Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nehmen
Sie bitte Platz . Die Sitzung ist eröffnet .
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich noch eine
Mitteilung zu machen .
Interfraktionell ist vereinbart worden, dass die Unter-
richtung der Bundesregierung über die Stellungnahme
des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundes-
regierung auf der Drucksache 18/11536 zu dem bereits
überwiesenen Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Än-
derung des Infrastrukturabgabengesetzes dem federfüh-
renden Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur
sowie zur Mitberatung dem Finanzausschuss und dem
Haushaltsausschuss überwiesen werden soll .
Des Weiteren soll die Unterrichtung der Bundesre-
gierung über die Stellungnahme des Bundesrates auf
der Drucksache 18/11560 zu dem bereits überwiese-
nen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten
Verkehrsteuerungsänderungsgesetzes an den federfüh-
renden Finanzausschuss sowie zur Mitberatung an den
Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Verkehr und
digitale Infrastruktur und den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit überwiesen
werden .
Sind Sie mit diesen Vorschlägen einverstanden? – Das
ist der Fall . Dann ist das so beschlossen .
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen
Kabinettssitzung mitgeteilt: Bericht der Koordinato-
rin der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und
Raumfahrt – „Innovation und Hochtechnologie für
eine Welt im Wandel“.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie,
Frau Brigitte Zypries . – Bitte .
Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie:
Vielen Dank . – Frau Präsidentin! Meine sehr geehr-
ten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Das
Bundeskabinett hat heute den Bericht zur Lage und Zu-
kunft der Luft- und Raumfahrtindustrie verabschiedet .
Ich habe ihn hier, allerdings nur ein Exemplar . Ich gehe
davon aus, dass Sie ihn in Kürze zugeschickt bekommen,
ansonsten steht er auf unserer Website . Es ist der erste
Bericht nach dem meines leider viel zu früh verstorbenen
Amtsvorgängers Peter Hintze, der 2009 den letzten Be-
richt zur Lage der Luft- und Raumfahrt abgegeben hat .
Sie können daraus erkennen, dass wir in diesem Bereich
seit 2009 eine Menge angestoßen haben und dass auch
in diesem Industriebereich eine Menge Veränderungen
eingetreten sind .
Die gute Nachricht zuerst: Die Branche ist auf Wachs-
tumskurs . Die Anzahl der Beschäftigten ist deutlich
gewachsen . Wir haben jetzt 106 000 direkt Beschäftig-
te . Damit arbeiten so viele Menschen in der Luft- und
Raumfahrt wie noch nie zuvor . Die Branche macht einen
Jahresumsatz von 35 Milliarden Euro und ist damit gut
aufgestellt . Das Ganze liegt natürlich auch daran, dass
der Flugverkehr weltweit zunimmt, und auch an den Ent-
wicklungen in China .
Mehr Mobilität fördert das Wachstum . Dazu kommt
die technologische Revolution, die Digitalisierung, die
uns in allen Bereichen der Gesellschaft und der industri-
ellen Produktion beschäftigt und dementsprechend auch
in der Luft- und Raumfahrt . Auch dort gibt es Indus-
trie 4 .0 und neue digitale Geschäftsmodelle . Diese Ver-
änderungen werden auch die Luft- und Raumfahrt von
morgen prägen .
In den letzten Jahren, also in dieser Legislaturperiode,
haben wir den Dialog mit der Industrie, der Forschung
und den Bundesländern gesucht . Das umfasst selbstver-
ständlich auch die Betriebsräte und die Gewerkschaften .
Bei allen Plattformen, die das Bundeswirtschaftsminis-
terium in dieser Legislaturperiode initiiert hat, hatten
wir immer beide Sozialpartner am Tisch . So war es auch
hier – ganz egal, ob es um den Branchendialog Luft- und
Raumfahrt ging oder um den Runden Tisch Luftfahrtin-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722446
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dustrie, eine Einrichtung, die ich ins Leben gerufen hatte,
um die Zukunft der Branche gemeinsam zu besprechen .
Aus der Vielzahl der Punkte, die Sie in diesem Bericht
nachlesen können, möchte ich zwei herausgreifen:
Erstens: die klare Fokussierung auf die Zukunfts-
themen der Branche . Ich denke da vor allen Dingen an
unsere Innovationsagenda Digitale Luft- und Raum-
fahrtforschung . Dazu gehört auch die Gründung von vier
DLR-Instituten, die möglich werden konnte, weil der
Deutsche Bundestag – das will ich ganz klar so sagen –
dafür im Haushalt das entsprechende Geld bereitgestellt
hat . Da geht es einmal um eine Gründung in Jena mit
den Schwerpunkten Big and Smart Data und Internet der
Dinge . Da geht es um die Gründung eines weiteren In-
stituts in Dresden mit den Schwerpunkten Softwarefor-
schung und Simulation . In Hamburg, wo Airbus einen
großen Standort hat, haben wir ein DLR-Institut mit den
Schwerpunkten Wartung und Systemarchitekturen ge-
gründet, in Augsburg ein Test- und Simulationszentrum
für Gasturbinen .
Daneben haben wir in unserem Luftfahrtforschungs-
programm LuFo, bei dem Unternehmen auf Antrag För-
dermittel zur Verfügung gestellt werden können, eine
Förderlinie Industrie 4 .0 eingesetzt . Sie wird ausgespro-
chen gut angenommen . Wir haben 47 Millionen Euro für
Industrie-4 .0-Themen eingestellt, und wir werden den
Betrag mit der neuen Förderlinie steigern . Die Idee ist,
dass Unternehmen gemeinsam mit der Wissenschaft an
bestimmten Themen forschen, die der Entwicklung der
Luftfahrt dienen .
Zweitens: das Schlagwort „New Space“ in der Raum-
fahrt . Da geht es darum, dass man mit privaten Raum-
fahrtprojekten Geld verdienen kann . Sie kennen es aus
den USA, wo es darum geht, Privatleute auf den Mars
oder auch auf den Mond zu schaffen . Wir sind jetzt
nicht ganz so weit, dass wir sagen würden, das wollen
wir unterstützen . Aber wir haben erst einmal eine Stu-
die zu New Space in Auftrag gegeben zu der Frage, was
eine Kommerzialisierung der Raumfahrt eigentlich für
Deutschland heißt .
Eine Konsequenz aus dieser Studie ist unsere Initiative
„Raumfahrt bewegt!“ . Damit wollen wir die strategische
Vernetzung der Raumfahrt mit anderen Mobilitätsbran-
chen voranbringen . Denn wir sind ganz sicher: Nur zu-
sammen können unsere Unternehmen die Potenziale, die
New Space birgt, auch tatsächlich entdecken und heben,
und sie können dies vor allen Dingen nur gemeinsam mit
den Start-ups . Auch in der Luft- und Raumfahrt – ob-
wohl man es gar nicht denken sollte, weil es doch eine
sehr hochtechnologische Industrie ist – gibt es sehr viele
Start-ups . Wir haben in dem Bereich mit unseren StartUp
Nights angefangen, und inzwischen gab es drei Veran-
staltungen, bei denen etablierte Industrie und Start-ups
zusammenkamen . Daraus haben sich durchaus gute Ver-
bindungen ergeben .
Unser Ziel ist klar – das können Sie auch in unserem
Bericht nachlesen –: Wir wollen den Luft- und Raum-
fahrtstandort Deutschland nachhaltig stärken . Wir wollen
ihn zum einen stärken, damit er auch morgen noch im
Wettbewerb in der Welt bestehen kann . Wir wollen ihn
zum anderen deshalb stärken, weil wir glauben, dass von
der Luft- und Raumfahrt eine große Faszination ausgeht .
Die Fragen, was da eigentlich im All ist, wie es eigent-
lich weitergeht, woher der Mensch kommt und wohin
er geht, haben alle damit zu tun . Diese Faszination des
Alls möchten wir gerne nutzen, um junge Menschen zu
motivieren, sich mit den sogenannten MINT-Fächern zu
beschäftigen – Mathematik, Informatik, Naturwissen-
schaften, Technik . Sie sollen, wenn möglich, Fächer aus
diesem Bereich studieren .
Das Gute ist, dass wir mit Alexander Gerst im Mo-
ment einen Botschafter für diese Themen haben, der
Jugendliche auch mit seiner Social-Media-Arbeit ausge-
sprochen toll anspricht . Nachdem er einmal im Weltall
war und dann zu den Schulen gefahren ist, wird er 2018
das nächste Mal ins All, auf die ISS, gehen und dort so-
gar Kommandant sein . Wir erhoffen uns davon auch noch
einen weiteren Schub . – Frau Präsidentin, ich sehe leider
keine Uhr . Deswegen bin ich unsicher, wie ich in der Zeit
liege .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie müssen bitte zum Schluss kommen .
Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie:
Dann höre ich auf .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu
stellen, über den soeben berichtet wurde . Das Wort zur
ersten Frage hat der Kollege Lutze .
Thomas Lutze (DIE LINKE):
Vielen Dank für den Bericht . – Mich interessieren
zwei Punkte, was den Flugverkehr angeht . In der Luft-
fahrt wird zunehmend damit gearbeitet, dass die Pilo-
tinnen und Piloten pro Flug bezahlt werden . Ich möch-
te wissen, wie die Einstellung der Bundesregierung zu
dieser neuen Entwicklung ist; denn wir alle wissen, dass
diese Entwicklung wesentliche Risiken, gerade wenn es
um Krankmeldungen usw . geht, in sich birgt .
Meine zweite Frage, die ich in diesem Zusammenhang
habe: Es ist ein deutlicher Anstieg bei der Beschäftigung
von Piloten als Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeit-
nehmer zu verzeichnen . Wie schätzt die Bundesregierung
diesen Trend ein? Planen Sie, Gegenmaßnahmen zu er-
greifen, damit diesem Unfug ein Ende bereitet wird? –
Danke schön .
Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie:
Herr Abgeordneter, ich bin die Koordinatorin der
Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt . Ich bin –
vielleicht leider – nicht für alle Bereiche zuständig . Die
beiden Bereiche, die Sie angesprochen haben, fallen in
die Zuständigkeit des Bundesverkehrsministers; ich weiß
nicht, ob Frau Kollegin Bär etwas dazu sagen würde . –
Aus meiner Kenntnis dieser Branche kann ich nur sagen:
Die Bundesregierung sieht diese Entwicklung mit Sorge .
Bundesministerin Brigitte Zypries
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Vizepräsidentin Petra Pau:
Gibt es weitere Fragen zum Bericht? – Dann sind Sie
sofort wieder dran, Kollege Lutze .
Thomas Lutze (DIE LINKE):
Okay, dann versuche ich es mit dem Thema Raum-
fahrt . In Deutschland wird gerade darüber diskutiert,
dass der Etat für den Rüstungsbereich auf 2 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes angehoben werden soll . Meine
beiden Fragen in diesem Zusammenhang sind: Gibt es
Gedankenspiele der Bundesregierung in dem Sinne, dass
Teile der Luft- und Raumfahrtförderung, die zurzeit un-
ter „zivil“ verbucht werden, künftig unter „militärisch“
laufen? Die zweite Frage in dem Zusammenhang ist, wie
Sie grundsätzlich die Entwicklung einschätzen . Wie sieht
die Perspektive der zivilen Raumfahrt aus, was die Fi-
nanzierung angeht?
Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie:
Die Bundesrepublik ist bei der zivilen Raumfahrt in
eine internationale Institution, in die ESA, die European
Space Agency, eingebunden . Das heißt, wir bauen die Ra-
keten nicht alleine, sondern gemeinsam mit noch 21 an-
deren Staaten . Herr Professor Wörner, ein Deutscher, ist
jetzt Leiter der ESA . Es werden in regelmäßigen Abstän-
den Ministerratskonferenzen abgehalten, auf denen fest-
gelegt wird, welche Budgets welcher Länder in welche
Projekte fließen. Koordiniert wird das alles entweder
von der ESA oder, soweit es die Zuständigkeit der Eu-
ropäischen Union betrifft, von der Europäischen Union .
Galileo beispielsweise ist ein Projekt der Europäischen
Union, aber die Ariane-Trägerraketen, die Satelliten ins
All schießen, sind ein Projekt der ESA . Im Rahmen der
letzten ESA-Ministerratskonferenz im Dezember letzten
Jahres hat die Bundesregierung festgelegt, welche Gelder
sie in den nächsten Jahren zur Verfügung stellen wird .
Eine Verknüpfung von ziviler Raumfahrt mit mili-
tärischen Teilen kann ich erst einmal nicht erkennen .
Das heißt aber nicht, dass wir uns nicht überlegen, ob
man nicht gegebenenfalls bestimmte Bereiche etwa der
Grundlagenforschung, beispielsweise wenn es um Optik
geht, gemeinsam finanzieren sollte. Das liegt allerdings
noch in ferner Zukunft . In dieser Legislaturperiode ist
das keine Realität und wird es auch keine mehr werden .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Die nächste Frage stellt der Kollege Willsch .
Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU):
Frau Ministerin, wir haben wirklich ausgesprochen er-
folgreiche Zeiten gerade im Bereich der Raumfahrt hin-
ter uns; Sie haben darauf hingewiesen . Wir freuen uns,
dass der deutsche ESA-Astronaut Alex Gerst erneut ins
All fliegen und als ISS-Kommandant wirken wird. Ich
bin mir sicher, dass er seine kommunikativen Fähigkei-
ten, die er bereits bei seinem letzten Aufenthalt im All
deutlich unter Beweis gestellt hat, wieder einsetzen wird .
Ich möchte eine Frage zu den Ergebnissen von Luzern
stellen . Die Überlegung, wie wir uns vor Gefährdungen
aus dem All, sowohl vor selbst erzeugten Gefahren als
auch vor Gefahren durch Asteroiden, schützen können,
wurde leider nicht behandelt . Ich sage es einmal so:
Bruce Willis kommt langsam in ein Alter, wo wir uns
nicht mehr darauf verlassen können, dass er das alleine
macht .
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
„Bruce Willis“? – Heiterkeit bei Abgeordne-
ten der CDU/CSU)
Bleibt es für die Bundesregierung ein wichtiges Ziel, vor
solchen Gefährdungen zu warnen? So etwas macht ja
auch den Sinn der Raumfahrt sichtbar und kann die Leute
überzeugen, dass es klug ist, dass wir in diesem Bereich
etwas machen und das auf der Agenda haben .
Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie:
Lieber Herr Kollege Willsch, ich habe es sehr bedau-
ert, dass wir es in Luzern nicht geschafft haben, eine grö-
ßere Menge an Staaten zusammenzubringen, die bereit
sind, für dieses Projekt Geld zu geben . Die Idee war,
quasi eine Asteroidenabwehr zu entwickeln, vielleicht in
Form von Roboterarmen, die in der Lage sind, Asteroi-
den oder alte Satelliten – dazu gibt es ja vergleichbare
Projekte – einzufangen . Das ist nicht geglückt . Wir ha-
ben nicht genug Staaten gefunden, die bereit waren, da-
für Geld zu geben . Weil unklar war, wie die Entwicklung
weitergeht, habe ich für Deutschland gesagt: Wir wollen
uns nicht an einem Projekt beteiligen, das uns vielleicht
in drei, vier oder fünf Jahren zu erheblichen finanziel-
len Verpflichtungen nötigt, weil das Projekt sonst einge-
stellt würde . Deswegen haben wir lieber, so schwer es
uns auch gefallen ist, von vornherein Nein gesagt . Wir
wollten nichts auf den Weg bringen, was nicht wirklich
überlebensfähig ist .
Wir machen jetzt Folgendes: Wir geben ein kleines
Gutachten in Auftrag zu der Frage, wie es weitergehen
könnte . Dafür haben wir genug Geld . Hinzu kommt ein
bisschen Grundlagenforschung . Ich hoffe, dass wir das
mit den anderen Staaten auf den Weg bringen können .
In der Tat gibt es genug Länder, die Interesse an einem
solchen Projekt haben . Insbesondere die Luxemburger
drängen sehr darauf, dass das Projekt zustande kommt .
Es müssten sich aber auch große Staaten wie Frankreich
und andere daran beteiligen .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Die nächste Frage stellt wieder der Kollege Lutze .
Thomas Lutze (DIE LINKE):
Ich komme noch einmal zurück zum Bereich der
klassischen Luftfahrt . Es geht also nicht um die Raum-
fahrt . Weil Sie in Ihrem Ministerium auch für Fragen des
Klimawandels, der Energiepolitik usw . zuständig sind,
möchte ich Sie fragen, was die Bundesregierung jenseits
der Maßnahmen im Bereich des Emissionshandels plant
und für notwendig erachtet, um den CO2-Ausstoß durch
die zivile Luftfahrt zu begrenzen . Es ist kein Geheimnis,
dass im Verkehrsbereich diesbezüglich an allen Fronten
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722448
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verschiedene Maßnahmen ergriffen werden . Leider wird
im Bereich der Luftfahrt relativ wenig gemacht . Mich
würde Ihre Position interessieren . Wann werden wir in
Deutschland und Europa endlich eine Kerosinsteuer be-
kommen?
Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie:
Die Bundesregierung versucht vor allem, dafür zu
sorgen, dass erst gar keine Treibhausgase erzeugt wer-
den, zum Beispiel dadurch, dass auf den Flughäfen mit
Elek tromobilität gearbeitet wird . Auf dem Frankfurter
Flughafen und auf anderen Flughäfen laufen Projekte,
bei denen es darum geht, die Flugzeuge mit elektrisch an-
getriebenen Fahrzeugen in ihre Startposition zu bringen .
Es gibt Projekte, bei denen es darum geht, dass Flug-
zeuge nach einem besonderen Anflugverfahren zur Lan-
dung kommen . Ziel ist es, zu verhindern, dass sie immer
wieder Gas geben und bremsen müssen . Sie sollen quasi
smooth einsegeln. Diese Art des Landeanflugs verringert,
wenn ich es richtig im Kopf habe, den Ausstoß schäd-
licher Gase um 60 Prozent, und natürlich wird dadurch
auch die Lärmbelastung verringert . Darauf legen wir, um
ehrlich zu sein, unseren Schwerpunkt . Dafür vergeben
wir auch Gelder aus dem Luftfahrtforschungsprogramm .
Wir wollen auch, dass die Turbinen ertüchtigt wer-
den, damit sie erstens leiser und zweitens verbrauchsär-
mer sind . Das ist das Ziel beim Bau von Flugzeugen: Je
leichter ein Flugzeug ist, desto weniger Kerosin wird ver-
braucht, desto weniger wird in die Luft geblasen . Deswe-
gen trachten wir auch beim Bau von Flugzeugen danach,
die Flugzeuge leichter zu machen; Stichwort: 3-D-Druck .
(Thomas Lutze [DIE LINKE]: Kerosin-
steuer?)
– Über die Frage, wie es beim Thema Kerosinsteuer wei-
tergeht, wird innerhalb der Bundesregierung immer mal
wieder diskutiert . Soweit ich das sehe, gibt es da in dieser
Legislaturperiode keinerlei Änderungen .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Danke, Frau Ministerin, für die Beantwortung der Fra-
gen zu diesem Bereich .
Wir kommen jetzt zu den Fragen zu anderen Themen
der heutigen Kabinettssitzung . Die erste Frage stellt der
Kollege Volker Beck .
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Ich denke, heute
ist ein guter Tag, weil das Kabinett etwas sehr Richti-
ges beschlossen und gezeigt hat, dass Deutschland ein
souveräner Rechtsstaat ist, so wie Herr Bundespräsident
Steinmeier vorhin auch gesagt hat, dass Demokratie da-
von lebt, dass sie eine Fehlerkultur zulässt und die Chan-
ce zur Selbstverbesserung bietet .
Sie haben einen Gesetzentwurf zur Rehabilitierung
und Entschädigung der Paragraf-175-Opfer verabschie-
det . Allerdings ist mir bei den Entschädigungsregelungen
aufgefallen, dass da meines Erachtens eine Lücke klafft .
Sie entschädigen für das Strafurteil und für die Haftzei-
ten . Allerdings hatte damals, vor 1969, ein eröffnetes
Ermittlungsverfahren nach § 175 StGB auch dann zur
Vernichtung der sozialen Existenz geführt, wenn es aus
Mangel an Beweisen zu einer Einstellung des Verfahrens
oder zu einem Freispruch kam . Den Leuten wurde trotz-
dem gekündigt, sie wurden aus dem Beamtenverhältnis
entlassen und verloren oftmals auch ihre Wohnung .
Deshalb frage ich Sie: Was bekommt jemand, der auf
diese Art und Weise mit der Vernichtung seiner sozialen
Existenz bestraft wurde, weil ein Verfahren eröffnet wur-
de, ohne dass es zu einem strafrechtlichen Urteil kam,
und warum sind die Berufs- und Rentenschäden, die Leu-
te außerstrafrechtlich erlitten haben, anders als bei den
Opfern des Nationalsozialismus nach dem Allgemeinen
Kriegsfolgengesetz kein Anknüpfungspunkt für Entschä-
digungsleistungen? Vielleicht weiß das Herr Lange ge-
nauer .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Zuallererst hat die Ministerin das Wort .
Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie:
Dieser Gesichtspunkt ist heute im Kabinett nicht an-
gesprochen worden, Herr Abgeordneter . Deswegen wür-
de ich in der Tat den Kollegen Lange bitten, die Beant-
wortung der Frage zu übernehmen .
Christian Lange, Parl . Staatssekretär beim Bundes-
minister der Justiz und für Verbraucherschutz:
Kollege Beck, zunächst herzlichen Dank, dass Sie den
Gesetzentwurf der Bundesregierung so würdigen . Sie
wissen, Bundesminister Maas war es ein Herzensanlie-
gen, hierzu auf jeden Fall in dieser Wahlperiode noch zu
einem Ergebnis zu kommen .
Zu Ihrer ersten Frage, was mit denjenigen passiert,
die kein Strafurteil bekommen haben, aber deren Exis-
tenz trotzdem zerstört worden ist, und dies in vielfacher
Hinsicht, worauf Sie zu Recht hingewiesen haben: Sie
wissen, dass wir insbesondere, was ihre soziale Existenz
und ihre Anerkennung in unserer Gesellschaft anbelangt,
ein Verfahren der Kollektiventschädigung vorgesehen
haben .
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Das nützt denen aber gar nichts!)
Dieses Verfahren der Kollektiventschädigung ist freilich
nicht im Gesetz normiert, sondern in anderer Form .
Deshalb darf ich Ihnen darauf wie folgt antworten:
Ergänzend und parallel zum Gesetzentwurf der vorge-
sehenen Individualentschädigung ist diese Kollektivent-
schädigung vorgesehen . Für viele Betroffene steht der
Wunsch nach einer Kollektiventschädigung im Vorder-
grund, während eine Individualentschädigung eher nach-
rangig betrachtet wird . Das haben wir insbesondere in
vielen Gesprächen in Erfahrung gebracht, die wir geführt
haben .
(Zuruf von Volker Beck [Köln] [BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN])
Thomas Lutze
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22449
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Außerdem haben auch ohne Verurteilung bereits die
Existenz der Strafvorschrift und die damit verbundene
Stigmatisierung, auf die Sie hingewiesen haben, zu einer
Einschränkung der Lebensführung geführt .
Die Kollektiventschädigung soll haushaltsrechtlich in
Form einer institutionellen Förderung der Bundesstiftung
Magnus Hirschfeld erfolgen . Der Haushaltsgesetzgeber
hat im Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2017 vorge-
sehen, dass aus dem Haushalt des Bundesministeriums
der Justiz und für Verbraucherschutz im Jahr 2017 eine
institutionelle Förderung der Magnus-Hirschfeld-Stif-
tung in Höhe von 500 000 Euro erfolgt . Es ist beabsich-
tigt, dass diese institutionelle Förderung auch in den Fol-
gejahren in gleicher Höhe wie in 2017 fortgesetzt wird .
Ziel der Förderung ist es, die Arbeit der Bundesstiftung
langfristig zu stärken und auf eine gesicherte Grundlage
zu stellen .
Die Stiftungszwecke der Bundesstiftung erfassen ge-
rade auch die wissenschaftliche Aufarbeitung der Straf-
verfolgung nach dem damaligen § 175 Strafgesetzbuch
sowie die Durchführung von Bildungsprojekten zu die-
sem Thema . Die Bundesstiftung führt nicht nur eigene
Projekte wie etwa ein Zeitzeugenprojekt durch, „Archiv
der anderen Erinnerungen“ genannt, sondern fördert
auch Projekte Dritter .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Erst einmal eine Nachfrage . – Kollege Petzold, ist das
auch zu diesem Themenbereich? Sonst würde ich dem
Kollegen Beck für die Nachfrage das Wort geben . – Gut,
dann machen wir erst mit dem Kollegen Petzold weiter
und schauen, ob die Ministerin oder der Herr Staatssekre-
tär weiterhelfen können .
Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE):
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Ich würde gerne
noch einmal auf die Frage von Herrn Beck zurückkom-
men – Sie haben sie ja nicht beantwortet –, inwieweit für
diejenigen, bei denen keine Verurteilung erfolgt ist, de-
ren Lebenswege aber ebenfalls durch die durchgeführte
Ermittlung zerstört worden sind – diese brachte bereits
Nachteile mit sich, zum Beispiel die Kündigung von Ar-
beitsrechtsverhältnissen, die Kündigung der Wohnung,
Einschränkungen in der Lebensqualität insgesamt –,
Entschädigungen geplant sind . Diese Frage des Kollegen
Beck haben Sie nicht beantwortet . Deswegen möchte ich
sie gerne noch einmal stellen . Meine Frage hinsichtlich
der Kollektiventschädigung haben Sie ja beantwortet;
nicht zu meiner Zufriedenheit, aber zumindest haben Sie
sie beantwortet .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Bitte, Herr Staatssekretär .
Christian Lange, Parl . Staatssekretär beim Bundes-
minister der Justiz und für Verbraucherschutz:
Der Gesetzentwurf knüpft an ein Strafrechtsurteil an;
das ist richtig . Aber wir haben eben auch Kollektivent-
schädigung für die Fälle vorgesehen, in denen wir ein
solches Strafrechtsurteil nicht als Anknüpfungspunkt ha-
ben . Darauf habe ich ausdrücklich hingewiesen . Das ist
die Antwort auf die Frage .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Dazu, Kollege Beck, die Nachfrage?
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ja . – Von der Kollektiventschädigung hat das Kol-
lektiv etwas, aber naturgemäß eben nicht der individuell
Betroffene . Ich glaube, Ihnen ist die Folge für das heuti-
ge Leben dieser Menschen nicht klar . Wer damals seine
Karriere verloren hat, wer seinen Beamtenstatus verloren
hat, der hat heute eine geringere Rente, weil er über Jahre
hinweg keinen Anschluss an seine bürgerliche Existenz
gefunden hat . Deshalb frage ich Sie noch einmal, ob
Sie in den parlamentarischen Beratungen vielleicht der
Überlegung nähertreten könnten, womöglich auch durch
eine Formulierungshilfe des Hauses, dass man einen
Härtefonds für die Fälle einführt, in denen das Ermitt-
lungsverfahren zwar nicht zu einer Verurteilung geführt
hat, aber die Existenz vernichtet wurde . Dies gilt auch
für die Berufs- und Rentenschäden, die nicht zwingend
mit einer strafrechtlichen Verurteilung zusammenhän-
gen . Diese zwei Tatbestände, die wir sonst im Entschä-
digungsrecht der Bundesrepublik kennen, sind hier nicht
berücksichtigt worden . Sind Sie in der Lage, dem viel-
leicht näherzutreten? Oder können Sie begründen, wa-
rum Sie finden, dass die Leute heute zu Recht geringere
Renten bekommen?
Christian Lange, Parl . Staatssekretär beim Bundes-
minister der Justiz und für Verbraucherschutz:
Herr Kollege Beck, im Respekt vor dem Deutschen
Bundestag sage ich Ihnen, dass die Bundesregierung
heute im Kabinett entschieden hat . Wir leiten diesen
Gesetzentwurf dann im Anschluss dem Bundestag, also
Ihnen, zu . Dann obliegt es den Fraktionen, darüber zu
entscheiden, ob unser Gesetzentwurf Ihre Zustimmung
findet oder nicht oder ob er ergänzt werden soll. Die Bun-
desregierung beteiligt sich an diesen Gesprächen immer
sehr konstruktiv .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Die Kollegin Haßelmann hat noch eine Nachfrage .
Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Staatssekretär,
darf ich noch einmal nachfragen? Das heißt, Sie haben
für all die Personen, die damals mit Ermittlungsverfahren
zu kämpfen hatten oder gegen die es Ermittlungsverfah-
ren gab, die aber eingestellt wurden, nichts vorgesehen,
auch keinen Härtefonds?
Vizepräsidentin Petra Pau:
Bitte, Herr Staatssekretär .
Christian Lange, Parl . Staatssekretär beim Bundes-
minister der Justiz und für Verbraucherschutz:
Frau Kollegin, ich habe ausgeführt, dass wir an eine
strafrechtliche Verurteilung anknüpfen und dass wir für
Parl. Staatssekretär Christian Lange
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722450
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alle anderen Fälle, die wir sehr wohl im Blick haben – so
hatten wir es sowohl bei den Eckpunkten als auch in un-
seren öffentlichen Äußerungen dargestellt –,
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: „Im Blick“ heißt ja rechtlich nichts!)
eine Kollektiventschädigung vorsehen .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Gut . Ich denke, diese Debatte werden wir dann in der
weiteren parlamentarischen Befassung fortsetzen . – Ich
beende damit die Befragung zum Themenbereich der
heutigen Kabinettssitzung .
Wir kommen zu darüber hinausgehenden sonstigen
Fragen wieder an die Ministerin . Dazu hat die Kollegin
Brugger das Wort .
Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Vielen Dank . – Ich wollte insbesondere mit Blick auf
die Presseberichterstattung, dass Rheinmetall eine Be-
teiligung an einer Panzerproduktion in der Türkei plant,
fragen, ob das Thema „Rüstungsexporte in die Türkei“
in der Kabinettssitzung Thema war, vor allem auch, weil
es eine widersprüchliche Berichterstattung darüber gibt,
inwiefern die Bundesregierung in diesem Prozess eine
Rolle gespielt hat oder nicht .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Bitte, Frau Ministerin .
Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie:
Frau Kollegin, das Thema Rüstungsexporte hat heute
keine Rolle in der Kabinettssitzung gespielt .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Zu einer weiteren Frage hat der Kollege Mutlu das
Wort .
Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich habe keine Frage zur Kabinettssitzung, Frau Prä-
sidentin .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Ich hatte auch schon den dritten Teil der Regierungs-
befragung aufgerufen .
Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Genau . Ich wollte das nur sicherstellen, damit ich nicht
dieselbe Antwort wie Frau Kollegin Brugger bekomme .
Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie:
Wieso? Sie hat danach gefragt .
Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Meine Frage richtet sich an die Bundesregierung .
Wir haben heute unseren Bundespräsidenten Steinmeier
gehört . Er hat sehr prominent für die Freilassung des
in der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen Journalis-
ten Deniz Yücel geworben . Wir alle wissen, dass Deniz
Yücel inklusive Polizeigewahrsam nun schon seit 35 Ta-
gen in Haft ist, ohne konsularische Betreuung . Man hat
zwar über die Presse hin und wieder Entrüstung und Ent-
täuschung in Richtung Türkei geäußert . Aber ich frage
die Bundesregierung: Was tut die Bundesregierung kon-
kret, um mindestens die konsularische Betreuung des in
der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten
Deniz Yücel zu gewährleisten?
Die zweite Frage ist: Wann wird Herr Maas in die Tür-
kei bzw. nach Istanbul fliegen, um Herrn Yücel selbst zu
besuchen?
Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie:
Frau Präsidentin, Staatsminister Roth würde auf die
Frage, welche Bemühungen das Auswärtige Amt unter-
nimmt, antworten . Denn selbstverständlich unternimmt
die Bundesregierung Bemühungen, um die konsularische
Betreuung von Herrn Yücel zu ermöglichen .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Dann hat der Herr Staatsminister Roth das Wort .
Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt:
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Lieber Herr Kollege,
die Forderung des Bundespräsidenten ist auch die Forde-
rung der gesamten Bundesregierung . Wir sind nach wie
vor mit der türkischen Regierung und mit den türkischen
Verantwortlichen im Gespräch . Wir sind aber irritiert da-
rüber, dass die türkische Regierung bislang offenkundig
nicht bereit ist, ihre konkreten Zusagen einzuhalten . Der
türkische Premierminister hat gegenüber der Bundes-
kanzlerin und der türkische Außenminister gegenüber
Außenminister Sigmar Gabriel deutlich gemacht, dass es
für Herrn Yücel, der ja sowohl über die türkische als auch
über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügt, eine konsu-
larische Betreuung gibt . Diese konsularische Betreuung
ist derzeit zu unserem großen Bedauern noch nicht mög-
lich . Ich kann mir nicht vorstellen, dass man am Wort des
Premierministers oder auch am Wort des Außenministers
derartige Zweifel hegen sollte .
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Und Teil zwei der Frage?)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Ich bitte erst einmal alle, auf die Zeit zu achten . Wir
haben verabredet: eine Minute Frage, eine Minute Ant-
wort . Wenn Herr Roth sagt, dass er noch nicht fertig war,
dann lasse ich das natürlich noch zu .
(Michael Roth, Staatsminister: Nein, ich bin
fertig!)
– Sie waren fertig .
Parl. Staatssekretär Christian Lange
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22451
(A) (C)
(B) (D)
Dann mache ich jetzt darauf aufmerksam, dass es
noch fünf Wortmeldungen gibt . Ich bin, obwohl wir die
Zeit schon ausgeschöpft haben, bereit, noch alle fünf
sonstigen Fragen an die Bundesregierung aufzurufen . Ich
bitte alle Fragesteller und natürlich auch die Antworten-
den von der Regierungsbank, zu versuchen, sich an die
verabredete Frage- und Antwortzeit zu halten, sodass wir
den vorhandenen Fragebedarf noch abdecken können .
Das Wort hat der Kollege Kekeritz .
Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Danke schön . – Nach Auskunft von Stephen O‘Brien
rollen wir gerade auf die größte humanitäre Katastrophe
seit 1945 zu . Im Jemen sind 17 Millionen Menschen vom
Hunger bedroht . Ursache dafür ist, dass dieses Land auch
über das Meer völlig abgeriegelt wird . Diese Abriege-
lung erfolgt auch von Saudi-Arabien .
Wir konnten letzte Woche in der Süddeutschen Zei-
tung lesen, dass der Bundessicherheitsrat oder das Wirt-
schaftsministerium – da bin ich mir nicht mehr ganz
sicher; ich nehme an, das Wirtschaftsministerium – die
Auslieferung von zwei Fregatten an Saudi-Arabien ge-
nehmigt hat . Die Begründung lautete wieder: Das sind ja
keine neuen Genehmigungen; das sind alte Genehmigun-
gen . Da musste man so handeln . – Heute Morgen habe
ich im Deutschlandfunk gehört, dass Waffenlieferungen
an die Türkei gestoppt worden sind . Auch hier hat es sich
um alte Genehmigungen gehandelt . Wieso kann die Bun-
desregierung Fregattenlieferungen an Saudi-Arabien, die
sicherlich auch zur hermetischen Abriegelung des Jemen
dienen, nicht zurückhalten?
Vizepräsidentin Petra Pau:
Frau Ministerin, Sie haben das Wort .
Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie:
Die Bundesregierung hat eine Genehmigungsent-
scheidung zu Altverpflichtungen getroffen, die schon
länger bestehen – Sie haben es ja selber referiert; es war
ein Paket von mehreren Booten, von denen jetzt zwei Pa-
trouillenboote zur Auslieferung anstanden .
Die Frage, was wir im Verhältnis zur Türkei machen,
wird die Bundesregierung jetzt gesondert beraten .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Die nächste Frage stellt der Kollege Volker Beck .
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Das Bundesministe-
rium des Innern hat für die Bundesregierung am Freitag
die Antwort auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion
zum Thema „DITIB, Diyanet, Spionageaffäre“, Druck-
sache 18/11356, übermittelt . Vor dem Hintergrund der
Kenntnis aller Teile der Antwort, insbesondere der Ant-
worten zu Frage 4, frage ich die Bundesregierung: Wa-
rum hatte die Spionageabwehr des Bundesamtes für
Verfassungsschutz Mitte Dezember nicht die konkreten
Erkenntnisse über die von der Diyanet angeordneten Spi-
onageangriffe, die anderen Stellen der Bundesregierung
in Ihrem Verantwortungsbereich bereits seit Wochen vor-
lagen?
Sollten Sie das nicht unmittelbar beantworten können,
was ja immer mal vorkommen kann, dann bin ich auch
mit einer ausführlichen schriftlichen Nachbeantwortung
zufrieden .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Ich sehe, Staatssekretär Schröder ist bereit, hier zu
antworten .
Dr. Ole Schröder, Parl . Staatssekretär beim Bundes-
minister des Innern:
Vielen Dank für Ihre Frage . – Ich glaube, es ist vor
allem notwendig, dass Sie mir die Frage einmal schrift-
lich geben, damit ich sie überhaupt verstehe und sehe, wo
ein möglicher Widerspruch vorhanden ist, den Sie hier ja
konstruieren . Von daher schlage ich vor, dass wir das auf
dem schriftlichen Wege machen .
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Eigentlich geht das so nicht! – Volker
Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Ich kann es erläutern!)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Erläutern können wir diese Frage jetzt nicht mehr,
Kollege Beck . Wir werden schauen, inwieweit die Fra-
ge übermittelbar ist oder ob sie noch einmal in anderer
Form gestellt werden muss . – Die nächste Frage stellt die
Kollegin Keul .
Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank . – Ich würde die Wirtschaftsministe-
rin gerne noch einmal zu den Rüstungsexporten in die
Türkei befragen . – Wir haben uns sehr gefreut, heute zu
lesen, dass die Bundesregierung jetzt auch Genehmigun-
gen nicht erteilt . Allerdings hat Rheinmetall gleichzeitig
verkündet, dass die Bundesregierung nichts damit zu tun
habe, wenn Rheinmetall ein türkisches Partnerunterneh-
men dabei unterstützt, dort eine eigene Panzerproduktion
aufzubauen .
Man fragt sich natürlich, wie das sein kann . Wird die
Bundesregierung mit der Firma Rheinmetall darüber
sprechen, und ist es richtig, dass dort keine Genehmigung
erforderlich ist, obwohl das Know-how und die Techno-
logie von Rheinmetall zur Produktion von Panzern in die
Türkei transferiert werden?
Vizepräsidentin Petra Pau:
Bitte, Frau Ministerin .
Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie:
Frau Kollegin Keul, die Bundesregierung kommt
den strengen gesetzlichen Vorschriften im Bereich der
Rüstungskontrolle nach . Deswegen wird jeder einzelne
Export geprüft und über jeden einzelnen entschieden . In
diesem Zusammenhang werden wir auch über die Ex-
Vizepräsidentin Petra Pau
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722452
(A) (C)
(B) (D)
porte entscheiden, die in die NATO-Staaten gehen, weil
auch sie genehmigt werden müssen; das ist völlig klar .
Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang
auch über die NATO-Staaten reden .
Zur Frage, wie es mit dem Unternehmen, das von
Rheinmetall und anderen gegründet wurde, und dem,
was dort gebaut werden soll, aussieht: Das ist zunächst
einmal nicht Teil der Genehmigungspraxis . Wir werden
uns aber selbstverständlich damit befassen .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Die nächste Frage stellt der Kollege Willsch .
Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU):
Ich will noch einmal das Thema Yücel aufgreifen . –
Er ist bei mir in der Nähe – Flörsheim ist 30 Kilometer
entfernt – zur Welt gekommen und zur Schule gegangen .
Dieser Fall zeigt ja die Schwierigkeiten und Probleme,
die bei einer doppelten Staatsbürgerschaft zu gewärtigen
sind .
Ich fordere bei jeder Gelegenheit, dass Herr Erdogan
aufhören soll, Journalisten einzusperren, und Deniz
Yücel freigeben soll . Er hält mir aber natürlich entgegen:
Das ist mein Türke; mit dem gehe ich um, wie ich es für
richtig halte .
Macht das Auswärtige Amt oder das BMI diesen Fall
zum Thema, um Menschen, die denken, sie könnten sich
aus beiden Staatsbürgerschaften das Beste herausziehen,
hier darauf hinzuweisen, welche Gefahren damit ver-
bunden sind? Es geht nicht nur darum, dem Wehrdienst
zu entkommen. Das war häufig ein Thema, wenn die
Menschen erklärt haben: Wir möchten auch die deutsche
Staatsbürgerschaft haben . – Jetzt zeigt sich, dass das
Ganze ein bisschen schwieriger und gravierender ist .
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Mein Gott! Bruce Willis! – Britta Haßelmann
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jeder bla-
miert sich, so gut er kann!)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Herr Schröder .
Dr. Ole Schröder, Parl . Staatssekretär beim Bundes-
minister des Innern:
Zunächst einmal geht es darum, alles dafür zu tun,
dass Herr Yücel freikommt; das ist selbstverständlich .
Das Auswärtige Amt setzt alles dafür in Bewegung, um
eine konsularische Betreuung zu organisieren .
Aber selbstverständlich zeigt dieser Fall auch die Pro-
bleme einer doppelten Staatsbürgerschaft . Herr Yücel
wird jetzt in der Türkei wie ein Türke behandelt .
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Hat sich jetzt die Auffassung in der
Bundesregierung geändert?)
Wir haben keinen Anspruch darauf, ihn konsularisch zu
betreuen . Das sind die Gefahren, die mit der doppelten
Staatsbürgerschaft zusammenhängen .
(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Vielen
Dank!)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Jetzt hat die Kollegin Brugger das Wort zu einer Fra-
ge .
Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Vielen Dank, Frau Ministerin . – Noch einmal eine
Frage mit Blick auf die geplante Panzerproduktion durch
Rheinmetall in der Türkei . Der Chef von Rheinmetall
hat gesagt, er sei in engen strategischen Gesprächen mit
der Bundesregierung über dieses Vorhaben gewesen . Die
Bundesregierung selbst hat erklärt, über presseöffentliche
Informationen hinaus habe sie dazu keine Erkenntnisse .
Gab es mit Blick auf die Beteiligung an der Panzer-
produktion in der Türkei im Vorfeld durch die Bundes-
regierung eine Art Zustimmung, irgendeine Form von
Austausch, irgendwelche Genehmigungen? Falls nicht:
Sehen Sie dort nicht eine große Gesetzeslücke, wenn
deutsche Unternehmen so die deutschen Rüstungsexport-
regeln umgehen?
Vizepräsidentin Petra Pau:
Bitte, Frau Ministerin .
Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft
und Energie:
Frau Abgeordnete, es ist, wie ich Ihnen schon sag-
te: Die Bundesregierung wird sich mit dieser Thematik
befassen . Dann werden wir Ihnen dazu gerne Auskunft
geben .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Die letzte Frage in diesem Teil unserer Tagesordnung
stellt die Kollegin Haßelmann .
Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank, Frau Präsidentin, dass Sie die Frage
zugelassen haben . – Über die Auskunftsfreudigkeit des
Kollegen Schröder kann man ja nur staunen . Der Kollege
Willsch stellte hier im Hinblick auf Doppelstaatlerinnen
und Doppelstaatler in unserem Land, von denen es sehr
viele gibt, eine Frage voller Unterstellungen .
(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Was habe
ich denn unterstellt?)
Und der Kollege Schröder nutzte die Antwort der Bun-
desregierung als Gelegenheit dazu, zu erklären: Es gibt
erhebliche Probleme mit den doppelten Staatsbürger-
schaften . – Meine Damen und Herren von der Bundes-
regierung, ich möchte jetzt einmal wissen, ob das die
Auffassung der Bundesregierung ist .
Ich weiß nicht, wen ich dazu befragen kann und ob da-
für das Bundeskanzleramt zuständig ist . Es könnte zum
Bundesministerin Brigitte Zypries
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22453
(A) (C)
(B) (D)
Beispiel die Migrationsbeauftragte, Frau Özoğuz, oder
wieder Herr Schröder antworten, der sich dann wieder
ganz auskunftswillig zeigen und erklären wird, dass das
alles nicht so gewesen ist . Wir alle haben es gerade ge-
hört .
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Was haben wir
gehört? Jeder hört das, was er will!)
Dr. Ole Schröder, Parl . Staatssekretär beim Bundes-
minister des Innern:
Frau Kollegin, das Bundesinnenministerium ist für das
Staatsangehörigkeitsrecht zuständig . Von daher möchte
ich gerne auf Ihre Frage eingehen . Es ist keine politische
Meinung, die ich geäußert habe . Das sind rechtliche Tat-
sachen .
Der Kollege Willsch hat gefragt, welche Auswirkun-
gen die doppelte Staatsbürgerschaft für den Fall hat, dass
ein Mensch die deutsche und die türkische Staatsbürger-
schaft hat und beispielsweise in der Türkei strafrechtlich
verfolgt wird . Es ist so, dass Herr Yücel dadurch, dass er
beide Staatsbürgerschaften hat, in der Türkei als Türke
behandelt wird . Wenn ein Deutscher auch die türkische
Staatsbürgerschaft hätte, würden wir in Deutschland das
übrigens ganz genauso machen .
Darin liegt das Problem der doppelten Staatsbürger-
schaft im Fall Yücel: Die konsularische Betreuung von
Herrn Yücel wäre selbstverständlich unproblematisch
möglich, wenn er nur die deutsche Staatsbürgerschaft
hätte . Die Türkei kann mit vollem Recht sagen: Dieser
Mensch ist türkischer Staatsbürger . Wir behandeln ihn
als Türken . Die deutsche Regierung hat über die Bot-
schaft kein Recht, Herrn Yücel konsularisch zu betreuen,
weil er türkischer Staatsbürger ist .
(Zuruf der Abg . Sylvia Kotting-Uhl [BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN])
Das ist keine politische Auffassung, sondern das ist
rechtliche Realität .
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Das ist außenpolitisch unver-
antwortlich! – Manfred Grund [CDU/CSU],
an BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewandt:
Das ist Quatsch! Das passt in euer Bild nicht
rein! Das ist die Wirklichkeit! – Gegenruf der
Abg . Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Nein, der Mann hat die deut-
sche Staatsbürgerschaft! – Gegenruf des Abg .
Manfred Grund [CDU/CSU]: Ja, und? Das
wird nicht anerkannt!)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Auch diese Debatte wird uns erhalten bleiben . Aber
ich beende jetzt die Befragung und bitte die Kollegen
sowohl der Unionsfraktion als auch der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen wieder um Aufmerksamkeit .
(Zuruf des Abg . Volker Beck [Köln] [BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN] – Manfred Grund
[CDU/CSU], an Volker Beck [Köln] [BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN] gewandt: Wenn hier
ein Oberseminarist sitzt, dann sind Sie es,
Herr Beck!)
– Kollegen, können wir weitermachen?
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
Drucksache 18/11554
Ich rufe die mündlichen Fragen in der üblichen Rei-
henfolge auf .
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reak-
torsicherheit . Zur Beantwortung steht die Parlamenta-
rische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter zur
Verfügung, und – Entschuldigung, Frau Ministerin – ich
hole das noch nach: Herzlichen Dank für die Auskünfte .
Durch das etwas turbulente Ende des ersten Tagesord-
nungspunktes hatte ich es versäumt, diesen Dank auszu-
sprechen .
Wir beginnen mit der Frage 1 der Kollegin Sylvia
Kotting-Uhl:
Besteht aus fachlicher Sicht des Bundesministeriums für
Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) die
Notwendigkeit, die hierzulande angefallenen und lagernden
grafithaltigen abgebrannten Brennelementkugeln zur Konditi-
onierung ins Ausland zu exportieren, um sie in einem hiesigen
tiefengeologischen Endlager endlagern zu können oder nicht
(bitte mit ausführlicher Begründung), und kann das BMUB
bestätigen, dass es bei Exportgenehmigungen für hochradio-
aktive Abfälle weiterhin für die Prüfung des atomrechtlichen
Erfordernisses der schadlosen Verwertung und die Fachauf-
sicht zuständig ist (bitte ausführlich darlegen; vergleiche Pres-
semitteilung Nr . 190/10 des Bundesministeriums für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 6 . Dezember 2010)?
Bitte, Frau Staatssekretärin, Sie haben das Wort .
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Danke, Frau Präsidentin . – Liebe Frau Kollegin
Kotting-Uhl, die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen
für bestrahlte Forschungsreaktorbrennelemente bleibt
infolge der derzeit im parlamentarischen Verfahren be-
findlichen Ausfuhrregelungen im Entwurf des Gesetzes
zur Fortentwicklung des Standortauswahlgesetzes und
anderer Gesetze dann zulässig, wenn erst durch die Be-
handlung im Ausland die Herstellung von endlagerfähi-
gen Abfallgebinden ermöglicht wird, die in Deutschland
eingelagert werden sollen .
Das BMUB hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass
dies für die Endlagerung hierzulande angefallener und
lagernder grafithaltiger abgebrannter Brennelementeku-
geln erforderlich ist . Das BAFA unterliegt bei der Aus-
fuhr von Kernbrennstoffen der Fachaufsicht des Bun-
desumweltministeriums und ist daher an die fachlichen
Weisungen des Bundesumweltministeriums gebunden .
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur Ausfuhr
prüft das BAFA auch die sichere Behandlung der radio-
aktiven Abfälle und bestrahlten Brennelemente im Aus-
land .
Britta Haßelmann
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722454
(A) (C)
(B) (D)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin . Das ist ja eine der
Ausnahmen, die jetzt im Standortauswahlgesetz festge-
schrieben wird: zur Konditionierung ins Ausland trans-
portieren, aber dann zur Endlagerung zurückholen . Mei-
ne erste Nachfrage: Ab wann kann aus Sicht des BMUB
für einen solchen Transport eine Exportgenehmigung
frühestens erteilt werden, und vor allem: Kann ein dies-
bezüglicher Exportantrag zwecks Konditionierung posi-
tiv beschieden werden, bevor das Endlager auf Basis des
Verfahrens mit all seinen Kriterien usw . ausgewählt ist?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Frau Kotting-Uhl, Ausfuhrgenehmigungen zur Her-
stellung endlagerfähiger Gebinde können erst dann er-
teilt werden, wenn die Endlagerungsbedingungen des
neuen Endlagers feststehen . Das ist erst mit Abschluss
des Standortauswahlverfahrens der Fall . Insofern ist es
dann eigentlich auch klar, dass es vorher keine Genehmi-
gung gibt, weil die Bedingungen ja nicht klar sind .
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Gut, danke . Also nach Zielvorgabe frühestens 2031,
wobei Sie ja wissen: Da gibt es unterschiedliche Auffas-
sungen . Das wird wahrscheinlich eher später sein .
Ich habe noch eine zweite Frage . In meiner Frage habe
ich auf eine BMU-Pressemitteilung vom 6 . Dezember
2010 Bezug genommen . Dies betraf den Rossendorfer
Atommüll, der damals in das russische Majak verbracht
werden sollte, was dann vom damaligen Bundesumwelt-
ministerium gestoppt wurde . Gab es für diesen Rossen-
dorfer Atommüll nach dem 6 . Dezember 2010 noch an-
dere Exportanträge? Und falls ja, wann und mit welchem
Bestimmungsziel? Und wie ging das Bundesumweltmi-
nisterium damit um?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Nein, Es gab keine anderen Anträge auf Ausfuhr die-
ser Brennelemente .
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Danke schön .
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Bitte .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Wir kommen damit zur Frage 2 des Kollegen Hubertus
Zdebel:
Welche Atomkraftwerke und sonstigen Atomanlagen in
Deutschland waren am 10 . März 2017 von dem „Renega-
de“-Vorfall nach dem Abbruch des Funkkontakts zu einer
Passagiermaschine der Air India betroffen (siehe zum Beispiel
www .presseportal .de/pm/7899/3586471), und welche Schutz-
bzw . Sicherungsmaßnahmen sind dort jeweils ergriffen wor-
den?
Bitte, Frau Staatssekretärin .
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Lieber Kollege Zdebel, Grundlage der Maßnahmen in
den Atomkraftwerken bei einem „Renegade“-Vorfall ist
der „Renegade“-Rahmenplan KKW, und dieser Rahmen-
plan gilt ausschließlich für die Atomkraftwerke und legt
die Einzelheiten der Warnung und Alarmierung fest .
Am 10 . März dieses Jahres wurden auf der Basis des
„Renegade“-Rahmenplans KKW mit einem sogenannten
Voralarm alle Atomkraftwerke, die über nukleares Inven-
tar verfügen, über den „Renegade“-Vorfall informiert .
Ein Voralarm ist die schnellstmögliche Information
zur Einleitung vorsorgender Maßnahmen in den Anla-
gen . Zu diesen betreiberseitigen Maßnahmen, die nach
einem Voralarm in der Anlage veranlasst werden, gehört
unter anderem die Teilräumung der Gebäude .
Die Maßnahmen bei Eingang eines Voralarms sind in
den Betriebsvorschriften der jeweiligen Anlage festge-
legt und werden in der Verantwortung der Anlage und
unter Berücksichtigung der jeweiligen Situation vor Ort
veranlasst .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Hubertus Zdebel (DIE LINKE):
Danke für die Antwort, Frau Staatssekretärin . – Ich
habe eine konkrete Nachfrage . Sie sprachen gerade da-
von, dass in dem Fall nur die Atomkraftwerke betrof-
fen seien . Wie sieht das mit anderen Atomanlagen in
Deutschland, zum Beispiel der Urananreicherungsanlage
in Gronau oder der Brennelementefabrik in Lingen, aus?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Die Atomkraftwerke sind die nuklearen Anlagen in
Deutschland mit dem höchsten Gefahrenpotenzial bei
einem gezielten Flugzeugabsturz . Bei einer rechtzeitigen
Warnung und Alarmierung können umfangreiche vorsor-
gende Maßnahmen zur Minderung eines Schadens einge-
leitet werden . Es ist also so, dass das höchste Gefahren-
potenzial im Fokus steht .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Parl. Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter
http://www.presseportal.de/pm/7899/3586471
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22455
(A) (C)
(B) (D)
Hubertus Zdebel (DIE LINKE):
Danke, Frau Präsidentin . – Frau Staatssekretärin,
wenn vom „Renegade“-Vorfall die Rede ist, ist für viele
Menschen gar nicht nachvollziehbar, was das eigentlich
ist . Der WDR hat dafür einen, glaube ich, ziemlich grif-
figen Begriff geprägt: Luftterroralarm. Auf gut Deutsch
gesagt geht es um die Gefahr eines sogenannten Nukle-
arterrorismus .
Nach meinen Informationen – das können Sie viel-
leicht bestätigen – hat es in den letzten Jahren sechs
solcher „Renegade“-Vorfälle gegeben . Bei welchen die-
ser Vorfälle wurden ähnliche Maßnahmen wie jetzt am
10 . März ergriffen?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
In den vergangenen fünf Jahren gab es acht Voralarme
für die Atomkraftwerke . Mit einem Voralarm auf Basis
des „Renegade“-Rahmenplanes KKW werden die Atom-
kraftwerke sowie die Lagezentren von Bund und Ländern
informiert; sie treffen dann in eigener Verantwortung die
entsprechenden Maßnahmen .
Eine sofortige Information der Öffentlichkeit über die
vorsorglich getroffenen Maßnahmen ist nicht vorgese-
hen .
Ich will es noch einmal für diejenigen verdeutlichen,
die noch nichts mit dem Begriff „Renegade“ anfangen
können: Es ging darum, dass der Funkkontakt zu einer
Passagiermaschine, einer Boing 787, verloren gegangen
ist .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Es gibt noch zwei weitere Nachfragen . Die erste stellt
die Kollegin Kotting-Uhl .
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Staatssekretärin, ein Punkt ist die Frage der
Informationspolitik . Denn man könnte zumindest im
Nachhinein über solche Vorfälle informieren . Mir ist völ-
lig klar, dass man Sorge hat, Panik zu wecken . Aber da
muss, glaube ich, die Bundesregierung eine Gratwande-
rung hinbekommen .
Ich will aber auf den Hintergrund des Ganzen zurück-
kommen . Die europaweite Terrorgefahrenanalyse für
AKWs nach Fukushima war nicht mehr als ein schlech-
ter Scherz . Plant die Bundesregierung, eine Initiative zu
ergreifen, um tatsächlich eine ernsthafte Terrorstresstest-
analyse vornehmen zu lassen?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Das Thema Sicherheit insbesondere in Bezug auf das
Gefahrenpotenzial ist immer wieder Thema in den jewei-
ligen Gremien .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Meiwald .
Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank . – Frau Staatssekretärin, durch diesen
Fall ist offensichtlich geworden, dass die Anlagen an sich
einem solchen Terroranschlag nicht unbedingt gewach-
sen wären . Welche Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung jetzt daraus, was den Schutz der Zivilbevölkerung
in der Umgebung angeht? Das Evakuieren der Mitarbei-
ter schützt vielleicht kurz den einzelnen Mitarbeiter für
den Fall, dass etwas passiert, aber die Bevölkerung in der
Umgebung hat dadurch keinerlei zusätzlichen Schutz er-
fahren . Gibt es Konsequenzen, die die Bundesregierung
jetzt aus diesem Fall zieht?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Die Bundesregierung hat sich nicht nur mit dem
Schutz der Mitarbeiter in den KKWs beschäftigt, son-
dern sie beschäftigt sich auch sehr intensiv mit dem
Schutz der Bevölkerung und der Sicherheit der Anlagen .
Insofern verweise ich auch darauf, dass die Aufsicht für
die Sicherheit und die Sicherung der Atomkraftwerke bei
den Ländern liegt .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Die Fragen 3 und 4 des Kollegen Oliver Krischer sol-
len schriftlich beantwortet werden .
Ich rufe die Frage 5 des Kollegen Matthias Gastel auf:
Wird die Bundesregierung die Einführung einer blau-
en Plakette nun unterstützen, nachdem die EU-Kommission
ausdrückliche Unterstützung bekundet hat (vergleiche Stutt-
garter Zeitung vom 13 . März 2017: „EU-Kommission ist für
die Blaue Plakette“), und falls nein, welche kurzfristig um-
setzbaren Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte für
die gesundheitsgefährdenden Luftschadstoffe Stickoxid und
Feinstaub schlägt die Bundesregierung vor?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Sehr geehrter Herr Kollege Gastel, die Diskussion
innerhalb der Bundesregierung über den Fortgang des
Vertragsverletzungsverfahrens aufgrund der Überschrei-
tungen der Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid
dauert noch an .
Zum zweiten Teil Ihrer Frage möchte ich einleitend
darauf hinweisen, dass die Feinstaubgrenzwerte im
letzten Jahr deutschlandweit mit nur einer Ausnahme –
das war Stuttgart – eingehalten wurden . Was macht der
Bund? Der Bund unterstützt flankierend auf verschiedene
Weise eine umweltfreundliche Mobilität, zum Beispiel in
Form der Förderung der Elektromobilität und des ÖPNV .
Das kommt auch der NO2-Reduzierung in den Städten
zugute .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722456
(A) (C)
(B) (D)
Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Es ist eine alles ande-
re als zufriedenstellende Antwort, dass die Bundesregie-
rung hier noch immer keine einheitliche Linie gefunden
hat; denn die Grenzwerte, die bei der Luftqualität über-
schritten werden, sind seit dem Jahr 1999 unverändert .
Das heißt, wir haben seit vielen Jahren einen erkennbaren
und immer dringlicher werdenden Handlungsbedarf zu
verzeichnen . Wir reden in erster Linie über die Stickoxi-
de, Frau Staatssekretärin, und nicht über die Feinstaub-
belastungen; denn Letztere stellen nur an wenigen Orten
ein Problem dar . Aber an sehr vielen Orten – von Mün-
chen bis hoch nach Kiel – gibt es ein großes Problem mit
den Stickoxidbelastungen . Man fragt sich, ob die Bun-
desregierung die Wirkung der blauen Plakette leugnet
bzw . abstreitet oder ob sie den Handlungsbedarf schlicht
und ergreifend nicht sieht .
Meine Frage an Sie lautet: Nachdem Herr Dobrindt
auf eine schriftliche Frage geantwortet hat, die Länder
und die Behörden der Länder könnten auf der Grundla-
ge des Bundes-Immissionsschutzgesetzes selber handeln
und die Dieselfahrzeuge aussperren – er hat dabei die Eu-
ronorm-6-Dieselfahrzeuge einbezogen –, stellt sich die
Frage, ob es wirklich im Sinn der Bundesregierung ist,
dass die Behörden der Länder jeweils eigene Regelungen
erlassen, die festlegen, wer mit welchem Auto wo fah-
ren darf, mit der Folge eines Flickenteppichs innerhalb
Deutschlands . Liegt das im Interesse der Bundesregie-
rung?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Sehr geehrter Herr Kollege Gastel, ich kann jetzt nicht
für Herrn Minister Dobrindt oder das BMVI sprechen .
Wie ich bereits gesagt habe, befinden sich mehrere Vor-
schläge in der Diskussion . Auch Baden-Württemberg
hat eine entsprechende Initiative im Bundesrat gestartet .
Aber dafür gibt es noch keine Mehrheit . Wir sind natür-
lich bemüht, hier eine Lösung zu finden, und sind uns
dieser Problematik bewusst .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr lange haben Sie nicht mehr Gelegenheit, sich um
eine Lösung zu bemühen; denn die EU-Kommission hat
zum wiederholten Mal ein Mahnschreiben nach Berlin
geschickt und hat Ihnen die Frist gesetzt, bis Mitte April
darauf zu reagieren . Wenn Sie sich innerhalb der Bun-
desregierung gar nicht einig sind, was Sie von der blauen
Plakette, die die EU-Kommission empfiehlt, halten: Was
werden Sie denn dann der EU-Kommission bis Mitte
April antworten?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Lieber Herr Kollege Gastel, die Europäische Kom-
mission führt in der mit Gründen versehenen Stellung-
nahme – dem Subsidiaritätsgrundsatz folgend – aus,
dass die Wahl der Maßnahmen zur Einhaltung der Stick-
stoffdioxidgrenzwerte im Ermessen der Mitgliedstaa-
ten liegt . Die Kommission schreibt die Einführung der
blauen Plakette aber nicht verbindlich vor . Die Euro-
päische Kommission ist in Bezug auf Deutschland der
Auffassung, dass sich bislang die unter Rückgriff auf die
35 . BImSchV eingerichteten sogenannten Umweltzonen
als nicht ausreichend erwiesen haben, um den Zeitraum
der Nichteinhaltung der Stickstoffdioxidgrenzwerte so
kurz wie möglich zu halten . Deshalb begrüßt sie die
Diskussion in Deutschland über die Fortentwicklung der
35. BImSchV. Genau in der Diskussion darüber befinden
wir uns momentan .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Zu einer Nachfrage hat der Kollege Meiwald das Wort .
Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Ich habe noch eine
Nachfrage dazu . Sie sprachen die alternativen Maßnah-
men an, die die Bundesregierung zum Beispiel in Form
von Förderprogrammen ergreift . Wenn man sich den
Bundesverkehrswegeplan vor Augen führt, fragt man
sich, ob diese nicht sogar kontraproduktiv sind . Aber da-
rum geht es jetzt nicht .
Meine Frage lautet: Wie schätzen Sie ein, innerhalb
welchen Zeitraums die von Ihnen angesprochenen Maß-
nahmen dazu führen werden, dass zukünftig die Grenz-
werte der EU-Kommission an allen Messpunkten einge-
halten werden?
Wenn Sie selber sagen würden, dass die Maßnahmen
nicht ausreichen, damit die Grenzwerte zeitnah eingehal-
ten werden, machen Sie sich dann als Bundesregierung
den Vorschlag Baden-Württembergs, eine blaue Plakette
einzuführen, auch wenn der bisher noch keine Mehrheit
im Bundesrat hat, zu eigen?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Ich knüpfe am Ende an, Herr Kollege Meiwald . Wir
werden schauen, bis wann Baden-Württemberg eine
Mehrheit für den Vorschlag gefunden hat .
(Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Und der erste Teil der Frage?)
– Wir sind, wie gesagt, in der Diskussion über mehrere
Maßnahmen, die es geben kann . Das betrifft einmal die
blaue Plakette bzw . die Umweltplakettenverordnung, wie
auch immer sie aussieht . Es gibt ferner die Differenzie-
rung zwischen geraden und ungeraden Kennzeichen, und
es gibt als dritte Möglichkeit die Differenzierung zwi-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22457
(A) (C)
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schen Dieselfahrzeugen und Benzinern. Darüber befin-
den wir uns in der Diskussion .
(Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Ich möchte noch mal präzisieren!)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie können jetzt leider keine Nachfrage mehr stellen .
Wir kommen zur Frage 7 des Kollegen Harald Ebner:
Wie ist der Wortlaut der Verständigung innerhalb der Bun-
desregierung zu neuer Gentechnik, die das BMUB am 16 . Fe-
bruar 2017 in einem Tweet erwähnt hat (vergleiche https://
twitter .com/bmub/status/832234772302819329)?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Lieber Herr Kollege Ebner, der Tweet vom 16 . Febru-
ar bezieht sich auf die Begründung, Teil A I ., erster Ab-
satz, im Entwurf des Vierten Gesetzes zur Änderung des
Gentechnikgesetzes, der vom Kabinett am 2 . November
beschlossen wurde . Der Wortlaut lautet:
Die Bundesregierung geht davon aus, dass auch
bei der Freisetzung und dem Inverkehrbringen von
Organismen, die mittels neuer Züchtungstechni-
ken wie CRISPR/Cas9 erzeugt worden sind, un-
ter Zugrundelegung des Vorsorgeprinzips und des
Innovationsprinzips ein hohes Maß an Sicherheit
gewährleistet wird . Vorbehaltlich einer anderwei-
tig bindenden Entscheidung auf EU-Ebene wird zu
diesem Zweck im Rahmen von Einzelfallprüfungen
im Gentechnikrecht eine prozess- und produktbezo-
gene Betrachtung und Bewertung zu Grunde gelegt .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Uns wurde heute Morgen im Ausschuss gesagt, dass
momentan zwei Feststellungsanträge zu mit neuer Gen-
technik erzeugten Organismen bei der Zentralen Kom-
mission für die Biologische Sicherheit liegen . Inwieweit
ist dies mit der Aussage, die in dem Tweet getroffen wur-
de, dass neue Gentechnik jeweils unter Gentechnikrecht
zu bewerten sei, vereinbar? Momentan gilt das gelten-
de Gentechnikrecht und nicht irgendein Entwurf, der im
Nirwana hängt . Wenn die Entscheidung, ob es sich um
Gentechnik handelt oder nicht, jetzt bei der ZKBS liegt,
ist das doch ein Widerspruch .
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Es liegen tatsächlich zwei Anträge zur Genehmigung
des Anbaus von Pflanzen, die mit NZT erzeugt wurden,
beim zuständigen Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit vor . Das Bundesamt für Natur-
schutz hat eine Stellungnahme zu den Anträgen abge-
geben . Es hat sich in beiden Fällen für die Einstufung
der Pflanzen als GVO ausgesprochen. Ein Bescheid des
zuständigen Bundesamts für Verbraucherschutz und Le-
bensmittelsicherheit zu den Feststellungsanträgen liegt
noch nicht vor .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage .
Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Danke schön . – Ich übersetze für die Menschen drau-
ßen: NZT soll „neue Züchtungstechnologien“ heißen,
was sie aber nicht sind, weil da nichts gezüchtet wird . Es
geht vielmehr um Gentechnik, es ist neue Gentechnik .
Wir haben heute Morgen im Ausschuss etwas Interessan-
tes gehört . Wir wurden auf eine Veranstaltung des Bun-
desministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur
neuen Gentechnik Ende April aufmerksam gemacht . Es
hieß, es sei eine Dialogveranstaltung . Ich wollte fragen,
ob das BMUB in diesen Dialog eingebunden ist – es wäre
ja spannend, wenn die Ressorts auch miteinander spre-
chen –, wenn ja, in welcher Form, und, wenn nein, wie
das BMUB sicherstellt, dass die in dem besagten Tweet
genannte Verständigung, wonach neue Gentechnik unter
Gentechnikrecht bewertet wird, so bestehen bleibt und
der Wahrheit entspricht .
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Lieber Kollege Ebner, mir ist von der Veranstaltung
noch nichts bekannt; aber das will auch nichts heißen .
Irgendwelche Informationen können ja irgendwo in der
Post hängen geblieben sein – was auch immer . Ich werde
noch einmal genau darauf schauen . Das zu diesem Punkt .
Ich würde sagen: Wenn es ein Dialog ist, dann kann
man die unterschiedlichen Positionen – vielleicht gibt es
auch gemeinsame Positionen – mit Ihnen diskutieren .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Wir kommen jetzt zur Frage 6 des Abgeordneten
Harald Ebner:
Wie steht das BMUB zur Aufforderung der französischen
Umweltministerin Ségolène Royal nach der ECHA-Bewer-
tung von Glyphosat, die europäischen Umweltministerinnen
und -minister mögen sich auch weiterhin gegen eine Neuzulas-
sung positionieren (vergleiche www .developpement-durable .
gouv .fr/segolene-royal-condamne-decision-lecha-ne-pas-clas-
ser-cancerogene-probable-glyphosate-et-appelle)?
Bitte, Frau Staatssekretärin .
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Herr Kollege Ebner, die Bundesregierung wird ihre
Position zu einer Wiedergenehmigung von Glyphosat
dann festlegen, wenn die EU-Kommission den Mitglied-
staaten einen entsprechenden Vorschlag zur Wiederge-
nehmigung vorlegt . Dies ist bisher allerdings noch nicht
der Fall .
Parl. Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter
https://twitter.com/bmub/status/832234772302819329
https://twitter.com/bmub/status/832234772302819329
http://www.developpement-durable.gouv.fr/segolene-royal-condamne-decision-lecha-ne-pas-classer-cancerogene-probable-glyphosate-et-appelle
http://www.developpement-durable.gouv.fr/segolene-royal-condamne-decision-lecha-ne-pas-classer-cancerogene-probable-glyphosate-et-appelle
http://www.developpement-durable.gouv.fr/segolene-royal-condamne-decision-lecha-ne-pas-classer-cancerogene-probable-glyphosate-et-appelle
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722458
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Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage, Herr Ebner .
Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die Bundesministerin hat sich am 15 . März 2017 in
der Deutschen Welle ja schon geäußert . Sie hat gesagt,
falls der Stoff wieder zugelassen werde, gehe das nur mit
strengen Anwendungsbestimmungen . Sie erwarte, dass
die EU-Kommission einen Vorschlag mache, der das klar
beachte . Deshalb meine Frage an Sie, Frau Staatssekretä-
rin: Mit welchen konkreten Forderungen aus dem BMUB
wird Deutschland in die Abstimmung auf der EU-Ebene
gehen? Wie wird das BMUB ganz konkret sicherstellen,
dass sich Deutschland auf der EU-Ebene entsprechend
positioniert?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Gleich zu Beginn: Für uns sind die Auswirkungen
von Glyphosat auf die biologische Vielfalt natürlich ent-
scheidend . Wenn unvertretbare Auswirkungen aufgrund
der Anwendung eines beantragten Mittels auf die biolo-
gische Vielfalt im Rahmen der Antragsprüfung ermittelt
werden, dann müssen die Mitgliedstaaten dem entge-
genwirken, zum Beispiel, indem sie Bedingungen für
die Anwendung festlegen . Diese sollen die befürchteten
Auswirkungen eines Pflanzenschutzmittels so weit ab-
senken, dass sie vertretbar sind; denn die Mitgliedstaaten
dürfen ein Pflanzenschutzmittel nur dann zulassen, wenn
keine unvertretbaren Auswirkungen zu befürchten sind .
Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Auswirkungen
von Pflanzenschutzmitteln auf die biologische Vielfalt,
sondern für alle Arten von Auswirkungen auf die Um-
welt . Wir denken, dass quasi das Bereithalten ökologi-
scher Ausgleichsflächen ein geeignetes Instrument für
eine hinreichende Risikominderung sein kann . Wir sind
aber auch für jede Art eines anderen Instruments offen,
das vorgeschlagen wird, sofern damit das Ziel erreicht
wird, dass unvertretbare Auswirkungen auf die biologi-
sche Vielfalt hinreichend gemindert werden . Das heißt,
wir wollen Bedingungen, die gewährleisten, dass der
Schutz der biologischen Vielfalt bei der Zulassung von
Pflanzenschutzmitteln ausreichend berücksichtigt wird.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Herr Ebner, Sie haben das Wort zur zweiten Nachfra-
ge .
Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Danke, Frau Präsidentin . – Ich stelle fest: Das BMUB
räumt jetzt schrittweise seine Position .
Ich möchte jetzt noch auf einen anderen Aspekt zu
sprechen kommen . Die Zeitungen Welt, Süddeutsche
Zeitung und Frankfurter Rundschau sind derzeit voll mit
Artikeln, in denen die Frage behandelt wird, wie man-
che Studien zustande kommen . Welche Konsequenzen
zieht die Bundesregierung aus den aktuellen Enthüllun-
gen zum Fall „Monsanto ghostwriting“? Es geht um von
Monsanto geschriebene Studien, die mit, ich sage mal,
den Namen scheinbar unabhängiger Wissenschaftler ge-
schmückt wurden, die auch bei uns in Anhörungen zu
Glyphosat saßen . Welche Konsequenzen zieht die Bun-
desregierung dahin gehend, ob sie auf dieser Basis noch
der Studiengrundlage des Glyphosat-Bewertungsverfah-
rens vertraut und ob überhaupt eine Neuzulassung auf so
einer Basis erfolgen kann?
Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretärin bei
der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit:
Ich möchte erst einmal auf Ihre Eingangsbemerkung,
dass wir unsere Position räumen, eingehen: Das tun wir
keinesfalls . Wir haben von Anfang an in dieser Diskussi-
on um Glyphosat in dem Bereich, wo wir zuständig sind,
Wert auf den Schutz der biologischen Vielfalt gelegt; sie
steht bei uns im Fokus . Beim BMG steht die Gesundheit
im Fokus; wir sind für die biologische Vielfalt zuständig .
Ich habe Ihnen gerade noch einmal erklärt, wo die
Mitgliedstaaten einwirken werden, sollte es dazu kom-
men . Jetzt muss erst einmal der Vorschlag auf dem Tisch
liegen, sodass wir wissen, wie er aussieht . Dann können
wir über Bedingungen reden, an die es geknüpft werden
soll . Schließlich kann die Umsetzung Auswirkungen auf
die biologische Vielfalt haben .
Im Übrigen verweise ich darauf, dass sich die Bundes-
regierung Studien anderer nicht zu eigen macht .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Danke, Frau Staatssekretärin . – Wir sind damit am
Ende Ihres Geschäftsbereichs .
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeri-
ums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung auf . Zur Beantwortung steht der Parlamentarische
Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel zur Verfügung .
Wir beginnen mit der Frage 8 des Kollegen Uwe
Kekeritz:
In welcher Höhe wurden in den vergangenen drei Jahren im
Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitä-
ren Hilfe Mittel für die Länder Nigeria, Südsudan, Äthiopien,
Somalia, Kenia und Jemen bereitgestellt (bitte nach Ländern
auflisten), und hält die Bundesregierung ihre derzeitigen Bei-
träge vor dem Hintergrund der frühen Warnungen vor Dürre
und Hungersnot (unter anderem durch den Brief der Abgeord-
neten Uwe Kekeritz, Claudia Roth, Heike Hänsel und Niema
Movassat an den Bundesminister für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung Dr . Gerd Müller vom 10 . März
2016) für angemessen?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Ich hatte den Kollegen so verstanden, dass diese Fra-
ge schriftlich beantwortet werden soll . Aber sie soll jetzt
doch behandelt werden . – Okay .
Wir haben eine große Krise am Horn von Afrika . Des-
halb haben wir bereits in den Jahren 2011 bis 2015 un-
sere Mittel merklich erhöht . Wir haben das auf diesem
hohen Niveau 2016 fortgesetzt . Angesichts der großen
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22459
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Krise werden wir im Jahr 2017 Mittel in mindestens der
gleichen Höhe zur Verfügung stellen .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Danke . – Es ist richtig; Sie haben die Frage heute
Morgen schriftlich beantwortet . Aber ich habe darum
nicht gebeten . Sie haben es gemacht; danke schön . Aber
die Antwort wirft neue Fragen auf .
Zum einen haben wir auch nach den humanitären Hil-
fen gefragt . Sie haben nur die EZ genannt . Ich wollte
wissen, wie Außenministerium und BMZ zusammenar-
beiten . Aber gut; das ist vielleicht ein anderes Thema .
Zum anderen haben Sie gesagt, dass Sie die Mittel er-
heblich erhöht haben . Ich stelle fest, dass Sie, wenn man
den Zeitraum 2014 bis 2016 betrachtet, die Mittel für
Somalia gekürzt haben, die Mittel für den Jemen mini-
mal gekürzt haben, die Mittel für Nigeria minimal erhöht
haben, und für den Sudan sind die Mittel weggefallen .
Aber: Die Erhöhung kommt daher, dass Sie den Betrag
für Kenia um das Elffache erhöht haben . Es ist mir völ-
lig schleierhaft, warum Kenia plötzlich das Elffache be-
kommt; denn Kenia ist sicherlich nicht das Hungerland .
Woher kommt diese Erhöhung? Wenn man diese Erhö-
hung für Kenia abzieht, dann stellt man fest, dass die
Mittel erheblich gekürzt worden sind . Woher also kommt
diese Erhöhung für Kenia?
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Ich komme nochmals auf das Gesamtvolumen zu
sprechen; hier muss man das Ganze sehen . Ich möchte
darauf hinweisen, dass diese Mittel erhöht wurden . Ich
muss das auf die einzelnen Jahre und die einzelnen Län-
der herunterrechnen . Das kann ich jetzt in der Kürze der
Zeit nicht . Das will ich aber gern nachholen .
(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Sie haben mir doch die Liste gegeben!
Sie haben sie doch auch!)
– Ja .
(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Das Elffache für Kenia!)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Wir sind in der Fragestunde, nicht im Dialog .
(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Ach, so ist das!)
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Ich gehe jetzt einmal die Liste für Kenia durch . Da
betrug die bilaterale Hilfe 2014 20 Millionen Euro,
im Jahr 2015 21 Millionen Euro . Dann hatten wir im
Jahr 2016 für die bilaterale EZ die sehr hohe Summe von
rund 225 Millionen Euro . – Ich weiß nur nicht, ob das in
der Aufstellung hier im Einzelnen richtig erfasst ist . Das
möchte ich gern schriftlich nachreichen .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Dann können Sie jetzt noch eine zweite Nachfrage
stellen .
Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dann bedanke ich mich für das Nachreichen . Es kann
natürlich ein Fehler sein . Aber nach den vorliegenden
Zahlen haben Sie die Mittel gekürzt . Das möchte ich nur
festhalten .
Das Zweite, was mich interessiert: Minister Müller ist,
was Public Relations angeht, Weltmeister . Das macht er
hervorragend . Er fordert nur 10-Milliarden-Töpfe . Auch
die letzte Forderung zum Thema Hungerbekämpfung
war: 10 Milliarden US-Dollar . Inwieweit ist denn die-
se Forderung im Kabinett oder auf europäischer Ebene
schon abgesprochen?
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Herr Minister Müller ist sich darüber im Klaren, dass
die Bewältigung der großen Herausforderungen, die am
Horn von Afrika sichtbar sind, auch entsprechend fi-
nanziell unterlegt werden muss . Das kann sicher nicht
Aufgabe Deutschlands allein sein; wir sind jetzt schon
der zweitgrößte Geber überhaupt . Also müssen wir auf
der europäischen Ebene vorstellig werden – das hat der
Minister getan –, um die Mitgliedsländer der Europäi-
schen Union für Beiträge zu gewinnen . Das muss auch
in einer Weise auf den Weg gebracht werden, die flexible
Handhabungen ermöglicht . Deswegen hat der Minister
die Forderung erhoben, einen entsprechenden Fonds ein-
zurichten . Er hat das auch im Entwicklungsministerrat
vorgetragen .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Wir kommen damit zur Frage 9 des Kollegen Kekeritz:
Wie hoch sind die Haushaltsmittel, die laut dem Parla-
mentarischen Staatssekretär beim Bundesminister der Finan-
zen Dr . Michael Meister für den sogenannten Marshallplan
mit Afrika zur Verfügung stehen (vergleiche die Antwort der
Bundesregierung auf meine mündliche Frage 26, Plenarpro-
tokoll 18/220), und nach welchen Kriterien werden die Part-
nerländer, die im Rahmen des sogenannten Marshallplans mit
Afrika unterstützt werden sollen, ausgewählt?
Bitte, Herr Staatssekretär .
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Bei dem Marshallplan handelt es sich um ein hochin-
novatives Zukunftskonzept . Wir haben jetzt die Eckpunk-
te dieses Marshallplans fixiert. Das ist Voraussetzung für
den Eintritt in die Diskussion . Wir wollen nämlich eine
Umsetzung dieses Marshallplans – der einem Paradig-
menwechsel der deutsch-afrikanischen Zusammenarbeit
gleichkommen wird – erreichen . Auf diesem Wege wer-
Parl. Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722460
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den wir anschließend – wenn wir das in die Wege geleitet
haben – reformorientierte Partnerländer stärker als bisher
unterstützen . In diesem Zusammenhang möchte ich be-
merken, dass es sich hier um einen Plan mit Afrika und
nicht für Afrika handelt . Das heißt, wir entwickeln das im
Dialog und nicht irgendwie im Alleingang .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herzlichen Dank . – Für die Öffentlichkeit: Ich habe
die Frage, wie viel Geld da hinterlegt ist, bestimmt schon
siebenmal gestellt . Der Kollege Meister hatte mir ver-
sprochen, er würde schriftlich antworten . Ich habe keine
Antwort bekommen . Sie haben es aber natürlich erklärt:
Wir brauchen überhaupt kein Geld; denn wir haben ja
ein innovatives Konzept, und dadurch wird das sicherlich
kompensiert .
Ich wollte wissen, welche Reformländer denn damit
gemeint sind und welche Konsequenzen das denn eigent-
lich für Länder hat, die nicht ausgewählt werden . Insbe-
sondere habe ich die Frage: Was passiert mit den LDCs
bzw . mit den Menschen in diesen Ländern?
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Zunächst einmal zum Geld: In dieser Zeit geht es da-
rum, das Geld des Steuerzahlers besonders sorgfältig zu
verwenden bzw . zweimal umzudrehen und präzise einzu-
setzen . Vor diesem Hintergrund handelt es sich jetzt erst
einmal darum, das Geld intelligenter als bisher einzu-
setzen . Das wollen wir quasi als Katalysator betrachten .
Das heißt, wir brauchen im Augenblick keine weiteren
ODA-Mittel, sondern wir möchten den ersten Schritt aus
der Substanz heraus tun, um dann im Weiteren zu sehen,
welche Entwicklung sich ergibt .
Wir sehen da sehr gute Möglichkeiten, wenn wir eben
auch andere Maßnahmen ergreifen . Ich möchte einmal
nennen: Wir müssen beispielsweise mehr private Inves-
titionen mobilisieren und Eigenmittel der Partner gene-
rieren . Das ist in der Vergangenheit viel zu wenig getan
worden .
Ich möchte dann darauf hinweisen, dass in dieser Hin-
sicht zum Beispiel auch die Frage zu bearbeiten ist, wie
wir bessere Instrumente, Vorschriften und Rahmenbedin-
gungen – beispielsweise durch die Bekämpfung illegaler
Finanzströme oder die Beförderung von Steuermehr-
aufkommen in Afrika – schaffen . Wir haben hier große
Fragen zu stellen . Die Antworten müssen wir gemeinsam
mit den Partnern erarbeiten . – Aus der so erzielten Sub-
stanz heraus kann dann wahrscheinlich mehr geschehen,
als in der Vergangenheit durch das Gießkannenverfahren
stattgefunden hat .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage .
Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Danke schön . – Eine sinnvolle Verwendung von Gel-
dern ist natürlich immer sinnvoll . Das ist per se richtig .
Allerdings habe ich jetzt Ihrer Antwort entnommen, dass
Sie die Gelder umschichten wollen . Das heißt, Sie wollen
es aus den Bereichen Gesundheit, Bildung, Wasser und
Sanitäres herausnehmen . Irgendwo muss es ja herkom-
men . Das wird dann natürlich in der Entwicklungspolitik
fehlen .
Kohärenz ist das zentrale Thema bei uns in der Ent-
wicklungszusammenarbeit . Wie passt denn der Marshall-
plan mit den Plänen zusammen, die genau das Gleiche
enthalten? Ich spreche hier vom External Investment
Plan der EU . Damit soll genau so eine Investitionsini-
tiative gefördert werden . Schäuble will einen „Compact
with Africa“ kreieren . Damit soll das Gleiche gemacht
werden . Der Marshallplan fügt sich genau in diese Logik
ein .
Inwieweit kann man denn überhaupt noch von Trans-
parenz und Kohärenz sprechen, wenn hier drei ganz,
ganz große Initiativen parallel gestartet werden sollen?
Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär beim
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung:
Erstens malen Sie da ein bisschen den Teufel an die
Wand, wenn Sie vortragen, was dann überall nicht mehr
passieren würde . Es gibt doch in jedem Jahr sehr viele
Positionen, bei denen die Ansätze nicht voll ausgeschöpft
werden . Das müssen wir uns einfach kritischer anschau-
en und darauf sehen, wo es im finanziellen Bereich
verfügbare Substanzen gibt . Es kommt nicht überall zu
Einsparungen bei Projekten, die laufen; vielmehr gibt es
in einem Haushalt sehr vieles, das gestaltbar ist . Das als
erste Bemerkung .
Das Zweite . Sie dürfen davon ausgehen, dass Minister
Müller und Minister Schäuble – beide kommen aus Süd-
deutschland – etwas von Zusammenführen von Geld und
von Effizienzgewinnen verstehen.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Wo er recht hat, hat er
recht! – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]:
Das können Wessis auch, Kollege Fuchtel!
Das können auch Ossis und Nordis!)
Wir werden das so handhaben, dass wir ein Zusammen-
wirken der verschiedenen Instrumente durchführen .
Wenn Sie diese Begriffe hier einführen, dann sage ich:
Jawohl, das sind neue Begriffe in der Entwicklungspoli-
tik, Begriffe, die dringend notwendig sind, um in Afrika
besser voranzukommen, als das in der Vergangenheit der
Fall gewesen ist .
(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Keine dritte Frage!)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Eine dritte Frage sieht unsere Geschäftsordnung nicht
vor . Deshalb sind wir am Ende dieses Geschäftsbe-
reichs . – Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär Fuchtel .
Parl. Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22461
(A) (C)
(B) (D)
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amts . Die Fragen 10 und 11 des Abgeordneten Hans-
Christian Ströbele, Frage 12 des Abgeordneten Niema
Movassat, die Fragen 13 und 14 des Abgeordneten Omid
Nouripour, die Fragen 15 und 16 der Abgeordneten
Sevim Dağdelen, die Fragen 17 und 18 der Abgeordneten
Heike Hänsel sowie Frage 19 des Abgeordneten Andrej
Hunko werden schriftlich beantwortet .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums des Innern . Die Frage 20 des Abgeordneten
Andrej Hunko, die Fragen 21 und 22 der Abgeordneten
Ulla Jelpke, die Fragen 23 und 24 der Abgeordneten Erika
Steinbach sowie Frage 25 des Abgeordneten Dr . Gerhard
Schick werden schriftlich beantwortet .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums der Justiz und für Verbraucherschutz . Zur
Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär
Christian Lange zur Verfügung .
Frage 26 des Abgeordneten Dr . Gerhard Schick wird
schriftlich beantwortet .
Ich rufe die Frage 27 des Kollegen Beck auf, den ich
im Moment nicht sehe:
Warum war der Bundesregierung und den ihr nachgeord-
neten Behörden (insbesondere GBA, BND und BfV) der Auf-
enthalt des Leiters der Abteilung für Auslandsbeziehungen der
Diyanet, Halife Keskin, der mit Schreiben vom 20 . Septem-
ber 2016 Konsulatsangehörige und Mitarbeitende der DITIB
dazu aufgefordert hat, Berichte über Anhänger und Einrich-
tungen der Gülen-Bewegung anzufertigen und der türkischen
Regierung zur Verfügung zu stellen, am 18 . Februar 2017 in
Deutschland nicht bekannt (vergleiche Antwort auf meine
schriftliche Frage 25 auf Bundestagsdrucksache 18/11365;
ergänzende Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs
Dr . Günter Krings auf meine Nachfrage in der Regierungsbe-
fragung vom 8 . März 2017, Plenarprotokoll 18/220, S . 22016),
obwohl der Generalbundesanwalt an diesem Tag per E-Mail
und Fax über die Anwesenheit von Halife Keskin informiert
worden ist und diese durch Fotobeweis belegt ist (vergleiche
www .zeit .de/politik/deutschland/2017-03/ditib-spionage-tuer-
kei-beamter-halife-keskin-sicherheitsbehoerden-deutschland),
und welche Konsequenzen hat die Ankündigung des türki-
schen Außenministers „Demnächst werden Religionskriege
in Europa beginnen“ (www .bbc .com/turkce/39290288) für die
Mitgliedschaft der DITIB in der Deutschen Islam Konferenz?
(Abg . Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN] betritt den Plenarsaal)
Der Herr Staatssekretär Lange hat zur Beantwortung
das Wort .
Christian Lange, Parl . Staatssekretär beim Bundes-
minister der Justiz und für Verbraucherschutz:
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Kollege, zum
ersten Teil Ihrer Frage kann ich Ihnen mitteilen, dass der
Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse zu einem
Aufenthalt von Herrn Keskin in Deutschland am 18 . Fe-
bruar 2017 vorlagen . Das Bundeskriminalamt hat auf
Nachfrage erklärt, dass es Abfragen in diversen Dateien
durchgeführt hat, die seinerzeit keine Bestätigung eines
Aufenthalts des Herrn Keskin in Deutschland erbrachten .
Ihre E-Mail mit dem Hinweis zu einem Aufenthalt
von Herrn Keskin in Deutschland am Samstag, 18 . Fe-
bruar 2017, ist am selben Tag zweifach beim General-
bundesanwalt eingegangen . Diese Nachrichten wurden
jedoch am Morgen des Montags, des 20 . Februar 2017,
um 7 .04 Uhr vom Mailkonto der Poststelle gelöscht, be-
vor das zuständige Ermittlungsreferat Kenntnis davon
nehmen konnte . Zugang zu diesem Mailkonto haben nur
die Mitarbeiter der Poststelle .
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbrau-
cherschutz hat den Generalbundesanwalt gebeten, diesen
Vorkommnissen nachzugehen und für organisatorische
Konsequenzen zu sorgen . Zudem sind diese Vorgänge
Gegenstand dienstrechtlicher bzw . gegebenenfalls auch
disziplinarischer Überprüfungen .
Der Eingang Ihres Faxes desselben Inhalts konnte bis-
lang trotz intensiver Recherchen beim Generalbundesan-
walt nicht festgestellt werden . Wir haben Herrn Gene-
ralbundesanwalt Dr . Frank gebeten, noch heute Abend
ins Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher-
schutz nach Berlin zu kommen, um über den aktuellen
Sachstand der Recherchen und Aufklärungen des Gene-
ralbundesanwalts hinsichtlich des Umgangs mit bei der
Poststelle eingegangenen E-Mails und bezüglich der in
Aussicht genommenen Konsequenzen zu berichten .
Soweit Sie im zweiten Teil Ihrer Frage nach Konse-
quenzen der Äußerungen des türkischen Außenministers
für die Mitgliedschaft der DITIB in der Deutschen Islam
Konferenz fragen, weise ich darauf hin, dass diese am
14 . März 2017 zum letzten Mal in dieser Legislaturperi-
ode getagt hat . Zur Fortführung und Zusammensetzung
der Deutschen Islam Konferenz in der nächsten Wahlpe-
riode wird abzuwarten sein, welche Vorstellungen eine
neue Bundesregierung hierzu haben wird . Im Übrigen
möchte ich zur grundsätzlichen Haltung der gegenwär-
tigen Bundesregierung auf die Antwort zu Frage 28 der
Kleinen Anfrage Ihrer Fraktion vom 16 . Februar dieses
Jahres verweisen .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Herr Kollege Beck hat das Wort zur ersten Nachfrage .
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Zunächst einmal zum Aufenthalt von Halife Keskin
in Köln, meiner Heimatstadt, am besagten Tage: Ist
der Bundesregierung inzwischen bekannt, ob er sich zu
diesem Zeitpunkt in Köln und wahrscheinlich auch in
Oberhausen aufgehalten hat, nachdem er am Tag zuvor
in Straßburg war und es Presseveröffentlichungen gibt,
die auf einen entsprechenden Link bei Instagram verwei-
sen, in dem ein DITIB-Funktionär oder Religionsattaché
eine entsprechende Ablichtung – aufgenommen auf dem
Dach der DITIB-Moschee – veröffentlicht hat?
Wie beurteilt die Bundesregierung ferner den Um-
stand, dass man Strafverfolgungsorgane über solche
Sachverhalte informiert, diese aber zwei Tage vertrödeln,
offensichtlich Faxe in den Papierkorb legen und E-Mails
im Posteingang einfach löschen? Dann ist man als Hin-
weisgeber natürlich irgendwie aufgeschmissen .
Vizepräsidentin Petra Pau
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-03/ditib-spionage-tuerkei-beamter-halife-keskin-sicherheitsbehoerden-deutschland
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-03/ditib-spionage-tuerkei-beamter-halife-keskin-sicherheitsbehoerden-deutschland
http://www.bbc.com/turkce/39290288
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722462
(A) (C)
(B) (D)
Christian Lange, Parl . Staatssekretär beim Bundes-
minister der Justiz und für Verbraucherschutz:
Zu Letzterem kann ich Ihnen sagen: Ich teile das; die-
se E-Mail hätte nie gelöscht werden dürfen . Das ist auch
der Grund, warum das Bundesministerium der Justiz und
für Verbraucherschutz zusammen mit dem Generalbun-
desanwalt diesen Vorkommnissen nachgeht und für orga-
nisatorische Konsequenzen sorgen wird . Zudem werden
dienstrechtliche und gegebenenfalls auch diszi plinarische
Überprüfungen stattfinden. – Das ist das Erste.
Das Zweite ist, dass mir der Generalbundesanwalt
über das, was ich Ihnen gesagt habe, hinaus nichts mit-
geteilt hat .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage .
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Die zweite Nachfrage stelle ich – weil ich nur zwei
habe – zum zweiten Antwortteil . – Ich würde schon ger-
ne wissen, ob die Bundesregierung nicht meint, dass die
Ankündigung durch den Außenminister der Republik
Türkei „Demnächst werden Religionskriege in Europa
beginnen“ Auswirkungen auf das Verhältnis zur DITIB
haben muss . In der Antwort auf unsere Kleine Anfrage,
auf die Sie sich gerade bezogen haben, drückt sich die
Bundesregierung bewusst und vorsätzlich um eine Ant-
wort auf diese Frage herum .
Ich meine, dass es angesichts des gegenwärtigen Stan-
des – die DITIB ist der türkischen Regierung unmittelbar
unterstellt und sagt, dass die Imame mit dem deutschen
Verein nichts zu tun haben, sondern Dienstvorgesetzter
allein die Diyanet in Ankara ist, die ja auch ihre Löhne
zahlt und mit ihnen Arbeitsverträge geschlossen hat – und
vor dem Hintergrund der Spionageaffäre jetzt mal Zeit ist,
zu sagen: Auf dieser Grundlage ist eine Kooperation mit
der DITIB als gleichberechtigtem Partner in der Islam-
konferenz nicht denkbar . – Es muss in allen Bereichen,
übrigens auch in den Bereichen, in denen die DITIB wei-
terhin gefördert wird, unmittelbare Konsequenzen geben .
Ich weiß nicht, auf wen Sie Rücksicht nehmen; aber of-
fensichtlich kommt die Botschaft der Rücksichtnahme in
Ankara gegenwärtig nur sehr rudimentär an .
Christian Lange, Parl . Staatssekretär beim Bundes-
minister der Justiz und für Verbraucherschutz:
Herr Kollege, zunächst einmal will ich sagen, dass die
neue Bundesregierung darüber entscheiden wird, wie mit
der Islamkonferenz verfahren wird .
Was das Thema der derzeitigen Projektförderung im
Zusammenhang mit DITIB anbelangt,
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Zwei Projekte haben Sie einge-
stellt!)
kann ich Ihnen, auch wenn dieser Bereich wie das ge-
samte Thema der Islamkonferenz in den Zuständigkeits-
bereich des Bundesinnenministeriums fällt,
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Nein, die Förderung macht das
Familienministerium!)
trotzdem Folgendes antworten: Die islamischen Verbän-
de können einen wichtigen Beitrag zum Beispiel in den
Bereichen der Integration oder der Prävention leisten .
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Wenn sie Religionskriege beför-
dern?)
Die Bundesregierung beobachtet diese Entwicklungen
allerdings sorgfältig . Die weitere Zusammenarbeit mit
DITIB im Bereich der Projektförderung wird angesichts
der aktuellen Entwicklungen, insbesondere vor dem Hin-
tergrund des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ge-
gen aus der Türkei entsandte und in DITIB-Gemeinden
tätige Imame, fortlaufend geprüft und überprüft .
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Es ist unglaublich! Was soll denn
noch passieren?)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Danke, Herr Staatssekretär . – Die Frage 28 der Kol-
legin Zimmermann soll schriftlich beantwortet werden .
Damit sind wir am Ende Ihres Geschäftsbereiches .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums der Finanzen . Zur Beantwortung steht der
Parlamentarische Staatssekretär Dr . Michael Meister zur
Verfügung .
Die Frage 29 der Kollegin Zimmermann soll schrift-
lich beantwortet werden .
Ich rufe die Frage 30 des Kollegen Volker Beck auf:
Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die
Bundesregierung aus dem Schreiben der EU-Kommissarin für
Beschäftigung, Soziales, Qualifikationen und Arbeitskräfte-
mobilität, Marianne Thyssen, vom 1 . März 2017, in dem sie
die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, den Bundes-
minister der Finanzen und die Bundesministerin für Arbeit und
Soziales darüber informiert, dass die Kommission beschlossen
hat, eine Änderung der europäischen Regelungen zur Koordi-
nierung der Systeme der sozialen Sicherheit, die die Indexie-
rung der Familienleistungen an das Lebenshaltungsniveau in
den Aufenthaltsstaaten der Kinder ermöglichen würde, nicht
einzuführen, und welche Auswirkungen hat dies auf den Re-
ferentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen eines
Gesetzes zur Anpassung kindergeldrechtlicher Regelungen
vom 10 . Februar 2017?
Dr. Michael Meister, Parl . Staatssekretär beim Bun-
desminister der Finanzen:
Frau Präsidentin! Herr Kollege Beck, die Bundesre-
gierung bedauert die ablehnende Haltung der EU-Kom-
missarin Thyssen zu dem Anliegen, mit einer Änderung
der europarechtlichen Koordinierungsvorschriften eine
Anpassung der Höhe des Kindergelds zu ermöglichen .
Die mit Schreiben vom 13 . Februar 2017 eingeleitete
Ressortabstimmung über den Gesetzentwurf zur Anpas-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22463
(A) (C)
(B) (D)
sung kindergeldrechtlicher Regelungen konnte bislang
noch nicht abgeschlossen werden .
Vizepräsidentin Petra Pau:
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage .
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vor dem Hintergrund, dass Sie es von der Europäi-
schen Kommission schwarz auf weiß haben, dass dieser
Gesetzentwurf europarechtlich nicht zulässig ist, frage
ich Sie: Verfolgt die Bundesregierung das Gesetzge-
bungsverfahren zu diesem rechtlichen Projekt in der ak-
tuellen Situation tatsächlich weiter, und wie wollen Sie
dies gegebenenfalls begründen, wenn es entgegen der
Rechtsauffassung der Europäischen Kommission ist?
Dr. Michael Meister, Parl . Staatssekretär beim Bun-
desminister der Finanzen:
Herr Kollege Beck, die Bundesregierung wird die
Ressortabstimmung zu dem eben erwähnten Gesetzent-
wurf weiterführen, und sie wird in geeigneter Weise auf
die EU-Kommission zugehen, um eine Anpassung der
europarechtlichen Koordinierungsvorschriften zum Kin-
dergeld zu erreichen .
Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Wie wollen Sie mit Blick auf das gegenwärtig gelten-
de Europarecht Ihren Gesetzentwurf begründen? Sie ha-
ben doch die Auffassung der Europäischen Kommission
gehört, dass das nicht begründbar ist . Erklären Sie mir
also Ihre konkreten Rechtsgründe, die Sie in der jetzi-
gen Situation ins Feld führen . Das ist ja kontrafaktische
Rechtspolitik, was Sie hier betreiben .
Dr. Michael Meister, Parl . Staatssekretär beim Bun-
desminister der Finanzen:
Ich habe eben gesagt, dass die Bundesregierung auf
die Kommission zugeht . Das hat sie mit dem Brief der
drei Bundesminister getan,
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Darauf haben Sie ja eine Antwort
bekommen!)
und das wird sie weiterführen, um dafür zu sorgen, dass
das Europarecht so ausgelegt wird, dass dieser Gesetz-
entwurf umsetzbar ist . Insofern werden wir uns einerseits
um eine europarechtliche Veränderung bemühen und an-
dererseits auf nationaler Ebene als Bundesregierung an
der Erarbeitung eines Gesetzentwurfes weiterarbeiten .
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Willkommen in den Tiefen des
kontrafaktischen Pragmatizismus!)
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank . – Schönen guten Tag, liebe Kolleginnen
und Kollegen! Das war die Frage 30 .
Die Frage 31 des Abgeordneten Kai Gehring wird
schriftlich beantwortet . Damit sind wir am Ende die-
ses Geschäftsbereichs . Vielen herzlichen Dank, Herr
Dr . Meister, Sie sind damit von weiteren Fragen befreit .
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Energie, und ich begrü-
ße die Parlamentarische Staatssekretärin Iris Gleicke .
Ich rufe die Frage 32 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl
auf:
Wann genau (jeweiliges Kalenderdatum bitte) gab es seit
der Antwort der Bundesregierung vom 19 . Oktober 2016 auf
meine mündliche Frage 10, Plenarprotokoll 18/195, weitere
Gespräche der Bundesregierung – insbesondere seitens des
Bundeskanzleramtes, des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Energie, des Bundesministeriums für Umwelt, Natur-
schutz, Bau und Reaktorsicherheit und des Bundesministeri-
ums der Finanzen – mit Vertretern der Atomkraftwerke betrei-
benden Energieversorgungsunternehmen im Zusammenhang
mit einem öffentlich-rechtlichen Vertrag (oder damit verbun-
denen Aspekten) zum Gesetz zur Neuordnung der Verantwor-
tung in der kerntechnischen Entsorgung (bitte mit vollstän-
diger Angabe aller jeweiligen Gesprächsparteien analog zur
oben genannten Antwort der Bundesregierung)?
Frau Gleicke .
Iris Gleicke, Parl . Staatssekretärin bei der Bundesmi-
nisterin für Wirtschaft und Energie:
Sehr geehrte Frau Kollegin Kotting-Uhl, ich beant-
worte Ihre Frage wie folgt: Die Bundesregierung pflegt
aufgabenbedingt Kontakte zu einer Vielzahl von Un-
ternehmen . Zu einer systematischen Erfassung dieser
Kontakte ist die Bundesregierung nicht verpflichtet; sie
hält diese auch nicht vor . Eine lückenlose Aufstellung
von sämtlichen Kommunikationsvorgängen einschließ-
lich der tatsächlichen Gesprächsinhalte kann daher
grundsätzlich nicht übermittelt werden . Auch kann nicht
ausgeschlossen werden, dass es am Rande von Veran-
staltungen oder sonstigen Terminen zu Kontakten mit
Unternehmensvertretern gekommen ist . Inwieweit dies
tatsächlich der Fall war, kann aus den genannten Grün-
den nicht nachgehalten werden . Die Bundesregierung hat
vor diesem Hintergrund die erbetene Abfrage durchge-
führt, wobei Gespräche auf Leitungsebene nachvollzo-
gen wurden, wie gewünscht analog zu unserer früheren
Antwort . In der Kürze der Zeit kann die Vollständigkeit
der nachfolgenden Auflistung für die Beantwortung der
Frage nicht garantiert werden .
Die nachfolgenden Angaben erfolgen auf der Grund-
lage der vorliegenden Erkenntnisse sowie vorhandener
Unterlagen und Aufzeichnungen . Demnach hat die Bun-
desregierung seit dem 19 . Oktober 2016 folgende Ge-
spräche mit Vertretern der kernkraftwerkebetreibenden
Energieversorgungsunternehmen im Zusammenhang mit
einem öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäß Artikel 9 § 1
des Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung in der
kerntechnischen Entsorgung oder anderer Aspekte im
Zusammenhang mit diesem Gesetz geführt:
Erstens . Am 25 . Oktober 2016 wurde ein gemein-
sames Gespräch des Bundesministers für Wirtschaft
und Energie, Sigmar Gabriel, der Bundesministerin
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit,
Dr . Barbara Hendricks, des Bundesministers der Finan-
zen, Dr . Wolfgang Schäuble, des Chefs des Bundeskanz-
leramts und Bundesministers für besondere Aufgaben,
Parl. Staatssekretär Dr. Michael Meister
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722464
(A) (C)
(B) (D)
Peter Altmaier, des Staatssekretärs im Bundesminis-
terium für Wirtschaft und Energie, Rainer Baake, des
Staatssekretärs im Bundesministerium für Umwelt, Na-
turschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Jochen Flasbarth,
und folgenden Vertretern der Energieversorgungsunter-
nehmen geführt: Dr . Johannes Teyssen, Vorsitzender des
Vorstands der Eon SE, Dr . Leonhard Birnbaum, Mitglied
des Vorstands der Eon SE , Dr . Rolf Martin Schmitz,
Vorsitzender des Vorstands der RWE AG, Dr . Markus
Krebber, Mitglied des Vorstands der RWE AG, Dr . Frank
Mastiaux, Vorsitzender des Vorstands der EnBW AG,
Thomas Kusterer, Mitglied des Vorstands der EnBW AG,
Stefan Dohler, Mitglied des Vorstands der Vattenfall AB,
Dr . Axel Pinkert, Mitglied der Geschäftsführung der Vat-
tenfall GmbH, Dr . Florian Bieberbach, Vorsitzender der
Geschäftsführung der Stadtwerke München GmbH .
Zweitens .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Moment! Auch Sie haben eine Redezeit . Sie sind
schon eine Minute drüber .
Iris Gleicke, Parl . Staatssekretärin bei der Bundesmi-
nisterin für Wirtschaft und Energie:
Frau Präsidentin, als Parlamentarische Staatssekre-
tärin und langjährige Abgeordnete des Deutschen Bun-
destages achte ich das Fragerecht der Abgeordneten sehr
hoch . Die Frau Kollegin Kotting-Uhl fragt sehr detailliert
nach . Ich kann diese Frage in 60 Sekunden nicht beant-
worten .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Sie hatten nicht 60, sondern 120 Sekunden und sind
jetzt eine Minute drüber .
Iris Gleicke, Parl . Staatssekretärin bei der Bundesmi-
nisterin für Wirtschaft und Energie:
Ich bitte Sie .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Als Vizepräsidentin achte ich auf die herrschende Ge-
schäftsordnung sehr gut . Ich habe mir erlaubt, auf die Re-
dezeit, die auch Sie als Parlamentarische Staatssekretärin
bindet, hinzuweisen . – Bitte schön .
Iris Gleicke, Parl . Staatssekretärin bei der Bundesmi-
nisterin für Wirtschaft und Energie:
Dann möchte ich mich im Namen der Bundesregie-
rung bei der Frau Abgeordneten Kotting-Uhl entschul-
digen . Ich kann Ihnen die Frage gerne schriftlich beant-
worten . – Ich bitte aber darum, dass das im Ältestenrat
geklärt wird . Danke schön .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Dann bitte ich Sie, die Geschäftsordnung zu ändern .
Iris Gleicke, Parl . Staatssekretärin bei der Bundesmi-
nisterin für Wirtschaft und Energie:
Das macht aber nicht die Bundesregierung . – Ent-
schuldige bitte . Ich kenne die Geschäftsordnung .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Frau Kotting-Uhl .
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich hatte in der Tat nach allen Teilnehmern gefragt .
Allerdings hatte ich ganz dezidiert nur nach den Gesprä-
chen im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen
Vertrag gefragt, der im Gefolge des Gesetzes ausgehan-
delt wurde, mit dem die Empfehlungen der KFK umge-
setzt wurden . Ich nehme an, so viele Gespräche wird es
dazu nicht gegeben haben .
Herr Dr . Schäuble jedenfalls war bei dem Gespräch,
das Sie eben genannt haben, dabei . Ich nehme an, dass er
auch bei anderen Gesprächen, die in diesem Zusammen-
hang stattfanden, dabei war .
Meine erste Nachfrage bezieht sich auf die Klage ge-
gen die Brennelementesteuer oder Kernbrennstoffsteuer,
wie die Koalition sie bezeichnet . Es gab einen klaren
Auftrag des Parlaments, in den Verhandlungen über die-
sen Vertrag dafür zu sorgen, dass die Klage gegen diese
Steuer ebenso wie die in Washington anhängige Klage
zurückgezogen werden, also die beiden finanzrelevanten
Klagen der EVUs, deren Rückzug bis dato nicht angekün-
digt ist . Meines Wissens hat auch das Finanzministerium
in Gestalt von Herrn Dr . Schäuble den starken Wunsch
geäußert, dass die Klage gegen die Brennelementesteu-
er zurückgezogen wird . Meine Frage lautet: Warum hat
die Bundesregierung vorletzte Woche trotzdem, ohne
entsprechende Zusage der EVUs, einen öffentlich-recht-
lichen Vertrag geschlossen, also entgegen dem expliziten
Wunsch des Bundestages und entgegen dem Wunsch des
Finanzministeriums?
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Frau Gleicke, bitte .
Iris Gleicke, Parl . Staatssekretärin bei der Bundesmi-
nisterin für Wirtschaft und Energie:
Frau Kollegin Kotting-Uhl, ich komme noch einmal
auf das zurück, was ich vorhin gesagt habe: Es hat sechs
Gespräche gegeben, und zwar mit einer ganzen Reihe
von Betroffenen . Deshalb war die Liste auch so lang .
Nach dem Gesetz hatten wir schließlich einen öffent-
lich-rechtlichen Vertrag auszuhandeln . Daher waren die-
se Gespräche – das ist ganz klar – zu führen .
Ich will daran erinnern, dass die sogenannte Trittin-
Kommission empfohlen hat, dass Klagen zurückgezogen
werden . Bis auf das Vattenfall-Schiedsverfahren, das in
den USA anhängig ist, und die Klage gegen die
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Brennelementesteuer!)
Kernelementesteuer – Sie wissen, was ich meine – wur-
den die Klagen zurückgezogen . Diese beiden Klagen
Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22465
(A) (C)
(B) (D)
wurden aber tatsächlich nicht zurückgezogen . Die KFK
hat die Erwartung geäußert – das war ja auch Teil der
parlamentarischen Debatte hier –, dass entsorgungsrele-
vante Klagen zurückgezogen werden, und die sind in der
Tat zurückgezogen worden . Über die Empfehlungen der
KFK hinaus, der sogenannten Trittin-Kommission, wur-
den sogar die sogenannten Moratoriumsklagen, also die
Klagen auf Schadenersatz in dreistelliger Millionenhöhe,
zurückgezogen . Insofern sind wir mit dem Ergebnis der
Verhandlungen durchaus zufrieden .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Frau Kotting-Uhl, Ihre zweite Rückfrage .
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Das Parlament ist aber vielleicht nicht so zufrieden .
Der Rückzug der ganzen Klagen, die Sie jetzt aufgezählt
haben, war schon angekündigt, bevor Sie die Verhand-
lungen über den öffentlich-rechtlichen Vertrag aufge-
nommen haben . Schon zuvor hatten sich die EVUs bereit
erklärt, die Klagen, die mit dem Atomausstieg in Zusam-
menhang standen und die vom Bundesverfassungsge-
richt noch nicht entschieden waren – Moratorium usw . –,
zurückzuziehen . In den Verhandlungen mit den EVUs ist
insofern nichts erreicht worden; denn das war schon da-
vor der Status quo .
Bei den 20 Klagen, die zurückgezogen wurden, geht
es ja, wie mal jemand sagte, nur um „Peanuts“. Die fi-
nanzrelevanten Klagen sind die Klage gegen die Kern-
brennstoffsteuer und die Klage von Vattenfall vor dem
internationalen Schiedsgericht ICSID in Washington .
Zu dieser zweiten Klage, zu der Klage von Vattenfall,
möchte ich Sie jetzt Folgendes fragen: Nachdem in den
Verhandlungen nichts erreicht wurde, ist jetzt die Bun-
desregierung selbst am Zug . Es gab die klare Bitte des
Parlaments, dafür zu sorgen, dass diese Klagen vom
Tisch kommen, um die KFK-Empfehlungen und die
entsprechende Vereinbarung in der Gesellschaft mit ge-
radem Rücken vertreten zu können . Gab es seit letztem
Herbst Gespräche der Bundesregierung mit Vertretern
Schwedens – Vattenfall ist ja ein Staatskonzern –, und,
wenn solche Gespräche stattgefunden haben, welche Er-
gebnisse hatten sie?
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Frau Gleicke, bitte .
Iris Gleicke, Parl . Staatssekretärin bei der Bundesmi-
nisterin für Wirtschaft und Energie:
Dass das Parlament unterschiedlich zufrieden mit den
Ergebnissen ist, die die Bundesregierung erreicht hat,
kann ich nachvollziehen . Es ist gar keine Frage, dass Ihre
Zufriedenheit vielleicht nicht so groß ist wie die anderer
Teile des Parlaments .
Ich will noch einmal deutlich machen, dass es bei
den Empfehlungen, der Debatte und im Zusammenhang
mit diesem öffentlich-rechtlichen Vertrag um die entsor-
gungsbezogenen Klagen ging, und die sind zurückge-
nommen worden . Ich will noch einmal sagen: Ankündi-
gungen sind das eine, Tun ist das andere . Insofern hat die
Bundesregierung an dieser Stelle das Ziel erreicht . Darü-
ber hinaus sind aber eben auch die Moratoriumsklagen
zurückgezogen worden . Deshalb ist das, was die Bundes-
regierung über die Empfehlungen hinaus erreicht hat, die
wir hier debattiert haben, ein sehr gutes Ergebnis .
Die Frage nach Gesprächen konkret zum Vatten-
fall-Verfahren kann ich im Moment nicht beantworten .
Dazu müsste ich eine Abfrage der verschiedenen Res-
sorts machen, wenn Sie das wollen .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Ich sehe keine weiteren Fragen .
Frage 33 des Abgeordneten Özcan Mutlu wird schrift-
lich beantwortet .
Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs . –
Ich danke Ihnen, Frau Staatssekretärin .
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Arbeit und Soziales . – Herzlich will-
kommen, Anette Kramme .
Ich rufe Frage 34 von Katrin Werner auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, dass nach einer nicht re-
präsentativen Studie des Bundesverbands zur Förderung von
Menschen mit Autismus nahezu jeder fünfte Schüler/jede
fünfte Schülerin im Laufe seiner/ihrer Lernbiografie mindes-
tens einmal vom Unterricht ausgeschlossen wurde, dies sogar
häufig über mehrere Monate, und welchen Handlungsbedarf
sieht die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Län-
dern, um dieser Tatsache entgegenzuwirken?
Frau Kramme, bitte .
Anette Kramme, Parl . Staatssekretärin bei der Bun-
desministerin für Arbeit und Soziales:
Frau Werner, Ihre Frage müsste natürlich von den Län-
dern beantwortet werden . Sie wissen, dass die Ausgestal-
tung der Schulgesetze und die Organisation des Schulbe-
triebes sowie die Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte
nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes den
Ländern obliegt. Die Studie ist daher auch nicht offiziell
an die Bundesregierung herangetragen worden .
Ich kann Ihnen jedoch Folgendes berichten: Die Län-
der haben ihre Schulgesetze mit Blick auf inklusive Bil-
dung aktualisiert und passen sie auch laufend an . Es gibt
auch dazugehörige Verordnungen, die ständig und lau-
fend angepasst werden .
Der Bund mischt sich natürlich nicht in Kompetenzen
der Länder ein; das würden sich diese auch verbitten . Der
Bund fördert allerdings die schrittweise Umsetzung der
UN-Behindertenrechtskonvention in vielfältiger Weise,
begleitet diese mit bewusstseinsbildender Öffentlich-
keitsarbeit und ebenso mit fachlichem Austausch, Trans-
fer von Informationen zu guter Bildungspraxis und einer
breiten Palette von weiteren Aktivitäten . Ich verweise
an dieser Stelle auf den Nationalen Aktionsplan 2 .0 der
Bundesregierung .
Im Übrigen ist es so, dass die Bundesregierung durch
das Bundesministerium für Bildung und Forschung die
Länder im Rahmen seiner Zuständigkeit durch For-
Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722466
(A) (C)
(B) (D)
schungsförderung unterstützt . Damit sichert das Bundes-
bildungsministerium eine valide Basis für die Entwick-
lung von Handlungsstrategien und Umsetzungsszenarien
in der Bildungspraxis .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank, Frau Kramme . – Frau Werner .
Katrin Werner (DIE LINKE):
Danke schön, Frau Kramme . Danke auch für Ihren
Hinweis . Mir ist schon klar, wer für welche Bereiche zu-
ständig ist . Aber Sie kamen dann zum Ende Ihrer Beant-
wortung durchaus noch zu den wichtigen Punkten wie
den Nationalen Aktionsplan . Ich erinnere auch noch an
das Bundesteilhabegesetz und den Teilhabebericht . All
das ist in den letzten Monaten diskutiert worden, all das
diskutieren wir auch dieser Tage . Ich glaube schon, dass
ein Ministerium, das mit diesem Thema sehr ausgiebig
beschäftigt ist, Berichte zur Kenntnis nehmen sollte und
dann auch die Möglichkeiten, die es hat, umsetzen kann .
Natürlich geht es nicht darum, sich in andere Ho-
heiten einzumischen . Dennoch kann ein Bundesminis-
terium den Ländern helfen, zum Beispiel in Bezug auf
die Frage: Wie sensibilisiert man Arbeitskräfte? Wie ist
die Zusammenarbeit, um Lehrerinnen und Lehrer zu
sensibilisieren? – Insofern wäre vielleicht gezielter die
Frage danach zu stellen, welche Schulungsmaßnahmen
und Programme, welche Öffentlichkeitsarbeit, welche
Sensibilisierungsmaßnahmen Sie anbieten . Sie haben ja
im letzten Jahr eine große, sehr teure Kampagne für das
Bundesteilhabegesetz gefahren und in den Antworten
immer darauf hingewiesen, was Sie zusätzlich tun .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Frau Kramme, bitte .
Anette Kramme, Parl . Staatssekretärin bei der Bun-
desministerin für Arbeit und Soziales:
Frau Werner, wenn ich Ihre Fragestellung richtig ver-
stehe, geht es darum, wie viele Gelder das Bundesminis-
terium für Arbeit und Soziales für die Ausbildung von
Länderbeamten, nämlich für Lehrer, zur Verfügung stellt .
Sie verstehen sicherlich, dass die Kompetenzen des Bun-
desministeriums an dieser Stelle nicht so weit reichen,
dass wir für fachfremde Aufgaben Gelder ausgeben . Wie
gesagt, wir sind im Bereich der Bewusstseinsbildung all-
gemein tätig . Dieser Aufgabe kommen wir nach . Die ent-
sprechenden Handlungsverpflichtungen haben wir auch
im Nationalen Aktionsplan niedergelegt .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank . – Frau Werner, zweite Frage .
Katrin Werner (DIE LINKE):
Nun mögen ja viele Dinge der Länderhoheit unter-
liegen, aber, ich glaube, eine finanzielle Unterstützung
vonseiten der Bundesebene – diese Debatte hatten wir
beim Bundesteilhabegesetz immer wieder – kann auch
ein Ministerium nicht ausschließen . Wenn etwas nicht
explizit nur Ihr Ministerium betrifft, dann sind Sie für
die übergreifende Öffentlichkeitsarbeit, die auch andere
Ministerien betrifft, teilweise mitverantwortlich . Darauf
wollte ich hinweisen .
Ich glaube, wer sich im Bereich Autismus ein bisschen
auskennt, wer sich damit beschäftigt oder Geschichten
aus der Familie kennt, der weiß, dass wir Probleme ha-
ben und die Integrationshelfer viel zu oft wechseln .
Wenn Kinder vom Schulunterricht ausgeschlossen wer-
den – das alles mag sicherlich Länderhoheit sein –, zu sa-
gen, dass uns das nichts angeht, finde ich, ehrlich gesagt,
schlimm. Das ärgert mich, das reizt mich. Ich finde, die
Bundesregierung muss schauen, welche Möglichkeiten
sie hat und welche Ressourcen sie zusätzlich zur Verfü-
gung stellen kann .
Ich stelle jetzt keine Nachfrage, sondern ich nehme
einfach zur Kenntnis, dass Sie sagen, dass Sie dafür nicht
zuständig sind . Bei meiner weiteren Frage werde ich
noch einmal auf diesen Punkt zurückkommen .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Ich frage aber trotzdem, ob Sie, Frau Kramme, darauf
antworten wollen .
Anette Kramme, Parl . Staatssekretärin bei der Bun-
desministerin für Arbeit und Soziales:
Ja .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Dann können Sie das gerne tun .
Anette Kramme, Parl . Staatssekretärin bei der Bun-
desministerin für Arbeit und Soziales:
Ich würde das gerne kommentieren . – Frau Werner,
wir dürfen schlichtweg kein Geld für Länderaufgaben
verwenden .
(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)
Die Haushälter dieses Hauses würden dem strikt wider-
sprechen . Im Rahmen der Möglichkeiten machen wir Be-
wusstseinsarbeit . Das ist eine Selbstverständlichkeit . Wir
sehen die Probleme autistischer Kinder, aber, wie gesagt,
in diesem Bereich haben wir keine unmittelbaren Hand-
lungsmöglichkeiten .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank . – Dann sind wir am Ende des Geschäfts-
bereichs des Bundesministeriums für Arbeit und Sozia-
les . Danke schön, Frau Kramme .
Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums der Verteidigung . Der Parlamentarische
Staatssekretär hat sich schon erhoben . Willkommen,
Dr . Brauksiepe .
Ich rufe die Frage 35 der Kollegin Keul auf:
Wie konnte es aus Sicht der Bundesregierung im Rahmen
des Bundeswehreinsatzes „Inherent Resolve“ in Syrien zu dem
Tod von mindestens 14 Zivilisten bei einem Luftangriff auf
das Dorf al-Matab kommen (vergleiche ntv .de vom 9 . März
Parl. Staatssekretärin Anette Kramme
http://www.n-tv.de
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22467
(A) (C)
(B) (D)
2017, „Luftangriff in Syrien tötet 14 Zivilisten“), und welche
konkreten Maßnahmen wurden bzw . werden ergriffen, um sol-
che zivilen „Kollateralschäden“ zukünftig zu vermeiden?
Bitte .
Dr. Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär bei der
Bundesministerin der Verteidigung:
Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Frau Kollegin, ich
antworte Ihnen wie folgt: Die Bundesregierung bedau-
ert zutiefst jedes zivile Opfer militärischer Operationen .
Zusätzlicher Maßnahmen bedarf es jedoch nicht, weil
selbstverständlich schon jetzt alles Menschenmögliche
unternommen wird, um das zu vermeiden, was Sie in Ih-
rer Frage „Kollateralschäden“ nennen .
Zum Luftangriff im Bereich des Dorfes al-Matab in
Nordsyrien, über den am 9 . März 2017 durch n-tv be-
richtet wurde, liegen der Bundesregierung keine über die
Medienberichterstattung hinausgehenden Informationen
vor . Alle Mitglieder der Anti-IS-Koalition gehen in Über-
einstimmung mit den Vorgaben des humanitären Völker-
rechts vor, auch wenn dies angesichts des Vorgehens des
sogenannten „Islamischen Staates“, bewusst zivile Opfer
hervorzurufen, mit besonderen Anstrengungen zur Ver-
meidung ebensolcher Opfer verbunden ist .
Die Verdichtung des Gesamtlagebildes, zu der die
Aufklärungsflüge der deutschen Tornados im Rahmen
der Operation Inherent Resolve beitragen, dient auch
dem Zweck, durch Unterscheidung zwischen zivilen und
militärischen Objekten zivile Opfer bei Lufteinsätzen der
internationalen Anti-IS-Koalition zu vermeiden und da-
mit die Zivilbevölkerung zu schützen .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank, Herr Dr . Brauksiepe . – Frau Keul .
Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Dieses Bemühen scheint offensichtlich nicht allzu gut
zu gelingen, zumindest nicht in diesem Monat . Denn
nachdem ich die Frage eingereicht hatte, gab es nicht
nur den Vorfall am 9 . März mit 14 Toten, davon sechs
Kindern, sondern eine Woche später am 16 . März die
Bombardierung einer Moschee mit mindestens 42 To-
ten . In diesem Fall hatte das US-Zentralkommando die
Verantwortung zunächst eingeräumt und einige Stunden
später gesagt, die Moschee dürfte noch stehen, obwohl
wir alle Schutt und Asche im Fernsehen betrachten konn-
ten. Zu allem Überfluss gab es in der letzten Nacht – da-
rüber konnten wir heute Morgen lesen – einen dritten
Vorfall mit zivilen Opfern, für den unser Bundeswehr-
einsatz, unsere Koalition verantwortlich ist, nämlich die
Bombardierung einer Schule, in der 40 Familien, die aus
Aleppo geflüchtet waren, untergebracht waren, mit mehr
als 30 Toten .
Irgendetwas scheint dort schiefzulaufen . All diese In-
formationen haben wir übrigens von der Syrischen Be-
obachtungsstelle für Menschenrechte, die wir auch im
Hinblick auf die russischen Luftangriffe immer als sehr
glaubwürdig eingestuft haben . Deswegen frage ich Sie
noch einmal: Was tut die Bundesregierung im Rahmen
des Bündnisses, um zu klären, was dort passiert ist?
Wie kann der Verbindungsoffizier, der im gemeinsamen
Hauptquartier in Kuwait sitzt, kontrollieren, dass das
geltende Recht eingehalten wird, wenn Sie nicht nach-
fragen?
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Herr Dr . Brauksiepe, bitte .
Dr. Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär bei der
Bundesministerin der Verteidigung:
Frau Kollegin, zunächst einmal ist es eine Unterstel-
lung, wenn Sie sagen, dass wir nicht nachfragen . Die ge-
samte Allianz bemüht sich, zivile Opfer zu vermeiden .
Ich warne ausdrücklich davor, auf die zynische Taktik
des sogenannten „Islamischen Staates“ in der Weise he-
reinzufallen, dass man unterstellt, hier werde unachtsam
vorgegangen . Es gehört zur zynischen Taktik des soge-
nannten „Islamischen Staates“, Menschen als menschli-
che Schutzschilder einzusetzen und zivile Opfer bewusst
in Kauf zu nehmen .
Ich darf im Übrigen sagen: Das Ereignis vom 9 . März
kann sich nicht nach Einreichung Ihrer Frage zugetragen
haben, da Sie ja in der Frage auf dieses Ereignis Bezug
nehmen und vermutlich keine hellseherischen Fähigkei-
ten für sich in Anspruch nehmen .
(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Es sind drei!)
– Darauf kann sich das jedenfalls nicht beziehen .
Ich betone in Bezug auf alle Ereignisse: Es gehört zur
Taktik des „Islamischen Staates“, bewusst zivile Opfer in
Kauf zu nehmen . Die Bundesregierung kann durch ihren
Einsatz keine zivilen Opfer vermeiden, weil sie zwar im
Rahmen der Aufklärung tätig ist, aber selber keine da-
rüber hinausgehenden militärischen Maßnahmen unter-
nimmt, jedenfalls Luftangriffe nicht selbst durchführt .
Von daher kann es dadurch auch nicht zu Opfern kom-
men .
Die Maßnahmen, die wir ergreifen, die Bilder, die
wir liefern – das habe ich Ihnen eben schon gesagt; ich
wiederhole es gerne –, dienen dazu, zivile Opfer zu ver-
meiden . Ich bitte, hier nicht Ursache und Wirkung zu
verwechseln . Wir tun alles Menschenmögliche, damit
klar ist, was zivile und was militärische Ziele sind . Die
IS-Terroristen tun sehr viel, um genau das zu verhindern
und zivile Opfer zu produzieren . Durch die Bundesregie-
rung und die Bundeswehr ist es nicht zu irgendwelchen
zivilen Opfern gekommen, weil wir uns an den eigentli-
chen Luftschlägen nicht beteiligen, sondern mit unseren
Aktionen dazu beitragen, legitime militärische Ziele von
zivilen Zielen zu unterscheiden .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Frau Keul, Ihre zweite Nachfrage, wenn Sie wollen .
Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich glaube, wir beide wissen, was ein multilateraler
militärischer Einsatz ist und dass man die Verantwortung
dabei nicht je nach Arbeitsteilung im Rahmen eines ge-
Vizepräsidentin Claudia Roth
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722468
(A) (C)
(B) (D)
meinsamen Einsatzes aufteilen kann . Insofern sind alle,
die sich daran beteiligen, in der Verantwortung .
Ich habe auch keine hellseherischen Fähigkeiten, son-
dern ich habe gesagt: Nach dem 9 . März gab es weitere
Vorfälle, nämlich letzte Woche, am 16 . März, und letzte
Nacht, am 22 . März . Das sind die Vorfälle, auf die ich
mich beziehe .
Zu meiner zweiten Nachfrage . Ich muss sagen: Dafür,
dass Sie angeblich keine Erkenntnisse haben, was dort
am Boden passiert ist, ist es erstaunlich, dass Sie sagen,
es war der IS, der hier zivile Opfer verursacht oder vorge-
täuscht hat . Davon haben wir bislang, jedenfalls öffent-
lich, überhaupt nichts vernommen; da haben Sie schein-
bar mehr Informationen als die Öffentlichkeit . Hingegen
lesen wir, dass es in der neuen US-Administration of-
fensichtlich einen Strategiewechsel gibt, weil sich die
Kommandeure des Pentagon beschwert haben, dass die
Vorgängerregierung zu sanft vorgegangen ist, dass man
bei der Planung keine Freiheit habe und dass man jetzt
mehr Flexibilität im Kampf gegen den IS haben wolle .
Von daher frage ich noch einmal: Gibt es Gespräche mit
der neuen Administration über eine größere Flexibilität
bei der Bombardierung in Syrien?
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Herr Dr . Brauksiepe, bitte .
Dr. Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär bei der
Bundesministerin der Verteidigung:
Frau Präsidentin, ich gebe zu: Es fällt mir schwer, die
Fülle all dieser in diesem Tempo vorgetragenen und weit
über die vorgesehene Zeit hinausgehenden Fragen zu be-
antworten .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Es waren zehn Sekunden; ich habe aufgepasst .
Dr. Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär bei der
Bundesministerin der Verteidigung:
Ich sage für die gesamte Koalition noch einmal: Alle
bemühen sich gemeinsam, zivile Opfer zu vermeiden .
Wir verstecken uns hinter überhaupt niemandem . Ich
habe auch nichts speziell zu dem Vorfall vom 9 . März
gesagt . Sie werden im Protokoll nachlesen können, dass
Sie behauptet haben, er habe sich nach Einreichung Ihrer
Frage ereignet . Das können Sie ja dann gegebenenfalls
korrigieren .
Ich wiederhole: Es ist eine von der internationalen
Koalition leider seit Jahren zu beobachtende Taktik des
„Islamischen Staates“, bewusst zivile Opfer hervorzuru-
fen . Auf diese seit Jahren zu beobachtende und von uns
zutiefst verurteilte Taktik habe ich mich bezogen .
In Bezug auf den Vorfall vom 9 . März habe ich aus-
drücklich gesagt, dass der Bundesregierung keine über
die Medienberichterstattung hinausgehenden Informati-
onen vorliegen . Ich verbitte mir deswegen die Unterstel-
lung, ich hätte hier etwas anderes behauptet oder zusätz-
liche Informationen für mich in Anspruch genommen .
Wir haben zu diesem Vorfall, wie bereits dreimal gesagt,
keine über die Medienberichterstattung hinausgehenden
Informationen . Wir sind dort aber seit Jahren zum Schutz
der Menschen in der Region militärisch aktiv und kennen
seit Jahren das menschenverachtende Vorgehen des „Is-
lamischen Staates“ .
(Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Gute Antwort!)
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Zusatzfrage vom Kollegen Kekeritz .
Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Staatssekretär, ich muss sagen, dass ich Ihre
Argumentationskette nicht verstehe . Die Informationen
über die Bombardements, die uns erreichen, kommen
von der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschen-
rechte in London; sie ist allgemein als höchst seriös an-
erkannt . Die Pressemeldungen bestätigen das darüber hi-
naus . Und Sie erklären uns dauernd, dass der „Islamische
Staat“ dafür verantwortlich ist . Das kann ich überhaupt
nicht nachvollziehen . Die Moschee ist bombardiert und
in Schutt und Asche gelegt worden. Daran waren definitiv
US-Flugzeuge beteiligt . In der Schule, die heute Morgen
bombardiert wurde, waren Menschen, die aus Aleppo ge-
flohen sind. Wir alle wissen, was in Aleppo passiert ist.
Diese Menschen kamen in die Schule, erhofften sich dort
Sicherheit, und dann kamen Bomber und töteten über
30 Menschen . Das ist einfach unerträglich .
Ich finde Ihre Argumentationsbasis, dass das mit dem
„Islamischen Staat“ zu tun hat, irgendwie verwerflich.
Sie müssen doch einfach einmal die Frage von Frau Keul
beantworten, was diese Bundesregierung weiß . Wenn
diese Bundesregierung nichts weiß – auch nicht, was mit
den entsprechenden Bildern passiert –, dann frage ich
mich, ob es gerechtfertigt ist, dass der Deutsche Bundes-
tag der Bundesregierung die Kompetenz erteilt, an die-
sem Luftkrieg teilzunehmen, auch wenn es sich bloß um
Bildaufnahmen handelt .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Danke schön . Das ist jetzt, glaube ich, klar . – Herr
Brauksiepe, bitte .
Dr. Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär bei der
Bundesministerin der Verteidigung:
Herr Kollege Kekeritz, die Bundesrepublik Deutsch-
land gehört neben Italien, Katar, Marokko, Neuseeland,
Polen, Schweden und Singapur zu den Ländern, die am
Informationsraum dieser Aktion beteiligt sind, selbst
aber keine Luftschläge durchführen . An der Aufklärung
solcher Ereignisse sind die beteiligt, die auch an den
Luftschlägen beteiligt sind . Deswegen erhalten wir nicht
alle Informationen, die diejenigen erhalten, die sich an
den Luftschlägen beteiligen .
Wir haben das gemeinsame Interesse, zivile Opfer zu
vermeiden; das betone ich gerne ein weiteres Mal . Und
ich betone auch ein weiteres Mal, dass wir sehr gute
Katja Keul
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22469
(A) (C)
(B) (D)
Gründe haben, zu sagen, dass zivile Opfer vom „Islami-
schen Staat“ bewusst in Kauf genommen werden .
(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Sie wissen aber, dass es der IS war?)
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank . – Ich sehe keine weitere Frage an das
Bundesministerium der Verteidigung und danke dem
Staatssekretär .
Wir kommen zum Bundesministerium für Gesundheit,
und ich begrüße Ingrid Fischbach .
Ich rufe die Frage 36 der Kollegin Katrin Werner auf:
Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung in Zusam-
menarbeit mit den Ländern ergreifen, um die im Teilhabebe-
richt erwähnten kommunikativen Barrieren abzubauen, auf
die Menschen mit Beeinträchtigungen aus dem Autismusspek-
trum im Gesundheitssystem stoßen und die eine angemessene
medizinische Versorgung erschweren?
Ingrid Fischbach, Parl . Staatssekretärin beim Bun-
desminister für Gesundheit:
Liebe Frau Werner, ich antworte Ihnen gerne auf Ihre
Frage . – Der Bundesregierung ist bewusst, dass die Be-
handlung von Menschen mit Beeinträchtigungen aus
dem Autismusspektrum alle Beteiligten vor große He-
rausforderungen stellt, und ich bin Ihnen dankbar, dass
Sie die Frage jetzt stellen, kurz bevor wir am 2 . April
2017 den Tag der Menschen, die an Autismus erkrankt
sind, begehen, sodass wir noch einmal die Gelegenheit
haben, darüber zu sprechen .
Die Bundesregierung nimmt die im Teilhabebericht
enthaltene Aussage des Wissenschaftlichen Beirats ernst
und hat verschiedene Maßnahmen ergriffen, die auch der
Behandlung von Menschen mit Autismus dienen . So sieht
der § 2a des SGB V ausdrücklich vor, dass in der gesetz-
lichen Krankenversicherung den besonderen Belangen
von Menschen mit Behinderungen Rechnung zu tragen
ist . Daraus folgt, dass alle Verantwortlichen – Kostenträ-
ger und Leistungserbringer – bei ihrer täglichen Arbeit
darauf zu achten haben, dass besondere Schwierigkeiten,
die sich bei der Versorgung ergeben, berücksichtigt wer-
den .
Konkret sieht der mit dem GKV-Versorgungsstär-
kungsgesetz eingefügte § 119c SGB V die Einrichtung
von Medizinischen Versorgungszentren für Erwachsene
mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfach-
behinderungen vor, die zur ambulanten Versorgung er-
mächtigt werden können . Diese Zentren sollen neben ei-
ner zielgruppenspezifischen Diagnose und Therapie auch
eine zielgruppenspezifische Kommunikation durch ge-
eignete Kommunikationsstrategien – einfache Sprache,
Bilder und dergleichen – ermöglichen .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank . – Frau Werner, bitte .
Katrin Werner (DIE LINKE):
Vielen Dank, Frau Fischbach, für die Antwort . Ich
möchte einmal gezielt nachfragen, weil wir dieser Tage
bei uns im Büro das Thema wieder besprochen haben .
Aus dem Bundesrat gibt es einen Beschluss vom
10 . Februar 2017 zum Thema Assistenzhunde . Darin
wird die Bundesregierung aufgefordert, zeitnah einen
Gesetzentwurf vorzulegen, um Assistenzhunde in das
Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen . Gleichzeitig ging
es auch darum, dafür die rechtliche Voraussetzung und
bundesweit einheitliche Qualitätsstandards zu schaffen .
Das ist nicht Teil meiner eigentlichen Frage . Aber viel-
leicht könnten Sie dazu kurz einen Fahrplan skizzieren
oder sagen, ob Sie sich damit schon beschäftigt haben .
Ich wäre sonst auch mit einer schriftlichen Antwort ein-
verstanden .
Ingrid Fischbach, Parl . Staatssekretärin beim Bun-
desminister für Gesundheit:
Sie haben es gerade gesagt: Das ist noch nicht lange
her . Die Sitzung war erst im Februar dieses Jahres . Wir
sind da noch in den Beratungen . Ich möchte Ihnen die
Antwort gerne schriftlich nachreichen .
(Katrin Werner [DIE LINKE]: Danke!)
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Frau Werner, sind Sie mit Ihren Fragen durch? – Gut .
Dann danke ich Ihnen . Auch Frau Fischbach danke ich .
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Verkehr und digitale Infrastruktur . Ich begrü-
ße zur Beantwortung Dorothee Bär .
Die Frage 37 der Kollegin Tabea Rößner wird schrift-
lich beantwortet .
Damit kommen wir zur Frage 38 vom Kollegen Peter
Meiwald:
Welche Daten (Häufigkeit von Verkehrslasten durch wel-
che Fahrzeugtypen) und welche Schäden wurden bisher an der
Wehrbrücke in Herbrum (Landkreis Emsland) ermittelt, bei
der die Bundesanstalt für Wasserbau seit 2014 eine indirekte
Messung der Belastungen durchführt?
Frau Bär, bitte .
Dorothee Bär, Parl . Staatssekretärin beim Bundes-
minister für Verkehr und digitale Infrastruktur:
Lieber Herr Meiwald, ich beantworte die Frage 38 wie
folgt: An der Wirtschaftswegebrücke Herbrum (Ems)
werden durch die Bundesanstalt für Wasserbau im Rah-
men eines Forschungsthemas Dehnungen und Tempera-
turverteilungen im Brückenträger sowie die dazugehöri-
gen Belastungen, also auch Fahrzeuge, die die Brücke
befahren, gemessen . Es handelt sich um Langzeitmes-
sungen . Die Brücke Herbrum ist eine von sechs weite-
ren Brücken, an denen die BAW ebenfalls Messungen
durchführt . Ziel ist der Bestandserhalt der nahezu scha-
densfreien Brücke . Die Messdaten werden derzeit noch
ausgewertet .
Parl. Staatssekretär Dr. Ralf Brauksiepe
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722470
(A) (C)
(B) (D)
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank, Frau Bär . – Herr Meiwald .
Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin . – Eine kurze
Nachfrage bezüglich der maximalen Belastung und der
statischen Auslegung . Können Sie sagen, mit welchem
Sicherheitspuffer bei der statischen Auslegung solcher
Brücken gearbeitet wird?
Dorothee Bär, Parl . Staatssekretärin beim Bundes-
minister für Verkehr und digitale Infrastruktur:
Ich kann Ihnen antworten, dass in der Nachrechnungs-
richtlinie die formulierte Methodik zur Bestimmung des
Ziellastniveaus auf Verkehrsmessungen an drei verschie-
denen Autobahnbrücken beruht . Eine Übertragung auf
untergeordnete Straßen und auf Brücken mit zweispu-
rigem Verkehrsquerschnitt ist unter diesen Vorausset-
zungen zu hinterfragen . Genau deshalb hat die BAW im
Rahmen des Forschungsthemas entsprechende Belas-
tungsmessungen durchgeführt . Die Messungen spiegeln
das momentane zufällige Belastungsbild der Brücke wi-
der .
Ausgehend von der gemessenen Verkehrscharakteris-
tik können durch statistische Betrachtungen und durch
Simulationen andere Verkehrsszenarien und Verkehrszu-
sammensetzungen berücksichtigt werden und auch diese
Auswirkungen analysiert werden . Daraus soll dann ein
angenähertes und auf der sicheren Seite liegendes Ver-
kehrslastmodell entwickelt werden, welches alle Be-
anspruchungsarten, beispielsweise die Querkraft, das
Biegemoment, und die Bauteile, zum Beispiel die Längs-
träger, die Fahrbahnplatte und die Hänger, gleicherma-
ßen abdeckt .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank, Frau Bär . – Herr Meiwald, Rückfrage?
Bemerkungen?
Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ganz kurz, damit ich planen kann, in welcher Zeit ich
das Ingenieursstudium abschließen muss, um das alles zu
verstehen: Bis wann dürfen wir mit den Auswertungser-
gebnissen rechnen?
Dorothee Bär, Parl . Staatssekretärin beim Bundes-
minister für Verkehr und digitale Infrastruktur:
Also, wir planen mit der zweiten Jahreshälfte 2017 .
(Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Okay! Vielen Dank!)
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank . – Ich sehe keine weiteren Rückfragen
zur Frage 38 .
Die Fragen 39 und 40 des Kollegen Herbert Behrens
werden schriftlich beantwortet .
Wir kommen zur Frage 41 des Kollegen Matthias
Gastel:
Bis wann rechnet die Bundesregierung mit dem Abschluss
konkreter Finanzierungsvereinbarungen zwischen dem Bund
und der Deutschen Bahn AG für den Ausbau der Gäubahn
(Ausbaustrecke Stuttgart–Singen–Grenze D/CH), und bis
wann kann nach Kenntnis der Bundesregierung mit dem Bau-
beginn gerechnet werden?
Frau Bär, bitte .
Dorothee Bär, Parl . Staatssekretärin beim Bundes-
minister für Verkehr und digitale Infrastruktur:
Herr Gastel, die Antwort lautet: Ein Termin für den
Abschluss der Finanzierungsvereinbarungen für die Aus-
baustrecke Stuttgart–Singen–Grenze steht noch nicht
fest . Auch ein möglicher Baubeginn ist derzeit nicht ter-
minierbar . Für den Abschnitt Horb–Neckarhausen läuft
gegenwärtig das Anhörungsverfahren .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank, Frau Bär . – Herr Gastel .
Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Staatssekretärin, ich hatte natürlich erwartet,
dass es insbesondere für den Bauabschnitt, den Sie ge-
rade genannt haben – er befindet sich bereits in der Plan-
feststellung und ist auf der Planungsebene schon relativ
weit gediehen –, einen Finanzierungsvertrag gibt bzw .
dass der Termin für die Unterzeichnung klar ist, damit
die Finanzierungssicherheit gewährleistet ist . Es ist scha-
de, dass das wohl noch nicht geschehen ist . Das ist nicht
ganz nachvollziehbar .
Ich habe eine Nachfrage an Sie: Für die Einhaltung
des Vertrages von Lugano, bei dem es ja um die Rei-
sezeitverkürzung von Stuttgart nach Zürich geht, muss
der Bund auch auf den Einsatz von Neigetechnik setzen;
sonst kann der Vertrag aus heutiger Sicht nicht eingehal-
ten werden . Die Deutsche Bahn, die auf dieser Strecke
fährt, hat sich von der Neigetechnik verabschiedet . Jetzt
ist meine Frage an den Bund als Eigentümer des Bahnun-
ternehmens: Wie gehen Sie damit um, dass Sie den Ver-
trag nur mit Neigetechnik erfüllen können, Ihr bundesei-
genes Bahnunternehmen aber Neigetechnik nicht mehr
einsetzt? Werden Sie Einfluss auf Ihr Bahnunternehmen
nehmen, dass es sich doch wieder auf die Neigetechnik
besinnt? Oder welchen Weg werden Sie hier einschlagen,
um die Reisezeitverkürzung zu erreichen?
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Frau Bär, bitte .
Dorothee Bär, Parl . Staatssekretärin beim Bundes-
minister für Verkehr und digitale Infrastruktur:
Im Personenverkehr wurde ein Fahrplan zur Ermitt-
lung der zweigleisigen Begegnungsabschnitte unterstellt,
der auch den Einsatz von Neigetechnikfahrzeugen bein-
haltet . Die DB AG verfolgt den Einsatz dieser Fahrzeu-
ge aber nicht weiter . Im Moment gibt es aber Gesprä-
che zwischen dem Land Baden-Württemberg und der
Schweiz, ob derartige Fahrzeuge zukünftig auch für die
Gäubahn verfügbar sein werden . Diese Ergebnisse bitte
ich abzuwarten .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22471
(A) (C)
(B) (D)
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Herr Gastel?
Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Es ist natürlich bedauerlich, dass das bundeseigene
Unternehmen Deutsche Bahn AG sich trotz dieser Pla-
nungen und der Erfordernisse nicht wieder auf die Nei-
getechnik besinnt und damit dann aus dem Geschäft ist .
Den Fahrgästen wird es am Ende egal sein, Hauptsache,
sie bekommen ein attraktives Angebot .
Ich möchte gern von Ihnen zweitens wissen, Frau
Staatssekretärin: Was ist die Position der Bundesregie-
rung zur sogenannten Singener Kurve? Es geht darum,
möglicherweise einen Fernverkehrshalt nahe des ehe-
maligen Landesgartenschaugeländes zu errichten, was
natürlich in Singen nicht unbedingt Freude auslöst, weil
dies Auswirkungen auf die Fernverkehrsanschlüsse am
Singener Bahnhof hätte . Das heißt, dieses Vorhaben ist
strittig . Was ist die Position der Bundesregierung zu die-
ser Kurve bei Singen?
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Frau Bär, bitte .
Dorothee Bär, Parl . Staatssekretärin beim Bundes-
minister für Verkehr und digitale Infrastruktur:
Zur Singener Kurve kann ich Ihnen derzeit noch nichts
Konkretes sagen . Das bleibt noch abzuwarten, aber so-
bald ich Ihnen etwas Konkretes sagen kann, teile ich es
Ihnen gerne schriftlich mit .
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Vielen Dank . – Ich sehe keine weiteren Fragen an Frau
Bär . Dann sind wir am Ende der Fragestunde angekom-
men . Wir sind damit auch am Schluss der heutigen Ta-
gesordnung .
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf morgen, Donnerstag, 23 . März 2017, 9 Uhr, ein .
Die Sitzung ist geschlossen . Ich wünsche Ihnen noch
einen schönen Restmittwoch .
(Schluss: 16:37 Uhr)
(A) (C)
(B) (D)
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22473
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Albsteiger, Katrin CDU/CSU 22 .03 .2017
Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
22 .03 .2017
Barthle, Norbert CDU/CSU 22 .03 .2017
Binder, Karin DIE LINKE 22 .03 .2017
Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 22 .03 .2017
Bülow, Marco SPD 22 .03 .2017
Dröge, Katharina * BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
22 .03 .2017
Gabriel, Sigmar SPD 22 .03 .2017
Hajek, Rainer CDU/CSU 22 .03 .2017
Heller, Uda CDU/CSU 22 .03 .2017
Jelpke, Ulla DIE LINKE 22 .03 .2017
Katzmarek, Gabriele SPD 22 .03 .2017
Klein, Volkmar CDU/CSU 22 .03 .2017
Kudla, Bettina CDU/CSU 22 .03 .2017
Lerchenfeld, Philipp
Graf
CDU/CSU 22 .03 .2017
Möhring, Cornelia DIE LINKE 22 .03 .2017
Mosblech, Volker CDU/CSU 22 .03 .2017
Müntefering, Michelle SPD 22 .03 .2017
Rüthrich, Susann * SPD 22 .03 .2017
Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
22 .03 .2017
Schmidt, Dr . Frithjof BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
22 .03 .2017
Stauche, Carola CDU/CSU 22 .03 .2017
Strebl, Matthäus CDU/CSU 22 .03 .2017
Tank, Azize DIE LINKE 22 .03 .2017
Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Tressel, Markus BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
22 .03 .2017
Wagenknecht, Dr . Sahra DIE LINKE 22 .03 .2017
Wöhrl, Dagmar G . CDU/CSU 22 .03 .2017
*aufgrund gesetzlichen Mutterschutzes
Anlage 2
Antwort
der Parl . Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf
die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 3):
Wie viel Prozent der deutschen Wälder sind mittlerweile in
reine Naturwälder umgewandelt (bitte aufschlüsseln nach pro-
zentualer Zunahme in den vergangenen zehn Jahren), und wird
die Bundesregierung das Ziel von 5 Prozent Naturwälder der
deutschen Wälder bis 2020 noch erreichen (bitte begründen)?
Die Nationale Biodiversitätsstrategie (NBS) hat unter
anderem zum Ziel, dass im Jahr 2020 der Flächenanteil
der Wälder mit natürlicher Waldentwicklung 5 Prozent
der Waldfläche Deutschlands beträgt. Wie ein diesbe-
zügliches Forschungsvorhaben zeigte, waren 2013 etwa
2 Prozent der Waldfläche dauerhaft rechtlich gesichert
einer natürlichen Waldentwicklung überlassen . Derzeit
wird die Bilanz in einem weiteren Forschungsvorhaben
fortgeführt und Perspektiven und Potenziale für die Ent-
wicklung eines kohärenten NWE-Systems aufgezeigt .
Die Ergebnisse werden mit Abschluss des Vorhabens vo-
raussichtlich 2019 vorliegen .
Auch weitere nutzungsfreie Waldflächen ohne einen
dauerhaften rechtlichen Schutzstatus können relevante
Beiträge zur Erhaltung der Biodiversität im Wald leisten .
Das Thünen-Institut schätzt auf der Basis der Ergebnisse
der Bundeswaldinventur 2012, dass derzeit unter Einbe-
zug nicht begehbarer Flächen bis zu 5,6 Prozent der Wald-
fläche Deutschlands nutzungsfrei sind. Hinzu kommen
ungenutzte Kleinflächen, die mosaikartig über die Wald-
fläche verteilt vorhanden, aber nur schwer erfassbar sind.
Anlage 3
Antwort
der Parl . Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf
die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 4):
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722474
(A) (C)
(B) (D)
Wie hoch waren nach dem Kenntnisstand der Bundesre-
gierung die CO2-Emissionen in Deutschland im Jahr 2016,
und teilt die Bundesregierung die Auffassung des Kanzler-
amtsministers Peter Altmaier („Ich bin fest davon überzeugt,
dass der Weg nationaler Ziele falsch ist“, siehe https://www .
welt .de/wirtschaft/article162762773/Bundesregierung-gibt-
Alleingaenge-im-Klimaschutz-auf .html), dass es in Zukunft
keine nationalen Klimaschutzziele mehr geben soll?
Laut einer ersten Schätzung des Umweltbundesamtes
lag der Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland im
Jahre 2016 bei etwa 906 Millionen Tonnen CO2-Äquiva-
lenten. Davon entfielen etwa 796 Millionen Tonnen auf
das Treibhausgas CO2 .
Im Übrigen kommentiert die Bundesregierung Mel-
dungen wie die in der Frage angesprochene über einzel-
ne Äußerungen ihrer Mitglieder grundsätzlich nicht . Die
Haltung der Bundesregierung zu Klimaschutzzielen ist
im Klimaschutzplan 2050 dargelegt .
Anlage 4
Antwort
des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab-
geordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 10):
Wie erklärt die Bundesregierung die erneute Visaverwei-
gerung für vier junge erwachsene Schüler des Ghana Perma-
culture Institute (GPI) durch die Botschaft Accra am 25 . bzw .
28 . November 2016, die den Schüleraustausch mit der Schule
für Erwachsenenbildung (SFE) Berlin – mit dem Deutschen
Schulpreis 2016 ausgezeichnet – verhindert unter anderem mit
der Begründung, ein Schüler stamme aus „einer Region . . .,
die als wirtschaftlich schwach anzusehen ist“ (Bescheid vom
25 . November 2016, GZ: RK 516 E 84674), wie erklärt sie
also, dass der Besuch der deutschen Schüler in Ghana zwar
inzwischen stattfand, der Rückbesuch der ghanaischen Schü-
ler in Deutschland im Rahmen des Entwicklungspolitischen
Schulaustauschprogramms ENSA des Bundesministeriums
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
aber unmöglich ist, obwohl er vom BMZ finanziert ist und
nachgeforderte Unterlagen nachgereicht wurden, und wie ge-
denkt die Bundesregierung, dem entgegenzuwirken, dass der
Austausch mit jungen Schülern aus Ländern des Südens, die
eine Verwurzelung wegen ihres familiären Status und des erst
beginnenden Arbeitslebens naturgemäß äußerst schwer nach-
weisen können, durch eine solche Visapraxis faktisch komplett
eingestellt werden könnte?
Grenzüberschreitende Jugendarbeit und interkulturel-
ler Austausch sind wichtige Anliegen, die das Auswärtige
Amt selbstverständlich im Rahmen des Visumverfahrens
unterstützt . Bei der Erteilung eines Schengen-Visums für
einen Kurzaufenthalt sind die Auslandsvertretungen je-
doch an die europarechtlichen Vorgaben des Visakodex
gebunden, wonach die Feststellung einer positiven Rück-
kehrprognose zu den Erteilungsvoraussetzungen gehört .
Bei der Beurteilung der Rückkehrbereitschaft handelt
es sich um eine komplexe Bewertung jedes Einzelfalles .
Dabei werden die Unterlagen betrachtet, mit denen die
Verwurzelung im Heimatland belegt werden kann . Üb-
licherweise werden dabei die familiären, sozialen und
wirtschaftlichen Bindungen des Antragstellers/der An-
tragstellerin in seinem/ihrem Heimatstaat berücksichtigt .
Entscheidend ist, dass der Antragsteller/die Antrag-
stellerin eine konkrete und glaubwürdige Rückkehrper-
spektive im Heimatstaat angibt bzw . darlegen kann .
Entsprechende Tatsachen muss er/sie schlüssig und
glaubhaft vortragen und gegebenenfalls durch geeigne-
te Unterlagen und Angaben nachweisen . Maßgeblich ist
stets die Betrachtung aller im Einzelfall ersichtlichen
Umstände unter Berücksichtigung der spezifischen Ge-
gebenheiten im Herkunftsstaat . Da es Regionen mit hö-
herem Migrationsdruck gibt, muss die Auslandsvertre-
tung die Rückkehrbereitschaft in diesen Fällen besonders
genau prüfen .
Im Rahmen des sogenannten Remonstrationsverfah-
rens konnten Visa für zwei Personen der Reisegruppe
erteilt werden . Bei den übrigen vier Reisenden war dies
leider nicht möglich, da auch die im Remonstrationsver-
fahren vorgelegten Unterlagen nicht ausreichten, um eine
ausreichende Rückkehrwilligkeit der Antragsteller zu be-
legen .
Anlage 5
Antwort
des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab-
geordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 11):
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung in Afgha-
nistan – insbesondere für einen Verhandlungsprozess – daraus,
dass Taliban inzwischen ausländische Hilfs- und Nichtregie-
rungsorganisationen zur Hilfeleistung im Land aufgefordert
haben sollen, während der IS offenbar gezielt Mitarbeiter von
internationalen Hilfsorganisationen wie dem IKRK angreift
und tötet wie Anfang 2017 im Norden (dpa vom 8 . Februar
2017), und welche Städte und besiedelten Regionen in Afgha-
nistan bewertet die Bundesregierung aus welchen Gründen als
dauerhaft sicher, in die bedenkenlos aus Deutschland Flücht-
linge abgeschoben werden können (bitte begründen)?
Die Taliban haben sich bereits in der Vergangenheit
mehrfach positiv zu internationalen humanitären Einsät-
zen in Afghanistan geäußert . So wurden Talibankämpfer
in früheren Festtagsbotschaften der Talibanführung zum
Schutz humanitärer Helfer und Zivilisten aufgerufen . Der
Bundesregierung liegen jedoch keine Erkenntnisse darü-
ber vor, ob Übergriffe auf Helfer durch Talibankämpfer
von der Talibanführung sanktioniert werden .
Urheber und Motiv des Anschlags auf Mitarbeiter des
Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in
der Provinz Jowzjan am 8 . Februar sind nach bisheriger
Kenntnis der Bundesregierung nicht geklärt . Dem IKRK
liegen Informationen vor, die auf Machtkämpfe lokaler
Gruppen als Hintergrund für den Anschlag hindeuten
könnten .
Die Bundesregierung unterstützt auch weiterhin die
Bemühungen der afghanischen Regierung und der inter-
nationalen Gemeinschaft um einen afghanisch geführten
Friedens- und Versöhnungsprozess .
Hinsichtlich Ihrer Frage nach Rückführungen bleibt
festzuhalten: Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt
volatil und ist regional unterschiedlich . Pauschale Be-
wertungen können nicht vorgenommen werden, da das
https://www.welt.de/wirtschaft/article162762773/Bundesregierung-gibt-Alleingaenge-im-Klimaschutz-auf.html
https://www.welt.de/wirtschaft/article162762773/Bundesregierung-gibt-Alleingaenge-im-Klimaschutz-auf.html
https://www.welt.de/wirtschaft/article162762773/Bundesregierung-gibt-Alleingaenge-im-Klimaschutz-auf.html
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22475
(A) (C)
(B) (D)
Gefährdungsrisiko in jedem Einzelfall unter Einbezie-
hung sämtlicher individueller Umstände wie Ethnie und
Herkunftsregion, Konfession, Familienstand und Her-
kunft geprüft werden muss .
Anlage 6
Antwort
des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab-
geordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksa-
che 18/11554, Frage 12):
Inwiefern erkennt die Bundesregierung an, dass aufgrund
des Völkermordes an den Herero und Nama zwischen 1904
und 1908 im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika und seiner
Folgen viele Herero und Nama fliehen mussten und deshalb
heute in der Diaspora (zum Beispiel Botswana, Südafrika,
USA) leben, und inwiefern werden vor diesem Hintergrund in
den bilateralen Regierungsverhandlungen zwischen Deutsch-
land und Namibia zur Aufarbeitung des Völkermordes die
Bedürfnisse und Interessen der Herero und Nama, die nicht
in Namibia leben und (zum Teil) keine namibischen Staatsbür-
gerinnen und Staatsbürger sind, berücksichtigt?
Die Bundesregierung hat von Beginn der Verhand-
lungen an auf eine Beteiligung der besonders betroffe-
nen Volksgruppen durch die namibische Regierung ge-
drungen . Die namibische Regierung hat ein beratendes
sogenanntes Technisches Komitee eingesetzt, das allen
Ethnien Namibias offensteht . Einige Vertreter der beson-
ders betroffenen Ethnien Herero und Nama machen von
dieser Möglichkeit Gebrauch, andere nicht . Bei den Ver-
handlungen sind Vertreter der Herero/Nama aufseiten der
namibischen Delegation mit einbezogen .
Ob die namibische Regierung Herero und Nama, die
nicht in Namibia leben, in die Verhandlungen einbezieht,
liegt allein in ihrer Zuständigkeit .
Anlage 7
Antwort
des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab-
geordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 18/11554, Frage 13):
Inwiefern plant die Bundesregierung, wie beim Treffen der
Bundeskanzlerin Dr . Angela Merkel mit der Ministerpräsiden-
tin von Bangladesh Sheikh Hasina in München (vergleiche
www .thedailystar .net/frontpage/hasina-seeks-global- support-
relocate-rohingyas-noakhali-1363342) angesprochen, die Um-
siedlung geflüchteter Rohingya auf die Insel Thengar Char zu
unterstützen, und inwiefern hält sie eine solche Umsiedlung
für realistisch?
Bei dem Gespräch der Bundeskanzlerin Dr . Angela
Merkel mit der bangladeschischen Premierministerin
Sheikh Hasina am 18 . Februar in München wurde die
Situation der Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch the-
matisiert .
Die menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlin-
ge stellt eine große Herausforderung für das arme und
überbevölkerte Land dar . Bangladesch hatte zuletzt Plä-
ne für eine in den nächsten Jahren geplante Umsiedlung
auf eine bisher unbewohnte Schwemmlandinsel bekannt
gegeben .
Die Bundeskanzlerin brachte ihre Besorgnis über eine
mögliche Umsiedlung der Flüchtlinge zum Ausdruck
und forderte Bangladesch auf, die Unterbringung und
Versorgung der Flüchtlinge in enger Zusammenarbeit mit
den einschlägigen internationalen Organisationen unter
Wahrung der internationalen menschenrechtlichen Stan-
dards zu gewährleisten .
Anlage 8
Antwort
des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab-
geordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 18/11554, Frage 14):
Inwiefern verfügt die Bundesregierung über eigene Kennt-
nisse zu den von Amnesty International dokumentierten
Angriffen auf oppositionelle Studierende in Darfur (https://
www .amnesty .org/en/latest/news/2017/01/sudan-must-end-
politically-motivated-attacks-on-darfuri-students/), und wel-
che Schlussfolgerungen zieht sie daraus für ihre Zusammen-
arbeit mit der sudanesischen Regierung?
Nach Kenntnis der Bundesregierung ist das von
Amnesty International dokumentierte Vorgehen gegen
oppositionelle Studierende aus Darfur im Allgemeinen
zutreffend . Die Zustände sind besorgniserregend . Zu den
aufgeführten Einzelfällen liegen der Bundesregierung je-
doch keine Informationen vor .
Oppositionelle Gruppierungen im Sudan stehen unter
kritischer Beobachtung des Geheimdienstes und leiden
unter Einschüchterung, willkürlichen Festnahmen und
Übergriffen . Dies gilt auch für oppositionelle Studieren-
de, wobei Studentenvereinigungen von Darfuris beson-
ders betroffen sind .
In Gesprächen mit der sudanesischen Regierung wer-
den diese Missstände regelmäßig von der Bundesre-
gierung angesprochen, auch gegenüber Außenminister
Ghandour und Geheimdienstpräsident Atta .
Zudem begleiten die Botschaften der EU-Mitglied-
staaten in Khartoum im Rotationsverfahren kritische Ge-
richtsverfahren . Aktuell wird zum Beispiel der Fall von
Asim Omer beobachtet, einem Studenten aus Darfur, der
2016 verhaftet wurde und dem der Mord an einem Poli-
zisten vorgeworfen wird .
Die Bundesregierung unterstützt den Friedensprozess
im Sudan aktiv durch Mediation zwischen Regierung
und bewaffneter sowie politischer Opposition .
Anlage 9
Antwort
des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Ab-
geordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksa-
che 18/11554, Frage 15):
Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis (auch nach-
richtendienstliche) über die Unterstützung der Partei der De-
http://www.thedailystar.net/frontpage/hasina-seeks-global-support-relocate-rohingyas-noakhali-1363342
http://www.thedailystar.net/frontpage/hasina-seeks-global-support-relocate-rohingyas-noakhali-1363342
https://www.amnesty.org/en/latest/news/2017/01/sudan-must-end-politically-motivated-attacks-on-darfuri-students/
https://www.amnesty.org/en/latest/news/2017/01/sudan-must-end-politically-motivated-attacks-on-darfuri-students/
https://www.amnesty.org/en/latest/news/2017/01/sudan-must-end-politically-motivated-attacks-on-darfuri-students/
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722476
(A) (C)
(B) (D)
mokratischen Union (PYD) einschließlich ihres bewaffneten
Arms – den Volksverteidigungseinheiten YPG/YPJ – durch
die USA (Ausbildung, Ausrüstung und militärstrategische
Zusammenarbeit im Kampf gegen die Terrororganisation IS),
und hat die Bundesregierung vor dem Kennzeichenverbot
durch Erlass des Bundesministeriums des Innern Konsultati-
onen mit internationalen Partnern (USA, UNO, EU etc .) dies-
bezüglich gehabt?
Die USA unterstützen nach Kenntnis der Bundesre-
gierung die Syrian Democratic Forces (SDF), denen auch
Kämpfer der Volksverteidigungseinheiten YPG ange-
hören, im Kampf gegen den sogenannten „Islamischen
Staat“ . Die Unterstützung erfolgt – soweit der Bundesre-
gierung bekannt ist – durch Materiallieferungen, Ausbil-
dung, Beratung und Luftunterstützung .
Es erfolgten keine Konsultationen hinsichtlich des
Kennzeichenverbots .
Darüber hinaus verweise ich auf die Antwort der Bun-
desregierung auf die schriftliche Frage der Abgeordneten
Ulla Jelpke mit der Arbeitsnummer 3/54 .
Anlage 10
Antwort
des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Ab-
geordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksache
18/11554, Frage 16):
Welche eigenen Nachforschungen (auch nachrichtendienst-
liche) hat die Bundesregierung vorgenommen, um den schwer-
wiegenden Vorwurf, Peschmerga-Kräfte der Barzani-Regie-
rung (KDP) hätten von Deutschland an diese gelieferte Waffen
gegen Jesiden im Shengal-Gebirge an der Grenze des Irak
zu Syrien eingesetzt (www .bild .de/politik/ausland/ jesiden/
kaempfe-in-sinjar-peschmerga-gegen- jesiden-50684882 .
bild .html), zu untersuchen, und inwieweit hält die Bundes-
regierung die Verbalnote des Amtes für Außenbeziehungen
der Regionalregierung Kurdistan-Irak vom 9 . März 2017,
wonach das Peschmerga-Ministerium der Regionalregierung
Kurdistan-Irak den Einsatz von deutschen Waffen seitens
der Peschmerga-Kräfte untersucht und versichert hätte, dass
keinerlei deutsche Waffen in irgendeinem Gefecht außer im
Kampf gegen die IS-Terroristen eingesetzt worden sind, für
ausreichend unabhängig als Beweis?
Die Bundesregierung nimmt Vorwürfe, dass Material
und Waffen umgeleitet würden, stets sehr ernst und geht
ihnen nach . Dies haben wir auch in vorliegendem Fall
getan . Unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe
hat die Bundesregierung die vorliegenden Informationen
auf Faktengehalt geprüft .
Zudem führte die Bundesregierung in Berlin und Er-
bil Gespräche mit den zuständigen Vertretern der Regi-
onalregierung Kurdistan-Irak . Diese Gespräche wurden
geführt auf Grundlage der verbindlichen Endverbleibser-
klärungen, die den Nutzungsrahmen für die militärische
Ausrüstung, die im Rahmen der deutschen Ausstattungs-
hilfen geliefert wurden, abschließend festlegen . Darin
hat die Regionalregierung Kurdistan-Irak zugesichert,
das Material ausschließlich für den Kampf gegen IS zu
verwenden und nicht weiterzugeben .
Vor dem Hintergrund der dargestellten Prüfungen und
Gespräche lässt sich zusammenfassen: Es liegen derzeit
keine Hinweise darüber vor, dass in Khana Sur statio-
nierte Rojava-Peschmerga am 2 . und 3 . März 2017 deut-
sche Waffen gegen jesidische Kräfte eingesetzt haben .
Daher hat die Bundesregierung keinen konkreten Anlass,
den Inhalt der Verbalnote des Amtes für Außenbeziehun-
gen der Regionalregierung Kurdistan-Irak vom 9 . März
2017 anzuzweifeln .
Anlage 11
Antwort
des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der
Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksa-
che 18/11554, Frage 17):
Hält die Bundesregierung die Beteiligung am Syria Reco-
very Trust Fund aufrecht, und in welchen Regionen Syriens
wird das Geld im Jahr 2017 eingesetzt?
Die Bundesregierung ist als Erstgeber des Syria Re-
covery Trust Fund (SRTF) dauerhaft an den Gremien des
Funds beteiligt .
Der SRTF ist auch im Jahre 2017 in Regionen tätig, in
denen Verwaltungsstrukturen existieren, die sich in Ver-
bindung mit der Nationalen Koalition und der syrischen
Interimsregierung organisiert haben . Hierzu zählen der-
zeit Teile der Provinzen Idlib, Aleppo, Hama, Daraa und
Kuneitra .
Ob im Jahre 2017 weitere Mittel in den Fund ein-
gezahlt werden, ist noch nicht entschieden . Dies hängt
maßgeblich davon ab, wie viele Projekte unter den
schwierigen politischen Bedingungen des Syrien-Kon-
flikts umgesetzt werden können.
Anlage 12
Antwort
des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der
Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksa-
che 18/11554, Frage 18):
Gedenkt die Bundesregierung, bei der im April 2017 in
Brüssel beginnenden Runde der Neuverhandlung des globalen
Handelsabkommens zwischen der Europäischen Union und
Mexiko sich dafür einzusetzen, dass verbindlich überprüfbare
Regeln im Zusammenhang mit dem Schutz der Menschen-
rechte (DS1036/17, Entwurf EU-Mexiko-Abkommen, Kapi-
tel II, Demokratische Prinzipien, Menschenrechte und Geset-
zesregeln) vereinbart werden?
Mexiko befindet sich in einer Krise und ist auf der Su-
che nach Partnern, um sich stärker zu diversifizieren. Das
Globalabkommen mit der EU ist hierfür ein wichtiges In-
strument .
Ein Dialog zu Handel und Investitionen mit Mexiko
ist sinnvoll, gerade um auch einen kritischen Dialog zum
Thema Menschenrechte zu führen .
Die Neuverhandlungen werden von der Europäischen
Kommission geführt .
Die Bundesregierung hat sich bereits im Vorfeld für
die Passagen im Entwurf des Globalabkommens einge-
setzt, die Menschenrechte betreffen . Die Diskussion über
http://www.bild.de/politik/ausland/jesiden/kaempfe-in-sinjar-peschmerga-gegen-jesiden-50684882.bild.html
http://www.bild.de/politik/ausland/jesiden/kaempfe-in-sinjar-peschmerga-gegen-jesiden-50684882.bild.html
http://www.bild.de/politik/ausland/jesiden/kaempfe-in-sinjar-peschmerga-gegen-jesiden-50684882.bild.html
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22477
(A) (C)
(B) (D)
den Entwurf in den zuständigen Ratsarbeitsgruppen ist
aber noch nicht abgeschlossen .
Die Bundesregierung hatte sich bereits bei der Ab-
stimmung der Verhandlungsrichtlinien explizit für ein
klares Bekenntnis zur Zusammenarbeit zur Stärkung der
Rechtsstaatlichkeit eingesetzt .
Der Bezug zu Rule of Law findet sich im Entwurf
auch mehrfach wieder .
Der vorliegende Entwurf enthält bereits jetzt im Kapi-
tel II sehr konkrete Aussagen zur Zusammenarbeit in den
Bereichen Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, wie
zum Beispiel die Stärkung nationaler und lokaler Men-
schenrechtsinstitutionen .
Das Globalabkommen wird zudem eine sogenannte
Menschenrechtsklausel enthalten . Diese soll jeder Ver-
tragspartei erlauben, „angemessene Maßnahmen“ zu
ergreifen, falls die andere Partei gegen Menschenrechte
oder rechtsstaatliche Prinzipien verstößt .
Eine Überprüfung der Umsetzung des Kapitels II kann
dann im Rahmen des von der EU mit Mexiko geführten
Menschenrechtsdialogs stattfinden.
Darüber hinaus sieht Kapitel IV des EU-Globalab-
kommens allgemeine Mechanismen zur Überprüfung bei
der Durchführung des Abkommens vor (Joint Council
und Komitees) .
Anlage 13
Antwort
des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab-
geordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksa-
che 18/11554, Frage 19):
Hinsichtlich welcher Zusammenarbeitsformen trifft es, wie
von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in ihrer Onlineaus-
gabe vom 15 . März 2017 unter dem Titel „Türkischer Minis-
ter stellt Flüchtlingsabkommen in Frage“ berichtet, zu, dass
der „Streit zwischen Europa und der Türkei“ Folgen auch für
die NATO habe, da die türkische Regierung beispielsweise
die militärische Zusammenarbeit der 28 NATO-Länder mit
Partnerstaaten aus Europa, Asien und ehemaligen Sowjetre-
publiken behindere, und welche Auswirkungen haben die
Anschuldigungen der türkischen Regierung gegenüber euro-
päischen Regierungen auf das sogenannte Flüchtlingsabkom-
men mit der Europäischen Union, zu dem auch die Patrouillen
der NATO-Flotte unter Leitung der Deutschen Marine in der
Ägäis gehören?
Die zitierten Berichte betreffen die NATO-Partner-
schaftsprogramme mit Drittländern wie Österreich . Die-
se sind ein wichtiger Beitrag zur kooperativen Sicherheit
und damit einer der drei Grundpfeiler der Allianz, wie sie
im Strategischen Konzept der NATO niedergelegt sind .
Sie liegen nicht nur im Interesse der Allianz, sondern
auch im türkischen Sicherheitsinteresse . Deshalb geht
die Bundesregierung davon aus, dass eine nachhaltige
Behinderung dieser Kooperation von keiner Seite ange-
strebt wird .
Hinsichtlich der EU-Türkei-Erklärung vom 18 . März
2016 liegen der Bundesregierung keine Hinweise darauf
vor, dass es in den vergangenen Wochen zu einer Ände-
rung in der Umsetzungspraxis gekommen ist .
Anlage 14
Antwort
des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage
des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Druck-
sache 18/11554, Frage 20):
Welche „universitäre Infrastruktur“ wurde im Jahr 2016
mutmaßlich durch die „Kampagne“ APT 29 oder andere
„Russland“ zugeordneten Gruppen oder „Kampagnen“ kom-
promittiert und dabei als Command-and-Control-Server für
angebliche Angriffe „zweckentfremdet“ (vergleiche Antwort
der Bundesregierung zu Frage 19 der Kleinen Anfrage der
Fraktion Die Linke auf Bundestagsdrucksache 18/11106), und
mit welchen Ermittlungen oder welchem Prüfvorgang sind Be-
hörden der Bundesregierung oder der Länder hierzu befasst?
Im Jahr 2016 wurde beobachtet, wie universitäre In-
frastruktur kompromittiert und als C&C-Server (Com-
mand-and-Control-Server) zweckentfremdet wurde . Der
Angriff wird der Angriffskampagne APT 29, auch Cozy
Bear genannt, zugeordnet .
Die Beantwortung der Frage, um welche universitä-
re Infrastruktur es sich handelt, kann aus Gründen des
Staatswohls nicht in offener Form erfolgen . Die Zusam-
menarbeit des Bundesamts für Verfassungsschutz mit Be-
troffenen setzt die Einhaltung von Vertraulichkeit voraus .
Anderenfalls besteht die Gefahr, dass Betroffene sich im
Falle eines Cyberangriffs nicht mehr an das Bundesamt
für Verfassungsschutz wenden . Dies würde Einschrän-
kungen der Informationsgewinnung bedeuten, womit
der Auftrag des Nachrichtendienstes, die Sammlung und
Auswertung von Informationen über geheimdienstliche
Tätigkeiten für eine fremde Macht – § 3 Absatz 1 Num-
mer 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bun-
des und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungs-
schutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz
(BVerfSchG) –, nicht mehr sachgerecht erfüllt werden
könnte . Die Gewinnung solcher Informationen ist für
die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und für
die Aufgabenerfüllung des Bundesamts für Verfassungs-
schutz jedoch unerlässlich .
Beim Generalbundesanwalt beim Bundesgerichts-
hof (GBA) sind keine Erkenntnisse vorhanden zu rus-
sischen, nachrichtendienstlich gesteuerten Angriffen im
Jahr 2016 auf „universitäre Infrastrukturen“ unter Nut-
zung dortiger Rechner mit dem Ziel, diese als C2-Server
zu gebrauchen . Dementsprechend ist der GBA weder mit
Ermittlungen noch mit Prüfvorgängen befasst .
Anlage 15
Antwort
des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage
der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksa-
che 18/11554, Frage 21):
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die
Hintergründe des Cyberangriffs offenbar türkisch-nationalis-
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722478
(A) (C)
(B) (D)
tischer Hacker auf Twitteraccounts unter anderem von Per-
sönlichkeiten, Institutionen und Vereinigungen in Deutsch-
land wie dem Fußballverein Borussia Dortmund und dem
Fernsehsender ProSieben, über die gegen Deutschland und
Holland gerichtete Parolen sowie Bilder des türkischen Prä-
sidenten Recep Tayyip Erdogan und Hakenkreuze verbreitet
wurden, und inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesre-
gierung Verbindungen der Hacker zu türkischen staatlichen
Stellen (https://www .welt .de/print/welt_kompakt/webwelt/
article162894125/Tuerkische-Hacker-twittern-Naziparolen .
html)?
Am 15 . März 2017 verschafften sich politische Ak-
tivisten Zugang zu einer Vielzahl von Twitter-Konten .
Hierüber veröffentlichten sie gleichlautende Mitteilun-
gen mit Bezug auf die aktuellen diplomatischen Verwer-
fungen zwischen der Türkei und den Niederlanden bzw .
Deutschland .
Der nicht autorisierte Zugriff erfolgte dabei nach ak-
tuellen Erkenntnissen über eine Sicherheitslücke bei
dem Onlinedienst Twitter Counter . Bei Twitter Counter
handelt es sich um die Anwendung eines Drittanbieters,
mit der Nutzer ihre Twitter-Konten verwalten und un-
ter anderem Nutzerstatistiken generieren können . Um
Anwendungen von Drittanbietern zu nutzen, müssen
Twitter-Nutzer diese für den Zugriff auf das eigene Twit-
ter-Konto berechtigen . Im Fall des Onlinedienstes Twit-
ter Counter umfasst diese Berechtigung auch das Veröf-
fentlichen von Twitter-Meldungen unter dem jeweiligen
Konto .
Der Vorfall ist vergleichbar mit einem sogenannten
Defacement . Beim klassischen Defacement wird der
Inhalt von Internetseiten derart verändert, dass statt des
eigentlich sichtbaren ein modifizierter, den Interessen
des Angreifers entsprechender Inhalt angezeigt wird . De-
facements als Mittel zur Verbreitung beispielsweise poli-
tischer, extremistischer oder verfassungsfeindlicher Posi-
tionen durch politische Aktivisten sind bereits seit vielen
Jahren bekannt . Der aktuelle Vorfall zeigt, dass Angriffe
dieser Art zunehmend auch auf den Bereich sozialer Me-
dien übertragen werden . Mittels prominenter Accounts
mit einer großen Followerzahl kann die Reichweite ei-
nes solchen Defacements mitunter signifikant vergrößert
werden .
Zu den Hackerangriffen auf Twitter-Konten hat sich
die Gruppe Cyber Warrior bekannt . Wir nehmen den
Sachverhalt ernst . Die deutschen Sicherheitsbehörden
bemühen sich um Aufklärung des Sachverhalts und der
Täter einschließlich der Frage einer etwaigen staatlichen
Steuerung .
Anlage 16
Antwort
des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage
der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksa-
che 18/11554, Frage 22):
Wie beurteilt die Bundesregierung die von zahlreichen Be-
ratungsstellen beobachtete Praxis einiger Banken, eine Kon-
toeröffnung oder die Verlängerung eines bereits bestehenden
Basiskontos bei Asylsuchenden mit einer Aufenthaltsgestat-
tung oder bei Personen, deren Flüchtlingseigenschaft festge-
stellt wurde, die jedoch zunächst – bis zur Ausstellung des
elektronischen Aufenthaltstitels – nur eine Fiktionsbescheini-
gung nach § 81 Absatz 3 Satz 1 bzw . § 25 Absatz 1 Satz 3 des
Aufenthaltsgesetzes erhalten haben, zu verweigern, weil diese
Aufenthaltstitel nicht ausdrücklich in § 1 Absatz 2 der Zah-
lungskonto-Identitätsprüfungsverordnung aufgeführt werden,
und welche Initiativen wird die Bundesregierung gegebenen-
falls ergreifen, um diese nach meiner Einschätzung nicht ge-
wollte Lücke bei der Ermöglichung eines Basiskontos für alle
in Deutschland lebenden Personen zu schließen (zum Beispiel
klarstellende Hinweise an die Banken, Klarstellung der Zah-
lungskonto-Identitätsprüfungsverordnung usw .)?
Die Fragestellung um die Kontoeröffnung von Flücht-
lingen im Bundesgebiet ist im Bundesministerium des
Innern (BMI) bekannt . Das Thema wurde bereits mit den
Ländern erörtert .
Verbraucher haben gemäß § 31 des Zahlungskonten-
gesetzes (ZKG) einen Anspruch auf Abschluss eines Ba-
siskontovertrages . Berechtigt sind alle Verbraucher mit
rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen Union
einschließlich Asylsuchenden sowie Personen ohne Auf-
enthaltstitel, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Grün-
den nicht abgeschoben werden können . Der Abschluss
eines Basiskontovertrages darf nur aus eng begrenzten
Gründen abgelehnt werden . Ein Ablehnungsgrund be-
steht gemäß § 36 Absatz 1 Nummer 3 ZKG, wenn ein
verpflichtetes Institut andernfalls seinen Sorgfaltspflich-
ten im Interesse der Geldwäscheprävention nicht nach-
kommen kann. Zu diesen Sorgfaltspflichten gehört unter
anderem die Überprüfung der Identität des Vertragspart-
ners anhand eines geeigneten gültigen Lichtbildauswei-
ses .
Hierzu zählen zum einen ein gültiger amtlicher Aus-
weis, der ein Lichtbild des Inhabers enthält und mit dem
die Pass- und Ausweispflicht im Inland erfüllt wird, ins-
besondere ein inländischer oder nach ausländerrechtli-
chen Bestimmungen anerkannter oder zugelassener Pass,
Personalausweis oder Pass- oder Ausweisersatz (§ 4 Ab-
satz 4 Satz 1 Nummer 1 des Geldwäschegesetzes) .
Zum anderen sind auch die in § 1 Absatz 2 Zahlungs-
konto-Identitätsprüfungsverordnung genannten Doku-
mente der Bescheinigung über die Meldung als Asyl-
suchender (Ankunftsnachweis) und der Bescheinigung
über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung) zur
Überprüfung der Identität einer nach dem Geldwäsche-
gesetz (GwG) zu identifizierenden Person zugelassen,
wenn der Ausländer nicht im Besitz eines der in § 4 Ab-
satz 4 Satz 1 Nummer 1 GwG genannten Dokumente ist .
Personen, die in Deutschland Asyl suchen, haben
grundsätzlich bereits während des Asylverfahrens einen
Anspruch auf Abschluss des Basiskontovertrages . Das
ist mit dem Ankunftsnachweis (§ 63a des Asylgesetzes
[AsylG]) oder der Aufenthaltsgestattung (§ 64 AsylG)
möglich . Das geschieht in den allermeisten Fällen . Wird
die Eröffnung des Basiskontos zu Unrecht abgelehnt,
können Verbraucher sich gemäß § 48 ZKG an die Bun-
desanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wenden und
ihren Anspruch in einem vereinfachten Verwaltungsver-
fahren durchsetzen .
Sollte bis zum Abschluss des Asylverfahrens noch
kein Konto eröffnet worden sein, können sich Betroffene
danach mit dem Reiseausweis für Flüchtlinge entspre-
chend ausweisen . Aufgrund der praktischen Zeitabläu-
https://www.welt.de/print/welt_kompakt/webwelt/article162894125/Tuerkische-Hacker-twittern-Naziparolen.html
https://www.welt.de/print/welt_kompakt/webwelt/article162894125/Tuerkische-Hacker-twittern-Naziparolen.html
https://www.welt.de/print/welt_kompakt/webwelt/article162894125/Tuerkische-Hacker-twittern-Naziparolen.html
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22479
(A) (C)
(B) (D)
fe in den Ausländerbehörden bei der Ausstellung von
Dokumenten entstehen mitunter Überbrückungszeiten .
Nach Kenntnis des BMI konnten bislang in enger Ab-
sprache zwischen den Ausländerbehörden und den regi-
onalen Geldinstituten für die Betroffenen befriedigende
Lösungen gefunden werden (zum Beispiel in Berlin) .
Mit den Ländern ist abgesprochen, die Umsetzung
dieser Verordnung in die Praxis und die auftauchenden
Fragen weiter zu beobachten und auszuwerten .
Anlage 17
Antwort
des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Fra-
ge der Abgeordneten Erika Steinbach (fraktionslos)
(Drucksache 18/11554, Frage 23):
Wer hat seitens der Bundesregierung veranlasst, dass
Filme über das Asylverfahren in mehreren afrikanischen
Sprachen hergestellt und in Herkunftsländern der Migration
verbreitet wurden (https://www .welt .de/politik/deutschland/
article145792553/Der-Werbefilm-fuer-das-gelobte- Asylland-
Germany .html)?
Es gibt keine Weisung im Sinne der Fragestellung .
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)
hat keine Filme mit dem Ziel erstellt, sie in Herkunftslän-
dern von Asylsuchenden zu verbreiten . Die vom BAMF
entwickelten Informationsmaterialien dienen ausschließ-
lich dem Zweck, die bereits im Land befindlichen Asyl-
bewerber sowie ehrenamtlich Engagierte über den Ab-
lauf des Asylverfahrens zu informieren .
Anlage 18
Antwort
des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Fra-
ge der Abgeordneten Erika Steinbach (fraktionslos)
(Drucksache 18/11554, Frage 24):
Wer hat seitens der Bundesregierung veranlasst, dass nach
mir vorliegenden Informationen Mitarbeiter deutscher Behör-
den dahin gehend informiert oder instruiert werden, dass bei
Auffinden oder Vorlage von gefälschten oder verfälschten per-
sonenbezogenen Dokumenten keine Anzeigen, Ermittlungen
oder Strafverfolgungen eingeleitet werden oder wurden?
Es gibt keine Vorgaben im Sinne der Fragestellung .
Bei Feststellung gefälschter Dokumente im Rahmen des
Asylverfahrens informiert das Bundesamt für Migration
und Flüchtlinge die jeweils zuständige Ausländerbehörde
und die Polizeibehörden in den Ländern . Nach Kenntnis
der Bundesregierung werden alle in Deutschland festge-
stellten Urkundendelikte zur Anzeige gebracht .
Anlage 19
Antwort
des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage
des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 25):
In welcher Art und Weise ist deutschen Ermittlungsbe-
hörden, insbesondere dem BKA in seiner Funktion als nati-
onale Vermögensabschöpfungsstelle (Asset Recovery Of-
fice – ARO), gemäß Beschluss 2007/845/JI des Rates die
Feststellung von Immobilieneigentum in Deutschland von
Beschuldigten in ausländischen Verfahren ohne nähere geo-
grafische Angaben möglich, und wie steht die Bundesregie-
rung zu der auf EU-Ebene im Rahmen der Überarbeitung der
4 . AMLD – Anti-Money Laundering Directive – diskutierten
Einrichtung eines zentralen Immobilienregisters?
Eine bundesweite Recherche nach Immobilieneigen-
tum kann vom Bundeskriminalamt (BKA) in seiner Ei-
genschaft als nationale Vermögensabschöpfungsdienst-
stelle im ARO-Netzwerk entweder über Anfragen an die
Polizeien der Länder (Landeskriminalämter) oder an die
Landesvermessungsämter der 16 Länder erfolgen .
Immobilieneigentum kann in den Grundbüchern,
welche in jedem Land von den bei den Amtsgerichten
eingerichteten Grundbuchämtern geführt werden, festge-
stellt werden . Der Zugriff hierauf kann nicht nur vor Ort
im Grundbuchamt, sondern auch im Wege des elektro-
nischen Abrufverfahrens erfolgen, worauf grundsätzlich
auch die Polizeibehörden Zugriff haben .
Eine weitere Option ist die Recherche in den Datenbe-
ständen der Vermessungsämter . Es handelt sich hier um
das Amtliche Liegenschaftskataster-Informationssystem
(ALKIS) bzw . das Vorgängersystem „Automatisiertes
Liegenschaftsbuch (ALB)“, welche auch Eigentümeran-
gaben enthalten . Nach Informationen der Bundesregie-
rung ist eine aktuelle landesweite Abfrage aus dem Lie-
genschaftskataster nicht in allen Bundesländern möglich .
Die Polizeien der Länder haben teilweise einen Online-
zugriff auf ALKIS/ALB-Datenbestände .
Die Bundesregierung hält es grundsätzlich für wün-
schenswert, dass Ermittlungsbehörden in elektronischer
Form auf Immobilienregister zu ihrer Aufgabenerfüllung
zugreifen können . Im Jahr 2013 wurden mit dem Gesetz
zur Einführung eines Datenbankgrundbuchs die rechtli-
chen Voraussetzungen für die Einführung eines bundes-
einheitlichen Datenbankgrundbuchs geschaffen . Bei dem
Vorhaben handelt es sich um ein ehrgeiziges gemeinsa-
mes Projekt aller Bundesländer .
Die Arbeiten an der Entwicklung und Einführung des
Datenbankgrundbuches sind inzwischen weit fortge-
schritten . Die bundeseinheitliche Datenbank wird neue
Recherche- und Auskunftsmöglichkeiten zulassen . Da-
mit werden sich auch Recherchen durch die Ermittlungs-
organe effektiver gestalten .
Im Rahmen der laufenden Verhandlungen zur Än-
derung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie lehnt die
Bundesregierung die vom Europäischen Parlament auf-
gebrachte Forderung nach Einführung eines zentralen
Immobilienregisters ab . Denn die Vierte EU-Geldwä-
scherichtlinie wird nicht etwa insgesamt überarbeitet,
sondern soll im Nachgang zu den Terroranschlägen ge-
zielt und schnell an erkannte Risiken angepasst werden .
So sehen es der Aktionsplan der Kommission für ein in-
tensiveres Vorgehen gegen Terrorismusfinanzierung und
die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates dazu
vom Februar 2016 vor . Vor einer weitreichenden Neu-
regelung wie der Verpflichtung zur Einführung eines
https://www.welt.de/politik/deutschland/article145792553/Der-Werbefilm-fuer-das-gelobte-Asylland-Germany.html
https://www.welt.de/politik/deutschland/article145792553/Der-Werbefilm-fuer-das-gelobte-Asylland-Germany.html
https://www.welt.de/politik/deutschland/article145792553/Der-Werbefilm-fuer-das-gelobte-Asylland-Germany.html
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722480
(A) (C)
(B) (D)
zentralen Immobilienregisters müssen die europäischen
Institutionen geprüft haben, ob diese zur Erreichung des
angestrebten Ziels geeignet, erforderlich und angemes-
sen ist . Dafür bedarf es einer gründlichen Folgenabschät-
zung, die auch die mit der Einführung eines solchen Re-
gisters verbundenen Kosten und den erwarteten Nutzen
untersucht . Eine solche Prüfung ist bislang nicht erfolgt .
Anlage 20
Antwort
des Parl . Staatssekretärs Christian Lange auf die Frage
des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 26):
Wie ist unter der derzeitigen Rechtslage das Immobili-
eneigentum festzustellen, das beispielsweise durch Einsatz
von sogenannten Strohleuten als Käufer und Eintragung eines
lebenslangen Wohnrechts des Täters in Abteilung II bzw . als
Grundschuldgläubiger in Abteilung III verschleiert wird, und
welche Schritte erwägt die Bundesregierung, um die Feststel-
lung bei sogenannten Strohmann-Konstellationen zu verbes-
sern?
Die Frage zielt auf Anforderungen an das Grundbuch
ab, denen dieses aufgrund seiner Aufgabe und Funktions-
weise nur schwerlich gerecht werden kann:
Im Grundbuch sind die Grundstücke, die grundstücks-
gleichen Rechte (zum Beispiel Erbbaurechte) sowie die
hieran bestehenden Eigentumsverhältnisse und die damit
verbundenen Belastungen verzeichnet . Das Grundbuch
ist mit der gesetzlichen Vermutung der Richtigkeit ver-
sehen (§ 891 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]) .
Damit wird vermutet, dass demjenigen ein Recht zusteht,
für den es im Grundbuch eingetragen ist . Zugleich ist das
Grundbuch kraft Gesetzes (§ 892 BGB) mit öffentlichem
Glauben versehen . Damit gilt zugunsten desjenigen, wel-
cher ein Recht an einem Grundstück oder ein Recht an
einem solchen Recht durch Rechtsgeschäft erwirbt, der
Inhalt des Grundbuchs als richtig . Diese Annahmen sind
im Interesse eines rechtssicheren Grundstücksverkehrs
von herausragender Bedeutung .
Derjenige, zugunsten dessen das Eigentum oder ein
anderes dingliches Recht eingetragen ist, gilt als Inhaber
dieses Rechts . Nach der derzeitigen Rechtslage können
Angaben zu sogenannten wirtschaftlich Berechtigten,
also zu Personen, die wirtschaftlich hinter dem einge-
tragenen Rechtsinhaber stehen, nicht in das Grundbuch
aufgenommen werden . Die Bundesregierung prüft, ob es
in diesem Bereich gesetzgeberischen Änderungsbedarf
gibt . Feststellungen dazu, dass der aus dem Grundbuch
ersichtliche Rechtsinhaber möglicherweise bei wirt-
schaftlicher Betrachtung nicht der wahre Berechtigte
ist, müssen außerhalb des Grundbuchs erfolgen, etwa
durch die jeweils geldwäscherechtlich Verpflichteten
im Rahmen einer Immobilientransaktion (zum Beispiel
Makler, Rechtsanwälte, Banken und Notare) . Bei juristi-
schen Personen und Personenhandelsgesellschaften, die
ebenfalls im Grundbuch (beispielsweise als Eigentümer)
eingetragen sein können, sind deren Eigentümer/Gesell-
schafter regelmäßig aus dem Handelsregister ersichtlich .
Zusätzlich kann ein etwaig davon abweichender wirt-
schaftlich Berechtigter zukünftig aus dem Transparenz-
register ersehen werden .
Anlage 21
Antwort
des Parl . Staatssekretärs Christian Lange auf die Fra-
ge der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau)
(DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 28):
Wie hoch lag nach Kenntnis der Bundesregierung die durch-
schnittliche Vergütung der Vorstandsmitglieder der DAX-Un-
ternehmen, und wie war das Verhältnis zum durchschnittlichen
Arbeitnehmereinkommen in der Bundesrepublik Deutschland
im Jahr 1993 sowie im letzten dokumentierten Jahr?
Die Bundesregierung erhebt selbst keine Daten zum
Verhältnis der Vorstandsvergütung zur durchschnittli-
chen Arbeitnehmervergütung in DAX-Unternehmen .
Auskunft über das Verhältnis können die Angaben in den
Geschäftsberichten der DAX-Konzerne geben . Auf diese
Angaben stützen sich externe Studien, wie etwa der öf-
fentlich zugängliche „Manager to Worker Pay Ratio“-Re-
port der Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahre 2016 .
Dabei ist jedoch zu beachten, dass in den Geschäftsbe-
richten der Unternehmen nicht zwischen der Vergütung
von Arbeitnehmern im Inland und der Vergütung von Ar-
beitnehmern im Ausland unterschieden wird .
Auf europäischer Ebene ist allerdings künftig eine zu-
sätzliche Erweiterung der Information der Öffentlichkeit
und der Aktionäre vorgesehen . Mit der Änderung der
Aktionärsrechte-Richtlinie, die wahrscheinlich noch im
März 2017 verabschiedet wird, wird die Hauptversamm-
lung in Zukunft über die Vergütungspolitik der Vorstände
abstimmen . Dazu werden die Unternehmen auch die Ent-
wicklung der Vergütung des Vorstands im Verhältnis zur
Belegschaftsvergütung in den letzten fünf Jahren vor der
Abstimmung in einem Vergütungsbericht darstellen und
auf ihrer Homepage veröffentlichen müssen .
Anlage 22
Antwort
des Parl . Staatssekretärs Dr . Michael Meister auf die Fra-
ge der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau)
(DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 29):
Wie hoch lagen nach Kenntnis der Bundesregierung die
jährlichen Vergütungen der Vorstandsmitglieder bzw . Präsi-
denten der Deutschen Bundespost, der Deutschen Bundesbahn
und der Kreditanstalt für Wiederaufbau bzw . ihrer Nachfol-
geunternehmen im Jahr 1993 sowie im letzten dokumentierten
Jahr, und welche Verbindung sieht die Bundesregierung zwi-
schen der Performance der genannten Unternehmen und den
Bezügen ihrer Vorstände?
Trotz intensiver Recherche waren die Vergütungen für
die Bereiche der ehemaligen Deutschen Bundespost und
Deutschen Bundesbahn in der gegebenen Zeit nicht zu
ermitteln . Im Einzelnen:
Erstens ehemalige Deutsche Bundespost Postdienst,
heute Deutsche Post AG, sowie ehemalige Deutsche
Bundespost Telekom, heute Deutsche Telekom AG .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22481
(A) (C)
(B) (D)
Die Vergütungen der Vorstandsmitglieder der Deut-
schen Bundespost Postdienst aus dem Jahr 1993 konn-
ten in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt
werden .
Eine spezifische Aussage zur Vergütung der Vorstände
des Unternehmens Deutsche Bundespost Telekom bzw .
die Angabe der Höhe der Gesamtvergütung des Vor-
stands für das Jahr 1993 ist aus Gründen der hierfür not-
wendigen zeitintensiven Archivanalyse kurzfristig nicht
möglich . Soweit ersichtlich, ist davon auszugehen, dass
die Vergütung eines Vorstandsmitgliedes mit Fachressort
beim Unternehmen Deutsche Bundespost Telekom im
Jahre 1993 je nach Amtszeit und Zielerreichung insge-
samt einen unteren bis mittleren sechsstelligen Betrag in
DM betrug .
Die Vergütung des Vorstands der Deutschen Post AG
wird alljährlich im Geschäftsbericht entsprechend den
geltenden Vorschriften individualisiert veröffentlicht,
aktuell im Geschäftsbericht 2016 . Die Gesamtvergütung
der Vorstandsmitglieder wird vom Aufsichtsrat im Ein-
klang mit den einschlägigen Vorschriften des Aktienge-
setzes und des Deutschen Corporate Governance Kodex
(DCGK) festgelegt . Die Vorstandsvergütung orientiert
sich an der Größe und der globalen Ausrichtung des
Unternehmens, seiner wirtschaftlichen und finanziellen
Lage sowie an den Aufgaben und Leistungen des jewei-
ligen Vorstandsmitglieds . Die Vergütung ist so bemes-
sen, dass sie im internationalen und nationalen Vergleich
wettbewerbsfähig ist und damit einen Anreiz für enga-
gierte und erfolgreiche Arbeit bietet .
Die Bezüge der Mitglieder des Vorstands der Deut-
schen Telekom AG für das Geschäftsjahr 2016 werden
im Geschäftsbericht des Unternehmens mit insgesamt
16,7 Millionen Euro ausgewiesen . Einzelheiten kön-
nen dem öffentlich zugänglichen Geschäftsbericht des
Jahres 2016 entnommen werden . Unabhängig von den
konkreten Angaben können die damaligen Vorstands-
vergütungen nicht mit der aktuellen Situation oder der
jeweiligen „Performance“ verglichen werden, da es da-
mals um die Führung einer Monopolverwaltung ging
und heute um die Leitung eines im nationalen und in-
ternationalen Wettbewerb befindlichen DAX-Unterneh-
mens . Rechtsgrundlage für die Zahlungen waren ferner
im Jahre 1993 öffentlich-rechtliche Amtsverhältnisse
gegenüber dem Bund, während es sich heute um rein
privatwirtschaftliche Anstellungsverträge handelt, die
durch den Aufsichtsrat für das Unternehmen nach den
Vorgaben des Aktienrechtes und des DCGK geschlos-
sen werden .
Zweitens ehemalige Deutsche Bundesbahn, heute
Deutsche Bahn AG .
Die Vergütungen aus dem Jahr 1993 konnten in der
zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden . In-
wieweit eine Veröffentlichung der Vergütungen rechtlich
zulässig ist, müsste geprüft werden .
Die Gesamtbezüge des Vorstands der Deutschen
Bahn AG (DB AG) können dem Geschäftsbericht der
DB AG für das Geschäftsjahr 2015 entnommen werden .
Die derzeitige Gesamtvergütung der Vorstandsmitglieder
ist im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften des
Aktiengesetzes und des Public Corporate Governance
Kodex (PCGK), wie er am 1 . Juli 2009 von der Bundes-
regierung verabschiedet wurde . Darin wird der Bezug
der Vergütung zur persönlichen Leistung und der wirt-
schaftlichen Lage der Gesellschaft vorgeschrieben .
Drittens Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) .
Die Bezüge aller Mitglieder des Vorstands werden im
jährlichen Corporate-Governance-Bericht bzw . im Ge-
schäftsbericht der KfW veröffentlicht . Sie betrugen 1993
rund 3,7 Millionen DM und 2015 rund 3,9 Millionen Euro .
Die KfW ist eine der führenden und größten Förder-
banken der Welt . Mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung
setzt sich die KfW im Auftrag des Bundes und der Län-
der erfolgreich dafür ein, die wirtschaftlichen, sozialen
und ökologischen Lebensbedingungen weltweit zu ver-
bessern . Die Vergütung der Mitglieder des Vorstands ist
in Relation zur Größe der KfW und ihren vielfältigen
Aufgaben als angemessen zu betrachten . Dies wurde
auch durch entsprechende vom Verwaltungsrat bzw . vom
Vergütungskontrollausschuss der KfW in Auftrag gege-
bene externe Gutachten (Marktvergleich) bestätigt .
Anlage 23
Antwort
des Parl . Staatssekretärs Dr . Michael Meister auf die Fra-
ge des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 31):
Inwiefern plant die Bundesregierung, in der laufenden
Legislaturperiode einen Gesetzentwurf zur steuerlichen
Forschungsförderung für kleine und mittlere Unternehmen
(KMU) zu erarbeiten und einzubringen?
Die Bundesregierung setzt weiterhin auf die be-
währte technologiespezifische und technologieoffene
Projektförderung, prüft aber auch, wie eine steuerliche
Förderung von Forschung und Entwicklung als Ergän-
zung zur Projektförderung eingeführt werden kann . Die
Bundesregierung wird einvernehmlich über die weitere
Umsetzung dieser steuerlichen Förderung beraten und
entscheiden .
Anlage 24
Antwort
der Parl . Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des
Abgeordneten Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 18/11554, Frage 33):
In welchem Umfang liefert Deutschland seit dem 1 . Januar
2016 dem NATO-Partner Türkei Rüstungsgüter (Art der Gü-
ter, Anzahl und Wert pro Jahr), und inwiefern erwägt die Bun-
desregierung in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen in der
Türkei, diese Waffenlieferungen zu stoppen?
Daten über tatsächlich erfolgte Ausfuhren in die Tür-
kei liegen nicht vor . Die Bundesregierung hat seit dem
1 . Januar 2016 bis einschließlich 16 . März 2017 die Aus-
fuhr von Gütern der Ausfuhrliste Teil I A in die Türkei
wie folgt genehmigt .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722482
(A) (C)
(B) (D)
Im Jahr 2016:
Ausfuhrlistenposition Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in Euro
A0001 Handfeuerwaffen 19 374 614
A0002 großkalibrige Waffen 2 28 045
A0003 Munition 5 551 159
A0004 Bomben, Torpedos, Flugkörper 9 1 445 322
A0005 Feuerleitanlagen 15 835 380
A0006 militärische Ketten- und Radfahrzeuge 17 2 392 418
A0007 ABC – Schutzausrüstung, Laborchemi-
kalien
6 4 040 885
A0008 Explosivstoffe und Brennstoffe 18 5 037
A0009 Kriegsschiffe 32 1 729 266
A0010 militärische Luftfahrzeuge/-technik 25 57 931 128
A0011 militärische Elektronik 31 7 669 140
A0013 ballistische Schutzausrüstung 1 *
A0014 Ausbildungs-/Simulationsausrüstung 1 *
A0015 Infrarot-/Wärmebildausrüstung 8 2 363 351
A0016 Halbzeug zur Herstellung von bestimm-
ten Rüstungsgütern
3 241 952
A0017 verschiedene Ausrüstungen 4 89 059
A0018 Herstellungsausrüstung zur Produktion
von Rüstungsgütern
3 120 883
A0021 militärische Software 15 780 767
A0022 Technologie 16 252 155
Summe 213 83 900 411
Im Jahr 2017 bis einschließlich 16. März 2017 – es handelt sich hierbei um vorläufige Angaben, die sich durch Ände-
rungen und Fehlerkorrekturen noch verändern können –:
Ausfuhrlistenposition Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in Euro
A0001 Handfeuerwaffen 8 14 924
A0003 Munition 1 *
A0004 Bomben, Torpedos, Flugkörper 2 **17 988 386
A0005 Feuerleitanlagen 8 108 055
A0006 militärische Ketten- und Radfahrzeuge 1 *
A0007
ABC – Schutzausrüstung, Laborchemi-
kalien
1 *
A0008 Explosivstoffe und Brennstoffe 1 *
A0009 Kriegsschiffe 14 828 473
A0010 militärische Luftfahrzeuge/-technik 1 *
A0011 militärische Elektronik 7 286 570
A0013 ballistische Schutzausrüstung 1 *
A0015 Infrarot-/Wärmebildausrüstung 1 *
A0017 verschiedene Ausrüstungen 1 *
A0018
Herstellungsausrüstung zur Produktion
von Rüstungsgütern
1 *
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017 22483
(A) (C)
(B) (D)
Ausfuhrlistenposition Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in Euro
A0021 militärische Software 4 55 951
A0022 Technologie 4 58 500
Summe 54 21 808 890
* Die Bundesregierung sieht gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Oktober 2014 (BVerfGE 137,
185) von Angaben zum Auftragsvolumen ab, wenn diese in Kombination mit Angaben zu Stückzahlen Rückschlüsse
auf Einzelpreise zuließen.
** Der Genehmigungswert betrifft im Wesentlichen Waffensysteme für den Marinebereich (Marineschiffe) zum Schutz
gegen anfliegende Flugkörper.
Die Summe der aufgezählten Genehmigungen für die
jeweiligen Ausfuhrlistenpositionen kann von der Ge-
samtanzahl der erteilten Genehmigungen abweichen, da
eine Genehmigung Güter von unterschiedlichen Aus-
fuhrlistenpositionen enthalten kann .
Die Türkei ist Mitglied der NATO . Nach den Po-
litischen Grundsätzen der Bundesregierung aus dem
Jahr 2000 gilt für EU-, NATO- und NATO-gleichgestell-
te Länder Folgendes: „Der Export von Kriegswaffen und
sonstigen Rüstungsgütern in diese Länder hat sich an den
Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland
im Rahmen des Bündnisses und der EU zu orientieren .
Er ist grundsätzlich nicht zu beschränken, es sei denn,
dass aus besonderen politischen Gründen in Einzelfällen
eine Beschränkung geboten ist .“
Der Beachtung der Menschenrechte wird bei Rüs-
tungsexportentscheidungen ein besonderes Gewicht
beigemessen . Genehmigungen nach dem Putschversuch
vom Juli 2016 erfolgen nach außen- und sicherheits-
politischer Prüfung durch die Bundesregierung und im
fortlaufenden Abgleich mit der Genehmigungspraxis der
EU-Mitgliedstaaten, unter besonderer Berücksichtigung
des Risikos eines Einsatzes im Kontext interner Repres-
sion oder des Kurdenkonflikts. Für jeden Fall findet eine
differenzierte und sorgfältige Einzelfallprüfung statt . Ak-
tuelle Entwicklungen werden in die Entscheidungsfin-
dung einbezogen .
Die Bundesregierung verfolgt eine restriktive Rüs-
tungsexportpolitik . Über die Erteilung von Genehmigun-
gen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregie-
rung im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation
nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und
sicherheitspolitischer Erwägungen . Grundlage hierfür
sind die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung
für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüs-
tungsgütern“ aus dem Jahr 2000, auf EU-Ebene der „Ge-
meinsame Standpunkt … des Rates vom 8 . Dezember
2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle
der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“
und der Vertrag über den Waffenhandel .
Anlage 25
Antwort
der Parl . Staatssekretärin Dorothee Bär auf die Frage der
Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN) (Drucksache 18/11554, Frage 37):
Wie viele Haushalte in Deutschland nutzen laut Erkennt-
nis der Bundesregierung aktuell Hörfunk und Fernsehen über
DVB-T, und ist der Bundesregierung bekannt, wie viele die-
ser Haushalte noch keine passende Empfangstechnik für den
Empfang von DVB-T2 besitzen?
Die Bundesregierung verfügt über keine eigenen Da-
tenerhebungen zur Nutzung von Hörfunk und Fernsehen .
Sie stützt sich auf Veröffentlichungen der Medienanstal-
ten und der Deutschen TV-Plattform .
Obwohl technisch möglich, werden keine Hörfunk-
programme mit Hilfe des Standards DVB-T im Regelbe-
trieb verbreitet .
Nach dem Digitalisierungsbericht 2016 der Medien-
anstalten empfangen 9,0 Prozent oder 3,433 Millionen
Haushalte Fernsehen terrestrisch über DVB-T, davon
nutzen etwa 2 Millionen Haushalte die Terrestrik als ein-
zigen Empfangsweg . Nach der Deutschen TV-Plattform
vom 2 . Februar 2017 wurden von Anfang 2016 bis Ende
Januar 2017 insgesamt 503 000 DVB-T2-Set-Top-Bo-
xen verkauft . Die Deutsche TV-Plattform geht davon aus,
dass bis Ende Januar 2017 zusätzlich etwa 500 000 Fern-
sehgeräte von den betroffenen Haushalten gekauft wur-
den, die DVB-T2 empfangen können .
Anlage 26
Antwort
der Parl . Staatssekretärin Dorothee Bär auf die Frage des
Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE) (Druck-
sache 18/11554, Frage 39):
Ist es zutreffend, dass der Bundesregierung umfangreiche
und detaillierte Vorarbeiten für die Ausschreibung der Pkw-
Maut vorliegen (,,Pkw-Maut: Kompliziert und teuer“, Han-
delsblatt vom 15 . März 2017), und wenn ja, zu welchen Kos-
ten wurden diese Vorarbeiten erstellt (bitte unter Angabe des
jeweiligen Auftragnehmers aufführen)?
Bei den Vorarbeiten handelt es sich um Zwischenstän-
de im Entwurfsstadium, die überarbeitet werden .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 201722484
(A) (C)
(B) (D)
Es handelt sich hierbei um einen laufenden Prozess,
sodass noch keine abschließenden Aussagen zu den Kos-
ten getroffen werden können .
Anlage 27
Antwort
der Parl . Staatssekretärin Dorothee Bär auf die Frage des
Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE) (Druck-
sache 18/11554, Frage 40):
Wie begründet die Bundesregierung die Notwendigkeit ei-
ner überplanmäßigen Ausgabe bis zur Höhe von 10 Millionen
Euro „für die Wiederaufnahme der Arbeiten zur Vorbereitung
der Ausschreibung und anschließenden Implementierung des
Infrastrukturabgabensystems“ (Drucksache des Haushalts-
ausschusses des Deutschen Bundestages 18 (8) 4180 vom
22 . Februar 2017) angesichts bereits erfolgter Vorarbeiten zur
Ausschreibung der Pkw-Maut, und welche konkreten, durch
diese überplanmäßige Ausgabe ausfinanzierten Aufträge sol-
len ausgeschrieben und vergeben werden?
Der Antrag an den Haushaltsausschuss auf Einwilli-
gung in eine überplanmäßige Ausgabe wird für die Wei-
terführung der bestehenden Beraterverträge benötigt .
Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 224 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 22 . März 2017
Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de
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224. Sitzung
Inhaltsverzeichnis
TOP 1 Befragung der Bundesregierung
TOP 2 Fragestunde
Anlagen
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9
Anlage 10
Anlage 11
Anlage 12
Anlage 13
Anlage 14
Anlage 15
Anlage 16
Anlage 17
Anlage 18
Anlage 19
Anlage 20
Anlage 21
Anlage 22
Anlage 23
Anlage 24
Anlage 25
Anlage 26
Anlage 27