung wieder geöffnet wurde. Der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger und die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte haben den Personenkreis nicht gesondert erfaßt, so daß Zahlenmaterial hierüber nicht zur Verfügung steht. Die Regelung über die Offnung der Versicherungspflicht für die bei ihren Ehegatten beschäftigten Personen in Art. 2 § 4 Nr. 1 und § 5 Nr. 1 des 20. Rentenanpassungsgesetzes betraf überwiegend Frauen. Sie war keine Maßnahme der Konsolidierung der Rentenversicherung, sondern ein Beitrag zur Verbesserung der sozialen Sicherung der Frau, so daß auch für die Bundesregierung eine Erhebung über die Größe des Personenkreises nicht im Vordergrund des Interesses stand. Anlage 75 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Würzbach (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 93, 94, 95 und 96): Ist der Bundesregierung bekannt, daß mit Wirkung vom 1. Mai 1979 die Benutzung der Gemeinschaftsunterkunft für Angehörige der Bundeswehr um mehr als 300 Prozent monatlich erhöht worden ist? Trifft es zu, daß die von der Bundesregierung zur Verfügung gestellte Gemeinschaftsunterkunft bereits durch eine Kürzung der Dienstbezüge beim Ortszuschlag monatlich berücksichtigt wird? Trifft es zu, daß durch diese Regelung eine steuerliche Benachteiligung der Ledigen und zum Wohnen in der Gemeinschaftsunterkunft verpflichteten Angehörigen der Bundeswehr gegenüber solchen, die nicht zum Wohnen in einer Gemeinschaftsunterkunft verpflichtet sind, erfolgt? Wie bewertet die Bundesregierung diese Situation, und welche Abhilfemaßnahmen hat sie vorgesehen? Zu Frage B 93: Die von Bundeswehrangehörigen zu zahlende Unterkunftspauschale für freiwillig in Anspruch genommene Gemeinschaftsunterkunft wird seit dem 1. September 1977 unverändert erhoben. Daher beziehe ich Ihre erste Frage auf die mit Wirkung vom 1. Mai 1979 geltende steuerliche Neubewertung des Wohnens in Gemeinschaftsunterkunft bei Berufs- und Zeitsoldaten. Das Einkommensteuergesetz schreibt vor, unentgeltlich oder verbilligt gewährte Gemeinschaftsunterkunft als Sachbezug zu versteuern. Die obersten Finanzbehörden der Länder können für den Wert der Sachbezüge Durchschnittssätze festsetzen und bekanntgeben. Solche Werte waren für die unterkunftspflichtigen Berufs- und Zeitsoldaten zuletzt 1966 festgesetzt worden, und zwar auf monatlich 15,— DM (BesGr A 1—A 4), 25,— DM (BesGr A 5 und A 6) und 35,— DM (ab BesGr A 7). Diese seit 1966 unverändert geltenden Ansätze hat die Finanzverwaltung zum 1. Mai 1979 erhöht und dafür die am 1. Januar 1978 in Kraft getretene Sachbezugsverordnung unter Anwendung aller hiernach möglichen Abschläge als Maßstab genommen. Danach wird der Sachbezug „Gemeinschaftsunterkunft einschließlich Heizung und Beleuchtung" seit dem 1. Januar 1980 in den Besoldungsgruppen monatlich mit 65,50 DM, 107,80 DM und 123,20 DM angesetzt. Dementsprechend werden monatlich für Mannschaften rd. 11,— DM, für Unteroffiziere rd. 18,— DM und für Feldwebel, Leutnante und Oberleutnante rd. 19,— DM mehr an Lohnsteuer einbehalten und abgeführt. Diese Regelung gilt entsprechend auch für Angehörige des Bundesgrenzschutzes, der Bereitschaftspolizei der Länder, der Vollzugspolizei der Länder und Gemeinden sowie der Kriminalpolizei des Bundes, der Länder und Gemeinden. Aus Gründen der steuerlichen Gleichbehandlung hielten es die obersten Finanzbehörden der Länder nicht für vertretbar, die Bewertung der Gemeinschaftsunterkunft bei Angehörigen der Bundeswehr grundsätzlich in anderer Weise vorzunehmen, als es die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erlassene Sachbezugsverordnung für Arbeitnehmer der Privatwirtschaft zwingend vorschreibt. Für die Sozialversicherung der Soldaten auf Zeit ergibt die Anhebung der steuerlichen Sachbezugswerte einen Vorteil. Soldaten auf Zeit werden nach ihrem Ausscheiden aus der Bundeswehr für die Dauer ihrer Soldatenzeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert; die Beiträge trägt voll der Bund. Dabei werden die erhöhten steuerlichen Wertansätze für Gemeinschaftsunterkunft in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Daraus ergibt sich ein höherer Rentenanspruch. Zu Frage B 94: Es trifft zu, daß ledige Soldaten, die auf Grund dienstlicher Verpflichtung in Gemeinschaftsunterkunft wohnen, einen um 22 v. H. ermäßigten Ortszuschlag erhalten. Nicht übersehen werden darf, daß diesen Soldaten Gemeinschaftsunterkunft unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Zu Frage B 95: Für Angehörige der Bundeswehr, die — auf Grund dienstlicher Verpflichtung oder freiwillig — in Gemeinschaftsunterkunft wohnen, gilt derselbe steuerliche Sachbezugswert. Deshalb besteht steuerlich keine Benachteiligung der einen gegenüber der anderen Gruppe. Auch das Nettoeinkommen wird sich in der Regel nicht wesentlich unterscheiden. Dem gekürzten Ortszuschlag bei unterkunftspflichtigen Soldaten steht bei Soldaten, die freiwillig in Gemeinschaftsunterkunft wohnen, die aus versteuertem Einkommen zu zahlende Unterkunftspauschale und die Steuer aus dem ungekürzten Ortszuschlag gegenüber. Im übrigen kann das Steuerrecht Besoldungskürzungen auch nicht ausgleichen. Zu Frage B 96: Ein Abgehen der Länder von der Sachbezugsverordnung als dem allgemein geltenden Maßstab für die steuerliche Bewertung des unentgeltlichen oder verbilligten Wohnens läßt sich nicht erreichen. Zum Ausgleich der steuerlich bedingten Einkommens- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16569* minderung soll der für unterkunftspflichtige Soldaten nach § 39 Abs. 2 Bundesbesoldungsgesetz gekürzte Ortszuschlag angehoben werden. Der Entwurf eines von der Bundesregierung eingebrachten Besoldungsstrukturgesetzes, das zur Zeit im Bundestag beraten wird, sieht vor, den gekürzten Ortszuschlag von 78 v. H. auf 80 V. H. anzuheben. Das Bundesministerium der Verteidigung wird sich bei späteren strukturellen Änderungen des Bundesbesoldungsgesetzes um eine weitere Anhebung des Ortszuschlages bemühen. Anlage 76 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Würtz (SPD) (Drucksache 8/3738 Frage B 97): Durch welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung sicherzustellen, daß die Entwicklungszeit des Pullovers für die Bundeswehr nicht die eines komplizierten Waffensystems übersteigt? Auch für einen Pullover ist eine bestimmte Entwicklungszeit erforderlich, um sicherzustellen, daß das fertige Bekleidungsstück in bezug auf Material und Konfektionierung die geforderten Gebrauchseigenschaften besitzt. Entwicklung und Erprobung des Pullovers sind nunmehr abgeschlossen. Es bedarf lediglich noch der Entscheidung, ob er zur Kampfbekleidung für alle Teilstreitkräfte oder nur für die Soldaten des Heeres beschafft werden soll. Mit dieser Entscheidung ist in Kürze zu rechnen. Anlage 77 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr.-Ing. Oldenstädt (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 98, 99, 100 und 101): Ist der Bundesregierung bekannt, daß zwischen der Bundeswehr und der kassenärztlichen Vereinigung Hannover seit dem 1. Januar 1980 ein vertragsloser Zustand besteht mit der Folge, daß Soldaten von zivilen Zahnärzten u. U. nicht mehr behandelt werden? Wer trägt die Verantwortung für den vertragslosen Zustand, und warum ist nicht rechtzeitig eine Regelung vorbereitet worden, die der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gerecht wird? Weiß die Bundesregierung, daß durch den zahnärztlichen Notstand in erster Linie Wehrpflichtige betroffen sind, und wie will sie verhindern, daß eine nicht ausreichende oder zu spate Behandlung bei Unschuldigen zu dauerhaften gesundheitlichen Schäden führt? Welche Bundeswehrstandorte Niedersachsens sind von dem Notstand betroffen, und was wird dort zu seiner Bewältigung konkret getan? Zu Frage B 98: Zwischen der Bundesregierung und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KZVN) besteht kein vertragloser Zustand, sondern ein Meinungsstreit über den Umfang des gesetzlichen Auftrages der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, die zahnärztliche Versorgung der Soldaten sicherzustellen. Der Bundesregierung ist bekannt, daß Anfang 1980 die KZVN im Gegensatz zu allen sonstigen Kassenzahnärztlichen Vereinigungen im Bundesgebiet die Behandlung der Soldaten von der Zahlung einer Verwaltungsgebühr für die Abrechnung der zahnärztlichen Leistungen abhängig gemacht hatte. Zu Frage B 99: Nach § 368 n Abs. 2 Satz 4 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der Fassung des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes ist den Kassenärztlichen/Kassenzahnärztlichen Vereinigungen als gesetzliche Aufgabe auch die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von Personen, die auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung haben, übertragen worden. Entsprechend den Regelungen der RVO über die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung durch Kassenärztliche Vereinigungen im Rahmen des Kassenarztrechts bestehen keine unmittelbaren Beziehungen zwischen der Bundeswehr und den Ärzten, die Soldaten behandeln. Vielmehr steht der einzelne Arzt lediglich in Beziehungen zu seiner Kassenärztlichen/Kassenzahnärztlichen Vereinigung. Die KZVN ist deshalb als Leistungsschuldner verpflichtet, die zahnärztlichen Leistungen abzurechnen. Ihre Forderung nach einem Verwaltungskostenzuschlag für diese Abrechnungen findet keine Rechtsgrundlage in der RVO. Die Bundeswehr hat als Kostenträger der KZVN gegenüber nur die Rechnungen zu begleichen. Auf diese von der Bundesregierung vertretene Rechtsauffassung ist die KZVN mehrfach hingewiesen worden. Zu Frage B 100: Die Bundesregierung ist sich der Folgen einer fehlenden zahnärztlichen Versorgung der Soldaten bewußt. Sie hat deshalb die KZVN durch das Niedersächsische Sozialministerium als Aufsichtsbehörde über ihre Pflichten belehren lassen. Zu Frage B 101: Von dem Fehlverhalten der KZVN waren alle Standorte der Bundeswehr in Niedersachsen betroffen. Die KZVN hat zwischenzeitlich ihre Pflichten erkannt und ihre Zahnärzte durch Sondermitteilung vom 27. Februar 1980 aufgefordert, die Behandlung der Soldaten wiederaufzunehmen. Das ist nunmehr geschehen. Anlage 78 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Voigt (Sonthofen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 102 und 103): Ist der Bundesregierung bekannt, daß entgegen den Dementierungen der Sowjetunion chemische und bakteriologische Waffen in der Sowjetunion entwickelt und in großem Umfang hergestellt werden, und sind diese organischer Bestandteil aller Führungsstäbe? Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Nationale Volksarmee der .DDR" gegenwärtig mit Waffen für einen Gaskrieg ausgerüstet wird, Divisionsstäbe dabei sind, ABC-Kampfformationen jeweils in Bataillons- 16570* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 stärke aufzubauen, und können chemische oder biologische Kampfstoffe und ABC-Waffen aus sowjetischen Rohrraketenwerfern BM 21 verschossen werden? Zu Frage B 102: Der Bundesregierung liegen keine zweifelsfreien Erkenntnisse über die Herstellung von biologischen und chemischen Waffen in der Sowjetunion und der Ausrüstung sowjetischer Streitkräfte mit diesen Waffen vor. Die Sowjetunion besitzt jedoch die wissenschaftlichen, industriellen und rohstoffmäßigen Voraussetzungen für eine Großproduktion aller wichtigen Kampfstoffarten. Zu Frage B 103: Die Streitkräfte des Warschauer Paktes (WP) verfügen zur Unterstützung der Truppe im Gefecht unter atomaren und chemischen Bedingungen von der Regimentsebene aufwärts über besonders ausgebildete und ausgerüstete Einheiten und Verbände der „Chemischen Dienste" zur ABC-Abwehr. Auch die NVA verfügt über zwei solcher Bataillone in ihren Militärbezirken. Über eine Neuaufstellung von ABC-Kampfformationen in Bataillonsstärke durch die Divisionsstäbe liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Der Einsatz chemischer Kampfstoffe erfordert keine besonderen Waffensysteme, über die die NVA nicht schon jetzt verfügt. Insofern erübrigt sich also, die NVA mit Waffen für einen „Gaskrieg" — wie Sie es nennen — auszurüsten. Mit dem Raketenwerfer BM-21 können Raketen mit konventionellen, biologischen und chemischen Gefechtsköpfen, nicht aber atomaren Gefechtsköpfen verschossen werden. Anlage 79 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Marx (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 104): Ist die zuständige Stelle des Bundesverteidigungsministeriums (Bundeswehrbeschaffungsamt) nach den Erfahrungen auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr (siehe Süddeutsche Zeitung vom 2. Februar 1980) bereit, besseres und wetterfestes Schuhwerk für die Soldaten der Bundeswehr auszuschreiben und gleichzeitig die komplizierten und teilweise veralteten Herstellungsvorschriften für soldatisches Schuhwerk. welche die Schuhhersteller oft zwingen, bereits ausgesonderte Maschinen überholter Produktionsmethoden wieder aufzustellen, durch neuzeitliche zu ersetzen? Der Kampfschuh der Bundeswehr bot bisher keinen optimalen Nässeschutz, weil das Oberleder einen Infrarotschutz aufweisen mußte; die hierfür erforderliche spezielle Zurichtung des Oberleders schränkte gleichzeitig die wasserabweisenden Eigenschaften ein. Nachdem auf den Infrarotschutz verzichtet wurde, kann nunmehr Leder anderer Gerbung und mit anderer Oberflächenbehandlung verwendet wer- den, dessen Wasserresistenz doppelt so hoch ist wie bisher. Seit Oktober 1979 werden nur noch Kampfschuhe aus diesem Oberleder beschafft. Im übrigen ist der Kampfschuh schon aus Kostengründen als Ganzjahresschuh für die mitteleuropäische Klimazone konzipiert und kann deshalb einen absoluten Kälteschutz nicht gewährleisten. Ein verbesserter Schutz gegen Kälte wird künftig jedoch durch spezielle Einlegesohlen aus Faser-Vlies mit einer Kohleaktivschicht erreicht. Darüber hinaus steht für besondere Verwendungen spezielles Schuhzeug wie Filzstiefel für Wachen, Pelzstiefel für fliegendes Personal usw. zur Verfügung. Truppenversuche mit Gummiüberschuhen, die schon vor Jahren durchgeführt wurden, sind negativ verlaufen, weil diese Schuhe sich für den Dauergebrauch und für Bewegungen im Gelände als ungeeignet erwiesen haben. Der Kampfschuh wird bisher wegen der besonderen Anforderungen an Formstabilität und Haltbarkeit zwiegenäht. Diese Herstellungsart ist keineswegs veraltet, sondern gilt als besonderes Qualitätsmerkmal. Gleichwohl werden andere Fertigungsmethoden beobachtet und geprüft. Die bisherigen Prüfungsergebnisse gaben Veranlassung, einen Kampfschuh mit ebenfalls guten Gebrauchseigenschaften, jedoch geklebt und nur noch einfach genäht,. zu entwickeln. Von dieser Schuhart befinden sich bereits 1000 Paar vom 1. Januar bis 30. September 1980 im Truppenversuch. Es wird vom Ergebnis dieses Versuchs abhängen, ob die Bundeswehr künftig auch oder ggf. nur noch diesen Schuh beschaffen wird. Im übrigen ist zu bemerken, daß für die Fertigung des derzeit im Gebrauch befindlichen zwiegenähten Kampfschuhs spezielle Maschinen benötigt werden. Über derartige Maschinen verfügen nur solche Hersteller, die auf diese Schuhart spezialisiert sind. Maschinen für die Herstellung solcher Schuhe werden jedoch auf neuestem technischen Stand angeboten, so daß Maschinen überholter Produktionsmethoden nicht mehr eingesetzt werden müssen. Sofern Schuhfabriken auf die derzeitige Herstellungsmethode nicht eingerichtet sind, müßten sie entsprechende Investitionen vornehmen, um insoweit wettbewerbsfähig zu werden. Anlage 80 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Jung (FDP) (Drucksache 8/3738 Fragen 106, 107, 108 und 109): Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Soldaten, daß diese bei der Vermögens- und Eigentumsbildung insofern benachteiligt sind, als ihnen in der Regel keine Bundesdarlehen für den Bau oder Erwerb von Eigenheimen bewilligt werden? Könnte mit einer verstärkten Bewilligung von Bundesdarlehen für Soldaten eine wünschenswerte Entlastung im Rahmen der Wohnungsfürsorge der Bundeswehr erreicht werden? Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16571* Trifft es zu, daß die Wohnungsfürsorge der Bundeswehr — insbesondere in Ballungsräumen (z. B. Großraum Mainz) — derzeit unzureichend ist, weil der Bau von Bundesdarlehenswohnungen in den letzten Jahren stagniert bzw. das Belegungsrecht bei älteren Bundesdarlehenswohnungen inzwischen weggefallen ist? Ist die Bundesregierung bereit, das Umzugskostenrecht dergestalt zu ändern, daß auch Umzüge innerhalb eines Standorts bezahlt werden, insbesondere dann, wenn dadurch zusätzlicher Wohnraum im Rahmen der Wohnungsfürsorge zur Verfügung gestellt werden kann? Zu Fragen B 106 und 107: Soldaten und andere Bundesbedienstete können nach den Familienheimrichtlinien des Bundes nur dann Bundesdarlehen zur Förderung von Eigentumsmaßnahmen erhalten, sofern vom Standort Wohnungen nicht in ausreichender Zahl verfügbar sind. Die Familienheimförderung dient entsprechend den haushaltsmäßigen Gegebenheiten ausschließlich zur Schaffung fehlenden Wohnraumes und damit der Entlastung des Wohnungsmarktes. Hauptzweck ist also nicht die Mithilfe bei der Vermögens- und Eigentumsbildung, obgleich dieser die Familienheimförderung begleitende Nebeneffekt zu begrüßen ist. Die Förderung von Eigentumsmaßnahmen der Soldaten unter Außerachtlassung der sogenannten Bedarfsdeckungsklausel ist aus den dargelegten Gründen nicht zu verwirklichen. Im übrigen stehen den Bundesbediensteten, wie allen anderen Staatsbürgern, die sonstigen Wohnungsbauförderungshilfen des Bundes und der Länder zur Verfügung, wovon auch zahlreiche Soldaten Gebrauch gemacht haben. Zu Frage B 108: Der Bestand an zweckgebundenen Wohnungen — auch in den Ballungszentren wie Mainz, Wiesbaden oder Bonn und Köln — reicht aus, um allen Wohnungssuchenden in angemessener Zeit eine familiengerechte Wohnung bereitzustellen. Aus diesem Grunde konnte in den letzten Jahren weitgehend auf die Errichtung weiterer Bundesdarlehenswohnungen verzichtet werden. Sollte in einzelnen Standorten durch das Auslaufen von Besetzungsrechten und die Belegung von Wohnungen durch Ruheständler ein Fehl an Wohnungen entstehen, wird diesem durch die Förderung von Eigentumsmaßnahmen und Mietwohnungen abgeholfen. Zu Frage B 109: Die Wohnungslage hat sich in den meisten Bundeswehrstandorten weitgegend entspannt. Sofern in besonderen Fällen Bundesdarlehenswohnungen benötigt werden — z. B. ein Soldat mit mehreren Kindern und einem entsprechenden Wohnraumbedarf wird in den Standort versetzt —, besteht bereits gegenwärtig die Möglichkeit, eine Wohnungsräumung zu veranlassen um dem bisherigen Mieter die Umzugskosten — auch für einen Ortsumzug — auf der Grundlage von § 2 Abs. 3 Nr. 3 des Bundesumzugskostengesetzes zu erstatten. Anlage 81 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Biehle (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 110): Stimmt die Feststellung des Deutschen Bundeswehrverbands, wonach sich immer weniger Soldaten wegen mangelnder Attraktivität der Bundeswehr weiterverpflichten, mit den Erkenntnissen der Bundesregierung überein, und wenn ja, welche konkreten Schritte wurden unternommen, um zu verhindern, daß sich aus dieser Entwicklung negative Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr ergeben? Die Anzahl der Weiterverpflichungen ergibt sich zum einen aus der Zahl der Verpflichtungen kurzdienender Soldaten auf Zeit (SaZ 2) zu Dienstzeiten von 3-15 Jahren und zum anderen aus der Zahl der Verpflichtungen längerdienender Soldaten auf Zeit (SaZ 3-15) innerhalb des Zeitraums von 3-15 Jahren. Wie die folgende Tabelle zeigt, steigt die Zahl der Weiterverpflichtungen seit 1977 an. SaZ 2 Innerhalb SaZ Insgesamt zu SaZ 3-15 3-15 1976 3 714 13 712 17426 1977 2 793 13 288 16 081, 1978 3 352 13 108 16 460 1979 3 776 13 312 17 088 Diese Entwicklung wird nach den bisherigen Erkenntnissen auch 1980 anhalten. Die Feststellungen des Deutschen. Bundeswehrverbandes treffen daher nicht zu. Anlage 82 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. von Bülow auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 111): Wie hoch ist etwa der prozentuale Anteil der Ausgaben für Bekleidung der Bundeswehr, der nicht an inländische Firmen in den vergangenen Jahren vergeben wurde? In den Jahren 1976 bis 1979 waren ausländische Firmen an der Belieferung der Bundeswehr mit Bekleidung einschließlich persönlicher Ausrüstung in folgendem Umfang wertmäßig beteiligt: 1976 = 4,9 % 1977 = 3,7 % 1978 = 11,1 % 1979 = 13,2 % Hierbei handelt es sich — von wenigen Ausnahmen abgesehen — nicht um Direktaufträge der Bundeswehr an ausländische Firmen, sondern um Aufträge, die deutsche Firmen als Auftragnehmer der Bundeswehr ihrerseits im Ausland durch Zweigoder Kooperationsbetriebe ausführen ließen. 16572* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Anlage 83 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Amling (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen B 112, 113, 114 und 115): Liegen der Bundesregierung Informationen über die Entwicklung der Teilnahme an Polioschutzimpfungen seit 1973 vor? Gibt es Untersuchungen über den Durchimpfungsgrad der Bevölkerung, und können Aussagen über eine etwaige Impflücke gemacht werden? Hält die Bundesregierung eine Intensivierung der Impfbeteiligung für erforderlich, und welche Initiativen waren dann nach ihrer Auffassung möglich bzw. erforderlich? Wäre insbesondere die Einführung eines bestimmten Impfrhythmus nach Meinung der Bundesregierung eine geeignete Maßnahme? Zu Frage B 112: Der Bundesregierung liegen zwar einige Informationen über die Teilnahme an Polioschutzimpfungen vor, jedoch sind diese nur von begrenztem Wert, da sie nur die Impfungen erfassen, die durch den öffentlichen Gesundheitsdienst vorgenommen worden sind. Zu Frage B 113: Die Bundesregierung läßt durch die Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten von Zeit zu Zeit Untersuchungen über die Immunitätslage der Bevölkerung durch Untersuchungen auf neutralisierende Antikörper durchführen. Solche Untersuchungen sind 1969, 1972 und 1978 gemacht worden. Als besonderer Vorzug dieser Untersuchungen ist hervorzuheben, daß sich an ihr eine große Zahl von Viruslaboratorien aus verschiedenen Ländern der Bundesrepublik beteiligen, die mehrere 1 000 Seren nach den gleichen Methoden untersuchen. Die letzte Untersuchung im Jahre 1978 ist in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift vom 27. Juni 1979, Seiten 1065-1067 veröffentlicht. Sie ergab, daß 1/3 der 4 700 untersuchten Personen im Alter von 0-30 Jahren zumindest gegen einen Typ des Poliovirus keine neutralisierenden Antikörper besaßen. 4,7 % wiesen überhaupt keine Antikörper gegen alle drei Typen des Virus auf. Vor allem Kinder von 0-4 Jahren waren unvollständig gegen die drei Typen des Poliovirus geschützt. Im Vergleich mit den gleichartigen Untersuchungen in den Jahren 1969 und 1972 hat sich keine grundlegende Änderung der Immunitätslage der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Poliomyelitis ergeben. Zu Frage B 114: Eine bessere Impfbeteiligung ist insbesondere bei den Kindern im Alter von 0-4 Jahren erforderlich, da hier eine erhebliche Impflücke besteht. An Initiativen, die Impfbeteiligung zu verbessern, mangelt es nicht. Ich verweise auf die regelmäßigen Spots im Fernsehen sowie zahlreiche örtliche Bemühungen, die Bevölkerung zu bewegen, ihre Kinder frühzeitig zur Impfung zu bringen. Zu Frage B 115: Ein Impfrhythmus besteht bereits seit mehr als einem Jahrzehnt. Die Bundesländer bieten regelmäßig ab der ersten Novemberwoche die Impfung kostenlos an und in einem zweiten Durchgang im Februar jeden Jahres. Die Bevölkerung weiß also, wann sie eine kostenlose Impfung erhalten kann. In einer Reihe größerer Städte sind auch bei den Gesundheitsämtern Dauerimpfstellen eingerichtet, so daß eine Impfung das ganze Jahr über möglich ist. Anlage 84 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hennig (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 116 und 117): Ist koffeinfreier Kaffee" nach den Erkenntnissen des der Bundesregierung nachgeordneten Bundesgesundheitsamts wirklich koffeinfrei, oder weist er lediglich einen verminderten Koffeingehalt auf, was bei der Kennzeichnung berücksichtigt werden sollte? Welche Altersobergrenze hält die Bundesregierung beim Jugendaustausch und bei der Jugendbegegnung mit Ostblockstaaten für angemessen? Zu Frage B 116: Die unzutreffende Bezeichnung „koffeinfreier Kaffee" ist in der geltenden Kaffee-Verordnung bereits nicht mehr vorgesehen. Sie darf lediglich auf Grund einer bestehenden Übergangsregelung (Art. 15 Abs. 3 der Verordnung zur Änderung lebensmittelrechtlicher Verordnung vom 20. Dezember 1977) noch bis zum 31. Dezember 1980 weiterverwendet werden. Nach diesem Zeitpunkt ist nur noch die Angabe „entkoffeinierter Kaffee" zulässig. Sie darf für Kaffee verwendet werden, der in einem Kilogramm höchstens eine Restmenge von einem Gramm Koffein, d. h. weniger als ein Zehntel der in einem normalen Kaffee enthaltenen Menge, aufweist. Diese Regelung entspricht der internationalen Übung. Eine noch stärkere Entkoffeinierung ist aus geschmacklichen und technologischen Gründen nicht möglich. Zu Frage B 117: Für die Förderung von Maßnahmen der internationalen Jugendarbeit aus dem Bundesjugendplan besteht keine starre Altersobergrenze. Der Schwerpunkt der Adressatengruppen des Bundesjugendplans liegt gegenwärtig zwischen 14 und 25 Jahren. Eine obere Altersgrenze von 25 Jahren hält die Bundesregierung für die Förderung des Jugendaustausches grundsätzlich für angemessen. Nach dem Inhalt der Programme oder der Zusammensetzung des Adressatenkreises kann hiervon abgewichen werden. Dies gilt unabhängig vom geographischen Ziel des Austauschs. Anlage 85 Antwort des Staatssekretärs Frau Fuchs auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 118 und 119): Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung; Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16573* Welche Zusammenhänge sind der Bundesregierung zwischen Laserstrahlen in Diskotheken und Augenschädigungen bekannt? Gibt es nach Ansicht der Bundesregierung Möglichkeiten, um gegebenenfalls solche Augenschädigungen schon im Frühstadium, z. B. bei Routineuntersuchungen, rechtzeitig zu entdecken, um sie dann erfolgreich behandeln zu können? Bei Laserstrahlen können, je nach Strahlenleistung, Strahlenbündelung und Dauer der Strahleneinwirkung, durch Wärmewirkung Schädigungen auftreten. In erster Linie besteht aber die Gefahr irreparabler Augenschäden. Gestützt auf die Erfahrungen mit der Unfallverhütungsvorschrift „Laserstrahlen" haben die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung speziell für Diskotheken ein Merkblatt „Disko-Laser" herausgegeben und 1 200 Diskothekenbetrieben zur Verfügung gestellt. Danach sollen in Diskotheken nur Laserstrahlen erzeugt werden, die auf Grund ihrer geringen Energie- und Leistungsdichte für das menschliche Auge ungefährlich sind. Werden leistungsstärkere Laser eingesetzt, soll der Laserstrahl durch optische Einrichtungen auf ein ungefährliches Maß aufgeweitet oder so geführt werden, daß Personen nicht in den Strahlenbereich gelangen können. Kontrollen der Aufsicht haben ergeben, daß die genannten Empfehlungen in Diskotheken in der Regel eingehalten werden. Allerdings hat sich hierbei gezeigt, daß vielfach Mängel an den Lasereinrichtungen Anlaß zu Beanstandungen geben. Augenschäden durch Laserstrahlen in Diskotheken sind der Bundesregierung bisher nicht bekanntgeworden. Bei Augenschädigungen durch Laserstrahlen handelt es sich um eine infolge des Unfallereignisses aufgetretene Verbrennung der Netzhaut, durch die das Sehvermögen im allgemeinen wegen narbiger Veränderungen irreparabel herabgesetzt wird oder verlorengeht. Beim Umgang mit energiestarken Lasern sind die Arbeitnehmer regelmäßig augenärztlichen Vorsorgeuntersuchungen zu unterziehen, auch um bei herabgesetztem Sehvermögen das Risiko einer zusätzlichen Schädigung durch einen Laserunfall auszuschalten, sowie gegebenenfalls Laserschädigungen im Auge aufzudecken, die vom Beschäftigten bis dahin nicht bemerkt wurden. Die Beschäftigten in Diskotheken werden bisher augenärztlich nicht überwacht, da bei ordnungsgemäßem Betrieb gesundheitsgefährliche Bestrahlungsstärken nicht auftreten und somit ein Laserbereich im Sinne der Unfallverhütungsvorschrift „Laserstrahlen" nicht gegeben ist. Anlage 86 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schmidt (München) (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen B 120 und 121): Kann die Bundesrepublik bestätigen, daß aus den USA importierte Brillen, die auch in der Bundesrepublik Deutschland angeboten werden und die nur einen Bruchteil dessen kosten, was in der Bundesrepublik Deutschland für eine bei einem Optiker gekaufte Brille ausgegeben werden muß, absolut gesundheitsunschädlich sind, unter der Voraussetzung, daß der Käufer auf beiden Augen unter der gleichen Sehschwäche leidet und ihm diese Sehschwäche auch bekannt ist, nachdem die Dioptriestarke auf den Brillen angegeben ist? Kann die Bundesregierung bestätigen, daß die gesundheitliche Gefahr für den Brillenkäufer auch in den Fallen, in denen der Käufer seine Sehschwäche durch das Lesen verschieden großer Buchstaben ermittelt, nicht größer ist, als wenn er sich ohne Hinzuziehung eines Augenarztes eine Brille bei einem Optiker kauft, der die Sehschwäche nach dem gleichen Prinzip ermittelt, ohne in der Lage zu sein, die medizinischen Ursachen für die Sehschwäche zu ermitteln? Zu Frage B 120: Der Bundesregierung ist der Verkauf ausländischer Fertigbrillen über den Ladentisch bekannt. Diese Aktion soll allerdings bereits eingestellt sein. Der Kauf einer Brille, deren Dioptriestärke entweder durch den Käufer auf Grund seines Wissens über die Dioptriestärke seiner früheren Brille erfolgt oder durch das Lesen verschieden großer Buchstaben ermittelt wird, muß noch nicht „gesundheitsschädlich" sein. Bei einem Brillenkauf dieser Art besteht aber die Gefahr, daß möglicherweise der Beginn einer Augenerkrankung übersehen wird, weil im Gegensatz zu der bei einer Verschreibung einer Brille durch den Augenarzt eine zuvor durchgeführte Untersuchung nach den Gründen der Sehschwäche (z. B. des erhöhten Augeninnendrucks bei „Grünem Star") unterbleibt. Zu Frage B 121: Die in der vorstehenden Antwort angedeutete Gefahr, daß bei dem Kauf einer Brille ohne vorangehende Untersuchung der Augen durch den Augenarzt eine Augenkrankheit nicht rechtzeitig erkannt wird, besteht auch bei dem Verkauf einer Brille durch den Augenoptiker, da dieser die erforderlichen Augenuntersuchungen (z. B. des Augeninnendrucks) weder ausführen kann noch darf. Es ist aber bekannt, daß erfahrene Augenoptiker ihre Kunden auf die Erforderlichkeit einer vorangehenden augenärztlichen Untersuchung hinweisen. Anlage 87 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Gansel (SPD) (Drucksache 8/3738 Frage B 122): Welche Erfahrung hat die Bundesregierung mit der Inanspruchnahme des Heizölkostenzuschusses? Zu Frage B 122: Der Bundesregierung liegen genauere Zahlenangaben über die bisherige Inanspruchnahme des Heizölkostenzuschusses noch nicht vor. Sie kann sich zu Ihrer Frage deshalb nur auf Grund der ihr bisher von den Ländern vorgelegten Abrechnungen des Erstattungsanteils des Bundes äußern. Diese Abrechnungen lassen erkennen, daß der erwartete Ansturm auf Heizölkostenzuschüsse in den Monaten November und Dezember 1979 trotz umfangreicher Aufklärungsaktionen in den Massenmedien offenbar ausgeblieben ist. Dieser Eindruck wird durch eine am 21. Februar 1980 in der Presse verbreitete Äußerung des Bayerischen Staatsministers für Arbeit und Sozialordnung bestätigt, wonach die Heizkostenzuschüsse noch nicht in dem erwarteten Umfang beantragt werden. Der Ansatz von 82 Millionen DM im 2. Nachtragshaushalt des Bundes für das 16574* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Haushaltsjahr 1979 ist von den Ländern nur knapp zur Hälfte in Anspruch genommen worden. Insgesamt gesehen läßt jedoch nach Auffassung der Bundesregierung die verhältnismäßig kurze Zeitspanne seit Inkrafttreten des Heizölkostenzuschußgesetzes 1979 noch keine abschließende Beurteilung zu. Anlage 88 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Langguth (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 123, 124 und 125): Kann die Bundesregierung — die die Zahl der Drogenabhängigen für die Bundesrepublik Deutschland immerhin auf etwa 45 000 beziffert — mitteilen, um welche illegalen Drogen es sich hierbei handelt und in welchem prozentualen Verhältnis die von den etwa 45 000 geschätzten Drogenabhängigen benutzten illegalen Drogen zueinander stehen? Wieviel Therapieplätze stehen gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland zur Heilung von Drogenabhängigen zur Verfügung? Wie groß sind nach den Erkenntnissen der Bundesregierung die Chancen einer Therapie Abhängiger von harten Drogen, insbesondere von Heroin? Zu Frage B 123: Bei den geschätzten 45 000 Drogenabhängigen handelt es sich um „harte" Drogenkonsumenten (Fixer). Heroin spielt für den Verbrauch harter Drogen derzeit in der Bundesrepublik die vorherrschende Rolle, da es billig und leicht verfügbar ist. Je nach Lage auf dem illegalen Markt, z. B. bei Verknappung des Heroins, kann sich jedoch diese Sonderstellung ändern und auf andere Opiate oder Ersatzdrogen ausgewichen werden. Zu Frage B 124: Nach Umfrage bei den Ländern am 28./29. Februar stehen derzeit etwa 1 600 offene Langzeittherapieplätze und etwa 200-300 geschlossene Plätze im Maßregelvollzug für Drogenabhängige zur Verfügung. In einigen Bundesländern ist noch in diesem Jahr ein erheblicher Ausbau weiterer Langzeitplätze vorgesehen. Zu Frage B 125: Langfristig und groß angelegte Nachkontrollen über Therapieerfolge bei Drogenabhängigen fehlen noch weitgehend. Bei einem Forschungsvorhaben des Bundes wurde ermittelt, daß 2 Jahre nach Abschluß der Therapie noch 32 % der Klienten drogenfrei und sozial integriert waren. In die Erfolgsangaben wurden nicht nur die Klienten einbezogen, die das Programm bis zum Schluß durchlaufen hatten, sondern auch diejenigen, die das Programm abbrachen. Darüber hinaus wurde angenommen, daß alle die Klienten, die 2 Jahre nach erfolgter Behandlung nicht mehr auffindbar waren, Rückfälle seien. Die angegebene Erfolgsquote von 32 % dürfte demnach noch etwas günstiger liegen, da für die Berechnung stets die ungünstigsten Voraussetzungen angenommen wurden. Die Klientenzahl dieser Untersuchung war mit 89 Personen sehr klein, zwei weitere (Nachkontroll-)Untersuchungen bestätigen jedoch die Erfolgsquote von etwa 30 %. Anlage 89 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Graf Huyn (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 126): Ist die Bundesregierung bereit, alles zu tun, um für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. zu einer Vereinbarung über die Pflege und Erhaltung der Deutschen Soldatengräber in Ungarn zu kommen, und welche Schritte hat sie unternommen und wird sie unternehmen? Den ersten Teil Ihrer Frage beantworte ich mit Ja. Die Bundesregierung hat mit der ungarischen Regierung wiederholt die Frage der Kriegsgräber besprochen. Dies geschah insbesondere durch den Bundeskanzler und den Bundesminister des Auswärtigen. Als Ergebnis dieser Besprechungen hat die ungarische Regierung zugestimmt, daß eine Delegation des VDK im Oktober 1979 nach Ungarn reiste. Der Bericht der Delegation gab Veranlassung, erneut die Botschaft Budapest einzuschalten, die dem ungarischen Außenministerium am 18. Januar 1980 ein Aide-Mémoire überreichte. Die Bundesregierung hofft, daß es gelingen wird, in nicht allzu ferner Zukunft die Frage der deutschen Kriegsgräber schrittweise zufriedenstellend zu lösen. Anlage 90 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Kreutzmann auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Burger (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 151): Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bestimmungen der Reisehilferichtlinien für Besucher aus der DDR, Ost-Berlin und aus osteuropäischen Ländern von ausführenden Ämtern nach Presseberichten insoweit als praxisfern und nicht praktikabel bezeichnet werden, als diese neuerdings vorsehen, gehbehinderte Schwerbehinderte zur Erstellung eines Ausweises an das zuständige Versorgungsamt zu verweisen, um sie in den Genuß der Vergünstigung für Schwerbehinderte im öffentlichen Personennahverkehr kommen zu lassen, und ist die Bundesregierung bereit zu prüfen, ob ein weniger aufwendiges Verfahren möglich ist, um den meist älteren Besuchern entgegenzukommen? In meinen Richtlinien für Hilfsmaßnahmen zugunsten von Besuchern aus der DDR und Berlin (Ost) und den ost- und südosteuropäischen Staaten vom 1. Juli 1972 sind Reisehilfen für die Her- und Rückreise und — in bestimmtem Umfang — für Zusatzreisen vorgesehen. Die Möglichkeit einer generellen Fahrtkostenbefreiung im öffentlichen Personennahverkehr haben schwerbehinderte Besucher erst im Rahmen des Gesetzes über die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr vom 9. Juli 1979 (BGBl. I S. 989 ff.) erhalten. Hierauf und auf das in diesem Gesetz vorgesehene Verfahren sind die Betreuungsstellen für Besucher hingewiesen worden. Mit dieser Mitteilung waren Einschränkungen bisheriger Hilfen nicht verbunden. In einem Nachsatz wurde lediglich klargestellt, daß die aus Mitteln meines Einzelplans gewährten Hilfen subsidiär sind. Soweit Überschneidungen mit meinen Reisehilfen künftig möglich werden, sollten Besucher, die eine Fahrtkostenbefreiung nach dem Schwerbehindertengesetz beanspruchen können, daher zunächst auf diese Vergünstigung verwiesen werden. Ich habe auf Anfrage seitens eines Landes zwischenzeitlich bestätigt, daß Reisehilfen nach meinen Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 16575* Richtlinien zu gewähren sind, solange die Besucher nicht im Besitze des im Gesetz vom 9. Juli 1979 vorgesehenen Schwerbehindertenausweises sind. Gem. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des vorgen. Gesetzes können Deutsche im Sinne des Art. 116 des Grundgesetzes, die körperlich, geistig oder seelisch behindert oder infolge ihrer Behinderung in ihrer Erwerbsfähigkeit nicht nur vorübergehend um wenigstens 50 v. H. gemindert sind sowie die weiteren Merkmale nach § 57 Abs. 1 des Schwerbehindertengesetzes erfüllen und ihren Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereiches des vorgenannten Gesetzes haben, einen zur unentgeltlichen Beförderung berechtigenden Schwerbehindertenausweis auf Grund eines erleichterten Nachweises der Behinderung erhalten. Den spezifischen Belangen der Besucher wurde auf diese Weise nach Möglichkeit entsprochen. Anlage 91 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Langguth (CDU/ CSU) (Drucksache 8/3738 Frage B 153): Treffen Pressemeldungen zu, nach denen Bundesbildungsminister Dr. Schmude sich bei einer Veranstaltung in Freiburg hinter die private Organisation ,,U-AStA" an der Universität Freiburg stellte (Stuttgarter Zeitung, 17. Dezember 1979), und ist — falls diese Presseberichte zutreffen — dem Bundesbildungsminister nicht bekannt, daß diese "unabhängigen" Asten, die ohne rechtmäßige Grundlage arbeiten, in Baden-Württemberg sehr häufig von kommunistischen Studenten beherrscht werden? Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat auf der fraglichen Veranstaltung in Freiburg die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit studentischer Interessenvertretung in der bewährten Form der verfaßten Studentenschaft bejaht. Er äußerte Verständnis für Studenten, die zur Vertretung ihrer Interessen einen privatrechtlichen „U-AStA" gegründet haben, weil das Universitätsgesetz des Landes vom 22. November 1977 die verfaßte Studentenschaft mit Satzungshoheit, hochschulpolitischem Mandat und dem Recht, zur Erfüllung ihrer Angelegenheiten Beiträge zu erheben, beseitigt hat. Nach Kenntnis des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft ist es Studenten nicht verwehrt, sich in privatrechtlichen Formen zusammenzuschließen. Pressemeldungen zufolge vertritt inzwischen auch der Minister für Wissenschaft und Kunst des Landes Baden-Württemberg die Auffassung, daß es zu einer Neuregelung der Organisation der Studentenschaften an den Universitäten des Landes kommen sollte, weil die derzeitige landesrechtliche Gesetzeslage unbefriedigend sei. Eine Neuregelung, die studentische Belange wirkungsvoll wahrzunehmen erlaubt, wäre nach Ansicht des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft geeignet, auch die mit der Bildung „unabhängiger" ASten in BadenWürttemberg aufgetretenen Probleme zu lösen. Im übrigen teilt der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft die Auffassung des Landtagsabgeordneten Jürgen Meyer, daß jede pauschale „Anschwärzung" der Mitglieder von „U-ASten" ein „merkwürdiges Demokratieverständnis" offenbare. Anlage 92 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Krone-Appuhn (CDU/CSU) (Drucksache 8/3738 Fragen B 154 und 155): Mit welchen Summen hat das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft die Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule bzw. deren Mitteilungsblatt „GGG-Informationen" in den letzten Jahren finanziert, und mit welcher Begründung wird eine derartige Interessengruppe gefördert? Wurde — und mit welchen Mitteln — der 300 Seiten starke Kongreßbericht der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule finanziert? Zu Frage B 154: Das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft fördert die Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule seit 1973. In den letzten Jahren sind der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule Förderungsmittel in folgender Höhe bewilligt worden: 1975: 244 390 DM 1976: 239 000 DM 1977: 238 850 DM 1978: 240 000 DM 1979: 160 653 DM. Gefördert werden mit diesen Mitteln konkrete Projekte, die in erster Linie zur Klärung offener Fragen der Entwicklung und Ausgestaltung von Gesamtschulen dienen. So sind im laufenden Jahr 1979/80 folgende Projekte der Gemeinnützigen Gesellschaft Gesamtschule Gegenstand der Förderung: 1. Organisationsformen sozialen Lernens 2. Soziales Lernen im Fachunterricht 3. Lern- und verhaltensauffällige Jugendliche in der Schule 4. Weiterentwicklung vorhandener Schulformen in der Sekundarstufe I 5. Berufswahlvorbereitung und Berufsorientierung in der Sekundarstufe I 6. Verbindung allgemeiner und beruflicher Bildung in der Sekundarstufe II 7. Die Rolle der Eltern als Mitträger reformorientierter Bildungsarbeit. Mit den aufgeführten Themen leistet die Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule nach Ansicht der Bundesregierung mit einem breiten Ansatz allgemein wichtige Beiträge zur Schulentwicklung. Die Ergebnisse der Projekte gehen in die Überlegungen und Konzeptionen des Bundes zur gemeinsamen Bildungsplanung mit den Ländern ein. Von der Förderung einer Interessengruppe, wie es die Fragestellerin annimmt, kann also keine Rede sein. 16576* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. März 1980 Zu Frage B 155: Die Antwort lautet für 1979: Nein. In früheren Jahren, zuletzt im Jahr 1978 mit knapp 9 000 DM, sind Kongreßberichte im Zusammenhang mit Projekten deshalb mitgefördert worden, weil die Kongresse u. a. auch der Vorstellung und Diskussion von Ergebnissen der in Arbeitsgruppen durchgeführten Projekte dienten und eine Dokumentation dieser Arbeitsphase wünschenswert erschien. Im Zuge der klaren Beschränkung der Förderung auf die Projektarbeit sind Kongreßberichte seit 1979 nicht mehr Gegenstand der Förderung. Anlage 93 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Holtz (SPD) (Drucksache 8/3738 Fragen B 156, 157, 158 und 159): Kann die Bundesregierung Angaben darüber machen, ob die in Paraguay ansässige deutsche Firma ,,Fiduciaria Transattlantica Alemana", die in Berichten der paraguayischen Zeitschrift „abc" vom 24. März und 1. März 1979 schwerwiegender Verstöße gegen die arbeitsrechtlichen Vorschriften des Landes beschuldigt wird, mit der Hilfe des deutschen Förderungsinstrumentariums für Investitionen in der Dritten Welt (Doppelbesteuerungsabkommen, Kapitalschutzabkommen, Entwicklungsländersteuergesetz, Beteiligungen der DEG) unterstützt? Ist die Bundesregierung in der Lage, im Fall des Zutreffens der Vorwürfe und im Fall der Unterstützung der Firma durch die oben genannten Förderungsinstrumentarien gegen die Firma vorzugehen, eventuell durch Entzug ihrer Unterstützung? Kann die Bundesregierung Aussagen machen, ob generell Sanktionsmöglichkeiten gegen deutsche Firmen in der Dritten Welt bestehen, die existierende arbeitsrechtliche Vorschriften in gravierendem Ausmaß mißachten und durch das oben genannte Förderungsinstrumentarium unterstützt werden? Falls solche Sanktionsmöglichkeiten nicht bestehen, ist dann an eine entsprechende Konditionierung des oben genannten Förderungsinstrumentariums gedacht? Zu Frage B 156: Bei der genannten Firma handelt es sich um eine Gesellschaft paraguayischen Rechts. Soweit sich die Fragen auf das Entwicklungsländer-Steuergesetz beziehen, verweist die Bundesregierung auf ihre schriftlichen Antworten zum gleichen Sachverhalt vom 9. November 1979 (Protokoll des Deutschen Bundestages vom 9. November 1979 S. 14551). Im übrigen bestehen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Paraguay weder ein Doppelbesteuerungsabkommen noch ein Investitionsförderungsvertrag. Durch die DEG wird die genannte Firma nicht gefördert. Sie hat auch keine Kapitalanlagengarantie des Bundes erhalten. Zu Frage B 157: Da die genannte Firma das deutsche Förderungsinstrumentarium nicht in Anspruch nimmt, erübrigt sich eine Antwort. Zu Frage B 158: Bei Förderungsmaßnahmen, die lediglich allgemeine Rahmenbedingungen für eine Vielzahl von Investitionen in Entwicklungsländern schaffen (Investitionsförderungsverträge, Doppelbesteuerungsabkommen, Entwicklungsländer-Steuergesetz) bestehen keine derartigen Eingriffsmöglichkeiten. Bei Förderungsmaßnahmen, die auf Antrag gewährt werden (Kapitalanlagengarantien, DEG-Beteiligungen, Investitionsdarlehen), wird die entwicklungspolitische Förderungswürdigkeit der jeweiligen Investition — und damit auch die Einhaltung der Gesetze und arbeitsrechtlichen Vorschriften des Gastlandes — in jedem Einzelfall bei Antragstellung geprüft. Zu Frage B 159: Der Deutsche Bundestag hat bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Entwicklungsländer-Steuergesetzes vom 21. Mai 1979 die Bundesregierung aufgefordert, ihm bis zum 31. Dezember 1982 einen Bericht vorzulegen, der u. a. auch Vorschläge zur Änderung des Förderungsinstrumentariums unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen und Erkenntnisse enthalten soll. Die Bundesregierung wird bei der Vorbereitung des Berichts prüfen, ob die Inanspruchnahme steuerlicher Vergünstigungen von entwicklungspolitischen Bedingungen abhängig gemacht werden kann.
Gesamtes Protokol
Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0820600000
Die Sitzung ist eröffnet.

(Die Abgeordneten erheben sich)

Der Deutsche Bundestag trauert um den ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten, bayerischen Innen- und Justizminister Wilhelm Hoegner, der am Mittwoch im 93. Lebensjahr verstorben ist.
Seit 1919 war er Mitglied der SPD, von 1924 bis 1970 Mitglied des Bayerischen Landtags — unterbrochen von den Jahren des Exils während der nationalsozialistischen Herrschaft. Dem deutschen Reichstag der Weimarer Republik gehörte er von 1930 bis 1933 an, dem Bundestag nur für kurze Zeit in der 4. Legislaturperiode.
Mit Wilhelm Hoegner ist einer der letzten Zeugen der Zeitgeschichte von uns gegangen, ein Mann, der aus langer parlamentarisch-demokratischer Erfahrung Rat geben konnte und dessen Rat von vielen gesucht wurde. Kompromißlos ist er zeit seines Lebens für die parlamentarische Demokratie eingetreten. Für den Nationalsozialismus wurde er ein unbeugsamer Gegner. Beredtes Zeugnis legt sein im Schweizer Exil geschriebenes Buch davon ab.
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Wilhelm Hoegner bayerischer Ministerpräsident. In diese Zeit fällt die Erarbeitung der bayerischen Verfassung, die in ihren wesentlichen Teilen seine Handschrift trägt. Sie weist ihn vor allem auch als leidenschaftlichen Anwalt des Föderalismus aus. Als Justiz- und Innenminister hat er sich mit großem Erfolg um den demokratischen Wiederaufbau von Justiz und Verwaltung bemüht. Schon als junger Abiturient machte er sich zur Richtschnur, für das Wohl der notleidenden Mitbürger einzutreten und die Ungerechtigkeit aus der Welt zu verdammen. Dieser Maxime ist er sein Leben lang treu geblieben. Das deutsche Volk schuldet ihm großen Dank.
Ich habe im Namen des Deutschen Bundestages dem bayerischen Ministerpräsidenten unsere Anteilnahme zum Ausdruck gebracht. Sie haben sich zu Ehren des Verstorbenen von den Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.
Vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich noch eine amtliche Mitteilung machen. Es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen, Stand 4. März 1980, vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die gemäß
§ 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:
Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen betr. Überplanmäßige Ausgabe im Haushaltsjahr 1979 bei Kap. 60 04 Tit. 69 801 — Zahlungen nach dem Spar-Prämiengesetz — (Drucksache 8/3739)

zuständig: Haushaltsausschuß
Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland (Unfallverhütungsbericht) (Drucksache 8/3650)
zuständig:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
Ist das Haus damit einverstanden? — Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 3. März 1980 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Häfele, Windelen, Haase (Kassel), Dr. Riedl (München), Dr. Köhler (Duisburg) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Entwicklung der Ausgaben und Einnahmen des Staates im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt — Drucksache 8/3680 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/3765 verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 29. Februar 1980 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Häfele, Windelen, Haase (Kassel), Dr. Riedl (München), Dr. Sprung, Spilker, Dr. Köhler (Duisburg), von der Heydt Freiherr von Massenbach, Dr. Zeitel und der Fraktion der CDU/CSU betr. Öffentliche Verschuldung in der Bundesrepublik Deutschland — Drucksache 8/3634 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/3773 verteilt.
Der Präsident des Deutschen Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember 1977 die in der Zeit vom 27. Februar bis 4. März 1980 eingegangenen EG-Vorlagen an die aus Drucksache 8/3772 ersichtlichen Ausschüsse überwiesen.
Die in Drucksache 8/3567 unter Nr. 11 aufgeführte EG-Vorlage
Verordnung (EWG) Nr. 2914/79 des Rates vom 20. Dezember 1979 über eine Beteiligung der Gemeinschaft an Maßnahmen zur Umstrukturierung und Umstellung der Chemiefaserindustrie
wird als Drucksache 8/3767 verteilt.
Ich rufe die Punkte 29 bis 36 auf:
29. Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Abbau der heimlichen Steuererhöhungen und zur Entlastung der Familien (Steuer- und Familienentlastungsgesetz 1981)

— Drucksache 8/3666 —
Überweisungswunsch:
Finanzausschuß (federführend)

Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO



Präsident Stücklen

(Steuerentlastungsgesetz 1981 — StEntlG 1981)

— Drucksache 8/3701 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß (federführend)

Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
31. Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und der FDP eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes
— Drucksache 8/3702 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (federführend)

Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit
Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
32. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abschaffung der Spielkarten-, Zündwaren- und Essigsäuresteuer
— Drucksache 8/3687 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Finanzausschuß
Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
33. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze
— Drucksache 8/3688 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Finanzausschuß (federführend)

Innenausschuß
Ausschuß für Wirtschaft
Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
34. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG 1980)

— Drucksache 8/3524 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Finanzausschuß (federführend)

Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
35. Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Kreile, Pfeifer, Dr. Köhler (Wolfsburg), Kunz (Berlin), Dr. Jenninger, Benz, Dr. Hubrig, Daweke, Dr. von Wartenberg, Lampersbach, Rühe, Broll, Dr. Hornhues, Gerstein, Spilker, de Terra, Niegel und der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes (Künstlerhilfe)
— Drucksache 8/3616 —
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Finanzausschuß (federführend)

Innenausschuß
Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Haushaltsausschuß gemäß $ 96 GO
36. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses (7. Ausschuß) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kreile, Dr. Häfele, Dr. Schäuble und der Fraktion der CDU/CSU
Durchführung des Umsatzsteuergesetzes 1979
— Drucksachen 8/3345, 8/3727 Berichterstatter: Abgeordneter Kühbacher
Der Ältestenrat schlägt verbundene Debatte vor. Wird das Wort zur 'Begründung vor Eröffnung der Aussprache gewünscht? — Dies scheint nicht der Fall zu sein.
Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? — Dies scheint auch nicht der Fall zu sein.
Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Häfele.

Dr. Hansjörg Häfele (CDU):
Rede ID: ID0820600100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute acht Finanzvorlagen, vor allem Steuervorlagen. Die beiden bedeutsamsten sind der Steuerentlastungs- und Familienentlastungsentwurf der Fraktion der CDU/CSU, der am 13. Februar dieses Jahres eingebracht wurde, und der Entwurf der Koalition, der zwei Wochen später, am 27. Februar, eingebracht worden ist.
Der Entwurf der Fraktion der CDU/CSU beabsichtigt den Abbau heimlicher Steuererhöhungen. Dies ist das Hauptziel der Steuerpolitik der CDU/ CSU in den letzten Jahren. Denn durch das Zusammenwirken von Inflation und Progression wurden in den letzten Jahren immer mehr Bürger von der Steuer zusätzlich erfaßt, ohne daß eine tatsächliche Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit vorhanden war.
Seit dem Beschluß der Bundestagsfraktion der CDU/CSU vom 31. Juli 1973 — das war unser erster Antrag — haben wir in den letzten Jahren wiederholt darauf hingewirkt, den Abbau der heimlichen Steuererhöhungen durchzusetzen. Der Grund, warum wir dies für vorrangig halten, ist, daß die Leistungsbereitschaft der arbeitenden Bürger und die Investitionsneigung der Betriebe erhalten bleiben müssen. Gerade im laufenden Jahr 1980 haben wir infolge der heimlichen Steuererhöhungen wieder ein Rekordjahr der Abgabenbelastung. Die Bruttolohn- und Gehaltssumme soll nach der bisherigen amtlichen Annahme, so wird es geschätzt, im laufenden Jahr um 7,2 % zunehmen, während die Lohnsteuer dabei im 12,8 % anwachsen wird. Die Lohnsteuer wächst in diesem Jahr also doppelt so stark wie die Lohn- und Gehaltssumme. Dies bedeutet, daß wir eine neue Rekordgrenzabgabenbelastung von rund 50 % haben. Von einer Mark Lohnerhöhung bleiben dem durchschnittlichen Arbeitnehmer also netto nur 50 Pfennig auf der Hand. Das ist das zweite Rekordjahr. Diese Mark Lohnerhöhung brutto bedeutet aber bei einem Betrieb wegen der Lohnnebenkosten Betriebsunkosten von 1,70 DM. Die Durchschnittssteuerbelastung hat in diesem Jahr absolute Rekordhöhe, die Grenzabgabenbela-



Dr. Häfele
stung ist etwa mit der von 1976 vergleichbar, wo der erste Rekord erreicht wurde.
Deswegen sind wir nach wie vor der Meinung, daß es besser gewesen wäre, wie es die Union rechtzeitig im Sommer letzten Jahres beantragt hat, schon im Jahre 1980 einen Abbau der heimlichen Steuererhöhungen durchzuführen. Wir haben einen maßvollen Antrag gestellt, der einen Steuerausfall von insgesamt 6,5 Milliarden DM bedeutet hätte. Das wäre beim Bund ein Ausfall von etwa 2 bis 3 Milliarden DM gewesen. Natürlich — das war der Grund dafür, daß wir das rechtzeitig beantragt haben — hätte dies in den Haushaltsplan 1980 eingebettet werden müssen. Wir haben unsere Bereitschaft bekundet, die Folgen von Ausgabenstreichungen mitzutragen, wenn die Regierung diesen Weg beschreitet. Leider ist dies von der Koalition abgelehnt worden, so daß wir uns jetzt über Steuerpakete für das Jahr 1981 unterhalten, ohne daß auch nur der Entwurf eines Haushaltsplanes 1981 vorliegt. Dies ist ein sehr gefährlicher Weg in das Blaue hinein.
Das Kernstück unseres Antrags ist die Verbesserung des Einkommen- und Lohnsteuertarifs. Zunächst wollen wir den Eingangssteuersatz von 22 auf 21 % senken. Man spricht hier von der Milderung der sogenannten indirekten Progression. Denn auch in der sogenannten Proportionalzone gibt es ja eine indirekte Progression. Als Folge des Grundfreibetrages wächst die Steuerbelastung um so mehr an, je mehr ich an das Ende der Proportionalzone komme, zwar nicht in der Grenzbelastung, aber in der Durchschnittsbelastung. Deswegen gibt es hier auch eine indirekte Progression. Der Sprung von 0 auf 22 % ist international mit der höchste, den es gibt. Auch diesen Sprung wollen wir wenigstens in einem ersten Schritt auf 21 % mildern.
Der zweite Teil unseres Tarifantrags beabsichtigt die Milderung der Steuerprogression ab Beginn der Progression, also von 16 000 DM bis 60 000 DM. Das sind immer Zahlen für Ledige; bei Verheirateten gelten die doppelten Beträge. Damit wollen wir die Grenzsteuersätze im Anstieg mildern und den Anstieg der heimlichen Steuererhöhungen bremsen.
Mir liegen hier Berechnungen vor, wie sich das im einzelnen — auch im Vergleich zum Regierungsentwurf — auswirkt. — Herr Staatssekretär Böhme, Sie haben heute im „Handelsblatt" Zahlen veröffentlicht; ich will gleich etwas dazu sagen. Ich glaube nicht, daß Ihre Zahlen typisch für den Vergleich sind. Sie beginnen bei 16 000 DM, also beim Ende der heutigen Proportionalzone, und vergleichen dann bis 30 000 DM. Das ist das erste Beispiel. Dann vergleichen Sie von 30 000 DM bis 60 000 DM. Das ist deswegen verzerrend, weil Sie ja die Proportionalzone um 2 000 DM verlängern. Dann schlägt das natürlich in dem Bereich von 16 000 DM bis 30 000 DM stärker durch, als es in Wirklichkeit bei Beginn der Progression der Fall ist. Das ist ein gewählter Vergleich, der die Zahlen verzerrt und deshalb nicht zutreffend ist.
Ich glaube, es ist zutreffender, wenn wir Beispiele mit Sprüngen von 10 000 DM wählen, etwa von 20 000 DM bis 30 000 DM. Nach unserem Antrag
würde sich der Anstieg der Grenzsteuersätze auf 10 % belaufen, bei Ihnen auf 11,5 %. In dem Bereich von 30 000 DM bis 40 000 DM beträgt der Anstieg der Grenzsteuersätze nach unserem Antrag 6,8 %, nach Ihrem Entwurf 7,3 %. Bei 40 000 DM bis 50 000 DM liegt der Anstieg der Grenzsteuersätze nach unserem Antrag bei 4 %, nach Ihrem Entwurf bei 4,3 %. Ich glaube, daß diese Zahlenreihe — betrachtet man das insgesamt — einen zutreffenderen Einblick in die wirkliche Relation gibt. Ich will nicht bestreiten, daß es da und dort Beispiele gibt, bei denen es einmal umgekehrt sein kann. Insgesamt gesehen ist in der größten Zahl der Fälle — vor allem bei den breiten Mittelschichten — der Anstieg der Grenzsteuerbelastung — darauf kommt es vor allem für den Leistungswillen an — nach unserem Antrag milder als nach dem Entwurf der Koalition.
Meine Damen und Herren, natürlich ist auch unser Antrag nicht d e r Reformtarif. Das haben wir nie behauptet. Der Reformtarif, von dem man einmal sagen kann, daß er das Endstück eines vernünftigen Einkommen- und Lohnsteuertarifs wäre, ist ein Tarif, der mit einem ganz niedrigen Eingangssteuersatz beginnt, durchgehend progressiv anwächst, aber mit einer sanften, milden Progression, ohne irgendeine leistungshemmende Ausbuchtung oder Einbuchtung zu haben. Daß das in einem Schritt nicht mehr zu erreichen ist, ist völlig klar. Den Ausfall könnten wir beim besten Willen nicht in einem Schritt darstellen.
Aber wir haben wenigstens einen Antrag gestellt, der in Richtung dieses Reformtarifs geht und der eine weitere Reform in Schritten in den kommenden Jahren nicht verbaut, sondern ermöglicht. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu dem Antrag der Koalition. Sie weiten die Proportionalzone um 2 000 DM aus. Das ist eben nur eine sehr vorübergehende, kurzfristige Lockerungsübung für einen kleinen Teil der Steuerzahler. Aber da heute mindestens 60 der Steuerzahler progressiv besteuert werden, nützt es nichts, wenn für ein oder anderthalb Jahre vielleicht 10 % wieder aus der Progression herausfallen und dann vorübergehend wieder in die Proportionalzone geraten, die restlichen 50 % — das erkaufen Sie damit — aber um so steiler in die Progression hineingeraten.
Ich glaube, daß es vor allem darauf ankommt, den Anstieg der Progression für die breitesten Mittelschichten — das ist nun einmal die Mehrheit der Steuerzahler — zu mildern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jeder Ansatz, wieder einen Teil aus der Progression herauszunehmen, geht an der Wirklichkeit vorbei. Eine wirkliche Reform wäre es, wenn es gelingen könnte, 80 % unserer arbeitenden Bürger wieder in die Proportionalzone zu bringen, wie es früher, wie es vor zehn, 15 Jahren einmal war. Aber das ist absolut utopisch.
Diese vorübergehende Lockerungsübung erkaufen Sie mit einem programmierten, noch steileren Anstieg der Steilwand der Progression in den kommenden Jahren. Die von uns angestrebte Reform ist für die breiten Mittelschichten schon im kommen-



Dr. Häfele
den Jahr progressionsmildernder, aber vor allem ist sie — das ist das Entscheidende — dauerhafter angelegt. Deswegen ist bei uns ein besserer Reformansatz vorhanden. Bis zu Einkommen von 48 000 DM im Jahr haben wir in Deutschland die besonders steile Progression, und genau diese Einkommensschicht ist besonders dicht besetzt. Das ist — erfreulicherweise — die Mehrheit der Arbeitnehmer: Das sind die Facharbeiter, das ist der Maurer, das ist der Werkmeister. Sie alle liegen — erfreulicherweise — über dem Durchschnitt und wachsen in diese Bereiche hinein. In dem Bereich von 16 000 bis 48 000 DM wächst die Progression von 22 % bis auf 50,4 % an. Erst in dem dann folgenden langgezogenen Bereich wird der Spitzensteuersatz von 56 % erreicht. Hier ist also der Hauptanstieg, und diesem Bereich unterfallen die meisten Steuerzahler.
Die steile Progression ist demnach das Problem. Wir meinen, daß unser Antrag das Problem auch schon für das kommende Jahr sachgerechter anpackt, aber vor allem ist er — mit Blick auf die weiteren Jahre — dauerhafter angelegt, während Sie nur — vorübergehend — zu einem kleinen Teil mildern und dies auf Dauer mit einem noch steileren Anstieg und damit mit einer Zunahme der heimlichen Steuererhöhungen in den nächsten Jahren erkaufen. Ich komme also zu dem Ergebnis: Der Tarifantrag der CDU/CSU-Fraktion ist leistungsfreundlicher und dauerhafter.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der zweite wichtige Punkt in unserem Antrag dient einer verbesserten Familienförderung. Neben einer Anhebung des Kindergeldes beim ersten Kind von 50 DM auf 65 DM, beim zweiten Kind — ebenfalls um 15 DM — von 100 DM auf 115 DM und ab dem dritten Kind von 200 DM auf 230 DM wollen wir zunächst einen bescheidenen Kinderfreibetrag von 600 DM für beide Elternteile, also von 300 DM je Elternteil und Kind, einführen, mit anderen Worten: Wir wollen das duale System wieder einführen — ich gebe zu: auch auf Grund der Erfahrungen der letzten Jahre —, das bei der Steuerreform 1975 abgeschafft wurde. Denn wir meinen, daß wir familienpolitisch in eine gewisse Sackgasse geraten sind. Wir sehen es ja beim Erstkindergeld: Seit dem 1. Januar 1975 ist das Erstkindergeld nie angepaßt worden. Seit dem 1. Januar 1975 beläuft es sich auf 50 DM, weil eben die Zunahme der Staatsverschuldung, die ja das Hauptthema in den kommenden Jahren sein wird, immer mehr verhindert, daß notwendige Anpassungen erfolgen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Damit ist kein dynamisches Element mehr da, das die Familien mit Kindern entlastet. Das erreichen Sie nur, indem Sie einen Freibetrag — einen maßvollen zunächst — ergänzend einführen.
Wir sind grundsätzlich der Meinung — gerade auf Grund der Erfahrungen der letzten Jahre, meine Damen und Herren —, daß auch für die Familien mit Kindern der Hauptgrundsatz unseres Steuerrechts gelten soll: Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit. Wir sagen: Es soll jemand um so mehr Steuern bezahlen — nicht nur in absoluten
Zahlen, sondern auch anteilmäßig, also progressiv —, je mehr er verdient. In Ordnung; gegen das Prinzip der progressiven Besteuerung wendet sich niemand. Das ist Ausfluß der Grundidee: Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit. Aber wenn das richtig ist, dann muß dies auch umgekehrt, wenn die persönliche Leistungsfähigkeit durch irgend etwas beeinträchtigt ist, berücksichtigt werden. Das wird im Steuerrecht in unzähligen Fällen anerkannt. Wir haben unzählige Freibeträge und Befreiungen, die alle progressionsmildernd wirken und mildern sollen.
Die Koalition selbst hat ja jetzt in ihrem Antrag Vorschläge unterbreitet, die progressionsmildernd wirken sollen. Ich denke etwa an Ihren Antrag — der deckt sich im übrigen mit unserem; das begrüßen wir, das ist sehr vernünftig — betreffend die Anhebung des Weihnachtsfreibetrages. Das gleiche gilt für die Anpassung der Sonderausgaben-Höchstsätze oder des Vorwegabzugs — alles wirkt progressionsmildernd — oder die Aufstockung des Haushaltsfreibetrages für Alleinstehende mit Kindern; auch dieses begrüßen wir. Das alles sind vernünftige Ziele. Alles wirkt progressionsmildernd. Nur ausgesprochen bei Familien mit Kindern soll es als große Ausnahme nicht gelten, wenn jemand Aufwendungen hat. Und wer Kinder hat, hat nachgewiesenermaßen Aufwendungen. Das ist ja nur ein Teilersatz, das sind ja nur Bruchteile, 10 oder 20 %, die damit überhaupt in Rechnung gestellt werden können. Nur da soll dieses nicht gelten. Das ist der große Widerspruch Ihrer Argumentation.
Das sind nicht bloß alte Rechtseinrichtungen, die Sie womöglich innerlich ablehnen und am liebsten heute abschaffen würden, sondern Sie haben jetzt neue Anträge in dieser Richtung — Progressionsmilderung — gestellt. Vor einem Jahr haben Sie das Realsplitting eingeführt. Danach sind bei getrennten oder geschiedenen Ehepartnern bis zu 9 000 DM Unterhaltsleistungen im Jahr abzugsfähig und damit progressionsmildernd. Bei geschiedenen Ehen soll es gelten. Da sagen Sie nicht, daß der Reiche, wie Sie sonst immer argumentieren — auch jetzt wieder —, mehr Nutzen hat. Daß die Bäume hier nicht in den Himmel wachsen, ist doch schon durch die Grenzen sowohl des bescheidenen Kinderfreibetrags wie auch bei den Sonderausgaben oder beim Arbeitnehmer- oder Weihnachtsfreibetrag wie auch beim Realsplitting erkennbar; beim Realsplitting haben Sie die Grenze bei 9000 DM. So toll ist das ja alles gar nicht. Sie sagen: Der Reiche ist der große Profiteur. Das stimmt doch einfach mit der Wirklichkeit nicht überein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Oder: Wir haben bei der Steuerreform gemeinsam den Ausbildungsfreibetrag eingeführt, wenn Kinder in Ausbildung sind. Das ist nichts anderes als eine spezielle Form eines Kinderfreibetrags. Das also sind Widersprüche, über die Sie nicht hinwegkommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch für die Familien mit Kindern muß der Grundsatz gelten, der im ganzen Steuerrecht sonst



Dr. Häfele
gilt, daß Familien mit Kindern eben nicht so leistungsfähig sind wie Eheleute ohne Kinder.

(Zustimmung bei der CDU/CSU)

Man muß gleiches mit gleichem vergleichen, nicht gleiches mit ungleichem. Wenn ich 3 000 DM im Monat verdiene und zwei oder drei Kinder habe, dann möchte ich nach der Gerechtigkeitsidee steuerlich nicht so belastet werden wie jemand, der keine Kinder hat. Ein Familienvater mit 3 000 DM vergleicht sich mit einem, der keine Kinder hat und auch 3 000 DM verdient. Wer 3 500 DM verdient und zwei oder drei Kinder unterhält, vergleicht sich mit Eheleuten, die 3 500 DM verdienen und keine Kinder aufziehen, und findet es ungerecht, daß er steuerlich im Prinzip genauso belastet wird wie einer, der keine Kinder hat. Also überlegen Sie sich bitte diese grundsätzliche Frage noch einmal!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ausgerechnet die Familien mit Kindern, die mit viel Steuern belastet werden, sollen nach Ihrem Willen so behandelt werden, als wenn sie nur wenig Steuern zahlten, obwohl sie auch nach der Entlastung noch unvergleichlich mehr Steuern zahlen als solche, die noch nicht so stark in der Progression sind. Nein, mit der Ideologie des Neides oder der Gleichmacherei kommen wir nicht zu sachgerechten Lösungen, auch nicht auf diesem Feld.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es muß der Grundsatz gelten: Familienpflicht vor Steuerpflicht. Dieser Grundsatz muß in den kommenden Jahren wieder in das Steuerrecht kommen.
Wenn Sie den grundsätzlichen Ausführungen nicht folgen können, dann sehen Sie es doch bitte praktisch. Praktisch geht es um die Progressionsmilderung für die breiten Mittelschichten. Es geht doch nicht um die Reichen. Die Masse der breiten Mittelschichten will eine Progressionsmilderung haben. Warum soll das gerade den Familien mit Kindern verwehrt werden, wo es wegen anderer Dinge immer anerkannt wird?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie dürfen nicht ein Blumenbeet vollständig ausreißen, weil vielleicht da und dort ein Unkraut ist. Das ist im Grunde Ihre Steuerpolitik. Sie reißen lieber das ganze Blumenbeet heraus, alle Blumen heraus, weil vielleicht hinter einer Blume ein Unkraut ist, weil vielleicht irgendeiner das ausnützen kann, dem es nicht zusteht. Lieber alle Blumen weg, als daß da irgendwo ein Unkraut ist. Das ist keine Steuerpolitik.
Der Kinderabzugsbetrag, den Sie einführen, beweist ja, daß Sie selber spüren: Es muß auch im Steuerrecht ergänzend etwas geschehen. Bloß ist das deswegen nicht sehr überzeugend, weil Ihre Hauptabsicht ist, die Lasten die Länder und die Gemeinden tragen zu lassen. Es ist im Grunde ein Finanzausgleichsvorhaben, das Sie mit diesem Kinderabzugsbetrag, für alle gleich, hier einführen wollen. Das führt zu neuen steuerlichen Komplizierungen, nicht nur im Steuerrecht selbst, sondern ergänzend müssen Sie dann in verschiedenen Leistungsgesetzen, Sozialgesetzen, wieder neue Regelungen treffen, so daß das Ding immer noch komplizierter wird.
Zugleich wollen Sie den Kinderbetreuungsbetrag abschaffen. Ich erkläre hier für die CDU/CSU: ehe nicht die Kinderfreibeträge, die einfachen, nachweisfreien, unkomplizierten Kinderfreibeträge wieder im Steuerrecht sind, werden wir zur Beseitigung des Kinderbetreuungsbetrages nicht ja sagen. Wir haben nie etwas anderes erklärt, als daß das für uns die Vorstufe für die notwendigen Kinderfreibeträge ist und unbürokratisch und möglichst nachweisfrei gehandhabt werden soll, wie es Gott sei Dank die Unionsländer und inzwischen gegen den Willen von Bundesfinanzminister Matthöfer erfreulicherweise sogar einige SPD-regierte Länder tun. Dies ist im Ergebnis genau das, was wir wollen. Es soll nicht nur der Clevere, sondern jeder in den Genuß kommen. Deswegen soll es nachweisfrei geschehen, wie wir es zu praktizieren versuchen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich komme zu dem Ergebnis: Unser Antrag ist nicht nur leistungsfreundlicher, sondern auch familienfreundlicher.
Der dritte Punkt ist: Wir wollen die Investitionskraft der Betriebe stärken. Wir wollen die Ertragsteuerbilanzwerte in die Vermögensaufstellung übernehmen und damit die ertragsunabhängige Besteuerung, die für die Investitionskraft von Betrieben wichtig ist, stärken. Ziel ist die Beseitigung der Doppelbelastung durch die Vermögensteuer bei den Unternehmungen und bei den Anteilseignern, also im Grund die Fortführung der Körperschaftsteuerreform. Im Ertragsteuerbereich haben wir die Doppelbelastung beseitigt, aber noch nicht im Substanzbereich bezüglich des Vermögens.
Wir haben in unserem Entwurf ausdrücklich ausgeführt, daß wir mit uns bezüglich anderer Möglichkeiten reden lassen. Man kann daran denken, die Schachtelregelung von 25 % auf 10 % zurückzuführen. Man kann an einen Bewertungsabschlag denken, wie es die Steuerreformkommission vorgeschlagen hat. Ich sage ausdrücklich: In unserem Entwurf sind noch Restwerte bei der Vermögensteuer enthalten. Wir müssen im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch einmal überprüfen, ob es nicht doch wieder kompliziert wird und ob es dem Ziel, nämlich die Substanzbesteuerung zu lindern, voll gerecht wird. Diese Restwerte-Regelung sollte also möglichst fallen. Das wollen wir im weiteren Verfahren genau überprüfen.
Der Koalitionsantrag bringt nur die Übernahme der Pensionsrückstellungen. Das ist nicht ausreichend. Gerade angesichts der Herausforderungen, die die Zukunft auf verschiedensten Gebieten für uns bringt, ist die Stärkung der Investitionskraft der Betriebe ein wichtiges Ziel, das man auch in den kommenden Jahren sehen muß.
Ich komme also zu dem Ergebnis: Der Antrag der CDU/CSU ist nicht nur leistungs- und familienfreundlicher, sondern auch investitionsfreundlicher.



Dr. Häfele
Noch ein Wort zur Vereinfachungsdiskussion. Man muß sich erinnern: Im Herbst 1969 wurde bei Beginn der SPD/FDP-Koalition eine Regierungserklärung abgegeben, worin es hieß, das Ziel sei ein „gerechtes, einfaches und überschaubares Steuerrecht". Ich glaube, niemand kann behaupten, dieses Ziel sei erreicht worden.

(von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU]: Im Gegenteil!)

Vielmehr ist das Ergebnis: In Sachen Komplizierung des Steuerrechts hat es noch nie so trüb ausgeschaut wie als Folge der Steuerrechtsänderungen der letzten Jahre.

(Beifall bei der CDU/CSU — von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU]: Konstruktionsfehler!)

Dazu wäre viel zu sagen, z. B. zur Kraftfahrzeugsteuer. Sie haben die Mineralölsteuer für fiskalische Zwecke um neun Pfennige angehoben. Dann konnten Sie keine Kraftfahrzeugsteuer-Reform mehr durchführen. Statt dessen haben Sie ein Hearing gemacht. Den Kinderbetreuungsbetrag wollen Sie nicht nachweisfrei, wie wir ihn wollen, sondern möglichst gegen Nachweis, womit Sie gerade die einfachen Leute und nicht die Cleveren bestrafen. Zu den Bagatellsteuern haben wir schon am 2. April 1979 den Antrag auf Beseitigung von sechs gestellt. Sie bringen jetzt den Antrag, nur drei abzuschaffen, und zwar nach einem großen Hearing.

(von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU]: Kümmerlich!)

Man kann wirklich nur sagen: Es kreißt ein Berg — geboren wird ein Mäuslein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dann haben Sie einen Grunderwerbsteuerbericht und einen über den § 7b verfaßt — wie bei einem akademischen Seminar an der Universität. Aber Sie haben nicht gehandelt, bis der Bundesrat dann gehandelt hat. Erfreulicherweise haben sich nicht nur die unionsregierten Länder, sondern auch SPD-regierte zur Vereinfachung der Grunderwerbsteuer zusammengerauft. Auch dieser Entwurf liegt heute vor. Wenn bei einem Gesetz 85 % der Vorgänge Ausnahmen und nur noch 15% der Erwerbsvorgänge die Regel sind, dann stimmt etwas nicht mehr. Der Satz muß natürlich heruntergeführt werden. Nach unseren Berechnungen sind die 2 % für die Aufkommensneutralität zu hoch. Es muß genau errechnet werden, ob es nicht nur 1% oder 11/2% statt 7% sein sollen.
Die Abschaffung von 68 bundes- und landesrechtlichen Gesetzen und Verordnungen wäre doch etwas. Aber was sagt die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zum Entwurf des Bundesrats? Die „Vor- und Nachteile" seien im weiteren Verfahren „abzuwägen". Das nenne ich Führung!

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Ich wäre dankbar, wenn die Vertreter der beiden Koalitionsfraktionen heute eine klare Stellungnahme dazu abgeben würden. Das wird draußen erwartet. Das Thema ist beraten. Man kennt die Vor- und die Nachteile. Sie müssen heute erklären:
Sind Sie bereit, im weiteren Verfahren diese Grunderwerbsteuerreform noch in dieser Wahlperiode zu machen? Wenn Sie bereit sind, kommt sie zustande. Über den Prozentsatz wollen wir noch reden. Wenn Sie bereit sind, kommt sie zustande. Wenn Sie nur lavieren wollen, kommt sie nicht zustande. Aber die Verantwortlichkeiten sind dann klar.
Meine Damen und Herren, insgesamt muß die Steuerentlastung natürlich in die Haushaltspolitik eingebettet werden. In diesem Zusammenhang haben Sie, Herr Bundesfinanzminister, kürzlich einen ,,Alarmbrief" an Ihre SPD-Bundestagskollegen gerichtet. Auf der einen Seite ist dieser Alarmbrief hochinteressant. Zum erstenmal geben Sie zu, daß die Entwicklung der Verschuldung und der Zinsen viel, viel düsterer ist, als Sie es bisher in der Offentlichkeit gesagt haben. Es wäre besser gewesen, Sie hätten dies in der Offentlichkeit so gesagt wie in dem Brief an Ihre Fraktionskollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auf der anderen Seite, Herr Matthöfer, sagen Sie aber: Es gibt keinerlei Abstriche am Steuerpaket; es ist alles gesichert. Diese beiden Aussagen lassen sich beim besten Willen nicht miteinander in Obereinstimmung bringen.
Jedoch enthält der Brief wirklich zutreffende Sätze. Sie reden darin von dem „besonders kritischen Jahr 1981". Sie sagen, daß nach der bisherigen Planung für 1981 schon 27 Milliarden DM Neuverschuldung vorgesehen seien, also mehr als im laufenden Jahr, daß aber darüber hinaus noch beachtliche Risiken für das nächste Jahr bestünden. Dann sagen Sie, daß im nächsten Jahr „enorme Schwierigkeiten" bestünden und dabei „sehr schwierige Fragen" auftauchten, daß vor allem die Zinsbelastung immer mehr zunehme, daß die Kapitalmarktbeanspruchung immer mehr ein Problem werde und der jährliche Bruttokreditbedarf auf rund 60 Milliarden DM ansteige. Dann sagen Sie wörtlich:
Das stellt uns vor gewaltige Probleme, für die wir auch ohne zusätzliche Anforderungen Lösungen erst noch finden müssen ...
Jetzt kommen die zusätzlichen Belastungen auf Grund der internationalen Lage noch hinzu! Weiter schreiben Sie, die Bereitschaft der Banken, Schuldtitel des Bundes zu erwerben, sei seit 1978 deutlich zurückgegangen, usw.
Ich kann dem nur zustimmen. Ich tadele Sie nicht wegen dieses Briefes. Mir wäre es lieber, Sie würden in der Offentlichkeit dies alles noch deutlicher sagen, als Sie es gegenüber Ihren Kollegen getan haben.
Von der SPD hörten wir in den letzten Tagen einen Angriff auf die Deutsche Bundesbank, welche in ihrer Diskontsatzpolitik die Schlußfolgerungen aus der Entwicklung gezogen hat. Mehr hat die Bundesbank gar nicht getan. Meine Damen und Herren, die Kapitalmarktbeanspruchung, die durch die öffentliche Hand seit Jahren im Übermaß geschieht und verstärkt auch in Zukunft geschehen wird, ist einer der Gründe, warum die Bundesbank gar nichts anderes tun kann, als zu handeln, um die Stabilität



Dr. Häfele
des Geldwerts zu retten. Dafür verdient die Bundesbank keinen Tadel, sondern Unterstützung. Was hierzu von der SPD geäußert wurde , lehnen wir scharf ab.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Bundesfinanzminister, ich wäre Ihnen auch dankbar, wenn Sie angesichts Ihres eigenen Briefes, der in der Richtung zutreffend, aber im Ausmaß immer noch nicht die volle Wahrheit ist, endlich davon Abstand nähmen, zu sagen: Die Verschuldung bemesse ich genau so, daß die Beschäftigung möglichst gesichert ist. Inzwischen ist die abenteuerliche Staatsverschuldung nicht nur eine ungeheure Last für die Zukunft geworden, sondern beansprucht den Kapitalmarkt schon zu sehr und führt zu einem so großen Verdrängungswettbewerb, daß die Zinsen und die Kosten steigen und die Investitionen gebremst werden. Als Folge davon kommt der Wohnungsbau zum Erliegen, und es entstehen weitere Investitionshemmnisse. Ihre Schuldenpolitik ist schon in der Gegenwart arbeitsplatzfeindlich geworden und wird dies von Jahr zu Jahr mehr.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zu der für 1981 schon feststehenden Neuverschuldung von 27 Milliarden DM kommt noch eine Unsicherheit von etwa 10 Milliarden DM als Folge der Steuerentlastung und unabwendbarer Ausgaben internationaler Art hinzu. Es zeigt sich, daß die Bundesregierung spätestens im Jahr 1979 die Einleitung der Konsolidierung der öffentlichen Finanzen versäumt hat. Wir haben 1979 ein volkswirtschaftliches Wachstum von 4,4 % gehabt. Wann denn sonst ist ein Konsolidierung einzuleiten, als wenn ein gutes, ordentliches Wachstum besteht! Diese Gelegenheit ist verpaßt worden. Deswegen sind Sie jetzt in der Sackgasse, und deswegen haben wir diese düsteren Ausblicke.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, die CDU/CSU hat in den letzten Wochen und Monaten wiederholt erklärt, daß die internationale Lage notwendige Schlußfolgerungen nach sich ziehe. Wir erklären wiederum: Falls die Bundesregierung endlich die notwendigen Schlußfolgerungen aus der internationalen Lage zur Verstärkung unserer nationalen Sicherheit zieht, falls sie also die erforderliche Kurskorrektur für die öffentlichen Finanzen insgesamt einleitet, was vor allem Ausgabenumschichtungen mit sich bringen muß, und falls sie Abstriche an ihrem eigenen Steuerpaket vornimmt, dann — aber nur dann — sind wir bereit, über Verschiebungen von Teilen unseres Steuerpakets mit uns reden zu lassen.
Weil wir verantwortungsbewußt um des Ganzen willen hier dieses Angebot gemacht haben, Herr Bundesfinanzminister, finde ich es besonders betrüblich, daß Sie da eine Broschüre ,,Bundeshaushalt 80" veröffentlicht haben, die gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts verstößt, das wir gegen Sie erwirkt haben, daß die Regierung keine Parteienpropaganda machen, sondern nur ruhig und sachlich ihre Vorstellungen erklären darf. Genau
dies tun Sie nicht. Sie setzen hier die CDU/CSU mit Verfälschungen, mit Verzerrungen herunter,

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

uns, die wir Ihnen das Angebot machen, Ihnen zu helfen, daß Sie aus dieser desolaten Lage herauskommen. - Stampfen Sie dieses Papier ein! Es ist verfassungswidrig, es ist unfair, es ist unwahr.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zum Schluß, Herr Bundesfinanzminister, habe ich zwei Fragen an Sie. Bitte beantworten Sie hic et nunc diese Fragen. Wie wollen Sie das, was Sie in Ihrem „Alarmbrief" dargestellt haben und was, wie Sie wissen, noch schlimmer wird, für das Jahr 1981 lösen? Wie stellen Sie sich die Zurückführung der Verschuldung vor? Erklären Sie es bitte nicht damit, daß Sie den Finanzausgleich zu Lasten der Länder und Gemeinden verändern würden. Wir können in Deutschland nichts mehr damit lösen, daß wir die Schulden zwischen Bund, Ländern und Gemeinden hin- und herschieben. Das ist eine Vogel-Strauß-Politik, das ist eine Schwarzer-Peter-Politik. Die grundlegende Kurskorrektur muß vom Bund, muß von der Bundesregierung kommen. Natürlich muß sie dann von den Ländern und Gemeinden mit vollzogen werden. Aber Sie sind doch nicht nur der Kassenwart des Bundes, sondern Sie haben die gesamte finanzpolitische Verantwortung für Bund, Länder und Gemeinden. Sie können nicht nur als Kassenwart mit den Ländern und den Gemeinden verhandeln, sondern die gesamte finanzpolitische Verantwortung haben Sie und müssen entsprechend handeln. Also die Frage: Wie stellen Sie sich das vor? Wie wollen Sie den Widerspruch lösen zwischen Ihrem „Alarmbrief", der Wirklichkeit, und Ihrer These, keinerlei Abstriche zu machen, alles sei solide finanziert? Erklären Sie bitte heute, wie Sie 1981 die Neuverschuldung herunterführen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die zweite Frage; sie geht auch an die beiden Koalitionsfraktionen. Aus der FDP haben wir in den letzten Tagen vom Parteivorsitzenden Genscher und von Ihnen, Herr Hoppe — Frau Matthäus ist in der Steuerpolitik wie immer etwas anders als vernünftige FDP-Leute —,

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

gehört: Abstriche kommen in Betracht. — Siehe Abschaffung des Ehegattensplittings, Frau Matthäus; fragen Sie mal Ihre Vorgängerin, Frau Funcke, was die dazu sagt; da gibt es ja viele Äußerungen. Aber es ist interessant, die Offentlichkeit soll wissen, die Finanzausschußvorsitzende der FDP will die Abschaffung des Ehegattensplitting. Das aber nur am Rande. Ich habe Sie nur gerade gesehen; darum ist es mir gekommen; ich bitte um Entschuldigung. — Aber auf jeden Fall, meine Damen und Herren, Sie haben klar eine ähnliche Bereitschaftserklärung abgegeben wie wir. Die SPD und der Bundesfinanzminister sagen dagegen strikt: Keinerlei Abstriche trotz dieses ,,Alarmbriefes". Was gilt jetzt? Gilt das, was die SPD sagt? Oder gilt das, was die FDP sagt?
16504 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn. Freitag. den 7. März 1980
Dr. Häfele
Heute erwarten wir hic et nunc eine Antwort darauf.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es darf nicht wieder so weit kommen, wie wir es erlebt haben. Wir haben 1976 eine Rententäuschung in Deutschland erlebt, wir haben 1970 kurz vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen eine Steuertäuschung erlebt. Sie entsinnen sich. Da sind neun Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen in diesem Hause im Finanzausschuß Steuersenkungen durchgesetzt worden: Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrags, Abschaffung der dreiprozentigen Ergänzungsabgabe. Sie ist gegen unsere Warnung, die wir aus konjunkturellen Gründen erhoben haben, abgeschafft worden. Fünf Tage nach der Landtagswahl ist das dann von der Koalition zurückgenommen worden, und drei Wochen später sind Steuererhöhungen durchgesetzt worden. Das war die Steuertäuschung vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 1970. In diesem Wahljahr 1980 darf es nicht so weit kommen, daß die Rententäuschung im Wahljahr 1976 und die Steuertäuschung im Wahljahr 1970 nur kleine Vorspiele im Vergleich zu der Finanztäuschung insgesamt gewesen sein könnten, die in diesem Jahr von der Regierung und von der Koalition eingeleitet wird. Davor möchten wir bewahrt sein.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0820600200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Westphal.

Heinz Westphal (SPD):
Rede ID: ID0820600300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten haben dem Bürger offen gesagt,

(Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

daß es bei der Lohn- und Einkommensteuer 1980 keine Entlastung geben kann. Wir haben in den Jahren 1975, 1977/78 und 1979 Entlastungen zugunsten des Steuerzahlers vorgenommen und werden dies wieder in Jahre 1981 tun.

(Beifall bei der SPD)

1980 werden die Mehreinnahmen dringend benötigt, um im Interesse des Bürgers die Neuverschuldung des Bundes —, aber auch bei den anderen Gebietskörperschaften — zu verringern, und zwar ohne an irgendeiner Stelle die Leistungen für den Bürger im Rahmen unserer sozialpolitischen Gesetzgebung und unserer wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu verkleinern. Ein Abbau von Sozialleistungen findet nicht statt; so etwas geht nicht mit Sozialdemokraten.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die sozial gerechte Umverteilung für die jeweils Schwächeren über den Weg der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit bleibt Inhalt unserer Politik, und damit setzen wir dem Unions-Gerede von den sogenannten heimlichen Steuererhöhungen die volle Offenheit unserer Argumente entgegen und orientieren unsere Steuerpolitik an dem, was für den Bürger zum richtigen Zeitpunkt notwendig und möglich ist.
Es wird niemandem verborgen bleiben, daß nur derjenige leichtfertig mit den Staatsfinanzen umgeht, dessen nicht vertretbare Steuersenkungsvorschläge für 1980 noch auf dem Tisch des Hauses liegen, während schon neue überzogene Vorschläge für das nächste Jahr hinzukommen. Das ist nun einmal das Verhalten der Union.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Die Union ist es, die im Wahljahr Geschenke in der Größenordnung von 6,5 Milliarden DM machen wollte, ohne dafür, Herr Häfele, konkrete und ausreichende Ausgabenkürzungen zu nennen.
Es ist auch die Opposition, die dabei trotzdem den Vorwurf zu hoher Neuverschuldung erhob, obwohl gerade die Verhaltensweise der Opposition zu einer stärkeren Erhöhung der Neuverschuldung geführt hätte. Wir weisen diese Politik als nicht seriös zurück.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, zu dem ständig wiederholten Vorwurf der „heimlichen" Steuererhöhungen, den die Opposition zu ihrem Schlager gemacht hat, möchte ich zunächst einmal die Tassen im Schrank ein bißchen zurechtrücken.
Erstens. Als Herr Strauß Bundesfinanzminister war

(Dr. Möller [CDU/CSU]: War alles in Ordnung!)

und gar nicht daran dachte, dagegen etwas zu tun, stieg das Lohnsteueraufkommen in einem Jahr um mehr als 20 %.

(Wehner [SPD]: Hört! Hört!)

Zweitens. Eine solche Steigerung hat es in keinem Jahr gegeben, für das sozialdemokratische Finanzminister Verantwortung trugen, und es gibt sie auch nicht für 1980 und 1981.

(Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Wie war denn damals die Verschuldung?)

Drittens. Durch die steuerpolitischen Entscheidungen der sozialliberalen Koalition, die ab 1975 im Abstand von jeweils etwa zwei Jahren deutliche Korrekturen zugunsten der Lohnsteuerzahler vorgenommen haben, ist die Lohnsteuerquote, also das Verhältnis des Lohnsteueraufkommens zur Summe der Bruttolöhne und -gehälter, zurückgegangen. Wenn das Steuerpaket, das wir Ihnen hier heute vorstellen, 1981 in Kraft tritt, dann wird die Lohnsteuerquote mit 14,8 % auf dem Stand von 1974 sein, und dies, obwohl in den Jahren seitdem die realen Einkommen der Arbeitnehmer gestiegen sind.

(Abg. Dr. Althammer [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Herr Althammer, wir haben auch keine Zwischenfragen gestellt. Wir haben Freitagvormittag; ich weiß von Ihnen, daß Sie es eilig haben. Ich möchte gern meine Redezeit einhalten. Ich bitte um Verständnis, daß ich im Kontext bleiben will. Wir haben genügend Zeit, in der Diskussion vieles zu erörtern.



Westphal
Es ist eine Konsequenz des Systems einer Besteuerung der Einkommen nach der Leistungsfähigkeit mit einem progressiv wirkenden Teil des Steuertarifs, daß mit steigendem Einkommen immer wieder Steuerzahler in den progressiven Teil des Tarifs hineinwachsen und dadurch ihr Einkommen stärker belastet wird. Dieses Steuersystem wird von keiner Seite bestritten. Seine Wirkungen spürt der Bürger insbesondere bei jeder neu hinzuwachsenden Mark als Grenzsteuerbelastung, und zwar sehr deutlich.
Um die Zahl derjenigen, die dieser Belastung unterliegen, nicht übermäßig anwachsen zu lassen und den Progressionsanstieg besonders in der ersten Phase flacher zu gestalten, ist die jetzt gesetzgeberisch zu ziehende politische Konsequenz eine deutliche Steuerentlastung genau für diese eben beschriebene Personengruppe im Jahre 1981.
Wir legen Ihnen heute mit einem Entwurf der Koalitionsfraktionen von SPD und FDP ein Maßnahmenpaket für 1981 und 1982 vor, das genau an dieser Stelle ansetzt. Es senkt bei der Lohn- und Einkommensteuer die Steuerzahlungen insbesondere für den Facharbeiter, aber auch für den kleinen Selbständigen und für denjenigen Steuerzahler, bei dem die Frau mitarbeitet. Das Paket tut das so, daß eine beachtliche Zahl von ihnen in die Proportionalzone des Steuertarifs zurückkehrt. Für einen weiteren beachtlichen Teil dieser Gruppe wird die Progressionswirkung gemildert. Wir erreichen dies einerseits durch eine Verlängerung der Proportionalzone von heute 16 000 DM jährlich für Ledige und 32 000 DM für Verheiratete auf 18 000 bzw. 36 000 DM und andererseits durch die Abflachung der Progressionskurve bis zu einer Größenordnung von 60 000 bzw. 120 000 DM. Darüber hinaus wollen wir den Tariffreibetrag seiner progressiven Wirkung entkleiden und ihn dem allgemeinen Grundfreibetrag zuschlagen, so daß die Steuerpflicht in Zukunft erst bei 4 200 DM für Ledige und 8 400 DM für Verheiratete beginnt.
Dieser Teil der von uns vorgeschlagenen Maßnahmen wird zu Steuermindereinnahmen von insgesamt immerhin rund 5,5 Milliarden DM führen. Dabei heben wir uns von den Absichten der Opposition ab, denn die Tatsache, daß bei ihr eine Verschiebung des Beginns der Progressionszone nicht vorgenommen wird, bedeutet ja, daß künftig geringere Einkommen früher als bisher einer progressiven Besteuerung unterliegen und höhere Grenzsteuerbelastungen für die betroffene Personengruppe sozusagen zum jährlichen Dauerärgernis werden. Abgesehen davon müssen wir feststellen, daß die außerordentlich teure Senkung des Steuersatzes in der Proportionalzone den finanzierbaren Rahmen unseres Pakets sprengen würde.
Meine Damen und Herren, das hinter diesem Teil unseres Steuerpakets stehende Konzept wird durch vornehmlich steuerliche Entlastungsmaßnahmen ergänzt, die den Familien zugute kommen sollen und dabei gleichzeitig eine spürbare Hilfe für die Bezieher kleinerer Einkommen sind. Der entscheidende Punkt dieses Teils des Pakets ist die Einführung eines steuerlichen Kindergrundfreibetrags für jedes Kind in Höhe von 800 DM pro Elternteil, also 1 600 DM für beide Ehegatten. Dieser Weg entspricht unserer Überzeugung, daß die kinderbezogenen Leistungen des Staates eben — ganz anders, als Sie, Herr Häfele, es uns hier vorzutragen versucht haben — unabhängig vom Einkommen der Eltern für alle Kinder gleichmäßig gewährt werden müssen. Der reichere Vater soll für seine Kinder keinen größeren Vorteil erhalten als der weniger verdienende. Unser Vorschlag wird zu einer Entlastung je Kind von fast 30 DM im Monat führen. Außerdem sind alle Gebietskörperschaften, die Anteil an dem Aufkommen aus der Lohn- und Einkommensteuer haben, und nicht der Bund allein an diesen Steuermindereinnahmen beteiligt.
Für uns bedeutet das Beschreiten dieses Weges aber auch, daß der Steuerbürger schon auf seinem Lohnstreifen sehen kann, welche Entlastungen für seine Kinder durch den Staat seiner Steuerbelastung gegenüberstehen. Dies ist ein Schritt zu der von uns angestrebten Finanzamtslösung. Wir verbinden mit diesem Vorhaben zugleich die Absicht, die ungeliebte Kompromißentscheidung des Vermittlungsausschusses im Steuerpaket 1979, die den Namen „Kinderbetreuungskosten" trägt und von vielen hier als eine Mißgeburt bezeichnet worden ist, wieder abzuräumen. Wir wollen damit die Diskussion über seine unterschiedliche Anwendung in den Ländern, die zur Ungleichheit der Besteuerung durch unterschiedliches Verhalten der Länder führt, beenden.
Vier positive Argumente sprechen für den Kindergrundfreibetrag, nämlich die Höhe der Kinderentlastung, die Gleichmäßigkeit der Entlastung für alle Einkommensbezieher, die Verdeutlichung der Kinderentlastung auf dem Lohnstreifen und der Fortfall einer sich entwickelnden Ungleichmäßigkeit der Besteuerung.
Die Kritiker dieses Verfahrens, die — sei es, weil sie eine Kindergelderhöhung für systemgerechter halten, sei es, weil sie die Finanzamtslösung nicht mögen — einen anderen Weg gehen wollen, werden zumindest bereit sein müssen, dem Bund die Finanzierung nicht allein zu überlassen. Sie werden bereit sein müssen, einen entsprechenden Anteil am Steueraufkommen der Länder dem Bund auf anderem Wege zur Verfügung zu stellen. Da hilft es nicht, nur den Mund zu spitzen, da müßte dann auch gepfiffen werden. Meine Damen und Herren, positive Signale dieser Art haben wir bisher nur von den sozialdemokratisch oder sozialliberal regierten Ländern gehört — von anderen bisher leider noch nicht. Es wird doch wohl niemand bestreiten können, daß das stark steigende Lohnsteueraufkommen — welches die Opposition als „heimliche Steuererhöhung" zu bezeichnen beliebt — bei den Ländern im gleichen Maße wie beim Bund in die Kassen kommt und — um im Oppositionsjargon zu sprechen — zurückgegeben werden muß.
Es sei dabei sofort hinzugefügt, daß die Absicht der Unionsparteien, wieder einen Kinderfreibetrag in das Steuersystem einzufügen und damit wegen der progressiv entlastenden Wirkung tatsächlich reiche Leute mit Kindern stärker steuerlich zu ent-



Westphal
lasten als die Bezieher kleinerer Einkommen mit Kindern, für uns in der Koalition unannehmbar ist.

(Beifall .bei der SPD)

Herr Häfele, alle Ihre Anstrengungen in dieser Frage scheitern an unserer Grundüberzeugung. Sie mögen das Ideologie nennen. Wir drehen das um und sagen: Sie verteidigen eine konservative Ideologie, die wir nicht zu vertreten in der Lage sind,

(Dr. Ritz [CDU/CSU]: Sie sollten sich mal mit den Argumenten von Häfele auseinandersetzen! Das wäre gut!)

bei der wir mit aller Deutlichkeit gerade auch dem Wähler klarmachen werden, wer den Reicheren mehr entlasten will und dafür solche Anstrengungen macht. Erinnern Sie sich doch bitte daran, Herr Häfele, daß Ihre politische Gruppe 1975 mit uns zusammen, mit allen zusammen, genau diese Veränderung vorgenommen hat.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Jetzt drehen Sie sich um 180 Grad zugunsten einer bestimmten Wählerklientel, die nicht diejenige ist, die die Arbeitnehmer bilden.
Dies gleiche, meine Damen und Herren, gilt auch für den Trick,

(Zuruf von der CDU/CSU: Wieso Trick?)

den Kinderbetreuungskostenbetrag zu einem Freibetrag entsprechender Art umzufunktionieren. Da ist doch eine ganze Menge Luft drin, wenn wir an irgendeiner Stelle Einsparungen vornehmen wollen und müssen. Wir sollten dieses Unikum wegnehmen, eine Vereinfachung zustande bringen und klare Verhältnisse schaffen, daß Eltern im Zusammenhang mit Kindern bei der Steuer und beim Kindergeld gleichbehandelt werden. Dies ist unsere Konzeption. Die weicht von Ihrer um 180 Grad ab.
Die Kinderentlastungen, die unser Paket vorsieht, sind auch für diejenigen Familien gedacht, die Einkommen aus nicht zu versteuernden Leistungen beziehen. Weil man einen steuerlichen Kindergrundfreibetrag aber nur Leuten zukommen lassen kann, die Steuern zahlen, sind ergänzende kinderbezogene Leistungen in gleicher Größenordnung wie der Kindergrundfreibetrag für diese Personengruppe erforderlich. Unser Paket sieht deshalb Kinderausgleichsbeträge vor, z. B. für Sozialversicherungsrentner und Unfallversicherungsrentner mit Kindern, Unterhaltsleistung beziehende Soldaten und Teilnehmer von Arbeitsförderungsmaßnahmen sowie längerfristig Arbeitslose, jeweils mit Kindern im Kindergeldalter.
Diese notwendige Flankierung wird in unserem Paket noch ergänzt durch die Anhebung des Haushaltsfreibetrages für Alleinstehende mit Kindern. Die Anhebung dieses Freibetrages um 1 200 DM auf 4 200 DM bedeutet, daß insbesondere die alleinstehende Mutter mit Kindern, wenn sie im Arbeitsleben steht, steuerlich ähnlich behandelt wird wie eine Familie mit beiden Elternteilen. Sie hat erst ein Einkommen, das über 8 400 DM liegt, zu versteuern.
Wir fügen in unser Paket außerdem eine Wohngeldnovelle ein, deren Sinn neben einem erforderlichen Anpassungsvorgang insbesondere darin liegt, die familienpolitische Komponente unseres Maßnahmenbündels zu verstärken. Dies soll dadurch geschehen, daß das Wohngeld künftig für die Haushalte mit Kindern, also Drei-, Vier- oder Mehr-Personen-Haushalte, deutlich verbessert wird.
Damit nicht genug, meint die Koalition, daß das Kindergeld durch einen Zuschlag von 300 DM pro Kind in den ersten sechs Monaten nach der Geburt ab 1982 verstärkt werden soll.
Meine Damen und Herren, wenn Sie die Steuermindereinnahmen und die Ausgaben im Zusammenhang mit diesen familienpolitischen Komponenten des Gesamtpaketes addieren, können Sie feststellen, daß dies das größte familienpolitische Maßnahmenbündel ist, welches je in diesem Hause zugunsten von Kindern und von Familien auf den Beratungstisch des Parlaments gelegt worden ist.
Es ist ein beliebtes Spiel, die einzelnen Teile eines Pakets steuerpolitischer Maßnahmen nach der Klientel, die dabei jeweils erreicht wird, und nach der Herkunft der Vorschläge aufzugliedern. Wir beteiligen uns schon deshalb nicht an einem solchen Spiel, weil es nicht gelingen kann und nicht gelingen wird, die Koalition auseinanderzudividieren. Beide Teile dieser Koalition tragen alle vorgeschlagenen Maßnahmen gemeinsam und werden dies auch tun, wenn sich in den Beratungen der Ausschüsse eventuell eine Veränderung im Einzelfall ergeben sollte. Dabei sind wir uns auch einig, daß das Volumen in keinem Falle nach oben verändert werden darf. Es hat aber auch sonst wenig Sinn, ein solches Spiel der Aufgliederung zu betreiben, weil die Vorschläge eines Gesamtpakets praktisch in allen Teilen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen entsprechend deren Größenordnungen zugeordnet sind und alle begünstigen.
Wir heben dabei die erneute Aufstockung des Weihnachtsfreibetrags um 200 DM auf 600 hervor. Dieser Freibetrag kommt allen Arbeitnehmern zugute. Die Steigerung um 50% des bisherigen Betrages soll bereits ab Weihnachten 1980 gelten.
Ab 1981 wollen wir die Übernahme der ertragsteuerlichen Werte für Pensionsrückstellungen bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens ermöglichen. Dabei sagen wir gleichzeitig ein deutliches Nein zu der Absicht der Opposition, bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens die gesamten Wertansätze aus der Ertragsteuerbilanz übernehmen zu können. Was dort unter Steuervereinfachung verkauft wird, würde zu einer Steuerentlastung mit einem Umfang von 1 Milliarde DM im Vermögensteuerbereich führen. Bei anhaltend guter Investitionsneigung, die uns gerade von den Wirtschaftsfachleuten bestätigt worden ist, und neben den die Wirtschaft entlastenden Maßnahmen im Gewerbesteuerbereich, die aus dem Steuerpaket 1979 stammen und in den Jahren 1981 und 1982 in Kraft treten werden, können wir eine derartige erneute Entlastung nicht bejahen. Im übrigen spielt die Opposition in ihrer Vorlage ja noch mit dem Gedanken — das hat Herr Häfele hier wieder deutlich



Westphal
gemacht —, darüber hinaus weiteren Wünschen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie nachzukommen, ohne sich schon auf etwas Bestimmtes festgelegt zu haben.

(Wehner [SPD]: Hört! Hört!)

Das ist Strauß, wie er leibt und lebt: ein bißchen Streicheln für die Arbeitnehmer, aber dicke Entlastungen im Vermögensteuerbereich bei den Unternehmern.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Schwörer [CDU/CSU]: Dummes Geschwätz!)

Für den 1. Januar 1982 sieht unser Paket noch zwei Maßnahmen besonderer Art vor. Sie führen einerseits zur Anhebung des Sonderausgabenhöchstabzugsbetrags von 240 bzw. 480 DM auf 2340 bzw. 4680 DM und helfen damit, einen größeren Teil der Sozialbeiträge von Steuern freizustellen. Andererseits soll der steuerliche Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen um 500 bzw. 1000 DM für Ledige bzw. Verheiratete angehoben werden. Dies ist erst ab 1982 vertretbar, da wir ja gerade in diesem Jahr diesen Vorwegabzug erhöht haben. Auch bei dieser Maßnahme sind nicht nur die Selbständigen — aber natürlich auch sie in besonderer Weise — berücksichtigt. Die Erhöhung des zusätzlichen Sonderausgabenhöchstbetrags, also des Vorwegabzugs, kommt auch den Arbeitnehmern zugute, da sich dadurch der frei verfügbare Betrag, der nicht durch den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung aufgezehrt ist, erhöht.
Meine Damen und Herren, es ist erforderlich, nun noch einige Bemerkungen zu unserer Steuer- und finanzpolitischen Diskussion insgesamt zu machen. Vergleicht man das von mir hier erläuterte und von der Bundesregierung im gleichen Text dem Bundesrat bereits übergebene Steuerpaket für 1981 und 1982 der Koalition von Sozialdemokraten und Freien Demokraten mit dem, was Herr Strauß außerhalb des Parlaments im Dezember verkündet hat und was sowohl von den B-Ländern im Bundesrat eingebracht wurde als auch uns hier heute von der CDU/CSU-Fraktion vorgetragen wurde, so kann jeder objektiv Prüfende folgendes deutlich erkennen: Die Opposition meint, Steuerentlastungsmaßnahmen und Ausgabeerhöhungen in einem einzigen Jahr, 1981, in einer Größenordnung von 17,2 Milliarden DM vornehmen zu können. Das sind 4,3 Milliarden DM mehr, als in unserem Paket für das Jahr 1981 vorgesehen sind. Dem Bund will die Opposition in diesem einen Jahr, 1981, 9,2 Milliarden DM aufladen, während unser Paket den Bund mit 5,45 Milliarden DM in 1981 und mit 2,6 Milliarden DM in 1982 belastet. Wir verteilen die Belastungen für die öffentlichen Haushalte auf zwei Jahre, weil wir wissen, daß wir vorsichtiger und solider mit den Staatsfinanzen umgehen müssen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Eine späte Erkenntnis!)

Es ist schon ein seltsames Spiel, was die Opposition uns vorführt.

(Zurufe von der CDU/CSU)

— Ich will Ihnen das: gerne hier verdeutlichen. Wenn Sie gut zuhören, wird es selbst für Sie durchaus begreiflich. Für jeden draußen ist es sowieso begreiflich. — Die Opposition schnürt ein größeres Paket und sagt zum Bürger: Schaut her, wir sind die Größten. Zugleich greift sie unseren Finanzminister an, und wirft ihm vor, er könne sein um 4,3 Milliarden DM kleineres Paket in 1981 nicht finanzieren.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wenn der geplagte, aber zur Entlastung der Lohn- und Einkommensteuerzahler entschlossene Finanzminister auf die schwierige Gratwanderung der Steuer- und Haushaltspolitik hinweist — Sie haben diesen Brief auch heute wieder vorgenommen und daraus zitiert —, dann unterstellen Sie ihm, er wolle etwas verschleiern und beabsichtige wohl eine Art Haushaltssicherungsgesetz — à la Erhard, muß hinzugefügt werden. Die Opposition verlangt vom Finanzminister, er solle jetzt schon sagen, wie seine Einsparungsabsichten im Haushalt 1981 aussehen. Aber sie sagt kein einziges Wort zu eigenen Sparvorschlägen, die doch wohl nach der mathematischen Logik zumindest um den Teil größer sein müßten, den das Oppositionspaket für 1981 größer ist als unsere Vorschläge. Nichts davon von Ihrer Seite.
Dann kommt auch noch diese Oppositionsarie, die die Widersprüchlichkeit vollkommen macht. Das umfangreichere Entlastungspaket soll dem Wähler die Opposition als besser und freundlicher darstellen, aber zur gleichen Zeit wird verkündet, die Opposition sei bereit, unter dem Zwang neuer weltpolitischer Entwicklungen das Ganze oder Teile davon zurückzustellen, denn Verteidigungsausgaben seien nun einmal wichtiger. Dieser staatsmännisch erscheinende Gedanke würde allerdings, so meint die Opposition, nur dann gelten, wenn die Regierung und die Koalition vorangehen und bei ihrem — ich sage es noch einmal — kleineren Paket zuerst Abstriche vorschlagen würden. Das liegt doch auf der bekannten, „mutigen" Linie des „Hannemann, geh du voran! Wir bleiben inzwischen sauber.''

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Wer regiert denn eigentlich? — Wer hat die Regierungsverantwortung hier in Deutschland?)

— Sie bleiben sauber! Nicht?
Meine Damen und Herren, diesen finanzpolitischen Slalom auf dem Rücken des Steuerzahlers machen wir nicht mit.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Wollen Sie regieren oder nicht?)

Wir sagen dem Bürger, was wir zu machen für richtig und notwendig halten. Dies steht in dem von mir soeben erläuterten Paket. Wir halten uns für fähig, es ordentlich zu finanzieren. Dabei wissen wir gleichzeitig, daß Steuergesetzgebung nun einmal nur im Zusammenwirken von Bundestag und Bundesrat möglich ist. Das sagt so unsere Verfassung. Und es wird noch verdammt viel schwierige



Westphal
Arbeit und Mühe kosten, zu einem abschließenden Ergebnis zu kommen. Ich füge hinzu: Wir sagen offen, daß dies alles nicht einfach ist und daß manche gute andere Sache, die Geld kosten würde, in einer solchen Situation eben nicht machbar ist. Genau dies, Herr Häfele, hat der Finanzminister in seinem Brief an unsere Fraktion geschrieben, den Sie hier zitiert haben.
Wenn uns im internationalen und im Verteidigungsbereich in den kommenden Jahren höhere Lasten bevorstehen, die wir im Rahmen unserer Solidarität -im Bündnis in sinnvoller Aufgabenteilung zusätzlich zu tragen haben, dann werden wir dafür zu gegebener Zeit zwei konkrete Wege einschlagen: Erstens werden wir im Bundeshaushalt an anderer Stelle einsparen, ohne ins Netz der sozialen Sicherung einzuschneiden, und zweitens werden wir die Länder daran erinnern, daß im Grundgesetz eine Aufteilung der Einnahmen aus den Gemeinschaftsteuern vorgesehen ist, die sich nach den von den Gebietskörperschaften zu leistenden Ausgaben richtet. Wenn der Bund also neue zusätzliche Aufgaben zu leisten hat, dann muß das Folgen bei der Aufteilung des Umsatzsteueraufkommens zwischen Bund und Ländern haben. Es kann nicht so sein, daß wir bei der Bewältigung zusätzlicher Ausgabenbelastungen als erstes daran denken, eine hier allseits für notwendig erklärte Steuerentlastung für den Bürger rückgängig zu machen und diese Lasten auf dem Rücken des Bürgers abzuladen, bevor wir alle — ich meine alle Gebietskörperschaften — einen Weg auch nur gesucht haben, die Solidarität, um die es in diesem Fall im internationalen Maßstab geht, aus Worten in Taten bei uns umzusetzen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Der Bundesfinanzminister hat angekündigt, den Nachtragshaushalt 1980, der bereits erste Lasten der genannten Art enthalten wird, durch Einsparungen im laufenden Bundeshaushalt zu decken, also den Weg der Kreditaufnahme zu vermeiden. Wir werden ihm helfen, dabei erfolgreich zu sein. Der Haushalt 1981, bei dem anzunehmen ist, daß in ihm neue Aufgaben in Bundeszuständigkeit zu finanzieren sein werden, bedarf dann eines besseren Anteils aus dem Gemeinschaftsteueraufkommen, als es gegenwärtig gegeben ist. Meine Damen und Herren von der Opposition, es ist doch wohl nicht zuviel verlangt, in dieser Frage auch bundestreues Verhalten der Opposition zu erwarten, zumal Sie doch gern selbst hier regieren möchten.

(Zuruf von der CDU/CSU: Die Länder sollen die Fehler der Bundesregierung bezahlen!)

— Wieso sind es Fehler der Regierung, wenn sich aus Afghanistan Konsequenzen für unser Volk ergeben?

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Entschuldigen Sie bitte: Wenn daraus Lasten entstehen, dann ist doch wohl völlig klar, daß diese auch gemeinsam getragen werden müssen. Wenn wir zur gleichen Zeit alles für eine erforderliche Steuerentlastung gerade für die Arbeitnehmer und die kleinen Selbständigen tun wollen, dann können wir zu
dem Steuerzahler nicht „April, April" sagen, sondern wir müssen zuerst fragen: Was können wir, und zwar sowohl beim Bund als auch bei den Ländern, anders machen, um diese Entlastung zu ermöglichen und gleichzeitig die anderen Lasten tragen zu können? Um diesen Vorgang geht es hier, und den haben wir durchzufechten.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren von der Opposition, im Gleichmaß wiederholen Sie wie beim Drehen tibetanischer Gebetsmühlen die These von der „Aufblähung des Staate?. Die freie Verfügbarkeit des Erarbeiteten würde, so meinen Sie, für die Bürger und die Betriebe eingeschränkt, wenn jede zweite Mark, die unser Volk erarbeitet hat, durch öffentliche Kassen fließt. Es klingt so schön, wenn man dem Bürger sagt, er könne mit dem Geld besser als der Staat umgehen, obwohl man mit dieser Argumentation nur die politische Linie von Herrn Strauß und von Herrn Biedenkopf kaschieren möchte, das Ende des Sozialstaats sei erreicht, Leistungen des Staates an den Bürger müßten gekürzt oder in ihrem Zuwachs gebremst werden, und die Daseinsvorsorge sowie die Modernisierung der Wirtschaft solle dem Bürger in hohem Maße lieber selbst überlassen werden. Das sind Ihre Thesen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Dieser leichtfertigen Argumentation der CDU/ CSU treten wir entschieden entgegen, weil Umverteilung zugunsten der einkommensschwächeren Schichten durch die staatliche Gemeinschaft notwendig ist, weil der Ausgleich der Lasten für größere Familien bei einem leistungsbezogenen Einkommenssystem sonst zu kurz käme, weil kleine Selbständige und mittelständische Betriebe sonst von den Großunternehmen erdrückt würden und weil — um dies auch in einem Slogan aus unserer Sicht zusammenzufassen — sich nur reiche Leute einen armen Staat leisten können.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wo wäre denn die wirtschaftliche Entwicklung geblieben, strukturell und konjunkturell, wenn wir nicht mutig mit den uns vom Steuerzahler zur Verfügung gestellten Mitteln Investitionen angeregt und Arbeitsplätze gesichert hätten und nicht auch bereit gewesen wären, dazu eine hohe Neuverschuldung in Kauf zu nehmen? Wo wären wir denn geblieben?

(Dr. Althammer [CDU/CSU]: Wir haben doch eine Million Arbeitslose!)

Wir bezweifeln nicht, daß dies mehr Einflußnahme des Staates bedeutet, aber wohl Einflußnahme auf der Grundlage von Entscheidungen eines demokratisch gewählten Parlaments. Wir können auch nicht bestreiten, Herr Häfele, daß solches Handeln in manchem Fall bürokratisches Verhalten in Behörden zur Folge hat. Dies kann und muß durch Bürgernähe und Mitbestimmungsregeln überwunden werden. Aber wir werden doch nicht wegen solcher Probleme, die überwindbar sind, das Ziel aufgeben, mit dem Mittel parlamentarischer Gesetzgebung und



Westphal
mit dem nach Leistungsfähigkeit aufgebrachten Steuergeld Schritt für Schritt mehr soziale Gerechtigkeit und mehr Hilfe für den jeweils Schwächeren zustande zu bringen.
Uns schreckt deshalb nicht der Vorwurf, wir würden Reformpolitik betreiben. Uns schreckt auch nicht der Vorwurf, wir hätten den öffentlichen Korridor verbreitert. Es geschah zugunsten des Bürgers.

(Windelen [CDU/CSU]: Er hat das doch alles bezahlt!)

Aber wenn dann von Anspruchsinflation geredet wird und dies bei der Opposition offensichtlich nicht auf die eigene, immer wieder vorgebrachte Forderung, noch mehr ertragsunabhängige Steuern zu senken, bezogen wird, dann geben wir den Ball zurück und verweisen auf die Woche für Woche aus Sonntagsreden von Oppositionspolitikern ablesbaren neuen Forderungen an den Staat, deren Verwirklichung Milliardenbeträge kosten würde.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, sozialdemokratische Finanzpolitik stellt Haushalts- und Steuerpolitik in einen engen Zusammenhang. Vor einer Woche haben wir hier gezeigt, daß wir zusammen mit unserem Koalitionspartner die einzigen sind, die konkret an den Abbau ungerechtfertigter Subventionen herangehen. Ich meine die entsprechenden Wirkungen in unserem Gesetz zu einer gerechteren Besteuerung der Landwirtschaft und die neu eingebrachte Vorlage zur Verhinderung des Unwesens, das von Abschreibungsgesellschaften betrieben wird.
In unseren Haushaltsentscheidungen haben wir verdeutlicht, daß wir es ernst meinen, den Aufwuchs der Verschuldung zu bremsen. Als Beispiel will ich nur nennen, daß der 1978 vorbereitete, unter damaligen Wirtschaftserwartungen noch expansiv gestaltete Haushalt 1979 ein Nettokredit-Soll von 31,2 Milliarden DM enthielt, das auf 25,6 Milliarden DM Ist am Ende des Jahres gesenkt werden konnte. Da war also trotz des expansiven Ansatzes, was die Verschuldung angeht, tatsächlich schon eine Rückführung möglich. In der Finanzplanung für 1980 — das werden Sie sicher noch in Erinnerung haben — waren 33 Milliarden DM neue Schuldaufnahme vorgesehen. Sie konnten beim Beschluß über den Etat 1980, den wir hier im Dezember vollzogen haben, auf 24,2 Milliarden DM zurückgeschraubt werden, also um 9 Milliarden DM.
Unsere Steuerpolitik findet in dieser Legislaturperiode nun ihre Abrundung durch das heute eingebrachte Gesetz zur Steuerentlastung und Familienförderung, darüber hinaus durch die Streichung einiger Bagatellsteuern und durch den Entwurf eines Gesetzes, in dem wir die Bergmannsprämie verdoppeln werden. Das erwarten die Bergarbeiter seit einiger Zeit. Wir werden es so durchsetzen, daß es sie im Frühjahr erreicht.

(Dr. von Wartenberg [CDU/CSU]: Vor der Wahl!)

— Nein, wir werden es tun, weil es notwendig ist; daß dafür ein baldiger Zeitpunkt erforderlich ist, steht ja wohl außer Zweifel.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Im übrigen bin ich sicher, daß auch Sie vor der Wahl zustimmen werden; nur um das zurückzugeben.

(Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Nehmen Sie es denn nach der Wahl wieder zurück?)

— Nein, solchen Unsinn tun wir nicht. Das überlassen wir anderen.

(Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Das haben Sie doch bisher immer gemacht!)

— Entschuldigen Sie, wenn Sie immer mit dem Zurücknehmen kommen, dann sage ich Ihnen: Das einzige Beispiel in der Parlamentsgeschichte hier war die Situation anno 1966/67 von Herrn Erhard; sonst ja wohl nicht.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Wie war denn das mit den Renten?)

Unsere Steuerpolitik findet also ihre Abrundung in diesen Gesetzen, die wir Ihnen heute hier vorgelegt haben, und in den hier vorgelegten anderen Teilgesetzen, die von der Regierung heute noch begründet werden, und die insbesondere zur Steigerung der Bergmannsprämie und auch zu besseren Abschreibungsregelungen für den Umweltschutz und auch zu einer günstigeren steuerlichen Behandlung für den Amateuersport führen werden. Wir tun dies, meine Damen und Herren, in der Überzeugung, verantwortungsbewußt und solide mit dem Geld des Bürgers umzugehen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0820600400
Das Wort hat Frau Abgeordnete Matthäus-Maier.

Ingrid Matthäus-Maier (SPD):
Rede ID: ID0820600500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf legt die Koalition in dieser Legislaturperiode zum vierten Mal ein umfangreiches Steuerentlastungspaket vor. Ich darf kurz an die früheren erinnern:
Erstens. Im Sommer 1977 haben wir ein Entlastungspaket vorgelegt mit der Anhebung der Sonderausgabenhöchstbeträge und der Vorsorgepauschale, einem zusätzlichen Freibetrag für alleinstehende Elternteile, der Senkung des Vermögensteuersatzes, einer deutlichen Gewerbesteuerentlastung, der Anhebung des Kindergeldes für Zweitkinder von 70 auf 80 DM, für das dritte Kind und weitere Kinder von 120 DM auf 150 DM und der Erweiterung der Abschreibungsmöglichkeiten bei §7b.
Zweitens ist im Herbst 1977 ein Entlastungspaket vorgelegt worden mit der Anhebung des Weihnachtsfreibetrages von 100 DM auf 400 DM — das ist also eine Vervierfachung —, der Erhöhung des Grundfreibetrages, der Einführung eines Tariffreibetrages, der Anhebung der degressiven Abschreibung und der Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für Gebäude.



Frau Matthäus-Maier
Drittens haben wir im Herbst 1978 ein Steuerentlastungspaket vorgelegt mit einer umfangreichen Tarifreform, nämlich der Erhöhung des Grundfreibetrages und der Beseitigung des Tarifsprungs, der Einführung des Realsplittings für Getrenntlebende und Geschiedene, der Anhebung des Vorwegabzugs, der Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung, der Abschaffung der Lohnsummensteuer, weiteren Erleichterungen bei der Gewerbesteuer und der abermaligen Erhöhung des Kindergeldes, und zwar für das zweite Kind auf 100 DM und für das dritte Kind und weitere Kinder auf 200 DM.
Meine Damen und Herren, zusammen mit zahlreichen anderen, hier nicht erwähnten Einzelmaßnahmen und trotz Gegenrechnung der zweimaligen Erhöhung der Mehrwertsteuer ist es mit diesen Paketen gelungen, die Steuerbelastung von Steuerbürgern und Wirtschaft nicht ansteigen zu lassen. Die sogenannte Steuerquote ist seit Bildung der sozialliberalen Koalition gleichgeblieben. Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie das Heft von Herrn Matthöfer über den Bundeshaushalt zitieren, dann läge mir eigentlich mehr daran, daß Sie einmal darlegen, ob denn die Zahlen auf der Seite 20 richtig sind, wo man nachlesen kann, daß die Steuerquote — die ich im übrigen nicht für einen Fetisch halte aber auf die Sie ja immer zu sprechen kommen — im Jahre 1969, also zu Zeiten des Finanzministers Franz Josef Strauß, einen Sprung von 23 % auf 24,3 % gemacht hat, den höchsten Sprung in der Geschichte der Steuerbelastung der Bundesrepublik Deutschland überhaupt. Sie wissen, daß es unter Franz Josef Strauß allein zehn Steuererhöhungen, aber nicht eine einzige Steuersenkung gegeben hat.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Herr Strauß war ein guter Finanzminister, das ist der Unterschied! — Dr. Althammer [CDU/CSU]: Von der Finanzreform haben Sie wohl noch nichts gehört!)

Wir aber führen mit diesem Paket, mit diesem vierten Steuerentlastungspaket in dieser Legislaturperiode, unsere Politik seit Beginn der Legislaturperiode im Jahre 1976 fort.
Die Ziele dieses Gesetzentwurfs sind dreierlei: erstens Entlastung der Steuerbürger von der Progression bei der Einkommen- und Lohnsteuer, zweitens Verbesserung des Familienlastenausgleichs und drittens Anhebung von Freibeträgen, insbesondere im Vorsorgebereich und hier speziell bei den Selbständigen.
Nun fragen sich manche Bürger draußen: Warum kommt schon wieder ein Steuerpaket? Warum macht man nicht einmal eine große Reform, die dann für fünf oder zehn Jahre hält? Meine Damen und Herren, dies hat zwei Gründe: Zum einen kann man in einer wirtschaftlichen Situation, die durch ein unterschiedliches Auf und Ab, besonders auf internationaler Ebene, gekennzeichnet ist, nicht ausschließen, daß man zur Stützung der Konjunktur zeitweilig auch steuerpolitische Maßnahmen ergreifen muß, und zum anderen gehört eine Anpassung des Steuertarifs und der Steuerfreibeträge von
Zeit zu Zeit notwendigerweise zu unserem Steuersystem. Wir gehen davon aus, daß wir ein progressives Steuersystem haben. Das besagt, daß steigende Leistungsfähigkeit auch stärker besteuert wird. Wenn aber ein erheblicher Teil der Lohn- und Gehaltssteigerungen durch eine Geldentwertungsrate aufgefressen wird, die international zwar sehr gering ist, die aber immerhin besteht, dann haben wir die . Pflicht, in bestimmten Zeitabständen dafür zu sorgen, daß die Bürger, die in die Progression hineinwachsen, aus ihr wieder herausgeholt werden, weil ihren Gehaltssteigerungen real nicht ein Mehr an Leistungsfähigkeit entspricht.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Deswegen muß es von Zeit zu Zeit zu solchen Anpassungen kommen. Eine solche nehmen wir hier wieder vor.
Zum Progressionsabbau dient in erster Linie die Veränderung des Tarifs. Wir verlängern die Proportionalzone um 2 000 DM bei Ledigen bzw. 4 000 DM bei Verheirateten und holen damit über 10 % der Steuerbürger wieder in den 22 %-Steuersatz zurück, also aus der Progression heraus.
Die Damen und Herren von der Opposition fordern, statt dessen innerhalb der Proportionalzone den Steuersatz von 22 % auf 21 % zu senken. Ich halte es für eine sympathische Forderung, diesen in der Tat hohen Eingangssteuersatz zu senken, wenn wir dafür Geld hätten. Aber in der jetzigen Lage, wo es doch nach Aussagen aller auf den Abbau der Progression ankommt, muß man feststellen, daß diese Ihre Maßnahme das Hauptvolumen der Tarifänderung in einen Bereich hineinsteckt, der überhaupt nicht von der Progression erfaßt ist. Das heißt: die Bürger, die unter der Progression überhaupt nicht leiden, sollen den Hauptteil der Tarifentlastung bekommen. Das können wir nicht für sinnvoll erachten.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Daher liegt unser Schwerpunkt, wie gesagt, bei der Verlängerung der Proportionalzone einerseits und der Abflachung der anschließenden Progression bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 60 000 DM bei Ledigen und 120 000 DM bei Verheirateten.
Herr Häfele, wenn Sie wieder sagen — Herr Gaddum hat es vor Ihnen schon getan —, dies würde in den folgenden Jahren dazu führen, daß der Bürger höher besteuert würde als jetzt, so ist das doch einfach falsch. Sie wissen ganz genau, daß der Grenzsteuersatz, d. h. die Steuer auf die letztverdiente Mark, nach unserem Modell bei Einkommen bis zu 60000 DM bzw. 120000 DM gesenkt wird und daß zweitens der Durchschnittssteuersatz — also das, was man durchschnittlich auf sein ganzes Einkommen zahlt — vom Beginn der Proportionalzone bis zum Höchsteinkommen auch gesenkt wird. Das bleibt auch in den folgenden Jahren. Wenn wir hier Entlastungen von bis zu 750 DM bei Ledigen und bis zu 1 500 DM bei Verheirateten haben, dann sind das Entlastungen, die sich sehen lassen können und die in den folgenden Jahren nicht zurückgenommen werden.



Frau Matthäus-Maier
Dem Abbau der Progression dient darüber hinaus die weitere Anhebung des Weihnachtsfreibetrages, der damit binnen vier Jahren versechsfacht wird, also eine Größenordnung erreicht, die durchaus sehenswert ist, sowie die Erhöhung der Sonderausgaben-Höchstbeträge. Diese ist einfach notwendig, weil sie der Entwicklung innerhalb der Sozialversicherung Rechnung trägt.
Lassen Sie mich einige Worte zu der Erhöhung des Vorwegabzugs sagen. Das ist eine Maßnahme, die hauptsächlich dafür gedacht ist, den Nachteil wieder etwas wettzumachen, den Selbständige dadurch haben, daß sie im Unterschied zu Arbeitnehmern nicht einen steuerfreien Arbeitgeberanteil zu der Sozialversicherung haben. Die Selbständigen und insbesondere die Freiberufler kritisieren, daß der Vorwegabzug — dessen Erhöhung sie ja gemeinsam mit uns seit vielen Jahren gefordert haben — den Nachteil habe, zu einem erheblichen Teil den Arbeitnehmern zugute zu kommen, also nicht zugunsten der Gruppe wirkt, die eigentlich begünstigt werden soll. Sie fordern statt dessen die Steuerfreiheit der Hälfte der Vorsorgeaufwendungen von Selbständigen bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Wir Freien Demokraten stehen diesen Forderungen sehr offen gegenüber; lassen Sie mich das deutlich sagen. Aber umgekehrt müssen wir auch betonen, daß es bisher kein Modell gibt — auch die entsprechenden Berufsverbände haben kein Modell vorgelegt; wir haben uns intensiv damit beschäftigt —, das finanzierbar ist und realisierbar wäre. Denn erstens wären die Kosten einer solchen Maßnahme unübersehbar. Das immer wieder in die Diskussion gebrachte Argument mit der 1 Milliarde DM ist schlicht falsch, weil dabei davon ausgegangen wird, daß der Vorwegabzug in der heutigen Form voll gestrichen würde. Das ist natürlich völlig unrealistisch.
Zweitens. Bisher hat uns niemand sagen können, was bei Selbständigen die Bemessungsgrundlage wäre, an die ein solcher steuerfreier Anteil anknüpfen könnte. Die einen sagen, das sei die Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung. Das kann ja nun nicht sein. Denn dann würden die Arbeitnehmer, die sich unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze befinden, zu Recht fordern, daß auch sie — inklusive Arbeitgeberanteil — bis zur Beitragsbemessungsgrenze freiwillig in die Sozialversicherung einzahlen könnten.
Drittens erinnere ich an die möglichen gesellschaftspolitischen Konsequenzen. Wenn man fordert, in allen möglichen Bereichen schematisch den Arbeitnehmern gleichgestellt zu werden — was man im übrigen auch deswegen nicht kann, weil die Beiträge zur Sozialversicherung bei den Selbständigen zu einer ganz anderen Art von Alterssicherung führen; sie sind im Unterschied zu den Leistungen aus der Sozialversicherung für Arbeitnehmer vererbbar und übertragbar —, darf man sich nicht wundern, daß es gesellschaftliche Gruppen gibt, die auf die Idee kommen, generell und pauschal auch auf anderen Gebieten die Selbständigen wie Arbeitnehmer zu behandeln. Der — allerdings nicht übernommene — Beschluß des Präsidiums der SPD zur Einbeziehung der Selbständigen in die Pflichtversicherung ist nur ein Beispiel dafür, wozu das führen kann. Daher warne ich davor, nicht durchdachte und finanziell nichtrealisierbare Forderungen aufzustellen, ohne gleichzeitig die gesellschaftspolitischen Konsequenzen zu bedenken.
Der zweite Schwerpunkt unseres Entlastungspakets ist der Familienlastenausgleich. Herr Westphal hat ja schon einiges zu der Einführung des Kindergrundfreibetrags gesagt. Wie Sie wissen, steht die FDP der Einführung dieses Kindergrundfreibetrags skeptisch gegenüber. Das will ich auch hier deutlich sagen. Es ist nun einmal so, daß in einem Koalitionspaket Forderungen vorhanden sind, die der einen Seite besser und der anderen schlechter gefallen.
Der Kindergrundfreibetrag hat unbestreitbar zwei große Nachteile. Er führt zu einer enormen Komplizierung des Steuerrechts. Wenn Sie unseren heute vorliegenden Entwurf in die Hand nehmen, müssen Sie feststellen, daß rund drei Viertel allein des äußeren Umfangs dadurch zustande kommen, daß wir an anderer Stelle korrigieren, was beim Kindergrundfreibetrag allein nicht erreicht worden ist. Wir führen ein zusätzliches Gesetz mit Ausgleichszahlungen für andere Bevölkerungsgruppen ein, zudem eine zusätzliche Lohnsteuerklasse: Auf der Lohnsteuerkarte werden die Kinder in Zukunft anders als vorher vermerkt, und und und.
Der zweite Nachteil ist, daß diejenigen, die am ehesten einer Kinderförderung bedürfen, nämlich diejenigen, die keine Steuern zahlen, zum Teil trotz der Ausgleichszahlung nicht in den Genuß der Kinderförderung kommen.
Trotzdem haben wir der Einführung des Kindergrundfreibetrags zugestimmt, weil wir großes Verständnis für den Bundesfinanzminister haben. Er sagt nämlich, er habe es schlicht und einfach satt, daß die Länder — speziell die Opposition über die Länder — mehr Familienförderung, mehr Kindergeld, mehr auf Deubel komm raus fordern — aber zahlen soll es bitteschön der Bund.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Frau Dr. Timm [SPD]: So ist es! — Dr. Möller [CDU/ CSU]: Eine merkwürdige Feststellung!)

Es kann nicht so weitergehen, daß die Länder und Gemeinden sich auf Kosten des Bundes sanieren und sich nach draußen fein darstellen, der Bürger aber nicht weiß, daß Zahlemann & Söhne beim Bund nicht bei den Ländern ist.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Was hat der Teufel mit der Familie zu tun? Wer ist der Teufel in der Familie?)

Der zweite Vorteil ist mit Sicherheit — das können Sie auch den heutigen Äußerungen von Herrn Häfele entnehmen —, daß dann, wenn Sie die Förderung der Familie über die Steuer vornehmen, der Steuerbürger die Belastung durch die Lohnsteuer und die Entlastung durch den Kindergrundfreibetrag einander gegenüberstehen sieht. Sie haben soeben wortreich beklagt und bedauert, Herr Häfele,



Frau Matthäus-Maier
die Familie mit Kindern stehe sehr viel schlechter als die Familie ohne Kinder da. Dabei vergessen Sie einfach, das Kindergeld gegenzurechnen. Leider passiert es immer wieder, daß Bürger auf der Straße sagen:

(Zurufe von der CDU/CSU)

Warum zahle ich genausoviel Steuern wie mein Nachbar, der keine Kinder hat? Dabei vergessen sie allerdings — wenn man sie fragt, wie viele Kinder sie denn haben, und zur Anwort erhält: drei Stück —, daß drei Kinder immerhin 350 DM Kindergeld bedeuten.

(Zurufe von der CDU/CSU: „Stück"?)

Das muß gegengerechnet werden. Das ist der zweite Vorteil.
Sie könnten aber diese beiden Vorteile ohne die Inkaufnahme der beiden von mir genannten Nachteile erreichen, wenn Sie der Lösung der FDP zustimmen würden. Diese Forderung geht speziell an die Union. Die Forderung der FDP ist nämlich nach wie vor die Erhöhung des Kindergelds für das erste Kind um einen deutlichen Betrag bei gleichzeitiger Einführung der sogenannten Finanzamt-Lösung. Finanzamt-Lösung bedeutet nicht nur, daß steuertechnisch das Kindergeld von den Finanzämtern ausgezahlt würde — was zu einer deutlichen Vereinfachung bei der Verwaltung und beim Bürger führen müßte —, sondern zugleich, daß mit der Finanzierung dieses Kindergeldes Bund, Länder und Gemeinden im Verhältnis der Einkommensteuerzuwächse belastet würden. Das wäre sicher die ideale Lösung. Wenn Sie dazu bereit sind, dann, meine Damen und Herren, lassen Sie uns doch diesen Weg gehen. Ich meine, daß die Möglichkeit einer Einigung im Sinne dieses Vorschlags bestehen müßte. Aber eine Lösung einseitig zu Lasten des Bundes werden wir nicht mitmachen.
Die Opposition hat mit diesem Gesetzentwurf erneut Kinderfreibeträge verlangt und gesagt, das sei normal, weil es auch im übrigen progressionsmildernde Forderungen der Koalition gebe. Herr Häfele, niemand bestreitet, daß zu einer progressiven Steuerbelastung selbstverständlich auch progressive Entlastungen gehören. Das kennen wir ja auch hinsichtlich der Kinder. Aber wir wehren uns ganz entschieden dagegen, daß schon bei der Grundförderung, d. h. der Grundausstattung jeder Familie für das Kind, eine unterschiedliche Entlastung vorgenommen wird, je nachdem, ob der Familienvater viel oder wenig verdient. Wir Freien Demokraten sind der Ansicht: Dem Staat muß jedes Kind gleich lieb und teuer sein. Deswegen sind wir der Ansicht, daß das Kindergeld bzw. der gleichmäßig wirkende Kindergrundfreibetrag gegenüber Ihrem Freibetrag das angebrachtere Mittel ist.
Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie in den wenigen Jahren seit 1975, wo Sie mit uns gemeinsam die Kinderfreibeträge abgeschafft haben — mit der Begründung, jedes Kind sollte dem Staat gleich lieb und teuer sein —, in einer so kurzen Frist bis 1980 das Gegenteil vertreten, dann kann ich nur fragen: Welche ideologischen Veränderungen gehen eigentlich in Ihrer Fraktion vor, daß Sie, die Sie damals ja gesagt haben, heute dazu kommen, nein zu sagen? Wir lehnen diesen Vorschlag entschieden ab.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Man kann ja auch klüger werden!)

Wir fordern des weiteren im Bereich des Familienlastenausgleichs die Einführung eines Kindergeldzuschlags vom Jahr 1982 an in Höhe von 300 DM je Kind für sechs Monate nach der Geburt. Wir haben anläßlich der Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs im letzten Jahr, die ja die besondere Belastung der berufstätigen Frau erleichtern soll, ausgeführt, daß wir in absehbarer Zeit auch für diejenigen Familien, in denen einer der Ehegatten nicht erwerbstätig ist, eine weitere Förderung vorsehen sollten, also unabhängig von der Frage, ob Erwerbstätigkeit gegeben ist oder nicht. Die Einführung dieses Kindergeldzuschlags ist die Einlösung des Versprechens von vor einem Jahr. Wir halten das für einen sinnvollen Beitrag.
Nun gibt es Leute, die uns fragen: Warum erstreckt ihr diese Förderung über sechs Monate? Warum gewährt Ihr nicht einfach einen Zuschlag bei der Geburt eines Kindes von 6 x 300 = 1 800 DM? Unser Vorschlag beruht darauf, daß wir einerseits jeden Anschein vermeiden möchten, als gäbe es für die Geburt eines Kindes eine Prämie, und daß wir andererseits diesen Kindergeldzuschlag für sechs Monate als einen Einstieg in einen längerwährenden Prozeß betrachten, innerhalb dessen der Zuschlag in den nächsten Jahren erhöht wird. So können die Eltern den Zuschlag, wenn Sie so wollen, z. B. für eine Art längeren Elternurlaub bei der Geburt eines Kindes benutzen.
Als letztes ist hier die Erhöhung des Haushaltsfreibetrags für Alleinstehende mit Kindern zu erwähnen. Das ist auch wichtiger Teil unserer familienfördernden Maßnahmen in diesem Gesetz.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich sozusagen außerhalb der Tagesordnung — das steht nicht in diesem Gesetzentwurf — ein Wort zu Ihren Äußerungen, Herr Häfele, über das Ehegattensplitting sagen. Das Ehegattensplitting stellt so, wie es heute konstruiert ist, mit seiner fördernden Wirkung auf den Tatbestand der Eheschließung, nicht aber auf den Tatbestand der Kindererziehung ab. Ich kann es nicht als sinnvoll ansehen — ich sage das für meine Person, nicht für meine Fraktion; aber ich weiß, daß in allen gesellschaftlichen Gruppen über diesen Tatbestand nachgedacht wird, und ich halte es für sinnvoll, darüber nachzudenken;

(Zuruf des Abg. Dr. Häfele CDU/CSU)

hören Sie genau zu, Herr Häfele, daß ein Familienvater mit vier Kindern, dessen Ehefrau stirbt, der also ohnehin besonders große Sorgen hat, steuerlich schlechter behandelt wird als z. B. die kinderlose Bundestagsabgeordnete Matthäus, die sich verheiratet und dadurch einen Steuervorteil unabhängig davon erhält, ob sie Kinder hat.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Häfele [CDU/CSU]: Dann müßten Sie für das Frau Matthäus-Maier Familiensplitting sein! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)




Ich meine, daß es legal und legitim ist, darüber nachzudenken — Sie nicken, Herr Schäuble, ich danke Ihnen —, ob man bei dem Ehegattensplitting, das immerhin ein Volumen von über 27 Milliarden DM ausmacht, eine Umpolung vornehmen kann, und zwar dahin gehend, das es eingeschränkt und stärker als bisher — statt des Tatbestandes der bloßen Eheschließung; denn dadurch wird das Leben weder teurer noch entstehen besondere Kosten — der Tatbestand der Kindererziehung berücksichtigt wird, mit dem erst die Probleme losgehen.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Also ist Familiensplitting hervorragend! — Zustimmung und weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Wenn Sie jetzt sagen, das käme Ihnen ganz zupaß, Herr Häfele

(Zuruf des Abg. Dr. Häfele [CDU/CSU])

— das entnehme ich Ihrer Äußerung —, dann freut mich das sehr, dann sollten Sie aber nicht — wie eben — Zwischenrufe dazu verwenden, Kollegen innerhalb einer Koalition auseinanderzudividieren. Dann sollten Sie darüber nachdenken, wie wir dies erreichen. Das, was ich fordere, ist wesentlich kinderfreundlicher als das, was Sie fordern. Sie sollten nicht so tun, als sei mein Vorschlag zu kritisieren.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Aber Ihre Erklärung gilt nicht für Ihre Fraktion?)

— Nein, das gilt nicht für meine Fraktion; das gilt für meine Person als eine notwendige und, wie ich finde, sinnvolle und immer breitere Bevölkerungskreise umfassende Überlegung, wie man unser Steuersystem kinderfreundlicher gestalten kann, als es heute ist.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Also gegen den Widerstand der FDP-Fraktion?! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein Wort zu der Forderung nach Übernahme der ertragsteuerlichen Werte für Pensionsrückstellungen in die Vermögensaufstellung sagen. Das Ziel der von der Koalition vorgeschlagenen Lösung ist der Abbau der Doppelarbeit bei der Erstellung einerseits der ertragsteuerlichen Bilanz und andererseits der Vermögensaufstellung. Die Forderung der Union, die sehr viel weiter geht und über die Pensionsrückstellung hinaus auch das Grundvermögen und das Anlage- und Umlaufvermögen einbezieht, müssen wir zurückweisen. Uns scheint, daß es in Anbetracht der schwierigen Bewertung des Grundvermögens — Sie wissen, daß es in Karlsruhe sogar Klagen zu dieser Frage gibt, deren Chancen man sicher unterschiedlich einschätzen kann — völlig ausgeschlossen ist, an dieser Stelle das Grundvermögen mit einzubeziehen und vermögensteuerlich anders zu behandeln als ertragsteuerlich. Was das Anlage- und Umlaufvermögen angeht, so kann ich nur ganz eindeutig sagen: solange es Sonderabschreibungen gibt — ich habe es an dieser Stelle schon einmal gesagt; das vergessen Sie immer wieder —, z. B. im Bereich der Schiffe und Werften, solange es also aus konjunkturpolitischen, strukturpolitischen oder was weiß ich für Gründen sinnvoll ist, daß fast nagelneue Schiffe mit einem riesigen Vermögenswert über die fernen Ozeane fahren, aber ertragsteuerlich mit Null oder 1 Mark angesetzt werden, solange kann doch wohl kein Mensch auf die Idee kommen, diese Schiffe sogar vermögensteuerlich entsprechend anzusetzen. Das wäre ja eine ungeheure Fehlleitung öffentlicher Mittel.
Der Bürger fragt sich angesichts unseres und auch Ihres Steuerpakets: Wird das so bleiben? Es sind ja Stimmen lautgeworden, die sagen, nach Afghanistan und der damit verbundenen Belastung müssen wir das Ganze erneut überprüfen. Der Bürger fragt sich: Wird das Steuerpaket so, wie es jetzt geplant ist, das Parlament passieren? Im Finanzausschuß sind wir einvernehmlich mit der Opposition zu der Verständigung gelangt, die beiden Pakete bis Mitte April abschließend im Finanzausschuß und bis Ende April abschließend im Bundestagsplenum zu behandeln, damit der Bürger rechtzeitig weiß, was ihn steuerpolitisch erwartet, und damit der Bundesrat entsprechend Zeit hat, das Gesetz bis zur Sommerpause abschließend zu beraten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir noch anderthalb Monate Zeit. Bis dahin werden wir genauere Kenntnisse darüber haben, welche zusätzlichen Belastungen internationaler Art auf uns zukommen. Bis dahin werden wir auch genauere Kenntnisse darüber haben, was die neuesten Steuerschätzungen ergeben, und schließlich genauere Kenntnisse über den erwarteten Nachtragshaushalt.
Lassen Sie mich dazu deutlich zweierlei sagen. Zum einen: wenn in diesem Zeitraum auf Grund der genannten Unsicherheiten neue finanzielle Belastungen in Größenordnungen auf den Bundeshaushalt zukommen sollten, mit denen man bisher nicht rechnen konnte, dann ist nicht auszuschließen, daß im Laufe der parlamentarischen Beratungen das Steuerpaket reduziert oder gestreckt wird. Niemand kann und sollte in dieser Situation eine Garantie dafür abgeben, daß das Steuerpaket in jedem Punkt aus dem Bundestag so herauskommt, wie wir es in den Bundestag hineingebracht haben.
Lassen Sie mich aber auf der anderen Seite genauso deutlich sagen; Ich halte das Steuerpaket für das am allerwenigsten geeignete Instrument zur Finanzierung der zusätzlichen internationalen Belastungen. Dafür gibt es vier Gründe:
Erstens. Die genannten Belastungen kommen erstmals im Jahre 1980 auf uns zu. Für 1980 aber gibt das Steuerpaket, das ganz überwiegend erst 1981/82 wirksam wird, gar nichts her. Ich nehme an, daß ein Herumbasteln am Weihnachtsfreibetrag für 1980 von allen für abwegig gehalten wird. Daher besteht im Gegenteil der heilsame Zwang, 1980, wo wir aus dem Steuerpaket überhaupt nichts zur Verfügung haben, nach anderen Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen. Das stellt uns insbesondere vor die Aufgabe, gemeinsam nach Kürzungs- und Umschichtungsmöglichkeiten im Haushalt zu suchen.
Zweitens. Ein Liebäugeln mit dem Steuerpaket zur Finanzierung der internationalen Aufgaben ist — lassen Sie es mich vorsichtig ausdrücken — nicht



Frau Matthäus-Maier
gerade geeignet, die Begehrlichkeit nach Mehrausgaben in anderen Bereichen, wie z. B. der Verteidigungspolitik, zu dämpfen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Nur wenn klar ist, daß die Mehrausgaben grundsätzlich durch Umschichtungen und Kürzungen im vorhandenen Haushalt finanziert werden müssen, wird echt der Zwang entstehen, die Mehrbelastungen auf Grund der internationalen Lage wirklich auf das unbedingt Erforderliche zu beschränken.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Drittens. Das Steuerpaket ist ja nicht aus Spaß und Dollerei so und nicht anders. Hier geht es nicht um das Austeilen von Wahlgeschenken. Irgend jemand sprach davon, daß rechtzeitig etwas vor der Wahl getan werden sollte, etwa in bezug auf die Bergmannsprämie. Dazu darf ich kurz sagen: Die CDU-Landtagsfraktion in Düsseldorf fordert uns doch ständig auf, die Bergmannsprämie so schnell wie möglich zu erhöhen. Sie können sich dann doch nicht hier hinstellen und von „Wahlgeschenken" reden!

(Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Wir sind nur dagegen, daß Sie vor den Wahlen Versprechungen machen und sie hinterher zurücknehmen!)

Hier geht es nicht um das Verteilen von Wahlgeschenken, sondern darum, von Zeit zu Zeit, wie schon geschildert, in unserm Steuersystem die notwendigen Anpassungen von Tarif, Freibeträgen und Kindergeld durchzuführen, damit es nicht zu einer Überbesteuerung der Bürger kommt. Angesichts des Steigens der Ölpreise ist diese Anpassung sogar noch dringender als vorher, weil dieses natürlich besonders die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen und unter diesen wiederum vor allem die Kinderreichen trifft. Um diese geht es in unserem Steuerpaket.
Viertens. Das Steuerpaket ist zur Verbesserung des Bundeshaushalts auch deshalb . kaum geeignet, weil sich an seinen Kosten Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam beteiligen. Einsparungen am Steuerpaket, die dem Bund 100 Millionen DM bringen, kosten den Steuerbürger 235 Millionen DM und geben Ländern und Gemeinden 135 Millionen DM. Es kann doch nicht angehen, daß Länder und Gemeinden einen immer höheren Anteil des Bundes an den Ausgaben fordern, ohne sich gleichzeitig an der Finanzierung zu beteiligen. Beim Kindergeld hatten wir dieses Thema eben schon. Aber es ist im Zusammenhang mit der Türkei, mit Afghanistan und mit der EG genauso.

(Zuruf von der CDU/CSU: An den Kinderfreibeträgen beteiligen sich die Länder auch!)

Es kann nicht immer alles zu Lasten des Bundes gehen. Wenn die Länder Abstriche am Steuerpaket fordern und meinen, von 100 Millionen DM bekomme der Bund vergleichsweise läppische 42,5 Millionen DM, aber die Länder dieselbe Summe und
die Gemeinden noch einmal 15 Millionen DM, dann machen wir dieses Spiel nicht mit.

(Zustimmung bei der FDP und der SPD)

Ich darf daran erinnern, daß wir ja aktuell ein weiteres Beispiel einer, wenn Sie so wollen, solchen Bereicherung einer anderen Gebietskörperschaft zu Lasten des Bundes antreffen. Ich erinnere an die Weitergabe der Effekte aus der Streichung der Lohnsummensteuer an die Betriebe und insbesondere den Mittelstand. Hier brauche ich die CDU gar nicht besonders anzusprechen, denn sie verhält sich in diesem Punkt gar nicht anders als die SPD. Ich darf auch unseren Koalitionspartner daran erinnern, daß wir gemeinsam die Abschaffung der Lohnsummensteuer mit dem Ziel beschlossen haben, daß die Erleichterungen auch tatsächlich an die Wirtschaft weitergegeben werden. Ich möchte hier manche Lokalgröße sowohl von der CDU/CSU als auch von der SPD ansprechen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

— Die FDP kann Gott sei Dank mit solchen weniger aufweisen,

(Zuruf von der CDU/CSU: Die hat keine Größen!)

weil wir zum Glück keine absoluten Mehrheiten mit all den Gefahren des Machtmißbrauchs haben. — Ich darf Ihre Lokalgrößen bitten und auffordern, ihre kommunalen Wünsche nicht durch die Bereicherung aus der Lohnsummensteuer zu finanzieren.
Abschließend dazu: Wir sind also der Ansicht, daß die Verteilung der wegen der internationalen Aufgaben entstehenden Lasten gleichmäßig erfolgen muß. Es kann nicht angehen, daß dies allein zu Lasten der Kinderreichen geht, daß wir das Kindergeld weniger erhöhen als geplant, um damit Panzer für die Türkei zu kaufen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Es kann nicht angehen, daß das einseitig zu Lasten der mittleren Verdiener geht. Es kann nicht angehen, daß allein der Bund diese Kosten trägt. Gleichmäßigkeit heißt Solidarität in der Finanzierung bei Bund, Ländern und Gemeinden.
Meine Damen und Herren, damit komme ich am Schluß zu Herrn Häfele. Ihr Slalom, Herr Häfele, war ja schon ungeheuerlich.

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Ja, er ist gut! — Dr. Waffenschmidt [CDU/CSU]: Er hat die Goldmedaille gewonnen!)

Nicht nur verlangen Sie für 1980 über 6 Milliarden DM mehr als wir, sondern Sie sagen auch, Sie wären zu Streichungen bereit. Darf ich eben vorlesen, was ich mir im Finanzausschuß nur einmal von dem aufgeschrieben habe, was Sie gefordert haben: Die Einkommensbesteuerung der Landwirte lehnen Sie ab, weil sie angeblich eine „Auspressung der Landwirte" ist.

(Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr!)




Frau Matthäus-Maier
Das ist eine vergleichsweise kleine Reform. Dann
wollen Sie eine stärkere Entlastung der Sportvereine, natürlich zu Lasten der öffentlichen Haushalte.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sind Sie dagegen?)

Sie wollen Verbesserungen der Künstlerhilfe und beim § 7 b, erhöhte Energieabschreibungen, Verbesserungen bei der Grundsteuer, Sie wollen viel mehr Bagatellsteuern abschaffen als wir, Sie wollen schließlich auch bei der Grunderwerbsteuer tätig werden.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Ich kann Ihnen nur sagen: Einerseits dauernd Belastungen fordern und damit natürlich den Bundeshaushalt strapazieren, andererseits Steuererleichterungen für den Bürger fordern und schließlich sagen „Wir bauen auch noch die Staatsverschuldung ab", das geht nicht zusammen. Wir werden Ihrem Slalom, der nach dem Motto „rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln" abläuft, nicht folgen und unsere ruhige und souveräne Steuerpolitik weiterbetreiben.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0820600600
Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Stellen Sie das alles richtig, Herr Bundesminister!)


Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0820600700
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Deutschen Bundestag liegt heute eine Reihe von Gesetzen vor, die von entscheidender Bedeutung für die finanzielle Situation des Bundes, für die Weiterentwicklung und Modernisierung unseres Steuerrechts und für eine sozial gerechte Verteilung der steuerlichen Belastung sind.
Die Abschaffung der Bagatellsteuern und die Vorschläge zur Vereinfachung des Steuerrechts tragen dazu bei, unser Steuersystem ein wenig übersichtlicher zu machen und seine zunehmende Komplizierung einzudämmen. Mit der Anhebung der Bergmannsprämie schreiben wir die Anerkennung der Leistungen unserer Bergleute fort,

(Zustimmung bei der SPD)

der Bergleute, die unter schwierigsten Arbeitsbedingungen — die zu verbessern wir uns übrigens auch große Mühe geben — unsere nationale Energiereserve sichern. Die Verbesserung des Wohngeldes entspricht familien- und sozialpolitischen Notwendigkeiten.
Meine Damen und Herren, wir leben in einer schwierigen Zeit, in der rasch wechselnde Ereignisse ebenso schnell wechselnde öffentliche Stimmungen schaffen, denen dann allzu schnell Forderungen nach einem Kurswechsel in der Politik folgen. Aufgabe verantwortlich handelnder Politiker kann es aber nicht sein, solchen Stimmungen um tagespolitischer Popularität willen zu folgen. Herr
Kollege Häfele, wer in schwankenden Zeiten auch schwankend gesinnt ist, der mehret das Übel.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Häfele [CDU/CSU]: Einverstanden, sehr einverstanden!)

Seriöse Planungen dürfen nicht zum Spielball tagespolitischer Diskussionen werden.
Die Bundesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen haben es im Jahre 1979 abgelehnt, für das Jahr 1980 Steuerentlastungen zu beschließen. Heute muß die Opposition eingestehen, daß ihre Forderungen von damals falsch waren. Einige Oppositionspolitiker verlangen darüber hinaus jetzt noch ein weiteres Verschieben der Steuersenkungen über das nächste Jahr hinaus.
Es war richtig, den Vorschlägen der Opposition nicht zu folgen, schon 1980 die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden im Umfang der jetzt für 1981 vorgesehenen Erleichterungen zu vermindern.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Nein, es waren nur 6,5 Milliarden!)

— Für den Bund werden es im Jahre 1981 5,45 Milliarden sein.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Nein, ich meinte die Zahl für 1980!)

— Aber, sehr geehrter Herr Kollege Dr. Häfele, Sie wollen doch wohl nicht sagen, daß wir dann, wenn wir Ihren Vorschlägen gefolgt wären, heute so, wie wir es sind, in der Lage wären, auf die Notwendigkeiten der Politik zu reagieren. Das heißt, wir hatten recht, und Sie hatten nicht recht.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir hatten 1979 eine positive Konjunkturentwicklung. Das Sozialprodukt ist mit real 4,5 schneller gewachsen, als wir es selbst erwartet hatten. Herr Kollege Häfele, es nützt doch wenig zu sagen: Wir hatten eine starke Konjunktur, also hätte man das Defizit vermindern können. Was Sie nicht verstehen werden, ist, daß die starke Konjunktur im vergangenen Jahr mit dem Defizit zu tun hatte und mit durch das Defizit herbeigeführt worden ist.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Sie haben das Defizit fortgesetzt!)

Wir haben öffentliche Kredite aufgenommen, um die Beschäftigung zu sichern. Sie wissen, daß im vergangenen Jahr fast 500 000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden sind

(Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Trotzdem haben wir noch eine Million Arbeitslose!)

und daß dies auch mit der Bereitschaft des Bundes zu tun hat, eine überproportional hohe Last bei der Konjunkturstützung und der Stützung der Beschäftigung zu tragen.
Die Investitionstätigkeit der Wirtschaft hat kräftig zugenommen. In vielen Gebieten der Bundesrepublik herrscht praktisch Vollbeschäftigung. In zahlreichen Wirtschaftszweigen zeigen sich Kapazitätsengpässe. Hätten wir in dieser Situation Mindereinnahmen der öffentlichen Haushalte in Milliar-



Bundesminister Matthöfer
denhöhe gehabt, wäre dies konjunkturpolitisch falsch, stabilitätspolitisch gefährlich und haushaltspolitisch nicht zu verantworten gewesen.
Unsere Entlastungsvorschläge für 1981 enthalten keine Geschenke, wohl aber im Interesse der Steuergerechtigkeit notwendige Korrekturen der direkten Besteuerung, wie sie übrigens von der sozialliberalen Koalition aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit und der Erhaltung unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit immer wieder vorgenommen wurden.
Wenn, wie im Jahre 1981, die Dynamik der Lohn- und Einkommensteuer deutlich über die Wachstumsrate der Einkommen hinausginge, könnte dies den Leistungswillen des einzelnen lähmen. Es bedarf deshalb einer besonderen Korrektur in einem Land wie dem unseren, das über Energie- und Rohstoffquellen nicht verfügt, sondern auf die Leistungen seiner arbeitenden Menschen stärker angewiesen ist als andere Länder.
Das Lohnsteueraufkommen hat sich übrigens seit 1960 alle fünf Jahre regelmäßig verdoppelt. Zwischen 1960 und 1970 ist es jährlich um durchschnittlich 16 % angewachsen und zwischen 1970 und 1975 um 15 %. Seit 1975 haben wir diesen Trend drastisch abgemildert. In dieser Zeit stieg das Lohnsteueraufkommen mit einer Durchschnittsrate von 9 %. Bis 1974 war die Lohnsteuerquote, das Verhältnis der Lohnsteuereinnahmen zu den Bruttolöhnen und -gehältern, auf 14,8 To gestiegen. Seitdem hat sich die Quote kaum verändert. Sie würde aber 1981 wieder steigen, wenn wir keine Korrektur vornähmen.
Die Progression der Lohn- und Einkommensteuer bei steigendem Einkommen entspricht dem Grundsatz sozial gerechter Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. An dem wollen wir festhalten. Wir wollen aber nicht, daß sich die gesamte Steuerlast immer mehr auf den Lohnsteuerzahler verlagert.

(Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

Deshalb müssen wir gegensteuern. Wir wollen durch Steuersenkungen den Anteil derer, die sich in der Proportionalzone befinden, in etwa gleich und die Nachteile einer allzu steilen Progression in Grenzen halten. Es handelt sich darum, steuerpolitische Gerechtigkeit zu wahren und Fehlentwicklungen zu Lasten der breiten Arbeitnehmerschichten zu verhindern.
Der wichtigste Kern des Entwurfs der Koalition ist deshalb eine Tarifkorrektur, die vor allem die unteren und die mittleren Einkommen berücksichtigt.

(Vorsitz: Vizepräsident Frau Renger)

Wir schlagen vor, die Proportionalzone des Tarifs von 16 000 DM auf 18 000 DM zu verlängern. Für Verheiratete, die zusammen veranlagt werden, verdoppeln sich selbstverständlich diese Beträge. Dadurch werden rund 10 % der Arbeitnehmer sowie ein Teil der übrigen Steuerpflichtigen wieder in die Proportionalzone mit dem gleichbleibenden Steuersatz von 22 % zurückgeführt.
Wir schlagen weiterhin vor, die Grenzsteuersätze im unteren und mittleren Bereich der Progressionszone langsamer ansteigen zu lassen. Sie sollen deshalb bis zu Einkommen von 60 000 DM für Ledige und 120 000 DM für Verheiratete abgesenkt werden, um die Steuerprogression an einer Stelle zu mindern, wo uns die Rückführung dieser Progression besonders wichtig erscheint.
Schließlich soll aus Gründen der Vereinfachung der einkommensabhängige allgemeine Tariffreibetrag entfallen. Zum ,Ausgleich dafür wird der einkommensunabhängige Grundfreibetrag entsprechend erhöht. Das entspricht auch dem Entwurf der Opposition.
Bereits mit Wirkung von Dezember 1980 soll der Weihnachtsfreibetrag um 50 v. H. von 400 auf 600 DM angehoben werden. Zu einer Milderung der Progression führen auch Verbesserungen im Bereich der Sonderausgaben. Außerdem wird der zusätzliche Sonderausgabenhöchstbetrag für Versicherungsaufwendungen, der sogenannte Vorwegabzug, für Ledige und Verheiratete von 2 500 auf 3 000 DM für Ledige und von 5 000 auf 6 000 DM für Verheiratete erhöht. Diese Maßnahmen entlasten in erster Linie, aber nicht ausschließlich, die selbständig Tätigen.
Die von uns vorgeschlagenen Änderungen sind mit ihrem Schwergewicht darauf gerichtet, die Progressionswirkung der Lohn- und Einkommensteuer zurückzuführen, insbesondere aber auch die geringer Verdienenden zu entlasten. Die Lohnsteuerbelastung ist in der Proportionalzone keineswegs zu hoch. Hier liegt nicht der Grund für die weitverbreitete Unzufriedenheit. Wer die wirkliche Durchschnittsbelastung unter Berücksichtigung der Freibeträge betrachtet, muß eigentlich einsehen, daß es ein ernstes Problem beim sogenannten Einstiegssprung kaum gibt.
Wir sind also der Meinung, daß mit Entlastungen im Umfang von insgesamt 10,5 Milliarden DM — davon 5,5 Milliarden DM für den Tarif im engeren Sinne — eine gewichtige Korrektur des Lohn- und Einkommensteuertarifs zusammen mit gezielten Verbesserungen für Arbeitnehmer und Selbständige möglich ist und daß diese Korrektur sich in erster Linie auf eine Rückführung der Progressionswirkung konzentrieren sollte.
Bei der Beurteilung des Gesamtumfangs muß selbstverständlich berücksichtigt werden, daß es der deutliche Wunsch aller politischen Kräfte war, diese Steuerkorrektur mit einem starken kinder- und familienbezogenen Teil auszustatten. Wenn wir dabei bleiben wollen, d. h. wenn wir einen starken kinder- und familienbezogenen Teil haben wollen, können wir eben im Tarif nicht weiter gehen. Herr Kollege Häfele, es lohnt überhaupt nicht, daß Sie hier andere Beispiele vorrechnen. Daß Sie die Steuern stärker senken, die Ausgaben erhöhen und die Kredite zurückführen können — und dies alles gleichzeitig —, wissen wir doch.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Sie können es nicht lassen, Herr Matthöfer!)

Die kinder- und familienbezogenen Maßnahmen
wollen die finanziellen Lasten der Kindererziehung



Bundesminister Matthöfer
stärker von den einzelnen Familien auf die Allgemeinheit umlegen.
Wir schlagen zunächst einmal vor, pro Kind und Elternteil einen steuerlichen Kindergrundfreibetrag von 800 DM einzuführen. Dieser Vorschlag einer Verminderung der, auf den Familien ruhenden Steuerlast um 4,5 Milliarden DM ist natürlich insbesondere bei den Bundesländern auf Kritik gestoßen. Ihnen wäre selbstverständlich eine vom Bund allein zu finanzierende Erhöhung des Kindergeldes lieber gewesen. Das kann niemanden überraschen. Aber niemand sollte sich doch auch wundern, wenn wir es als wenig erträglich empfinden, daß die Länder sich nicht am Familienlastenausgleich beteiligen, wohl aber an der überproportionalen Dynamik der Lohn- und Einkommensteuer teilhaben. Hier muß so oder so ein Ausgleich geschaffen, ein Ausweg gefunden werden, allerdings nicht um den Preis eines Abbaus sozialer Gerechtigkeit im Familienlastenausgleich.
Es war 1975 der Wille aller politischen Parteien, die steuerlichen Kinderfreibeträge in ein Kindergeld umzuwandeln, weil die Kosten der Kindererziehung und der daraus folgende sozialpolitische Lastenausgleich nicht progressiv mit dem Einkommen der Eltern steigen. Es war zugleich der politische Wille aller Parteien, daß keine staatliche Ebene aus dieser Umstellung Gewinn ziehen sollte. Das Finanzausgleichsmodell, das damals gewählt worden ist, trug aber der Dynamik des Kindergeldes nicht ausreichend Rechnung. Die Opposition möchte nun gerne die Korrektur dieser auf Dauer unhaltbaren Entwicklung davon abhängig machen, daß die Koalition von FDP und SPD die Reform von 1975 rückgängig macht und zum Kinderfreibetrag zurückkehrt. Sie glaubt dabei offenbar, im Vermittlungsverfahren des letzten Jahres gewissermaßen einen Fuß in die Tür bekommen zu haben, weil sie damals die Einführung eines Betreuungsbetrages durchgesetzt hat. Herr Dr. Häfele, wenn die Einführung des Abzugsbetrages für Kinderbetreuungskosten für Sie nichts anderes als ein taktisches Manöver, wie ich inzwischen erkennen muß, war

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Eine Hilfe!)

und Sie damals die praktischen Verfahrensschwierigkeiten und die Komplizierung, auf die wir Sie hingewiesen haben, in Kauf genommen haben,

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Vorsicht!)

weil Sie glaubten, mit diesen Schwierigkeiten ließe sich dann anschließend eine Rückkehr zum Freibetrag begründen, dann wird diese Rechnung hoffentlich nicht aufgehen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Häfele [CDU/CSU]: Abwarten!)

Wir stehen weiterhin auf dem Standpunkt, daß die Allgemeinheit für die Kinder besserer Einkommensschichten nicht höhere Lasten als für die Kinder unterer Einkommensschichten tragen sollte. Der dringendere Bedarf besteht bei Familien mit mehr Kindern und niedrigerem Einkommen. In dieser Lage halten wir den Kindergrundfreibetrag für eine weiterführende Lösung. Er ermöglicht es, alle Ebenen unseres Staates, Bund, Länder und Gemeinden, in demselben Verhältnis zu beteiligen, in dem sie auch an der überproportionalen Einnahmedynamik der Lohn- und Einkommensteuer teilhaben.
Die Bundesregierung hält es auch für diskussionswürdig, das gesamte System des Kinderlastenausgleichs, also unter Einschluß des bisherigen Kindergeldes, in das Besteuerungsverfahren bei den Finanzämtern einzubeziehen. Frau Kollegin Matthäus, natürlich sind wir uns da völlig einig. Wir betrachten gerade den Kindergrundfreibetrag, obwohl er vorübergehend zu einer Komplizierung führt, als den einzig möglichen Einstieg, als den nächstmöglichen Schritt auf dem Wege zur Finanzamtslösung. Wir sind uns der Probleme und Schwierigkeiten einer so weitreichenden Änderung durchaus bewußt. Wir treten deshalb noch nicht jetzt, in diesem Jahr, mit der ganzen Forderung an die Länder heran, wohl aber richten wir an die Länder die Bitte, diese Perspektive einer einfacheren, unbürokratischeren Auszahlung durch das Finanzamt mit in ihre Überlegungen einzubeziehen.
Die Bundesregierung legt ihren Vorschlag mit dem politischen Willen vor, im Interesse der kinderreichen Familien trotz der engen Grenzen unseres finanzpolitischen Spielraums jetzt und für die Zukunft eine ausreichende Dynamik der kinderbezogenen Entlastung zu ermöglichen. Zu den familienpolitischen Maßnahmen unseres Pakets — der Fraktion und dem, was die Bundesregierung dem Bundesrat vorgelegt hat — gehört auch die Einführung eines Kindergeldzuschlags ab 1. Januar 1982 von monatlich 300 DM in den ersten sechs Monaten nach der Geburt eines Kindes, da ja mit der Geburt besondere finanzielle Belastungen verbunden sind. Diese Belastungen treffen alle Familien in gleicher Weise, so daß es nicht gerechtfertigt wäre, erwerbstätige Mütter oder Väter von der Leistung auszuschließen.
In engem Zusammenhang mit all diesen Maßnahmen steht der Regierungsentwurf zur Änderung des Wohngeldes, der hier eingebracht worden ist. Das kinderbezogene Wohngeld wird insbesondere einkommensschwachen Familien zufließen, wobei sich die Verbesserungen auf Haushalte mit vier und mehr Personen sowie auf alleinerziehende Mütter und Väter konzentrieren. Diese Verbesserungen werden ab 1982 rund 600 Millionen DM Mehrausgaben zur Folge haben.
Der Bund wird im Jahre 1981 finanz- und wirtschaftspolitisch mit enormen Schwierigkeiten fertig werden müssen. Die Begrenzung des Anstiegs der Kreditaufnahme wird äußerste Anstrengungen verlangen. Bereits bei der Finanzierung zusätzlicher Anforderungen an den Bundeshaushalt 1980 werden wir deshalb versuchen müssen, einen Ausgleich durch Einsparungen an anderer Stelle zu finden. Vielleicht ist hier der Ort, noch einmal klarzustellen — weil das immer wieder durcheinandergebracht wird —, was ich als Bundesfinanzminister zu der Frage der Nettokreditaufnahme tatsächlich gesagt habe: Wir müssen ernsthaft versuchen, im Jahre 1980 die zusätzlichen Belastungen durch Streichungen an anderer Stelle des Haushalts zu finanzieren. Da wir aber nicht genau die Entwicklung des Steuer-



Bundesminister Matthöfer
aufkommens voraussehen können, kann ich eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme in diesem Jahr auch nicht ausschließen. Man muß das wirklich auseinanderhalten. 1981 wiederum kann eine über die mittelfristige Finanzplanung hinausgehende Nettokreditaufnahme überhaupt nicht in Frage kommen.
Wir müssen deshalb versuchen, auf vielfache Art und Weise mit den 5,45 Milliarden DM fertig zu werden, die diese Steuerentlastung, die aus Gründen der Steuergerechtigkeit erforderlich ist, ausmacht. Ich sehe keine Möglichkeit, die Einnahmeausfälle des Bundeshaushaltes über das hinaus zu erhöhen, was wir vorschlagen. Die unbestreitbare Ungleichgewichtigkeit in der Finanzausstattung von Bund, Ländern und Gemeinden und die neuen außenpolitischen Anforderungen an den Bundeshaushalt verbieten es, den Bund bei Steuerentlastungen mehr zu belasten, als es seinem Anteil an den gesamtstaatlichen Ausgaben entspricht, wie es in dem Entwurf des Bundesrates vorgesehen ist.
So deutlich, wie ich hier die Grenzen der Belastbarkeit der Finanzen des Bundes herausstellen muß, so entschieden lehnen wir es ab, diese steuerlichen Entlastungsvorschläge, insbesondere für Arbeitnehmer und für die weniger verdienenden Selbständigen als Manövriermasse für die Finanzierung der aus unserer internationalen Verantwortung folgenden Aufgaben zu betrachten. Richtig ist, daß die Ereignisse in Afghanistan zusätzliche Anstrengungen aller Partner im westlichen Bündnis zur Stabilisierung und zur Eingrenzung von Spannungen in einem Teil der Welt erfordern, der auch für uns von höchster sicherheitspolitischer und wirtschaftlicher Bedeutung ist. Internationale Verpflichtungen und Ausgaben, deren Finanzierungslast allein den Bund trifft, haben durch die weltweiten Ereignisse höhere Priorität erlangt. Das gilt für die Ausgaben für die äußere Sicherheit, aber mindestens ebenso auch für die finanziellen Lasten, die aus der Europäischen Gemeinschaft auf uns zukommen, die es — auch durch zusätzliche Beiträge — zusammenzuhalten gilt. Wir müssen mit Großbritannien zu einem konstruktiven Kompromiß kommen, wir müssen die Beitrittsverhandlungen mit Spanien und Griechenland voranbringen und dann natürlich auch zusätzliche Lasten auf uns nehmen, um die wirtschaftliche Integration dieser Länder in den Gemeinsamen Markt, der wiederum unserer Industrie zugute kommt, schrittweise zu ermöglichen.
Eine starke Europäische Gemeinschaft ist auch die Grundlage für das, was wir tun können, um die Türkei in ihrer schwierigen wirtschaftlichen Lage zu stützen. Wir können uns hier auf die USA nicht mehr verlassen, als wir selbst tun. Die Türkei, die nicht über eigene Energiequellen verfügt, ist von der Erhöhung der Ölpreise besonders stark betroffen. Sofortmaßnahmen werden zunächst zum Ziel haben müssen, aktuelle Zahlungsbilanzschwierigkeiten zu beseitigen. Längerfristig muß es darauf ankommen, die wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes auf eine solide Grundlage zu stellen, die Arbeitslosigkeit zu vermindern und Investitionen
und den Aufbau wettbewerbsfähiger Industrien, insbesondere für die Ausfuhr, zu fördern.
Wirtschaftliches Wachstum und soziale Stabilität sind die beste Voraussetzung für politische Stabilität und für Verteidigungsfähigkeit. Wer es noch nicht wußte, hätte spätestens in Vietnam und im Iran lernen können, daß es einer Regierung nichts nützt, über kopfstarke Armeen und moderne Waffen zu verfügen, wenn das Volk nicht hinter ihr steht. Wir werden uns noch mehr bemühen müssen, auch am Beispiel der Türkei dargelegt, daß die Rückschleusung der Ölgelder in die Wirtschaften der Industrieländer reibungslos vonstatten gehen kann und daß die Überschüsse der OPEC-Länder nicht zu einer weltweiten Wirtschaftsrezession führen. Dies stellt Anforderungen an die internationalen Finanzmärkte, aber auch an die internationalen Finanzierungsinstitutionen, wie die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds, wo wir wiederum unseren Beitrag leisten müssen. Auch hier kann nur der Bund handeln, und er muß deshalb im Interesse einer leistungsfähigen gesamtstaatlichen Interessenvertretung, auch von allen drei Ebenen her gesehen, in die Lage versetzt werden, mit dieser Verantwortung fertig zu werden.
Es mehren sich die Anzeichen, daß die Ölländer bereit sind, mehr zu tun, um die Zahlungsbilanzschwierigkeiten der Entwicklungsländer, die besonders betroffen sind, lösen zu helfen. Dies würde aber wiederum nicht ohne unsere Mitwirkung geschehen. Die Mitverantwortung der Industrieländer für die Dritte Welt, auch die Leistung von Entwicklungshilfe, haben noch größere Bedeutung erlangt.
Es liegt in unserem nationalen Interesse, daß die Türkei und Griechenland wirtschaftlich stabil und widerstandsfähig gegen Risiken von innen und außen bleiben. Es liegt aber auch in unserem nationalen Interesse, daß im Nahen Osten, im Mittleren Osten, in Pakistan und auch auf dem gesamten indischen Subkontinent größere wirtschaftliche und politische Stabilität dauerhaft ermöglicht werden.
Für die Finanzierungsprobleme dieses gewaltigen Aufgabenspektrums müssen Lösungen gefunden werden, die von Dauer sind und die von unserem Volk für richtig gehalten werden können. Schließlich müssen die Lasten auf Bund und Länder gerecht verteilt werden.
Der Spielraum des Bundeshaushalts für diese zusätzlichen internationalen Aufgaben ist gering. Wir haben 1979 die Kreditaufnahme des Bundes um mehr als 10 Milliarden DM unter der ursprünglichen Planung halten können. Wir haben 1980 den Kreditbedarf des Bundes gegenüber dem ursprünglichen Regierungsentwurf weiter verringern können. Wir können aber heute nicht damit rechnen, daß neue Steuerschätzungen zu einer Verbesserung der Finanzierungssituation führen, und wir müssen die gesamtstaatliche Kreditaufnahme auch weiterhin der konjunkturellen und beschäftigungspolitischen Lage anpassen.
Eine erneute Ausweitung der öffentlichen Kreditaufnahme würde in der gegenwärtigen Lage den Kapitalmarkt überfordern, obwohl es, Herr Kollege



Bundesminister Matthöfer
Dr. Häfele, wenig mit der Realität der Zinsentwicklung zu tun hat, wenn sie sagen, dies sei durch die Kreditaufnahme des Bundes geschehen.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Auch!)

— Nicht einmal „auch".

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Die öffentliche Hand insgesamt!)

— Entschuldigen Sie bitte, in einer Zeit, in der Sie nicht nur einen stabilen Dollarkurs haben, sondern in der sogar der Wert des Dollars steigt und in der Sie ein Zinsdifferential zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik in Höhe von 9 haben, wandert natürlich die kurzfristige Geldspekulation in die USA

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Einverstanden!)

und führt zu Kapitalabflüssen aus der Bundesrepublik. Diese Zinserhöhung war fast ausschließlich darauf gerichtet, diesen Prozeß abzubremsen. Das hat mit der Kreditaufnahme des Bundes überhaupt nichts zu tun. Als die Kreditaufnahme des Bundes einen historischen Höhepunkt erreicht hatte, war der Zins am Kreditmarkt am niedrigsten.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Sie haben es in Ihrem Alarmbrief geschrieben! Sie haben es ja selbst geschrieben, Herr Minister!)

Es ist doch wirklich eine so komplexe Aufgabe, unsere Wirtschaft zu steuern, daß man da nicht mit vereinfachenden Darstellungen Verwirrung stiften kann.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Das haben Sie genau so in Ihrem Alarmbrief gesagt, Herr Minister!)

Die Stabilitätspolitik darf nicht gefährdet werden. Was wir an zusätzlichen Leistungen aus dem Bundeshaushalt finanzieren müssen, muß an anderer Stelle eingespart werden. Daran führt kein Weg vorbei.
Die schwierige Finanzlage des Bundes, wie sie sich darstellt, ist allerdings keineswegs ein getreues Spiegelbild der gesamtstaatlichen Finanzierungssituation in unserem Lande. Der Anteil des Bundes am Gesamtsteueraufkommen ist zurückgegangen. Der Anteil des Bundes an der Kreditaufnahme des Staates und an der gesamten Staatsverschuldung hat sich deutlich erhöht. Die Deckungsquoten der Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden stehen nicht mehr in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander. 1979 mußte der Bund 13 % seiner Gesamtausgaben durch Kredite finanzieren, die Länder lediglich 7 % und die Gemeinden nur 3 %. 60 To der staatlichen Kreditaufnahme mußte 1979 der Bund auf sich nehmen. Die Zinsbelastungsquote des Bundeshaushalts übertrifft heute zunehmend die der Länder und Gemeinden. Die Schuldenlast hat sich wegen der besonderen Verantwortung des Bundes, weil Aufgaben zu lösen waren, die nur der Bund lösen konnte, auf den Bundeshaushalt verlagert.
Die Steuerreform des Jahres 1975 hat dem Bund mit der Übernahme des Kindergeldes weitgehend die Kosten des Familienlastenausgleichs zusätzlich aufgebürdet, ohne daß ihm im Rahmen der Umsatzsteuerneuverteilung ein angemessener Ausgleich gewährt wurde. In den Jahren der zunehmenden Arbeitslosigkeit und der drohenden wirtschaftlichen Problementwicklung hat der Bund die Hauptlast der Konjunktursteuerung, d. h. der Sicherung der Beschäftigung zu tragen gehabt. Der deutlich überproportionale Anstieg der Zinsbelastung im Bundeshaushalt zeigt, daß Folgelasten der gesamtwirtschaftlich erforderlichen Finanzpolitik auch weiterhin vom Bund zu tragen sind.
Neue Finanzierungslasten, denen sich unser Land nicht entziehen kann und denen wir uns nicht entziehen wollen — im Verteidigungsbereich, in Europa, bei der Entwicklungshilfe, bei anderen internationalen Aufgaben sowie im Bereich der sozialen Sicherung —, fallen nach unserer Verfassung in die Aufgabenkompetenz des Bundes. Das Grundgesetz sieht vor, daß die Steuereinnahmen des Staates so auf die Ebenen der öffentlichen Haushalte verteilt werden, wie es ihren Aufgaben und den damit verbundenen notwendigen Ausgaben entspricht. Geschieht dies nicht, so ist zu befürchten, daß staatliche Aufgaben nicht in der Rangfolge ihrer Dringlichkeit und Notwendigkeit erfüllt werden, sondern in dem Maße, wie es in den jeweiligen Einzelhaushalten gelingt, sich im Rahmen unserer bundesstaatlichen Finanzverfassung Finanzierungsmöglichkeiten zu erschließen. Ich sehe in einer solchen Entwicklung die Gefahr, daß die Handlungsfähigkeit unserer gesamtstaatlichen Politik hierdurch ernsthaft beschnitten wird und es den staatlichen Organen und demokratisch gewählten Institutionen nicht mehr möglich ist, die finanziellen Möglichkeiten unseres Staatswesens so einzusetzen, wie es die Notwendigkeiten der Geschichte von uns verlangen und wie es die Bürger von uns erwarten.
Die Herausforderungen durch die Weltkrise machen eine erneute Erörterung dieser Problematik, die übrigens längst überfällig ist, zwingend notwendig. Durch einen Verzicht auf das von der Sache her gebotene Entlastungspaket würde diese Problematik allerdings nur vorübergehend versteckt.
Ich bin mir mit Ihnen darüber im klaren, daß das Steuerentlastungsgesetz mit einiger Wahrscheinlichkeit im Vermittlungsausschuß landen wird. Sicher haben die Länder bei steuerpolitischen Maßnahmen von großer Tragweite, die das ihnen zustehende Steueraufkommen berühren, einen Anspruch auf Mitwirkung beim . Zustandekommen der entsprechenden Regelungen.
Ich will nochmals deutlich machen, daß bei dem Zustandekommen unserer Vorschläge, insbesondere im familienpolitischen Bereich, der Gesichtspunkt der Lastenverteilung zwischen den öffentlichen Haushalten eine wichtige Rolle gespielt hat. Ich könnte mir im Einzelfall durchaus andere, möglicherweise einfachere Regelungen vorstellen. Für uns sind die entscheidenden Punkte der steuerlichen und familienpolitischen Entlastungsmaßnahmen die Verhinderung einer Mehrbelastung der Lohnsteuerzahler, eine Verbesserung des Familienlastenausgleichs, der nicht denjenigen höhere Entlastungen für Kinder gibt, die ohnehin mehr verdienen, und eine finanzielle Gesamtbelastung für den



Bundesminister Matthöfer
Bundeshaushalt, die sich im Ergebnis in dem von uns vorgeschlagenen Rahmen hält.
Gestatten Sie mir noch einige Bemerkungen zu den anderen Entwürfen, die heute bei Ihnen zur Debatte stehen: Der Sammelentwurf, den wir uns „Omnibusgesetz" zu nennen angewöhnt haben, ist in besonderem Maße durch unser Bemühen geprägt, zur Vereinfachung des Steuersystems beizutragen. Wir schlagen vor, die Gesetze über die Einkommen-, die Körperschaft-, die Gewerbe- und die Vermögensteuer um eine Reihe von Vorschriften zu bereinigen, die teils überholt, teils nur noch von geringer Bedeutung sind und deren Wegfall weder wesentliche Steuermindereinnahmen noch einen Konflikt mit anderen wichtigen Zielen zur Folge hat. Ich will die Paragraphen, Ziele oder gar die einzelnen Buchstaben gar nicht aufzählen; ihre Verminderung ist jedenfalls beträchtlich.
Für weitere Gesetzesänderungen mit Vereinfachungswirkung darf ich vielleicht einige beispielhafte Stichworte nennen: Freibeträge für Trinkgelder, Ausbildungsfreibeträge, Bagatellgrenzen — unscheinbar anmutende Korrekturen, die aber in der Praxis eben doch spürbare Erleichterungen bringen.
Von einigem Gewicht dürfte die Anpassung der Grenzen für Vierteljahreszahler und Jahreszahler bei der Lohnsteuer an die seit diesem Jahr geltenden Grenzen bei der Umsatzsteuer sein. Davon verspreche ich mir — bei beträchtlichen, aber erfreulicherweise nur einmaligen Steuermindereinnahmen — eine deutliche Verringerung des Formularaufwandes. Natürlich wird uns vorgeworfen, es handele sich hier nur um punktuelle Maßnahmen, nicht aber um einen großen, beeindruckenden Wurf. Ich möchte dem entgegenhalten: Wenn wir mit einzelnen Vereinfachungsmaßnahmen, die sinnvoll und finanzierbar sind, so lange warten wollten, bis für radikale Entwürfe Mehrheiten beisammen sind, dann werden wir ewig warten. Patentrezepte gibt es auf diesem schwierigen Feld nun wirklich nicht.
Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen gehen die mühevolle Aufgabe der Steuervereinfachung in kleinen, wohl erwogenen Schritten an. Was sinnvoll ist, was finanzierbar ist, wird gemacht. Große Würfe, deren Verfasser so tun, als könne man unsere Rechtswirklichkeit beliebig ändern und gewachsene Besitzstände und begründete Vergünstigungen mit einem Federstrich — um der bloßen Vereinfachung willen — beseitigen, haben offenkundig keine Aussicht auf Erfolg.
Dies gilt auch für die sogenannten Bagatellsteuern. Angesichts der engen finanzpolitischen Spielräume der öffentlichen Haushalte ist nicht alles eine Bagatelle, worauf freigiebige Entwürfe der Opposition verzichten wollten. Die Bundesregierung schlägt vor — wir freuen uns, daß dieser Vorschlag aufgenommen worden ist —, die Steuern auf Spielkarten, Zündwaren und Essigsäure abzuschaffen. Diese drei Verbrauchsteuern des Bundes und dazu — im Zusammenhang mit der Abschaffung der Essigsäuresteuer — ein Teil der Branntweinsteuer haben ein zusätzliches Aufkommen von immerhin rund 20 Millionen DM. Wir sollten uns freilich nicht
der Illusion hingeben, mit der Abschaffung sogenannter Bagatellsteuern sei schon ein entscheidender Schritt zur Steuervereinfachung getan. Vereinfachungsmaßnahmen müssen nämlich auch finanzierbar bleiben. Der Gegenentwurf der Opposition hätte für den Bund einen zusätzlichen jährlichen Steuerausfall von über 300 Millionen DM zur Folge, dem kein entsprechender Nutzen gegenüberstünde.
Im Gegensatz dazu haben wir mit den neuen Grenzen für Vierteljahreszahler und Jahreszahler bei der Umsatzsteuer, die jeweils einen einmaligen Ausfall in der Größenordnung um 360 Millionen DM zur Folge haben, eine Verminderung des Papierkrieges von etwa drei Millionen Umsatzsteueranmeldungen jährlich sowie der Überweisungen erreicht. Ähnliches streben wir jetzt auch bei der Lohnsteuer an.
Neben wenigen prüfenswerten Änderungsanträgen zum Regierungsentwurf ist eigentlich bisher nur ein Beitrag zur Vereinfachung zu erkennen, den der Bundesrat — somit auch die Unionsländer — vorgelegt haben, der heute hier zur ersten Lesung ansteht: Reform der Grunderwerbsteuer. Die Bundesregierung hat die Bemühungen um die Vereinheitlichung und die Vereinfachung des Grunderwerbsteuerrechts begrüßt. Bei den Ausschußberatungen wird sich allerdings schnell zeigen, daß Steuervereinfachung häufig zu anderen wichtigen Zielen im Widerspruch steht. Einige der vom Bundesrat zur Streichung vorgeschlagenen Befreiungen von der Grunderwerbsteuer bedürfen noch intensiver Beratung und Prüfung.
Von den materiellen Rechtsänderungen, die in den Ihnen vorliegenden Gesetzentwürfen vorgesehen sind, darf ich noch einige bedeutsame Maßnahmen hervorheben. Die für jede von Bergleuten unter Tage gefahrene Schicht gezahlte Steuer- und sozialabgabenfreie Bergmannsprämie soll von 5 DM auf 10 DM verdoppelt werden. Zur Förderung der nebenberuflichen Tätigkeit von Bürgern im gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Bereich schlagen wir die Steuerbefreiung von Zahlungen bis zu 2 400 DM im Jahr vor. In diesem Zusammenhang sind auch die vorgesehenen Erleichterungen bei der Besteuerung kultureller, sportlicher und geselliger Veranstaltungen gemeinnütziger Vereine zu sehen. Wir wollen bei den kulturfördernden Vereinen wie bei den Sportvereinen die Annahme eines steuerbegünstigten Zweckbetriebes erleichtern. Gleichzeitig wird es den steuerbegünstigten Körperschaften ermöglicht, aus den erwirtschafteten Überschüssen Mittel für größere Investitionen über die Grenze von 12 000 DM hinaus steuerbegünstigt anzusparen.
Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch auf die Anhebung des Abzugsbetrages für Spenden für kulturelle Zwecke als Sonderausgaben von 5 v. H. auf 10 v. H. hinzuweisen. Dadurch soll ein zusätzlicher Anreiz für private Initiativen zur Förderung von Kunst und Kultur und zur Stiftung wertvoller Kunstwerke für die Allgemeinheit geschaffen werden.



Bundesminister Matthöfer
Ich wäre sehr dankbar, wenn Sie die Ihnen vorliegenden Entwürfe zügig behandelten. Wir werden, wenn auch mit enormen Schwierigkeiten, dafür sorgen, daß die Steuererleichterungen, insbesondere für die Lohnsteuerzahler, möglich und solide finanzierbar sind. Wir müssen aber alle gemeinsam Ausgabendisziplin üben und in Zukunft alle zusätzlichen Ausgaben im Rahmen der jetzt vorgesehenen Plafonds halten.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0820600800
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Wartenberg.

Dr. Ludolf-Georg von Wartenberg (CDU):
Rede ID: ID0820600900
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Rede des Finanzministers müssen wir feststellen, daß die Fragen, die der Kollege Häfele im Namen der CDU/CSU vorhin gestellt hat, nicht beantwortet worden sind.

(Dr. Möller [CDU/CSU]: So ist es! — Hasinger [CDU/CSU]: Leider wahr! — Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: So ist es!)

Weder ist etwas über die unterschiedlichen Stellungnahmen der SPD und der FDP zur Zukunft des Steuerpakets gesagt worden, noch sind Lösungen für die Finanzprobleme 1981 angesprochen worden. Sie haben zwar die Probleme aufgeführt und noch mehr Fragen aufgeworfen, aber — um mit Frau Matthäus-Maier zu sprechen —: „Es kann nicht angehen, daß der Ausweg aus der Verschuldung darin gesehen wird, sie auf die Länder abzuschieben.''

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Auf der Tagesordnung stehen noch zwei Gesetzentwürfe, die eine Unzahl von Änderungen in elf verschiedenen Steuergesetzen vorsehen. Das eine ist der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze. Das ist ein Gesetzentwurf, der durch fast alle Steuergesetze bummelt und das aufsammelt, was in dieser Legislaturperiode liegengeblieben ist. Er hat deshalb den Arbeitstitel „Omnibus-Gesetz". Wenn man gehässig ist, sagt man „Lumpensammler-Gesetz". Das zweite ist der von der CDU/CSU eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Bewertungsgesetzes. Er dient dem Ziel, die wirtschaftliche und die soziale Lage der Künstler zu verbessern. Wir haben deshalb den Arbeitstitel „Künstlerhilfe-Gesetz" gewählt.
Erlauben Sie mir einige Anmerkungen zum „Omnibus-Gesetz", das den anspruchsvollen Titel „Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes" hat. Dort sind einige schlichte Vereinfachungen enthalten, die wir positiv bewerten.
Das erste ist die Anhebung der Freibeträge für freiwillig gezahlte Trinkgelder. Die Verdoppelung des Betrags von 600 DM auf 1200 DM verhindert 'kleinliche Ermittlungen, erleichtert demnach die Arbeit der Finanzämter und fördert die Steuerehrlichkeit derer, die die Trinkgelder bekommen.
Das zweite ist die Streichung der Voraussetzung „auswärtige Unterbringung zur Berufsausbildung" bei der Inanspruchnahme von Ausbildungsfreibeträgen. Bisher wurde die Gewährung von Ausbildungsfreibeträgen von einer Prüfung abhängig gemacht, ob die Berufsausbildung der entscheidende Anlaß für die auswärtige Unterbringung war. Diese Prüfung war schwierig und führte zu unerfreulichen Auseinandersetzungen. Wir sehen auch in dieser Streichung eine Erleichterung.
Das dritte ist der vorgeschlagene Wegfall des Kreditaufnahmeverbots beim Sonderausgabenabzug für Risikoversicherungen, also Krankheits- und Unfallversicherungen. Bisher macht das Kreditaufnahmeverbot den Sonderausgabenabzug davon abhängig, daß der Steuerpflichtige die Vorsorgeaufwendungen aus eigenen Mitteln leistet. Der Wegfall bei Risikoversicherungen scheint eine kleine Vereinfachung zu sein. Es fragt sich aber, ob dieser Vorschlag nicht zu einer weiteren Differenzierung in der steuerlichen Behandlung der Versicherungsbeiträge führt und ob nicht eine generelle Streichung des Kreditaufnahmeverbots dem Gesichtspunkt der Steuervereinfachung gerechter wird. Eine Mißbrauchsgefahr scheint nicht zu bestehen. Denn wir haben bei den Lebensversicherungsbeträgen Sperrfristen von zwölf Jahren und bei den Bausparverträgen von zehn Jahren. Außerdem ist die Grenze der Sonderausgaben insgesamt nicht so hoch, daß man damit Mißbrauch treiben kann. Insoweit ist im Finanzausschuß eine Prüfung notwendig, ob nicht der generelle Wegfall auch im Hinblick auf Betriebsprüfungen die Steuergesetze vereinfachen würde.
Die vierte Vereinfachung konzentriert sich auf eine Verlängerung und Lockerung der Voraussetzungen der Inanspruchnahme befristeter Abschreibungsvergünstigungen für Betriebsinvestitionen, die dem Umweltschutz dienen. Wir stellen fest, daß die Umweltschutzinvestitionen in den Betrieben gestiegen sind, daß wir eine rasche Fortentwicklung der Umweltschutztechnologie haben, daß auch in Zukunft ein hoher Investitionsbedarf zu erwarten ist und dieser deshalb in dem vorgesehenen Umfang gefördert werden soll. Einbeziehen würden wir die Vorschläge des Bundesrats auf eine Verlängerung der Vorschrift angesichts der langen Planungs- und Genehmigungsfristen und auf eine Regelung, daß die Förderung auch dann im öffentlichen Interesse liegt, wenn Investitionen dem innerbetrieblichen Umweltschutz und damit dem Arbeitsschutz und der Belegschaft insgesamt dienen.
Die restlichen vorgeschlagenen Vereinfachungen werden, wie es der Minister schon zugegeben hat, dem hochtrabenden Anspruch der Vereinfachung nicht gerecht. Es handelt sich dabei um Textstreichungen, weil durch neue Gesetze oder durch Gerichtsurteile Bestimmungen überholt sind, oder um eine Änderung von Freigrenzen und Freibeträgen, deren Erhöhung als Folge des Kosten- und Einkommensanstiegs längst überfällig war. Wir hoffen, daß das Vereinfachungsreferat im Finanzministerium Gelegenheit hat, bald umfassendere Vorschläge zu machen, die nicht nur zu einer Vereinfachung für



Dr. von Wartenberg
die Verwaltung führen, sondern letzten Endes auch eine Vereinfachung für die Steuerzahler bringen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das zweite Paket im sogenannten Omnibus-Gesetz beinhaltet Änderungen des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze; es betrifft die Besteuerung der Vereine. Die dort gemachten Vorschläge finden im großen und ganzen unsere Zustimmung, weil es ja schon unsere Vorschläge sind, die im Finanzausschuß beraten werden. Da geht es einmal um die Frage des Übungsleiterfreibetrags, dann um die Frage, ob Schach ein gemeinnütziger Sport ist,

(Hasinger [CDU/CSU]: Sehr gut!)

dann um die Frage des Modellfluges sowie um die Frage der Berücksichtigung der gesamten Unkosten bei der Ermittlung des Überschusses, weiter um die Bildung einer Rücklage sowie um die Erhöhung der Vermögensteuerfreigrenze. Es kommen noch einige weitere Vorschläge hinzu. Die Vorschläge gehören in das bereits beratene Vereinsbesteuerungsgesetz.
Ich finde es ungewöhnlich, daß die Bundesregierung auf die Vorschläge des Bundesrats kaum eingeht, dafür nur wenige Zeilen findet und sich hinterher in einem eigenen Gesetzentwurf mit fremden Federn schmückt. Das ist in meinen Augen parlamentarisch etwas ungewöhnlich.
Die anderen Vorschläge für Gesetzesänderungen brauchen hier in der ersten Lesung nicht näher erläutert zu werden. Sie sind schon angesprochen worden. Da geht es um die Frage des Spendenabzugs, die Anerkennung der Gutschriften als Rechnungen im Umsatzsteuergesetz, die Pauschalierung der Lohnsteuer, das Steuerberatungsgesetz, Erleichterungen im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz. Natürlich geht es auch um die Erhöhung der Bergmannsprämie, der wir selbstverständlich zustimmen werden. Unsere Kollegen im Landtag haben das ja längst gefordert. Es geht auch um Fragen, mit denen sich das Verplombungsgesetz zu befassen hat.
Meine Damen und Herren, wir sollten im Finanzausschuß auch die Vorschläge des Bundesrats betreffend § 7b prüfen. Da handelt es sich sowohl um die Frage der Erhöhung der Grenze von 150 000 auf 200000 DM als auch um die Frage des Wegfalls der Jahresgrenzen, wodurch für die Familie Zimmermann, die so eifrig ist, im Omnibus endlich Platz geschaffen werden soll.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zum Schluß einige Anmerkungen zu dem Entwurf eines Künstlerhilfegesetzes. Dieser Entwurf wird von der Sorge getragen, daß die im Steueränderungsgesetz 1978 enthaltenen Regelungen unzureichend sind. Wir wollen mit unserem Vorschlag die Nachfrage nach zeitgenössischer Kunst erhöhen, damit die wirtschaftliche und soziale Lage der Künstler verbessert wird.
Nachdem die Erhöhung des Abzugssatzes für Spenden zur Förderung kultureller Zwecke unstrittig zu sein scheint, konzentrieren wir uns auf die Einführung der Regelung, nach der Kunstgegenstände ohne Rücksicht auf den Wert von der Vermögensteuer freigestellt werden, wenn sie von Künstlern geschaffen worden sind, die noch leben oder seit nicht mehr als 15 Jahren verstorben sind. Alle Kolleginnen und Kollegen, die in der Parlamentarischen Gesellschaft jungen Künstlern Gelegenheit der Darstellung geben, und alle Besucher sollten diese Regelung unterstützen, weil bekannt ist, daß insbesondere junge und weniger bekannte Künstler davon profitieren. Da die Deutsche Parlamentarische Gesellschaft mehr als 450 Mitglieder hat, scheint die Mehrheit für diesen Vorschlag gesichert zu sein.

(Beifall bei der CDU/CSU — Kühbacher [SPD ]: Es hat nicht jeder einen Sprengel im Wahlkreis!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0820601000
Das Wort hat Herr Abgeordneter Gobrecht.

Horst Gobrecht (SPD):
Rede ID: ID0820601100
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem sich die Reihen schon etwas gelichtet haben und Herr Kollege Häfele nicht — das lag wohl an der etwas frühen Stunde — in der von ihm gewohnten Art und Weise die Apokalyptischen Reiter des Finanzuntergangs galoppieren ließ — —(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Das ist Schulmeisterei! Müssen Sie immer persönlich werden?)

— Ach, Herr Kollege Häfele, das ist keine Schulmeisterei.

(Dr. Häfele [CDU/CSU]: Doch, das machen Sie ständig! Das ist Ihre Art! — Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Beantworten Sie die Fragen, die der Minister nicht beantwortet hat!)

— Ja, genau dies hatte ich vor. Ich habe ja gerade begrüßen wollen, daß wir im wesentlichen einen sachlichen Einstieg in diese Debatte gehabt haben. Herr Häfele, ich verstehe nicht, weshalb Sie so aufgeregt sind, vielleicht haben Sie heute morgen um neun Uhr nicht die Kurve gekriegt; den Eindruck habe ich. Aber dafür sind Sie jetzt lebendig. Damit, daß ich den sachlichen Einstieg in diese Debatte begrüßt habe, sind Sie vielleicht etwas zufriedener.
Ich habe den Eindruck, daß wir für den sachlichen Einstieg durchaus Gründe haben. Mein Eindruck ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir in dieser Periode bei Steuerpaketen in der Sache selbst noch nie so nahe beieinander waren, und zwar in ganz wesentlichen Punkten, wie heute bei diesem Steuerpaket. Deswegen ist das doch eigentlich dann ein Anlaß, sich diese Punkte einmal anzuschauen. Worum geht es denn im Grunde genommen?
Wir haben, was den Weihnachtsfreibetrag anlangt, dasselbe Datum, dieselben Beträge: Weihnachten 1980 Veranderthalbfachung des Weihnachtsfreibetrages von 400 auf 600 DM. Das scheint also doch ein Festpunkt zu sein, auf den sich die deutschen Steuerzahler — konkret also hier die Arbeitnehmer — einstellen können.
Wir haben die Einbeziehung des Tariffreibetrages, der immerhin zusätzlich gewisse Verkomplizie-



Gobrecht
rungen gebracht hat, in den Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer und bei der Lohnsteuer; das steht in beiden Programmen; auch dies ist eine gewisse Vereinfachung.

(Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Durchaus vernünftig!)

Das ist eine vernünftige Änderung. Auch darüber gibt es offensichtlich keine Debatte.
Wir haben im Bereich der Sonderausgaben — Stichwort: Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen — durchaus ganz erhebliche Annäherungen. Da wir hier 1980 bereits eine Erhöhung hatten, steht im Koalitionspaket für 1982 eine weitere Erhöhung. Bei Ihnen ist es derselbe Betrag, aber ein Jahr davor. Das ist also doch auch ein Punkt, über den es nicht notwendig ist große Auseinandersetzungen zu führen. Für uns ist im übrigen in diesem Zusammenhang nicht uninteressant, daß vom Volumen der Begünstigung von Vorsorgeaufwendungen über den Vorwegabzug doch nahezu zwei Drittel bei den Arbeitnehmern ankommen.
Wenn wir uns dann den Steuertarif bei der Einkommensteuer, bei der Lohnsteuer anschauen, dann sehen wir, es ist in beiden Bereichen eine Abflachung der Progression enthalten bis zu dem Bereich von 60 000 DM für Ledige, bis zu dem Bereich von 120 000 DM für Verheiratete. Das ist also offensichtlich auch ein Eckpunkt, von dem man ausgehen kann.
Die Unterschiede beginnen hier beim Tarif darin, daß wir der Auffassung sind, es sei erforderlich, die Eingangszone, die sogenannte Proportionalzone, um 2 000 DM auszudehnen von 16 000 DM auf 18 000 DM bei Ledigen und bei den Verheirateten auf 36 000 DM, weil wir der Auffassung sind, daß dies ein ganz wesentlicher Vereinfachungsgesichtspunkt ist, um immerhin ab 1981 rund die Hälfte der Arbeitnehmer in diesen einfacher zu bearbeitenden Bereich der Proportionalbesteuerung hineinzubekommen. Ich meine, daß dies ein Punkt ist — wenn ich höre, was Sie inhaltlich wollen —, über den jedenfalls der große Streit auch nicht ausbrechen müßte. Deswegen müßte sicherlich nicht das Ganze bis zum Vermittlungsausschuß transportiert werden. Jede Sache, die in den Vermittlungsausschuß geht, ist ja letzten Endes auch ein Stück weg von der wirklichen parlamentarischen Entscheidung im Bundestag und im Bundesrat.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben dagegen im Tarifbereich die Senkung im Eingangssteuersatz von 22 % auf 21 %. Die Kollegin Matthäus hat schon vorhin gesagt, das ist grundsätzlich durchaus sympathisch; nur, wenn gerade Sie, Herr Kollege Häfele, immer wieder von den sogenannten heimlichen Steuererhöhungen sprechen, dann ist hier doch ein absoluter logischer Bruch. Heimlich ist hier sowieso nichts, und in diesem Bereich ist nun auch das, was Sie inhaltlich meinen, überhaupt nicht betroffen; denn hier ist eine ganz klare proportionale Zone mit 22 %, und die Kollegin Matthäus hat zu Recht darauf hingewiesen, daß ein viel zu großer Betrag von den doch sowieso viel zu geringen Mitteln, die wir haben, in diesen Bereich hineingeht. Das ist auch nicht der Bereich, wo es drückt. Nun mag es ja sein, daß Sie nicht unbedingt da entlasten wollen, wo es drückt; aber das vermute ich nicht, sondern ich gehe davon aus, daß auch Sie das wollen.
Wenn Sie das aber wollen, dann, meine ich, müßte es doch möglich sein, die wirklich entscheidende, effizient wirkende Finanzmasse in den Bereich hineinzutun, wo es wirkt, und dies ist der Anfangsprogressionsbereich.

(Beifall bei der SPD)

Da sind die Arbeitnehmer betroffen; da sind die Bürger mit vergleichbaren Einkünften betroffen, die sozusagen den Sprung aus der Proportionalzone in den Progressionsbereich machen. Hier haben wir, wenn man das langfristig ansieht, auch etwas dagegen, weil wir vermuten — und Sie sagen das ja auch —, daß das zu einem durchgehenden Progressionstarif hingehen soll, mit einem relativ niedrigen Steuersatz beginnend, bis zum Spitzensteuersatz hinauf in einer wie immer gestalteten Tarifkurve. Nur, da sind wir unverändert der Auffassung, daß dies nicht dem Gesichtspunkt der Vereinfachung so entspricht, wie das der proportionale Bereich tut, in dem rund 50 % der Arbeitnehmer sind, sondern daß dies dazu führen muß, daß sehr viel mehr Akten geführt werden müssen, daß jeder gezwungen ist, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, während das heute vielfach bei den Arbeitnehmern im Wege des Lohnsteuerjahresausgleichs durch die Arbeitgeber ausgeglichen werden kann, ganz abgesehen von dem Gesichtspunkt der Aktenführung, der Kontenführung und ähnlichem.
Wir meinen also, daß eine Senkung um einen Prozentpunkt nicht richtig wäre; denn erstens würde dadurch die Finanzmasse in einen falschen Bereich geschoben, zweitens brächte dies Bürokratieprobleme und Arbeitsprobleme mit sich, die nicht gut sind.
Die Unterschiede — das ist herausgearbeitet worden — liegen ganz offensichtlich zentral im Bereich der steuerlichen Berücksichtigung von Kindern, im Bereich der Besteuerung der Familien. Das ist sehr grundlegend, und dabei muß man sicherlich ein bißchen weiterdenken als nur an diese Debatte. Wir widersprechen unverändert ganz entschieden Ihrem Ansatz, Kinderfreibeträge wieder neu in das Steuerrecht einzuführen.

(Beifall bei der SPD)

Diese Rückfahrt in die 50er Jahre wollen wir wirklich nicht. Es ist schon hinlänglich ausgesagt worden, was dies im einzelnen bedeutet. Wenn man einmal den, wie Herr Kollege Häfele gesagt hat, sehr maßvollen Kinderfreibetrag von 600 DM zugrunde legt, ergibt sich immerhin für den Höchstverdienenden eine Steuerersparnis von 336 DM im Jahr. Für denjenigen, der als Arbeitnehmer in der Proportionalzone liegt, ergibt sich eine Steuerersparnis von lediglich 132 DM, also von nur zwei Fünfteln dessen, was der Höchstverdiener spart. Es leuchtet mir unverändert überhaupt nicht ein, warum das ausgerechnet auf diese Weise gemacht werden soll. Ich habe auch .den Eindruck, daß das der großen Mehr-



Gobrecht
heit der Bürger überhaupt nicht begreiflich zu machen ist.
Wenn wir den Tatbestand „Kind", wenn ich das so technisch ausdrücken darf, wieder in das Steuerrecht hineinnehmen wollen, dann meine ich schon, daß der sehr viel sinnvollere Ansatz der ist, den die Bundesregierung vorschlägt, nämlich eine Berücksichtung über den Kindergrundfreibetrag vorzunehmen, weil dadurch eine einheitliche, betragsmäßig gleiche Entlastung für alle eintritt.
Sie haben zu Recht gesagt: Es gibt auch sonst im Bereich der Einkommensteuer bestimmte Bereiche, in denen es progressionsabhängige Regelungen gibt. Nach Auffassung meiner Fraktion ist dies prinzipiell nicht richtig. Wir sind der Auffassung: Alle Ausgaben, Werbungskosten und ähnliche Dinge sind bei der Einkunftsermittlung abzuziehen. Dort, wo der Staat durch politische Entscheidungen in den Parlamenten sagt, hier solle etwas gefördert, etwas begünstigt werden, hier sollten Anreize für bestimmte Dinge gegeben werden, muß die steuerliche Entlastung für alle gleich sein. Nur dann ist sie sozial gerecht. Wir haben schon 1974 versucht, solche gleichmäßigen Entlastungen durchzusetzen, sind aber leider an den Mehrheiten gescheitert. Trotzdem bleibt das Ziel richtig. Genau diesem Ziel dient der Kindergrundfreibetrag.
Was das Volumen anlangt: Mit derselben Summe könnte der Bund, wenn er dies allein machte, das Kindergeld um 10 DM erhöhen. Wenn sich aber alle Steuergläubiger daran beteiligen — und das muß ja wohl auch der Sinn Ihrer Forderung nach einem Kinderfreibetrag sein —, dann ergibt sich das im Regierungsentwurf enthaltene Volumen von monatlich rund 30 DM, also fast das Dreifache. Ich meine, daß dies auch ein wichtiger Gesichtspunkt ist.

(Beifall bei der SPD)

Die Probleme der sogenannten Halbteilung, die beim Kindergrundfreibetrag auftauchen, sind aber ebenso beim Kinderfreibetrag vorhanden. Man muß also bei beiden Verfahren fragen, ob es machbar ist. Wir wollen die verteilungspolitische Schlagseite, die mit der alten Regelung der Kinderfreibeträge hervorgerufen würde, auf keinen Fall. Deshalb werden wir dem auch nicht zustimmen.
Da dies eine ganz offene Diskussion ist, möchte ich auch folgendes sagen. Die Kollegin MatthäusMaier hat gegen diesen Kindergrundfreibetrag gewisse Bedenken angemeldet. Das wird offen diskutiert. In meiner Fraktion gibt es — höflich ausgedrückt — entsprechende Bedenken z. B. gegen den Kinderzuschlag von 300 DM für die ersten sechs Monate. Es ist nun einmal so: Dieser Bereich ist ein Bereich, in dem man vernünftige Kompromisse schließen muß. Jeder der beteiligten Partner muß etwas zu diesem Kompromiß beitragen.

(Dr. von Wartenberg [CDU/CSU]: Wie in einer guten Ehe!)

— Ja, wie im Leben überhaupt, Herr Kollege von
Wartenberg. Es ist immer sinnvoll, nicht mit dem
Kopf durch die Wand zu wollen, sondern bereit zu sein, Kompromisse zu schließen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ein weiterer Unterschied, der mir noch nicht deutlich genug geworden zu sein scheint, liegt in der Forderung nach der Übernahme der Bilanzwerte für die Einheitsbewertung und die Vermögensteuer, die Sie hier unter dem Gesichtspunkt der Vereinfachung eingebracht haben. Das ist mit diesem Etikett nicht ganz sauber. Die Forderung, hier 1 Milliarde DM an Entlastung zu geben, ist, konkret ausgedrückt, die Forderung, die Vermögensteuer und die Gewerbesteuer zu senken.

(Zustimmung bei der SPD)

Das ist die konkrete Forderung, und dann müssen wir uns das doch einmal unter dem Gesichtspunkt anschauen, ob es denn eine Vereinfachung ist und ob es wirklich investitionsfördernd ist, wenn man hier etwas tut. Eine Vermögensteuer- und Gewerbesteuersenkung um 1 Milliarde DM nützt natürlich den großen Unternehmen und den Vermögensmillionären. Denn Sonderabschreibungen in hohem Maße — die dann ja wegfielen, weil sie die Werte dessen, was bei der Vermögensteuer besteuert wird, gemindert haben — haben nicht die kleinen und in der Regel auch nicht die mittleren Unternehmen, sondern sie fallen bei den wirklich großen Unternehmen, bei den Konzernen, an, und da liegt dann die Entlastung. Dies hat also nichts mit Mittelstandsförderung und hat nichts mit Selbständigenförderung zu tun. Es hat aber etwas damit zu tun, wieder neue Grauzonen zu schaffen, die abzuschaffen oder einzuschränken wir uns hier gerade vor einer Woche bei der Landwirtschaftsbesteuerung bemüht haben. Grauzonen haben im Steuerrecht wirklich nichts zu suchen. Es muß darum gehen, so etwas transparent zu machen, es offen auszuweisen. Dies ist das Problem: Hier wird sozusagen der Schnee über einen grünen Rasen gedeckt, es wird mit falschen Etiketten gearbeitet.
Das Steuervereinfachungsargument wäre in diesem Zusammenhang dann sinnvoll, wenn man es auf alles ausdehnte. Aber natürlich sagen Sie, wenn es um die Grundstücke geht, das geltende Recht gehe vor. Die Grundstücke haben ja in der Regel erheblich höhere Bilanzwerte als Einheitswerte. Wenn man das wirklich einheitlich machen wollte, wäre es schon konsequent, auch die ganzen Grundstücke mit ihren hohen Bilanzwerten einzubeziehen. Bitte schön, das ist ganz einfach; dann nimmt man auch da denselben Betrag in die Besteuerung bei der Vermögensteuer und der Gewerbesteuer hinein. Aber davon ist natürlich nicht die Rede.

(Kühbacher [SPD]: Das würde ja zu mehr Ehrlichkeit führen!)

— Genau, es würde zu mehr Ehrlichkeit, zu mehr Transparenz führen, und es machte den Vereinfachungsgesichtspunkt — wenn man ihn hier denn schon anwenden will — deutlich.
Meine Damen und Herren, es ist sicherlich auch nur eingeschränkt richtig, in diesem Zusammenhang von Investitionsförderung zu sprechen. Selbst-



Gobrecht
verständlich würde es, wenn man bei der Anschaffung von Anlagegütern hohe Sonderabschreibungen geltend machen kann, in Zeiten der Hochkonjunktur die Investitionen fördern. Das würde eindeutig zyklisch wirken und in Zeiten, in denen wir wirtschaftlich schwieriger dran sind, mit Sicherheit nicht helfen. Dann würden nämlich die angesammelten stillen Reserven praktisch dadurch abgebaut, daß man keine Neuanschaffungen machte. Dies ist also, wenn es in diesem Zusammenhang gebracht wird, auch wirtschaftspolitisch ein höchst zweifelhaftes Argument, und ich meine doch, daß wir es sehr kritisch diskutieren sollten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will hier nichts wiederholen, obwohl man darum leider nicht immer ganz herumkommt. Es ist hier schon einiges zum Volumen des Steuerpakets gesagt worden. Für uns, für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion, ist völlig klar, daß die Kosten von Afghanistan und den Folgen nun nicht isoliert und zuallererst von den Arbeitnehmern getragen werden sollen.

(Beifall bei der SPD)

Dies kommt überhaupt nicht in Frage. Man muß dies vielmehr, wie der Finanzminister zu Recht gesagt hat, im Zusammenhang sehen. Da ist der ganze Haushalt zu sehen, und zwar nicht nur der des Bundes. Da sind auch die Haushalte der Länder, die hier mit betroffen sind, zu sehen. All dies muß im Zusammenhang betrachtet werden. Gerade die Arbeitnehmer und die Familien mit Kindern haben einen Anspruch darauf, daß die Ankündigungen, sie müßten nicht als erste bezahlen, auch wahrgemacht werden.
Insgesamt meine ich, wir haben die Chance, hier ein vernünftiges Paket auf die Reise zu schicken, und wir sollten das bald tun, damit die Bürger wissen, was sie 1981 zu erwarten haben.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0820601200
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schleifenbaum.

Eckhard Schleifenbaum (FDP):
Rede ID: ID0820601300
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Das Timing der heutigen Steuerdebatte könnte die Vermutung aufkommen lassen, wir führten hier ein Schattenboxen über Steuerentlastungen und Steuervereinfachungen vor, während Bundeskanzler Schmidt, Bundesaußenminister Genscher und Bundesfinanzminister Matthöfer im Ausland bei unseren Freunden und Verbündeten mit Forderungen konfrontiert werden, die uns vor große Schwierigkeiten stellen, dies alles zu finanzieren. Wir sollten deshalb in der Offentlichkeit nicht die Illusion nähren, daß zusätzlich vorgetragene Wünsche ohne Abstriche bei anderen, liebgewonnenen öffentlichen Zuwendungen, aber auch öffentlichen Gewohnheiten, erfüllt werden könnten.
All dies heißt aber nicht, daß wir die von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwürfe zur Steuerentlastung und Steuervereinfachung generell zur Disposition stellen könnten. Man könnte sich ganz andere Bereiche der öffentlichen Haushalte für Abstriche vorstellen. Die FDP-Fraktion beteiligt sich deshalb nicht daran, jetzt an dem Steuerpaket herumzumäkeln.
Ich möchte mich bei meinen Ausführungen nun speziell dem sogenannten ,,Omnibus-Gesetz" — Drucksache 8/3688 — widmen, nachdem Frau Matthäus hinreichend zu dem Steuerentlastungspaket gesprochen hat.
Es handelt sich um den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze. „Omnibus" — für alle — in des Wortes ursprünglicher Bedeutung — war zwar ein handlicher Arbeitstitel, hat aber auf der anderen Seite viele Begehrlichkeiten geweckt, mit denen wir uns nun heute auseinandersetzen müssen. Für mich handelt es sich um eine Sparversion des Omnibus: klein, langsam und besetzt. Es können nicht alle Wünsche erfüllt werden, ob sie nun berechtigt oder unberechtigt seien.
Der wesentliche Aspekt dieses Gesetzes scheint mir zu sein, daß hier ein wesentlicher Beitrag zur Steuervereinfachung geleistet wird. Es finden sich darin zahlreiche Forderungen des FDP-Bundesparteitages von Bremen verwirklicht wieder.
Für die FDP war Steuervereinfachung schon vor der Gründung von überflüssigen und kurzlebigen Surrogat-Parteien ein Primat der Steuerpolitik. Allerdings kann nur ein Demagoge radikale Steuervereinfachungen und Steuergerechtigkeit gleichzeitig versprechen.
Das sogenannte Omnibus-Gesetz enthält in zahlreichen Abschnitten die Vereinfachung der Besteuerung von Bagatellsachverhalten. Ich möchte dazu einige Bemerkungen machen, soweit hier eine Diskussion anzusetzen hat.
Die Anhebung des Freibetrages für Trinkgelder auf 1200 DM jährlich ist zu begrüßen. Eine weitere Anhebung würde sicher einen progressiven Vereinfachungseffekt z. B. im Gaststättengewerbe und beim Friseurhandwerk bewirken. Eine generelle Befreiung der Trinkgelder von der Besteuerung klingt zwar logisch, birgt aber bei näherer Betrachtung ungeahnte Probleme der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.
Die vom Bundesrat geforderte Verbesserung der steuerlichen Behandlung von Zuwendungen an Arbeitnehmer aus Anlaß von Betriebsveranstaltungen sollte nicht von vornherein abgelehnt werden, sondern Merkposten bleiben. Für eine Erhöhung des Freibetrages ist die FDP in jedem Falle auch, sofern es machbar ist. Der jetzt geltende Betrag ist realitätsfern und löst in den Unternehmen viel Bürokratie aus.
Die FDP begrüßt die Einführung der Steuerfreiheit für Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche Tätigkeiten z. B. in Sportvereinen. Die neue sogenannte "Übungsleiterpauschale" von maximal 2 400 DM hilft vor allem den kleinen Vereinen weiter. Die „Tanzkapellen"-Einwände des Bundesrates sollten daher zwar überdacht, aber dennoch überwunden werden können.



Schleifenbaum
Schließlich ist die Idee der Bundesregierung, die Einkommensbesteuerung nach dem Verbrauch abzuschaffen, sehr hilfreich für den Abbau von Vorurteilen wegen der Unausrottbarkeit von überholten Vorschriften. Es leuchtet ja wohl auch jedermann ein, daß derjenige, der nachhaltig mehr ausgibt, als er einnimmt, weniger ein Objekt für die Besteuerung als ein Objekt für die Steuerfahndung ist.
Ich möchte nun auf einige weitere begrüßenswerte Änderungen des vorliegenden Entwurfs eines Artikelgesetzes eingehen.
Die Verbesserungen der Abschreibungsmöglichkeiten für Umweltschutzinvestitionen nach § 7 d des Einkommensteuergesetzes schlagen einschließlich des Verzichts auf Steuermehreinnahmen mit rund 350 Millionen DM zu Buche, und zwar die Verlängerung der Geltungsdauer bis 1989 mit 230 Millionen DM und die Erweiterung der Abschreibungsmöglichkeiten mit 125 Millionen DM. Es ist zwar legitime Interessenvertretung, sich hierüber auch noch zu beschweren; ich meine aber doch, DIHT und BDI sollten nunmehr die Kirche im Dorf lassen und das Prinzip der Ausgewogenheit dieses Gesetzes akzeptieren, und zwar auch im Kontext mit dem vorliegenden Steuerentlastungspaket der Bundesregierung. Wir erwarten nunmehr auch von der Wirtschaft etwas mehr Zurückhaltung bei der Aufstellung immer neuer Forderungen, insbesondere angesichts der vielen heute noch unerfüllbaren Wünsche weit geringerer Größenordnung. Darauf werde ich noch zurückkommen.
Die Verdoppelung der Bergmannsprämie kostet 110 Millionen DM. Wir unterstützen das Anliegen, diese flankiernde Maßnahme zur Energiepolitik der Bundesregierung und der Landesregierung NRW schnellstens in Kraft treten zu lassen. Es kann sich bei der Bergmannsprämie nicht um eine leistungsgerechte Zuwendung handeln; wir wollen damit aber den schweren Beruf des Bergmanns würdigen und zum Ausdruck bringen, daß wir den Bergmannsberuf fördern und erhalten wollen.
Der vorliegende Gesetzentwurf und die in dessen Aura sich abspielenden Vorgänge geben Veranlassung, über die vorgesehenen und zusätzlich gewünschten Steuerbegünstigungen nach § 10b des Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit § 51 ff. der Abgabenordnung nochmals gründlich nachzudenken.
Die Betrachtung des Gesetzentwurfs des Bundesrates zur Vereinsbesteuerung — Drucksache 8/ 3243 — kann hier ebensowenig ausgeklammert werden wie die vielfältigen und möglicherweise noch zunehmenden Forderungen nach Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Ich möchte nur am Rande vermerken, daß nach § 55 der Abgabenordnung die Selbstlosigkeit eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist. Es ergeben sich für mich in der Tat Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen privater Freizeitgestaltung und uneigennütziger Tätigkeit für die Allgemeinheit. Ich glaube, daß die Grenzen fließend sind. Außerdem ist sorgfältig abzuwägen, inwieweit
Interessenkollisionen der wirtschaftlichen Betätigung der Vereine gegenüber der gewerblichen Tätigkeit von Handel und Gaststättengewerbe hingenommen werden können. Wir werden dabei auch auf die Interessen des Mittelstandes zu achten haben. Ich glaube, daß der Mittelstand sich hier wieder einmal eher auf die FDP als auf die CDU/CSU verlassen kann. So werden wir auch den Vorschlag der Änderung von § 68 Nr. 7 der Abgabenordnung eingehend auf die Möglichkeit von Wettbewerbsverzerrungen abklopfen. Am ungeeignetsten scheint mir die Idee der Opposition zu sein, Freibeträge für Veranstaltungseinnahmen einzuführen, anstatt weiterhin mit Höchstbeträgen zu arbeiten.
Es versteht sich von selbst, daß die FDP einer Förderung der Vereine positiv gegenübersteht. Diese Institutionen sind aus gesellschaftspolitischen Gründen unverzichtbar. Die meist ehrenamtliche Tätigkeit der in den Vereinen tätigen Mitarbeiter, die uneigennützig zum Wohle der Allgemeinheit Dienst leisten, verdient volle Anerkennung. Die Tätigkeit der Vereine darf durch das Steuerrecht nicht behindert werden. Ihre Grenze findet eine günstige steuerliche Behandlung der Vereine jedoch dort, wo Grundsätze der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts und der Steuergerechtigkeit verletzt werden.
Als Schachspieler teile ich die Ansicht, daß es sich beim wettkampfmäßig betriebenen Schach um Sport handelt, und ich freue mich über den Schachzug, der den Schachspielern gegenüber der Bundesregierung beim Kampf um die Anerkennung des Schach als gemeinnützig gelungen ist.

(Zuruf von der SPD: Und wie sieht es beim Skatspiel aus?)

— Auf das Skatspiel komme ich natürlich noch. Das ist ganz klar.

(Zuruf von der SPD: Vorsichtig! Vorsichtig!)

Es ist ja wohl auch nicht auszuschließen, daß im zuständigen Ressort selbst geduldige Schachspieler am Werk sind oder am Werk waren. Als Finanzpolitiker allerdings versuche ich bisher vergebens, einen objektiven Maßstab zu finden, einerseits Schach als Sport anzuerkennen, andererseits anderen, ebenfalls wettkampfmäßig betriebenen Spielen dieses Prädikat nicht zuzuerkennen. Wie ist es z. B. mit Skat, mit Bridge, mit Schafkopf?

(Zuruf: Doppelkopf!)

Ein toleranter Schachspieler sollte sich hier nicht mit einem Nord-Süd-Gefälle des Schwierigkeitsgrades herausreden wollen.

(Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Wenn man so wenig Ahnung hat, sollte man darüber überhaupt nicht reden! Keine Ahnung! Sieht sein Manuskript hier zum erstenmal, wenn er es vorliest!)

— Na ja, Sie sitzen immer sehr gut da vorne; Sie reden nur für die Stenographen. Wir werden doch ein-



Schleifenbaum
mal durchsetzen müssen, daß sowohl vorne als auch hinten ein Stenograph sitzt.

(Rawe [CDU/CSU]: Geben Sie doch Ihr Manuskript den Stenographen, statt es hier vorzulesen! — Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Eine Zumutung, was Sie hier bieten!)

Ähnlich überkommt es mich, denk ich an den Modellflug. An sich hätte ich keine Bedenken, den Sportfliegern nicht allein deshalb den Status quo der Gemeinnützigkeit abzusprechen, weil sie eine Modellflugabteilung haben. Voraussetzung ist, daß sich das verfassungsmäßig wasserdicht reparieren läßt. Vielleicht wäre das ganze Problem schon mit der Einfügung einer Nr. 8 in den § 58 der Abgabenordnung vom Eis zu bekommen, analog Nr. 7 sie würde etwa so heißen:
Die Steuervergünstigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ...
und dann würde die neue Nr. 8 folgen:
... eine Körperschaft Abteilungen unterhält, die im Vergleich zu ihrer steuerbegünstigten Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung sind.
Wenn ich aber den Modellflug generell als Sport und damit als gemeinnützig anerkennen wollte, wo finde ich da den objektiven Maßstab, den Rennmodellfahrern, die sogar Grands Prix und Weltmeisterschaften austragen, oder den Schiffsmodellenkern das sportliche Motiv und Ziel abzusprechen? Ich nehme an, daß dann auch noch andere wach werden, an die ich im Augenblick noch gar nicht denke. Und besteht wirklich ein Bedarf, meine Damen und Herren, auch noch die nicht gewerbsmäßige Pflanzen- und Kleintierzucht in den Förderkatalog aufzunehmen, wie es der Bundesrat will?
Wir können und dürfen nicht „everybody's darling" sein.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Möller [CDU/CSU]: Da haben Sie rechtl)

Wir dürfen im Wahljahr kein Fingerhakeln um Wahlgeschenke zulassen, bei dem der gewinnt, der die stärkeren Bataillone und die stärkeren Präsidenten auf seiner Seite hat. Lieber möchte ich für niedrigere Steuersätze eintreten als für immer neue komplizierte Ausnahmen von der Besteuerung.
Ich vertraue auf die Bereitschaft der Bürger, sich nicht nach und nach jede Freizeitbeschäftigung im Namen eines guten Zweckes für die Allgemeinheit vom Staat honorieren zu lassen. Ich wehre mich gegen eine Entwicklung in eine gemeinnützige Gesellschaft. Dort gehört es dann schließlich zum guten Ton, gemeinnützig, d. h. steuerbegünstigt, tätig zu sein. Die an diesem Spiel Beteiligten wundern sich dann zum Schluß nur darüber, daß niemand etwas von der allgemeinen Gemeinnützigkeit hat, da jeder jedes Gemeinnützigkeit ja finanzieren muß. Die steuerbegünstigte Gemeinnützigkeit muß stets ein Ausnahmefall bleiben.
Anders ist es mit dem Gemeinwohl, dem jeder Bürger verpflichtet ist, auch ohne dafür vom Staat honoriert zu werden. Ich hoffe, dies kann eingesehen werden und wird beim betroffenen Bürger Verständnis finden.
Es verbleibt noch ein wesentlicher Punkt: die Absicht der Bundesregierung, den Abzugssatz für Spenden für kulturelle Zwecke von 5 auf 10 % der Einkünfte zu verdoppeln und die kulturellen Zwecke insofern den wissenschaftlichen und staatspolitischen Zwecken gleichzusetzen, sie aber andererseits von den mildtätigen Zwecken abzukoppeln, deren Abzugsfähigkeit auf 5 % beschränkt bleiben soll. Die FDP wird sich gegen eine solche Regelung nicht sperren, und sie erkennt an, daß die Regelung eine Ermunterung für die kulturelle Szene bedeutet und daß dies auch angemessen ist.
Einige von uns sind jedoch der Meinung, daß eine Hintansetzung der Abzugsfähigkeit der Spenden für mildtätige Zwecke nicht gerechtfertigt sei. Andererseits ist es finanziell nicht machbar, allen jeweils 10 % zuzubilligen. Ich meine aber, es sollte in den Beratungen nochmals darüber nachgedacht werden. Es wäre denkbar, für alle Zwecke einen kumulierten Gesamtabzug von 10 % zuzulassen. Dann kann sich jeder entscheiden, ob und wie er 10 % der Einkünfte als Spenden verteilen will.

(Beifall der FDP)

Es könnte sich durchaus auch einmal eine Priorität für „boatpeople" aus Vietnam oder Kambodscha oder für Kriegsflüchtlinge aus Afghanistan ergeben.
Das Einkommen eines Bundestagsabgeordneten ist kein Geheimnis. Jeder von uns könnte, vereinfacht betrachtet, 9 000 DM für kulturelle, wissenschaftliche oder staatspolitische Zwecke spenden.
Frau Präsident, die rote Lampe leuchtet auf; ich habe 20 Minuten angemeldet.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0820601400
Herr Kollge, die 20 Minuten sind eigentlich ein bißchen viel gewesen. Die anderen Fraktionen haben alle 15 Minuten bekommen. Aber Sie haben noch etwas Zeit, und wenn Sie sich ein bißchen beeilen, reicht das vielleicht.

(Rawe [CDU/CSU]: Er sollte schneller lesen! Er liest sowieso nur!)


Eckhard Schleifenbaum (FDP):
Rede ID: ID0820601500
Ich werde mich beeilen. Vielen Dank.
Seiner Partei kann der unverheiratete Kollege nur 600 DM steuerbegünstigt spenden, als ob er nur Einkünfte in Höhe von 6 000 DM im Jahre hätte. Auf Grund dieses Beispiels sollte es jedermann einleuchten, daß etwas mit der Relation im § 7 b des Einkommensteuergesetzes nicht stimmt. Zwar ist uns der Griff in die ganz großen Summen mit Recht und von Rechts wegen verwehrt worden; aber es fragt sich, ob die Parteien ihr Licht derart unter den Scheffel stellen müssen. Schließlich haben sie doch den verfassungsmäßigen Auftrag, an der Willensbildung des Volkes mitzuwirken, und dazu möchte ich hiermit auch zu diesem Thema in aller Bescheidenheit beigetragen haben.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Gestatten Sie mir noch ein abschließendes Wort zu einem durch das Omnibus-Gesetz nicht befriedigten Wunsch. Er kommt weder von der Bundesregierung noch vom Bundesrat noch von der Opposition noch von irgendeinem Verband, nein, er kommt



Schleifenbaum von der Familie Zimmermann, die vielen von Ihnen durch liebenswürdige und einfallsreiche Interventionen zu § 7 b des Einkommensteuergesetzes bekannt ist. Es muß einmal möglich sein, in diesem Hause einen Dialog mit einem einfachen engagierten Bürger fortzusetzen,

(Beifall bei der SPD)

und zwar stellvertretend für viele andere. Ich halte das Anliegen, die in § 7 b des Einkommensteuergesetzes seit anno Tobak festgelegte Frist des 1. Januar 1964 als Vorbedingung für die Inanspruchnahme der Abschreibung für Ausbauten und Erweiterungen von Häusern an die Realitäten anzupassen und eventuell flexibel zu gestalten, im Prinzip für berechtigt. Beim Festhalten an der Frist wird der ursprüngliche Wille des Gesetzgebers immermehr verfremdet. Momentan ist die Sache zu teuer; sie mag 50 Millionen DM kosten. Ich meine, wir sollten die Angelegenheit bei der noch ausstehenden Beratung des § 7 b-Berichts der Bundesregierung noch einmal aufgreifen.

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0820601600
Herr Kollege, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie im Interesse des Hauses zum Schluß kämen.

Eckhard Schleifenbaum (FDP):
Rede ID: ID0820601700
Ja, Frau Präsident, ich komme sofort zum Schluß.
Vielen Dank, Familie Zimmermann, für die sinnvolle Anregung, für ihr Verständnis dafür, daß nicht alles auf einmal geregelt werden kann! Um Mißverständnisse zu vermeiden: Ich meine natürlich nicht den verehrten Kollegen Zimmermann in diesem Haus; der wird sich eh' nicht bremsen lassen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0820601800
Das Wort hat Herr Minister Hirsch.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0820601900
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schleifenbaum hat soeben gesagt, man könnte nicht everybody's darling sein. Herr Schleifenbaum, die Gefahr ist bei uns beiden denkbar gering.

(Dr. Hennig [CDU/CSU]: Ausgerechnet!)

Ich will mich auch ganz kurz fassen, um nicht am Ende nobody's darling zu sein.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Dies ist ein Gesetzentwurf der Parteien und nicht des Bundesrates, Herr Minister! — Zuruf des Abg. Damm [CDU/CSU] — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

— Herr Kollege, Sie haben vollkommen recht. Darum lassen Sie mich zuerst eine Bemerkung machen.
Was den zeitlichen Ablauf der Beratungen anbetrifft, so beraten beide Häuser nebeneinander. Ich habe gebeten, einige ganz kurze Bemerkungen machen zu dürfen, um auch diesem Hause die Gelegenheit zu geben, das, was uns dabei im Bundesrat beschäftigen wird, mit in Ihre Debatte einzubeziehen.
Wir sehen der Novelle wirklich mit großem Interesse entgegen. Wir halten sie für dringend notwendig. Das Wohngeld hat ja zwei Funktionen: Es ist einmal eine Möglichkeit, die Subjektförderung zu verbessern, also ein auf die persönlichen Verhältnisse bezogenes angemessenes Wohnen zu ermöglichen; zum anderen wirkt es in die Objektförderung hinein, weil es dem Bürger ermöglicht, nicht nur im sozialen, sondern auch im freifinanzierten Wohnungsbau an marktgerechtere Mieten heranzukommen. Das ist eine dringende Aufgabe für jeden, der den Wohnungsbau nicht nur im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus fördern will, sondern der auch die Chance für den freifinanzierten Wohnungsbau eröffnen will.
Die Länder plagt insbesondere das Problem der sogenannten Nachsubventionierung, also die Verpflichtung, die gewährten Konditionen für den Wohnungsbau aus sozialen Gründen nachträglich zu verbessern, obwohl doch an sich die Mittel, die wir für die Nachsubventionierung aufbringen, für die Finanzierung von Neubauten bestimmt sind. Die Novellierung des Wohngeldgesetzes ist also notwendig, um uns von der Verpflichtung zur Nachsubventionierung zu entbinden, eine Sache, die inzwischen sieben Bundesländer betroffen hat. Wir in Nordrhein-Westfalen haben mit Rücksicht auf die zu erwartende Novelle den Abbau der Subventionen für ein Jahr angehalten, um die Novellierung dieses Gesetzes abzuwarten.
Ich möchte zur Novelle selbst drei Bemerkungen machen.
Das erste ist, daß das Wohngeldverfahren trotz aller Bemühungen Einsatz der Datenverarbeitung und Ausnutzung aller verwaltungstechnischen Möglichkeiten — immer noch außerordentlich aufwendig ist. Wir geben etwa 9 % der Leistungen für Verwaltungsaufwand aus. Das bedeutet für einen Wohngeldbescheid einen Verwaltungsaufwand von etwa 50 DM. Das ist zu viel. Ein wesentlicher Grund dafür ist die außerordentliche Kompliziertheit des Einkommensbegriffes. Es müßte also ein gemeinsames Ziel sein, das mit dieser Novelle wohl kaum oder nur zu einem Teil zu erreichen ist, den Einkommensbegriff zu vereinfachen.
Zweite Bemerkung. Diese Novelle begünstigt im wesentlichen die Haushalte mit vier oder mehr Personen, während die Ein- und Zwei-Personen-Haushalte kaum von der Novelle profitieren.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Ein richtiger Einwand!)

1978 waren unter den Wohngeldempfängern im Bundesgebiet 933 000 Ein-Personen-Haushalte, 60 aller Wohngeldempfänger. Die Zahl der Zwei-Personen-Haushalte betrug 268 000; das sind rund 17 der Wohngeldempfänger. Daraus ergibt sich, daß sich etwa 77 % aller Wohngeldempfänger in der Gruppe der Ein- und Zwei-Familien-Haushalte befinden, die sich zu über 90 % aus Rentnern zusammensetzen.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: So ist es!)

Das ist das Hauptproblem, das ich bei diesem Zuschnitt der Novelle sehe.



Minister Dr. Hirsch (Nordrhein-Westfalen)

Die Renten sind seit 1978 um 12 % gestiegen. Die Einkommensgrenzen bei den Ein-Personen-Haushalten werden in dieser Novelle um 3,9 % angehoben, bei den Zwei-Personen-Haushalten um knapp 12 %. Wir müssen, so finde ich, bei allen Beschränkungen, die uns das Steuerpaket auferlegt, die Möglichkeit suchen, zu verhindern, daß eine größere Zahl von Rentnern, also gerade von alten und sozial bedürftigen Personen, aus den Grenzen des Wohngeldgesetzes herausfallen.

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Und in die Sozialhilfe fallen!)

Wir werden uns im Bundesrat um eine solche Lösung bemühen und auch einen entsprechenden Antrag im Wohnungsbauausschuß stellen, der am Montag tagt. Ich wäre den Fraktionen dieses Hauses dankbar, wenn sie sich um ähnliche Lösungen bemühten. Wir als Länder greifen dabei nicht ausschließlich in fremde Taschen, weil sich die Länder zu 50 % an den durch das Wohngeldgesetz verursachten Kosten beteiligen.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Und das ist gut so!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0820602000
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Möller.

Dr. Franz Möller (CDU):
Rede ID: ID0820602100
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben gerade mit Sympathie vernommen, daß die Regierungskoalition dem Minister des Landes Nordrhein-Westfalen Beifall geklatscht hat, obwohl in ihrem Gesetzentwurf etwas anderes steht als das, was der Minister besonders begrüßt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im übrigen ist es schon bemerkenswert, daß in einer Debatte über einen Initiativgesetzentwurf aus dem Hause ein Vertreter des Bundesrates zuerst das Wort nimmt und nicht abwartet, bis diese Vorlage begründet worden ist. Aber, Herr Minister Dr. Hirsch, wir haben Ihre Ausführungen in der Tat mit Interesse und mit Sympathie für das zur Kenntnis genommen, was Sie zu den Ein- und Zwei-PersonenHaushalten gesagt haben; darauf komme ich gleich noch zurück.
Der jetzt von der SPD/FDP-Regierung vorgelegte Entwurf hat eine richtige Zielsetzung und auch einige vernünftige Schwerpunkte, die wir begrüßen; auch darauf komme ich gleich noch zurück.
Zunächst einige kritische Bemerkungen: Es ist beklagenswert, daß die Bundesregierung — voran Finanzminister Matthöfer und Bundeskanzler Schmidt — genau dort Kürzungen und Streichungen durchgesetzt hat, wo am meisten Bedarf ist, nämlich bei den Rentnern.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Bei den Rentnerhaushalten wird gespart; die Versprechungen der Vertreter der SPD-Fraktion werden wiederum zurückgenommen. Sie, Herr Kollege Krockert, haben in der „Mieterzeitung" gefordert, daß gerade für die Rentner eine Anpassung notwendig sei, die für die nächsten drei Jahre ausreiche; Herr Kollege Waltemathe hat sich in ähnlicher Weise geäußert. Aber, meine Damen und Herren, genau 280 Millionen DM werden den Rentnern von der Bundesregierung vorenthalten. Denn so viel wäre zusätzlich erforderlich gewesen, um zu einer wirklich spürbaren Entlastung und Anpassung für die Rentner zu gelangen.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Herr Matthöfer, Ihr Werk!)

Nach dem Wohngeld- und Mietenbericht leben 77 % der Wohngeldempfänger in Ein- und Zwei-Personen-Haushalten; davon sind rund 90 % Rentnerhaushalte. Und gerade bei den Rentnern will die Bundesregierung jetzt sparen. Diesen — den Rentnern — versagt die Bundesregierung die Anpassung des Wohngeldes an die allgemeine Mieten- und Einkommensentwicklung.
Nach dem Entwurf der FDP/SPD-Koalition werden die Ein-Personen-Haushalte künftig durchschnittlich lediglich 13 DM mehr an Wohngeld erhalten; das sind nicht einmal 7 % Steigerung seit der letzten Angleichung. Das ist eine Erhöhung, die bei der nächsten Rentenerhöhung schon wieder unter den Tisch fällt, also dem Rentner auf Dauer praktisch nichts bringt, obwohl gerade die Rentner die gestiegenen Mietkosten in der letzten Zeit besonders zu spüren bekommen haben.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Aus dem Mietenbericht geht hervor, wie sehr sich die Mietpreise gerade für Rentnerhaushalte entwikkelt haben.
Sowohl nach dem Mietindex als insbesondere auch angesichts der allgemeinen Preissteigerungen hätten die Rentner eine wirkliche, eine spürbare Anpassung verdient. Das, was ihnen jetzt nach den Ankündigungen und den damit geweckten Erwartungen- als Anpassung verkauft wird, ist nicht mehr als ein Almosen, das nur für ein Jahr reicht, weil es dann von der Mieten- und Einkommensentwicklung eingeholt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was die Rentnerhaushalte künftig bekommen werden, ist eben keine echte Anpassung. Gerade unsere Rentnerhaushalte haben ja nicht nur unter den gestiegenen Mietpreisen, sondern ganz besonders auch unter den enormen Heizungs- und Warmwasserkosten zu leiden, die in den Mietindex nicht aufgenommen sind. Wie sehr diese Preise in den letzten Wochen und Monaten gestiegen sind, wissen wir alle.
Viele Rentner kommen auch nicht in den Genuß eines Heizölkostenzuschusses, weil wir in diesem Gesetz nur relativ niedrige Einkommensgrenzen festgelegt haben.
Das Ergebnis ist also für unsere Rentner nicht nur mager, sondern unzumutbar.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nach den Ankündigungen und Versprechungen
werden sie jetzt erneut enttäuscht. Viele werden



Dr. Möller
weiter auf Sozialhilfe angewiesen bleiben, die ja bekanntlich von den Gemeinden zu zahlen ist. Die Bundesregierung und die Koalition machen wieder einmal Politik zu Lasten der Rentner und auf Kosten der Gemeinden.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Und Doppelstrategie!)

Ein zweiter Nachteil des vorliegenden Entwurfs ist auch darin zu sehen, daß die Bundesregierung und die Koalition erneut keinen Vorschlag für die Wohngeldempfänger in den Ballungsrandzonen unterbreiten. In den Ballungsrandzonen sind die Wohnungsmieten häufig höher als im Ballungskern. Nach dem Wohngeldgesetz bekommen diese Mieter aber ein geringeres Wohngeld als die Mieter in den Ballungskernen. Es ist zu bedauern, daß dieses Thema ebenso wie die Frage der Abgrenzung des Wohngelds zur Sozialhilfe nicht neu geregelt wird.
Nach diesen kritischen Anmerkungen zum Entwurf einige positive Bemerkungen.
Erstens. Wir begrüßen die gezielte Verbesserung der Wohngeldleistungen für Familien mit zwei und mehr Kindern. Die Koalition und die Bundesregierung kommen hier mit dreijähriger Verspätung auf einen Vorschlag zurück, den wir von der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion schon bei der Beratung der vierten Wohngeldnovelle hier im Bundestag eingebracht haben.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Da ist es abgelehnt worden!)

Es ist interessant, mit welcher Begründung damals unser Antrag abgelehnt worden ist. Sowohl der damalige Bundesbauminister Ravens als auch der Sprecher der SPD haben unseren Antrag mit dem Hinweis abgelehnt, daß die Verbesserungen für die Familien nur auf Kosten der Rentner möglich seien. Unser damaliger Vorschlag zur Verbesserung des Wohngeldes für Familien mit Kindern hätte bei den Rentnern zu Kürzungen von sage und schreibe nur 20 Millionen DM geführt. Die jetzt von der Bundesregierung . vorgenommenen Kürzungen zu Lasten der Rentner belaufen sich aber auf 280 Millionen DM. Sie von der Koalition machen diese Politik zu Lasten der Rentner entgegen Ihren Ankündigungen sich zu eigen und beugen sich der Regierung.

(Zustimmung bei der CDU/CSU — Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Genauso ist es!)

Zweitens. Wir begrüßen die Anhebung der Freibeträge für Heimkehrer, für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung, für Vertriebene und Flüchtlinge und insbesondere für die Aussiedler.
Drittens. Wir begrüßen weiter, daß in diesem vom Bundesbauministerium formulierten Gesetzentwurf ein ernsthafter Versuch zur Verwaltungsvereinfachung unternommen wird. Insofern unterstützen wir Sie, Herr Minister Hirsch, auch in. dieser Beziehung. Diese Vorschläge insbesondere zur Vereinfachung der Einkommensermittlung scheinen uns Erleichterungen für die Verwaltung zu bringen und das Wohngeldverfahren zu beschleunigen.
Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind aber noch folgende Fragen offen, die wir in den Ausschußberatungen zu diskutieren haben.
Erstens. Die Beseitigung von Unstimmigkeiten bei der Berechnung des Wohngeldes nach Ausdehnung oder Erweiterung von Wohnraum.
Zweitens. Bei der auch von uns begrüßten Einführung von Freibeträgen für mitverdienende Kinder wird zu prüfen sein, ob nicht alle Einkunftsarten berücksichtigt werden sollen.
Drittens. Wir werden uns noch darüber zu unterhalten haben, ob die Neuregelung der Einkommensermittlung nicht erst mit Wirkung vom 1. Januar 1981, sondern schon zum 1. Oktober 1980 in Kraft treten sollte. Eine solche Verbesserung könnte gerade für Rentner eine wünschenswerte Verbesserung des Wohngeldes zur Folge haben.
Viertens. Wir sind auch bereit, Herr Kollege Waltemathe, darüber zu sprechen, ob durch die Gewährung eines Umzugskostenzuschusses die Mobilität von Mietern gefördert werden kann.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist bereit, diese Gesetzesnovelle in aller Zügigkeit zu beraten.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0820602200
Das Wort hat der Abgeordnete Waltemathe.

Ernst Waltemathe (SPD):
Rede ID: ID0820602300
Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich eben teilweise gefragt, ob der Bundestagsabgeordnete Dr. Möller oder der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises für den „Rhein-Sieg-Anzeiger" gesprochen hat, soweit es das örtliche Problem anlangte.

(Zuruf des Abg. Dr. Möller [CDU/CSU])

Ich möchte zu drei Aspekten der Wohngeldnovelle Stellung nehmen.
Das erste ist die Frage des Stellenwerts des Wohngelds im Rahmen der öffentlichen Wohnungsbauförderung. Bei der aktuellen wohnungspolitischen Diskussion über Engpässe der Wohnungsversorgung auf regionaler Ebene, die sich besonders in Großstädten wieder breitmachen, ist es erforderlich, etwas darüber auszusagen, was jedenfalls aus unserer Sicht Wohngeldzuschüsse bewirken sollen und was sie nicht bewirken können.
Sozialpolitisch halten wir Sozialdemokraten das Wohngeld für eine der sinnvollsten und gerechtesten Subventionen, weil dabei staatliche Mittel wirklich und kontrollierbar dorthin gelangen, wo sie benötigt werden. Wohnungspolitisch ist das Wohngeld ein Instrument, mit dem auch minderbegüterte Haushalte nicht über einen angemessenen und zumutbaren Eigenanteil hinaus an den Wohnkosten beteiligt werden. Damit ist die Aufgabenstellung klar umrissen. Das Wohngeld soll das Wohnen in ausreichend großen und ausreichend ausgestatteten Wohnungen wirtschaftlich möglich machen.
Der Mieten- und Wohngeldbericht, der uns zugegangen ist, zeigt, daß die Haushalte aller Wohngeldempfänger im Durchschnitt mit rund 15 % des Brut-



Waltemathe
tofamilieneinkommens bzw. knapp 24% des Nettofamilieneinkommens aus eigenen Mitteln zu ihrer Wohnversorgung beitragen. Das heißt, Wohngeld gleicht darüber hinausgehende Kosten aus. Das bedeutet, daß nach wie vor jener Satz gilt, den ich, aber auch viele andere, die aus Arbeiterhaushalten kommen, von früher her kennen: Der Inhalt einer Wochenlohntüte ist für die Miete zu kalkulieren. Mehr ist auch heute nicht zumutbar, besonders bei dem Steigen anderer Kosten, die mit der Wohnung zusammenhängen, z. B. Strom-, Heizungs-, Wasser- und Bewirtschaftungskosten.
Was Wohngeld aber nicht zu leisten vermag und wofür es nicht in erster Linie gedacht ist, ist dies: Das Wohngeld kann die öffentliche Förderung des Baus von Mietwohnungen, Eigentumswohnungen und Familieneigenheimen, die sogenannte Objektförderung, nicht ersetzen, sondern die hier trotz staatlicher Subvention verbleibenden Wohnkosten allenfalls im Einzelfall angemessen mindern.
Die CDU/CSU muß sich entscheiden, ob sie der ursprünglichen These des Herrn Professors Biedenkopf folgen will, wonach sozialer Wohnungsbau überhaupt keine Aufgabe mehr hat, oder ob es zutrifft, wenn Herr Köppler jetzt — anscheinend im Rahmen des nordrhein-westfälischen Wahlkampfs — angeblich im Einvernehmen mit Herrn Biedenkopf

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Da gibt es keine Differenzen!)

genau das Gegenteil behauptet,

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Da bauen Sie einen Popanz auf!)

daß nämlich eine Garantie für die Fortsetzung des sozialen Wohnungsbaus auch bei einer CDU-Landesregierung übernommen würde.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Das haben Sie nicht so richtig erfaßt! — Dr. Möller [CDU/CSU]: Was haben Sie dagegen?)

Sie müssen sich klar äußern, was denn nun eigentlich gelten soll.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Sagen Sie, was Sie von den Äußerungen von Herrn Hirsch halten!)

Die Wohngeldgesetzgebung kann keine Versorgungsengpässe auf den Wohnungsmärkten lösen. Wohngeld kann auch nicht privaten Vermietern eine kostendeckende oder gewinnbringende Miete garantieren. Wohngeld ist keine Subvention an Vermieter, sondern eine individuelle Hilfe an Wohnparteien.
Schließlich: Das Wohngeld kann zwar dazu beitragen, daß im Althausbestand Wohnungsmodernisierungen nicht zu einer Verdrängung der ansässigen Mieter führen, indem die höheren Kosten teilweise aufgefangen werden können. Gleichwohl bleibt es erforderlich, auch die Modernisierung selbst öffentlich zu fördern.
Der zweite Aspekt ist der Inhalt der eingebrachten Novelle. Wir bekennen uns dazu, daß im Wohngeldrecht zwar keine automatische Dynamisierung der geltenden Tabellen von Jahr zu Jahr stattfindet, daß aber die Obergrenzen von Einkommen und Wohnkosten von Zeit zu Zeit an die Entwicklung anzupassen sind. Denn ohne eine solche Anpassung würde bei nominal steigenden Einkommen real Wohnkaufkraft verlorengehen. Anders ausgedrückt: Das Verhältnis zwischen dem verfügbaren Einkommen und der Belastung durch Wohnkosten würde sich zuungunsten der sozial Schwächeren verschieben.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Aber echt anpassen tun Sie jetzt nicht!)

Die Sozialdemokraten bekennen sich darüber hinaus dazu, daß die innere Struktur der Wohngeldgesetzgebung zugunsten der größeren Haushalte verbessert werden muß, die nach wie vor in zu kleinen Wohnungen leben und deren Kinder nach wie vor schon wegen der Enge ihres Zuhauses ungünstigere Entfaltungsmöglichkeiten haben. Deshalb haben wir zusammen mit den Freien Demokraten rechtzeitig Schritte überlegt und unternommen, um Familien ab vier Personen mehr Chancen auf dem Wohnungsmarkt zu verschaffen und das Wohnen in ausreichend großen Wohnungen finanziell zu ermöglichen.

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Das haben wir vor drei Jahren schon mal gebracht, Herr Waltemathe!)

Wir begrüßen es, daß unsere Vorarbeiten fast vollständig in die Vorstellungen Eingang gefunden haben, die das Kabinett für eine Novellierung des Wohngeldrechts entwickelt hat. Es geht um Einkommensgrenzen, die die Familiengröße besser berücksichtigen, sowie um eine die Familiengröße besser berücksichtigende und kinderfreundlichere Lösung der Wohnkostenhöchstbeträge, die anerkannt werden können, damit sich auch größere Familien mehr Zimmer als bisher leisten können. Weiter geht es um eine Berücksichtigung der besonderen Belastungen, die eine sogenannte unvollständige Familie mit einem alleinerziehenden Elternteil ohnehin hat, durch einen besonderen Einkommensfreibetrag. Ich nenne die Belassung zumindest eines Taschengeldes bei dem mitverdienenden oder in Ausbildung befindlichen Kind in Form eines Einkommensfreibetrags sowie die einkommensmindernde Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen beim Zahlungspflichtigen.
Diese Maßnahmen zusammen lohnen bereits eine Novelle, weil sie zu größerer sozialer Gerechtigkeit führen werden. Kinder- und Familienfreundlichkeit, über die gestern hier debattiert worden ist, muß, sowie sie überhaupt mit materiellen Dingen zusammenhängt, nicht nur dadurch praktisch dokumentiert werden, daß man sich immer neue und schönere Maßnahmen einfallen läßt. Der Gesetzgeber kann Kinder- und Familienfreundlichkeit auch dadurch beweisen, daß er bewährte Instrumente wie das des Wohngeldes so weiterentwickelt, daß sie auf die konkrete Familiensituation anwendbar sind.

(Beifall bei der SPD)

Im übrigen können die vorgeschlagenen Maßnahmen einen zusätzlichen Beitrag dazu leisten, daß



Waltemathe
sich einkommensschwächere Familien, die das wollen, ihren Wunsch nach Wohneigentum leichter erfüllen können.
Der dritte Aspekt ist die finanzpolitische Komponente, die es zweifellos gibt und die natürlich zu Konsequenzen führt. Einerseits sinken die Wohngeldausgaben durch eine Dynamisierung nach unten von Jahr zu Jahr um etwa 120 Millionen DM, Bund und Länder zusammengenommen. Sie würden also auch weiterhin sinken, wenn keine Anpassung der Einkommens- und der Wohnkostengrenzen erfolgte. Andererseits stoßen Anpassungen der Tabellen auf haushaltsmäßige Grenzen im Bund und in den Ländern. Von diesen Grenzen können wir ein Lied singen. Es ist also nicht so, daß die Bundestagsfraktionen von SPD und FDP im Herbst 1979 gemeint hätten, die höchsten Beträge seien gerade gut genug. Eine vollständige Anpassung und Weiterentwicklung des geltendem Rechts und die Einführung der geschilderten strukturellen Besserstellung von Haushalten von vier und mehr Personen hätten mehr Geld gekostet als die jetzt vorgelegte Novelle; da gibt es keinen Zweifel.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Sie wollten doch auch mehr, Herr Waltemathe!)

Die Situation ist nämlich folgende. Für Haushalte ab vier Personen werden die vorgeschlagenen Verbesserungen zusammengenommen etwa einen Betrag von knapp 390 Millionen DM — gemeinsam bei Bund und Ländern — im Jahre 1982 zusätzlich erfordern. Stehen dann für die Verbesserung insgesamt aber nur 600 Millionen DM zur Verfügung, so ist der Rest von 210 Millionen DM logischerweise auf rund drei Viertel aller Haushalte, nämlich auf die Ein-, Zwei- und Drei-Personen-Haushalte, zu verteilen. Hier kann es also allenfalls um eine Erhaltung der Wohnkaufkraft gehen; diese ist allerdings erreichbar.
Wer für die Ein-, Zwei- und Drei-Personen-Haushalte mehr erreichen will, muß sagen, woher er zusätzliche Mittel durch Einsparungen an anderen Stellen bekommen will.

(Abg. Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

— Ich kann keine Zwischenfrage zulassen, weil meine Redezeit abläuft.
Wir haben gern vernommen, daß Sie, Herr Minister Hirsch, an die Fraktionen appelliert haben. Der Appell an die SPD-Fraktion fällt auf jeden Fall auf fruchtbaren Boden. Wir hoffen, es gelingt uns, durch Überlegung herauszufinden — selbstverständlich mit unserem Koalitionspartner -,

(Beifall bei der FDP)

wie es ermöglicht werden kann, aus den Haushalten, von denen ich gerade sprach, eine noch etwas bessere Finanzmasse für die Wohngeldgesetzgebung zu bekommen. Das ist nur möglich, wenn wir das Steuerentlastungspaket, das hier ebenfalls debattiert worden ist, nicht etwa in der Substanz verändern, sondern uns gewisse Umverteilungen überlegen. Vielleicht gelingt es uns, während der Ausschußberatungen noch etwas für die Wohngeldempfänger zu tun.
Eines können wir allerdings schon jetzt mit aller Deutlichkeit sagen:

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Daß Sie sich nicht durchgesetzt haben!)

Das Gesetz bleibt nicht so, wie es ist; wir werden durch geeignete Maßnahmen Vorsorge dafür treffen, daß das Folgegesetz zum 21. Rentenanpassungsgesetz, das ja durch Einführung eines Krankenversicherungsbeitrags zu einer scheinbaren Einkommensverbesserung für Rentner ab 1982 führen würde, für die Rentner keine Belastungen bringt, sondern sozusagen wohngeldneutral ist. Diese Einkommenserhöhung ist ja nicht echt und darf daher auch nicht wohngeldmindernd wirken.
Im übrigen werden wir durch zügige Beratungen in den Ausschüssen dafür Sorge tragen, daß eine endgültige Verabschiedung der sechsten Wohngeldnovelle bis Jahresmitte erfolgt und das Gesetz damit, wie vorgesehen, am 1. Januar 1981 in Kraft treten kann.

(Beifall bei der SPD und der FDP)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0820602400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hoppe.

Hans-Günter Hoppe (FDP):
Rede ID: ID0820602500
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es liegt mir daran, am Ende dieser Debatte deutlich zu machen, was es mit dem Vorbehalt auf sich hat, den die FDP zu den Steuerbeschlüssen erklärt hat. Ich tue dies in Absprache mit meinem Parteivorsitzenden und Außenminister.
Parlamentarische Initiativen sollen gemeinhin zum Erfolg führen. Wie die Bundesregierung gehen deshalb auch die Koalitionsfraktionen davon aus, daß diese Gesetzesvorlagen möglichst wie vorgesehen verwirklicht werden. Ebenso wie die Bundesregierung kann aber auch die Fraktion der Freien Demokratischen Partei finanzwirtschaftliche Rückwirkungen aus der Entwicklung der internationalen Lage nicht ausschließen, dies um so weniger, als solche Risiken voll zu Lasten des Bundeshaushalts gehen. Dies ist der Grund, warum die Freien Demokraten erklärt haben, daß Einschränkungen des Volumens des Steuerpakets dann in Erwägung gezogen werden müssen, wenn Leistungen, die ihre Ursache im wesentlichen in der internationalen Entwicklung haben, nur so ausgeglichen werden können.
Es ist zwar richtig, daß es keine neuen Tatsachen gibt, die es rechtfertigen würden, über den Umfang des Steuerentlastungspakets grundlegend neu zu beraten. Tatsache ist aber auch, daß die in Mark und Pfennig auszudrückenden finanziellen Konsequenzen aus diesen Fakten bis heute noch nicht auf dem Tisch liegen. Angesichts dieser Unklarheit kommt es jetzt für das Parlament darauf an, das Ausmaß der von allen Parteien gewollten Steuererleichterungen für den Bürger gegen die Haushaltsrisiken sorgfältig abzuwägen.
Gewiß ist das Programm zur Steuerentlastung und Familienförderung ein mutiges Programm; aber
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 206. Sitzung. Bonn. Freitag, den 7. März 1980 16533
Hoppe
Mut allein genügt nicht. Die isolierte Betrachtung nur eines Aspekts der Politik, und mag er noch so bedeutsam sein wie das Steuerpaket 1981 /82, verbietet sich angesichts der vom Bundesfinanzminister mit seinem Schreiben vom 31. Januar 1980 ausgebreiteten Überlegungen von selbst. Wenn sich der Herr Finanzminister, wie er es heute hier noch einmal dargetan hat, bei der Aufstellung des nächsten Haushalts vor enorme Schwierigkeiten gestellt sieht und stärkste Bedenken gegen eine noch höhere Kreditfinanzierung anmeldet, dann muß die Entscheidung über Struktur und Umfang des Pakets in die finanzielle Gesamtlage eingebettet bleiben.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir Freien Demokraten sind deshalb der Meinung, daß die Steuerentlastung nicht zu einer Gleichung mit drei Unbekannten werden darf. Unbekannt ist die Höhe der auf den Haushalt zulaufenden Mehrausgaben aus internationaler Verpflichtung. Unbekannt ist, in welchem Umfang eine solche Mehrbelastung des Haushalts durch eine Umsatzsteuerneuverteilung zwischen Bund und Ländern ausgeglichen werden kann. Unbekannt sind außerdem die Veränderungen auf der Einnahmeseite des Haushalts, die erst die neue Steuerschätzung offenkundig machen wird.
Das Parlament darf sich deshalb seiner gesamtpolitischen Verantwortung nicht entziehen. Niemand wird sich die Peinlichkeit leisten wollen, morgen eine steuerpolitische Entscheidung von heute als Irrtum entschuldigen zu müssen. Für raffiniert inszenierte taktische Spiele ist in dieser schwierigen Phase internationaler und nationaler Politik kein Platz. Die Bevölkerung ist hellhörig geworden und will wissen, woran sie ist. Dabei ist den Bürgern sehr klar, daß zusätzliche Belastungen von der Bundesrepublik Deutschland übernommen werden müßten. Die Bürger wissen, daß dies auch für sie Einschränkungen und Abstriche bedeutet.

(Dr. Waigel [CDU/CSU]: Warum weiß das dann die Frau Matthäus-Maier nicht?)

Die Zielkonflikte, die sich auftun, gilt es von uns zu lösen. Keine der anstehenden Entscheidungen darf präjudiziert werden. Wir müssen unbefangen über die Kürzung von beschlossenen Ausgaben, über den Abbau von Subventionen und über die Neuverteilung der Finanzmasse reden. Nur die Flucht in eine unvertretbare Ausweitung der Staatsverschuldung darf es unter keinen Umständen geben.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Jaeger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Deshalb bin ich dem Finanzminister dankbar für seine heute hier abgegebene eindeutige Erklärung gerade zu diesem Punkt.
Aber weil das so ist, muß auch das heute behandelte Steuerpaket auf seine Finanzierbarkeit hin abgeklopft werden. Alle Parteien sind verpflichtet, dafür zu sorgen, daß wir die politische Handlungsfähigkeit erhalten. Deshalb, so glaube ich, müssen wir gemeinsam so handeln, daß wir unser Vertrauenskapital beim Bürger nicht verspielen.
Es wird sich zeigen, ob die Angebote der Opposition zur Zusammenarbeit und zum Kompromiß ernst gemeint sind

(Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Sind sie!)

oder ob wir es nur mit werbenden Sprüchen zu tun haben. Die Nagelprobe kommt bald.

(Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Kein Wort von der FDP zum Wohngeld!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0820602600
Das Wort hat Herr Bundesminister Dr. Haack.

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0820602700
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal ganz kurz zum Wohngeldentwurf zurückkommen, der im Zusammenhang mit dem Steuerpaket zu sehen ist, und auch einige Bemerkungen zu diesem wichtigen Gesetzentwurf aus der Sicht der Bundesregierung machen.
Ich möchte zuerst darauf hinweisen, daß der von den Koalitionsfraktionen eingebrachte Gesetzentwurf an die vierte Wohngeldnovelle anschließt, die wir damals in der Regierungserklärung vom Dezember 1976 angekündigt hatten und gleich im Jahre 1977 beschlossen hatten. Sie konnte dann mit Wirkung vom 1. Januar 1978 in Kraft treten. Ich glaube, in der wohnungs- und städtebaupolitischen Bilanz dieser Legislaturperiode spielt die vierte Wohngeldnovelle eine ganz wichtige Rolle. Im Jahre 1979, also im Jahr der vollen Wirksamkeit dieser vierten Novelle, betrugen die Wohngeldausgaben von Bund und Ländern zusammen über 1,8 Milliarden DM. Ein so hohes Leistungsniveau wurde in keinem der Vorjahre erreicht. Im Vergleich zu 1977, dem letzten Jahr vor der Anpassung, sind die Wohngeldleistungen damit um nahezu 26% gestiegen. Die Zahl der Wohngeldempfänger hat sich 1978 auf 1,7 Millionen Haushalte erhöht gegenüber rund 1,6 Millionen im Jahre 1977. Ich könnte mir vorstellen, daß es sogar noch mehr Wohngeldempfänger gewesen wären, wenn die Informationen, um die sich Bund, Länder und auch Gemeinden gemeinsam bemühen, bei jedem angekommen wären. Wir stehen hier nach wir vor vor einem Informationsproblem. Sie werden es wissen, Herr Kollege Möller, auch aus Ihrer kommunalpolitischen Tätigkeit. Ich kann nur an alle appellieren, sich dieser Informationspflicht zu unterziehen. Das Wohngeld ist nämlich keine Sozialhilfe, sondern ein Teil unserer staatlichen Wohnungspolitik.
Ich darf, weil das im Zusammenhang mit diesem neuen Gesetzentwurf eine Rolle spielt, noch bemerken, daß gerade bei der letzten Wohngeldverbesserung Haushalte mit ein und zwei Personen, insbesondere Rentner, begünstigt worden sind. Die Befürchtung, daß die Herabsetzung des ursprünglich einheitlichen pauschalen Abzugs vom Jahreseinkommen von 30 % auf 150/o für Nichterwerbstätige zusammen mit den eingetretenen Rentenerhöhungen dazu führen würde, daß sich die Wohngeldzah-



Bundesminister Dr. Haack
lungen an Rentner verringern, hat sich als unbegründet erwiesen.

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Was sagen Sie denn zu dem Vorschlag von Herrn Innenminister Hirsch!)

— Darauf komme ich gleich.
Entscheidend für den vorliegenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, den wir heute beraten und der sich mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung deckt, den wir mittlerweile beim Bundesrat eingebracht haben, ist das Bestreben, das Wohngeld noch stärker als bisher als Instrument der Familienpolitik zu nutzen. Ich habe der Debatte entnommen, daß hier völlige Übereinstimmung besteht. Wir wissen alle, daß stärkere staatliche Hilfen als bisher notwendig sind, um es Familien mit Kindern zu ermöglichen, eine familiengerechte Wohnung zu beziehen. Neben der stärkeren Konzentration der Objektförderung des sozialen Wohnungsbaus auf Familien mit Kindern ist die noch stärkere familienpolitische Ausrichtung des Wohngeldes wohl das beste Instrument.
Die familienbezogenen Verbesserungen des Wohngeldes durch die heute eingebrachte Novelle konzentrieren sich — auch darauf darf ich noch einmal hinweisen — gezielt auf Haushalte mit vier und mehr Personen sowie — das ist neu — auf alleinerziehende Väter und Mütter. Die Leistungsverbesserungen für größere Haushalte mit Kindern werden durch überproportionale Erhöhung der Höchstbeträge für die zuschußfähigen Wohnkosten und durch stärkere Anhebung der Wohngeldbeträge in den Tabellen erreicht. Familien wird auch dadurch geholfen, daß mitverdienende Kinder, die noch nicht das 24. Lebensjahr vollendet haben, aber noch in der Elternwohnung wohnen, künftig von ihrem Jahreseinkommen bis zu 2 400 DM absetzen können.
Als Folge dieser Änderungen — wenn sie, was ich glaube, im familienpolitischen Teil so beschlossen werden — werden sich die Wohngeldleistungen im Schnitt — und eine so große Verbesserung hatten wir bisher noch nie — bei Haushalten mit vier Personen um etwa 76 DM im Monat, bei Haushalten mit fünf Personen um 85 DM und bei Haushalten mit sechs und mehr Personen um über 100 DM erhöhen. Das sind natürlich, wie gesagt, Durchschnittssätze. Bekanntlich muß in jedem Einzelfall nach der Miethöhe, nach dem Einkommen und nach der Haushaltsgröße geprüft werden, welcher Satz zur Verfügung steht. Aber diese Durchschnittszahlen zeigen eben die wesentlich familienpolitische Ausrichtung dieses Gesetzentwurfs.

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Das begrüßen wir sehr!)

Das wird allgemein begrüßt, und das sollten wir hier auch als wesentliche Verbesserung festhalten.. Das gilt im übrigen auch für die eben schon erwähnte Verbesserung für alleinerziehende Väter und Mütter, für eine Gruppe, die in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig ist.
Nun kommt der entscheidende Punkt: Wegen dieser familienpolitischen Ausrichtungen des Wohngelds, die im Rahmen dieses Steuerpakets die steuerlichen Entlastungsmaßnahmen sozusagen noch zusätzlich ergänzen sollen, kann im Rahmen des verfügbaren Finanzvolumens das Wohngeld für kleine Haushalte zunächst nur in dem unabweisbaren Umfang angepaßt werden. Haushalte mit ein bis drei Personen sollen bei Bewilligungen im Jahre 1981 auf der Basis des hier diskutierten Entwurfs im Durchschnitt zwischen 13 und 33 DM mehr Wohngeld erhalten. Das heißt konkret, der Gesetzentwurf geht für das Jahr der vollen Wirksamkeit, 1982, von einem Finanzvolumen für die Wohngeldverbesserung von 300 Millionen DM beim Bund und 300 Millionen DM bei den Ländern — sprich, von 600 Millionen DM — aus. Da er auf die familienpolitische Ausrichtung einen Schwerpunkt gesetzt hat, bleiben etwa 220 Millionen DM jährlich für Verbesserungen bei Ein- und Zweipersonenhaushalten übrig.
Nun muß ich mich allerdings gegen eine Äußerung von Ihnen, Herr Kollege Möller, wenden. Sie haben hier vorhin in Ihrem kurzen Beitrag davon gesprochen, hier seien bei den Rentnern Kürzungen in einer Größenordnung von 260 Millionen DM vorgesehen. So kann natürlich nicht diskutiert werden! Hier sind überhaupt keine Kürzungen vorgesehen;

(Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU]: Was wollte denn Ihre Fraktion?)

hier sind zunächst einmal wesentliche Verbesserungen vorgesehen,

(Zustimmung bei der SPD)

in erster Linie familienpolitische, aber darüber hinaus — auch für die Rentner — solche in einer Größenordnung von 220 Millionen DM. Sie können doch nicht sagen: Es wäre wünschenswert, daß noch 100 oder 150 Millionen DM mehr ausgegeben werden, und da das zunächst nicht geschieht, handelt es sich um eine Kürzung. — Dadurch entsteht doch draußen in der Offentlichkeit ein völlig falscher Eindruck:

Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0820602800
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Jahn (Münster)?

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0820602900
Wenn ich mit dem Satz zu Ende bin; dann läßt sich vielleicht auch leichter zwischenfragen. Ich lasse also die Zwischenfrage gleich zu.
Hier geht es um einen Gesetzentwurf mit einer Verbesserung gegenüber der jetzigen Regelung mit einem Finanzvolumen von 600 Millionen DM! Selbst in diesem Rahmen gibt es für die Ein- und Zweipersonenhaushalte — sprich: im wesentlichen für die Rentnerhaushalte — noch eine Verbesserung um 220 Millionen DM. Natürlich kann man, wie Herr Hirsch oder Herr Waltemathe das getan haben, darüber sprechen, ob es innerhalb des Gesamtpakets noch zu einer weiteren Verteilung kommt. Aber ich stelle auf der Basis dieses Entwurfs fest: Eine wesentliche Verbesserung um 600 Millionen DM, und selbst dabei bleiben für die Rentner 220 Millionen



Bundesminister Dr. Haack
DM übrig. Es ist nicht richtig, hier zu sagen, es gehe um eine Kürzung.

(Zustimmung bei der SPD — Dr. Schäuble [CDU/CSU]: Das war der Satz!)

Bitte schön, Herr Kollege.

Dr. Friedrich-Adolf Jahn (CDU):
Rede ID: ID0820603000
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, zuzugestehen, daß in der Bundestagsfraktion der SPD ein völlig anderer Entwurf mit einem größeren Ausgabevolumen diskutiert und beschlossen worden ist, und warum ist nicht vorher abgeklärt worden, was finanziell machbar ist?

(Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Das ist aber eine neugierige Frage! — Weiterer Zuruf von der SPD: Dreimal dürfen Sie raten!)


Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0820603100
Daß ich das zugebe, ist klar. Außerdem wußten Sie es schon vorher; Sie waren davon auch unterrichtet worden. Es ist ganz selbstverständlich, daß, rein wohnungspolitisch gesehen, weitergehende Vorschläge diskutiert worden sind und daß ich als Wohnungsbauminister ein größeres Volumen für dieses Wohngeld begrüßen würde.
Aber, Herr Kollege Jahn, mir kommen diese Fragen gerade aus Ihrer Richtung ganz eigenartig vor. Sie haben heute durch Herrn Häfele doch auch ein Steuerpaket vorgelegt. Aber in Ihrem Steuerpaket ist nicht einmal eine Mark für Wohngeld drin.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Und jetzt sagen Sie, daß bei unserem Ansatz von 600 Millionen DM Rentner- und andere Haushalte benachteiligt würden! Legen Sie doch auch erst einmal einen Gesetzentwurf über Wohngeld vor. Dann könnten wir sinnvoller diskutieren. Daß jemand, der Null vorschlägt, jemandem, der 600 Millionen DM mehr ausgeben will, sagt, er kürze woanders um 220 Millionen DM, habe ich in der bisherigen Diskussion noch nie gehört. Das ist offensichtlich auch eine neue _Dimension.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Dr. Jahn [Münster] [CDU/CSU])

Ich darf hier noch eine weitere Bemerkung machen, um es im Zusammenhang zu sagen: Mittlerweile hat die Bundesregierung unabhängig von diesem Gesetzentwurf eine fünfte Novelle zum Wohngeldgesetz vorgelegt, die in die Richtung zielt, die Herr Minister Hirsch mit Recht angesprochen hat, Verwaltungsvereinfachung und vor allem auch Rechtsbereinigung. Der Bundesrat hat diese Novelle bereits in erster Lesung beraten. Das heißt, daß der Anwendungsbereich des Wohngeldgesetzes und der Regelungen über die Mietbeihilfe für Wehrpflichtige nach dem Unterhaltssicherungsgesetz sowie des Rechts der Ausbildungsförderung in Zukunft abgegrenzt werden. Wir kommen von daher auch zu einer Verwaltungsvereinfachung.
Ich meine, daß wir — bei all den Fragen, die hier noch offen sind — erkennen müssen, daß das Wohngeld nach wie vor in unserer Wohnungspolitik einen wichtigen Stellenwert hat. Wir müssen auch erkennen — das sage ich gerade auch im Blick auf die aktuelle wohnungspolitische Diskussion in unserem Lande —, daß wir weiterhin auf mehreren Gleisen fahren müssen, d. h. daß wir in Zukunft sowohl eine Subjektförderung — Wohngeld — als auch noch für längere Zeit eine Objektförderung im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus haben müssen, weil wir in manchen Regionen übersetzte Nachfrage haben, wie wir alle wissen, und wir nach wie vor Gruppen in unserer Bevölkerung haben, die öffentlicher Hilfe bedürfen.
Ich begrüße es sehr, daß der Deutsche Städtetag in dieser Woche in München eine wohnungspolitische Fachkonferenz abgehalten hat, wo der Deutsche Städtetag ganz deutlich auch die finanzielle Verantwortung der deutschen Städte und Gemeinden für die Wohnungspolitik unterstrichen hat und wo sogar der Präsident des Deutschen Städtetages kritisch, an die Kommunen gewandt, gesagt hat: Ihr müßt auch im Rahmen der euch zur Verfügung stehenden Finanzmassen nicht nur spezielle, bisher übliche kommunale Investitionen vornehmen — es war von Opernhäusern und ähnlichem die Rede —, sondern ihr müßt euch ganz engagiert auch hier in der Wohnungspolitik betätigen.

(Dr. Möller [CDU/CSU]: Der Oberbürgermeister von München hat das gemacht! 120 Millionen DM!)

Wenn das gemacht wird und wenn wir weiterhin Wohnungsbau als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden ansehen, wenn wir das Wohngeld als wichtiges Instrument ansehen, glaube ich, kommen wir ein weiteres gutes Stück voran, um die wichtigen Probleme des Wohnungsbaus in unserem Lande zu lösen.

(Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Möller [CDU/CSU]: Also doch nichts für die Rentner!)


Dr. Annemarie Renger (SPD):
Rede ID: ID0820603200
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat schlägt Ihnen die Überweisung der Gesetzentwürfe — Punkt 29 bis 35 der Tagesordnung —, wie aus der Tagesordnung ersichtlich, vor. — Dagegen erhebt sich offensichtlich kein Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über Punkt 36 der Tagesordnung, Durchführung des Umsatzsteuergesetzes 1979. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag der CDU/CSU auf Drucksache 8/3345 für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dies ist so beschlossen.
Damit sind wir am Ende unserer Beratungen.
Ich berufe die nächste Plenarsitzung für Mittwoch, den 19. März, 12 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.