Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich be-
grüße Sie alle sehr herzlich. Die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Entwurf eines Gesetzes gegen
den unlauteren Wettbewerb.
Das Wort für den einleitenden Bericht hat die Bundes-
ministerin der Justiz, Brigitte Zypries.
Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz:
Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines Ge-
setzes gegen den unlauteren Wettbewerb beschlossen.
Mit diesem Gesetz setzen wir fort, womit wir bereits in
der letzten Legislaturperiode begonnen hatten, nämlich
die Liberalisierung des Wirtschaftsmarktes hinsichtlich
der Beschränkungen im Handel. In der letzten Legisla-
turperiode wurden das Rabattgesetz und die Zugabever-
ordnung aufgehoben, jetzt haben wir das Gesetz gegen
den unlauteren Wettbewerb modernisiert.
Mit dieser Novelle ist insofern ein Meilenstein gesetzt
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Redet
worden, als wir in § 1 des Gesetzentwurfes die Verbrau-
cherinnen und Verbraucher als Schutzobjekte aufgenom-
men haben. Erstmals werden sie ausdrücklich in dem
Gesetz erwähnt.
Bestehen bleibt im Gesetzentwurf die Generalklausel
gegen den unlauteren Wettbewerb, die sich unserer An-
sicht nach bewährt hat. Wir haben in § 4 des Entwurfes
Beispielsfälle aufgenommen, die die Rechtsprechung in
Deutschland in den letzten Jahren zum unlauteren Wett-
bewerb entwickelt hat. So werden die Schleichwerbung,
die Ausnutzung der Unerfahrenheit von Kindern und Ju-
gendlichen als Konsumenten sowie die Beeinträchtigung
der Entscheidungsfreiheit der Verbraucherinnen und
Verbraucher ausdrücklich verboten. Hierzu
spielsweise eine Koppelung von Gewinns
Kaufangeboten. Sie alle kennen diese Art vo
ten, bei denen man nur dann an einem Gewin
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ung
en 7. Mai 2003
0 Uhr
ehmen kann, wenn man auch etwas kauft. Eine Aus-
ahme besteht das wissen Sie für Tageszeitungen.
Eine weitere Neuerung in diesem Gesetzentwurf ist
ie Abschaffung der Sonderverkäufe, des Winterschluss-
erkaufes und des Sommerschlussverkaufes; darüber
urde in den Zeitungen schon berichtet. Sie wissen, dass
iese Zeiten schon bisher aufgeweicht wurden, da zahl-
eiche Geschäfte vor dem eigentlichen Sommer- und
interschlussverkauf Sonderangebote bei ihren Waren
emacht haben. Wir glauben, dass die feste Bezeichnung
ieser jeweils zwei Wochen im Jahr nicht mehr zeit-
emäß ist, und haben deswegen diese Regelung aufge-
ommen. Wir ermöglichen es dem Handel aber, sich auf
olche Zeiten zu verständigen. Abgesprochene Sonder-
erkäufe sind also nicht unzulässig. Der Handel in einer
egion oder einer Stadt kann, wenn er es will, sich auf
olche verständigen, zum Beispiel anlässlich eines Stadt-
estes. Das wird nicht verhindert.
Ein weiterer Punkt, den wir in den Gesetzentwurf auf-
enommen haben, ist das ausdrückliche Verbot der irre-
ührenden Werbung. Sie alle kennen die Werbeangebote
Solange der Vorrat reicht. Die Unternehmer sind,
enn sie solche Angebote machen, künftig verpflichtet,
ine angemessene Stückzahl dieser Produkte vorzuhal-
en. Es soll nicht mehr passieren, dass man eine Viertel-
ext
stunde nach Geschäftsöffnung gesagt bekommt, es sei
schon alles ausverkauft, man könne aber ein anderes
Produkt bekommen, das etwas teurer sei. So etwas wol-
len wir vermeiden. Ebenso wollen wir vermeiden, dass
mit so genannten Mondpreisen geworben wird. Wenn
also ein Anbieter Produkte zu einem deutlich vergünstig-
ten Preis anbietet, dann muss er sie vorher zu einem hö-
heren Preis eine bestimmte Zeit lang im Sortiment ge-
habt haben.
Um die belästigende Werbung, unter der viele von
uns leiden, etwas zu reglementieren, haben wir § 7, der
einen eigenständigen Tatbestand enthält, eingeführt. Da-
nach handelt es sich unter anderem bei der Werbung
rufe, über Faxgeräte oder über die elek-
also den E-Mail-Verkehr, um eine unzu-
gung, wenn der Empfänger nicht einwil-
zählt bei-
pielen mit
n Angebo-
nspiel teil-
über Telefonan
tronische Post,
mutbare Belästi
ligt.
3436 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Bundesministerin Brigitte Zypries
Bei vorsätzlichen Verstößen gegen das Gesetz gegen
den unlauteren Wettbewerb sehen wir jetzt einen An-
spruch auf Gewinnabschöpfung vor. Nach unserer Vor-
stellung betrifft das vor allen Dingen die Fälle, in denen
eine Vielzahl von Verbrauchern mit relativ geringen
Kosten belastet wird. In diesem Zusammenhang bringe
ich immer ein Standardbeispiel. Dabei geht es um die
unerwünschte Zusendung eines Fax. Auf diesem steht,
dass man es, wenn man es zukünftig nicht mehr erhalten
will, bitte zurückschicken möge, nachdem man das ent-
sprechende Kästchen angekreuzt hat. Wenn man dieses
Fax dann zurückschickt, wird die Telefonrechnung mit
3 Euro belastet. Für den einzelnen Teilnehmer ist das na-
türlich keine besonders hohe Summe. In der Regel ärgert
man sich über so etwas, man tut aber nichts dagegen. Für
denjenigen, der so etwas initiiert, entsteht natürlich ein
enormer Gewinn, wenn er dieses Fax an 100 000 Men-
schen verschickt.
Deshalb haben wir beschlossen, dass sich die Verbrau-
cherverbände um solche Fälle kümmern sollen. Künftig
kann man sich also an die Verbraucherverbände wenden
und ihnen sagen, sie mögen dort tätig werden. Diese ha-
ben andere Möglichkeiten, um gegen solche betrügeri-
schen Unternehmer so muss man sie bezeichnen vor-
zugehen und den Gewinn abzuschöpfen; das sieht das
Gesetz vor. Die Verbraucherverbände bekommen die ih-
nen entstandenen Kosten ersetzt und der abgeschöpfte
Gewinn fließt an die Staatskasse. Ich glaube, das ist im
Ergebnis nur recht und billig.
Wir meinen, dass wir damit ein Gesetz geschaffen ha-
ben, welches auf einer breiten Basis steht. Es ist von ei-
ner Kommission, die vom Bundesjustizministerium ein-
gesetzt wurde und die sich mit zahlreichen Punkten in
diesem Bereich befasst hat diese hat sie zur konkreten
Regelung vorgeschlagen , erarbeitet worden. Wir glau-
ben, dass es ein modernes Gesetz ist, weil in ihm, wie
gesagt, erstmals die Verbraucher als Schutzobjekte be-
nannt werden. Wir meinen, dass wir damit einen guten
Ausgleich zwischen den Interessen des Handels und den
Interessen der Verbraucher gefunden haben.
Auf europäischer Ebene werden derzeit vergleichbare
Überlegungen angestellt. Die Bundesregierung ist sehr
bemüht darum und daran interessiert, dieses Gesetz als
Modellgesetz auch auf die europäische Ebene zu trans-
portieren, um damit auch dort den notwendigen Aus-
gleich zwischen den Interessen der Verbraucher und den
Interessen des Wettbewerbs herzustellen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Vielen Dank, Frau Ministerin.
Gibt es Rückfragen zu diesem Bericht? Herr Kol-
lege Röttgen.
(Brigitte Zypries, Bundesministerin: Er war
gar nicht anwesend!)
Fragen Sie aber bitte nicht, ob kurz zusammengefasst
werden könnte, was gerade vorgetragen wurde.
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Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU):
Herr Präsident! Ich hatte erstens gehofft, dass Sie den
inweis auf mein nicht rechtzeitiges Erscheinen unter-
assen würden, und zweitens, dass ich eine kleine Ver-
chnaufpause haben würde. Ich bin aber gerne bereit und
nteressiert, eine Frage zu stellen.
Der Anspruch auf Gewinnabschöpfung ist in seiner
onzeptionellen Begründung zu begrüßen. Er zielt da-
auf ab, wettbewerbswidrig erzielte Früchte zu neutrali-
ieren. Es stellt sich allerdings die Frage nach der Prak-
ikabilität insbesondere der Gewinnermittlung. Wie
ollen Sie den Gewinn in seiner Kausalität bezogen auf
ettbewerbswidrige Handlungen ermitteln? Was ist der
ewinn, der durch eine irreführende Werbung erzielt
ird? Wie wollen Sie ihn gegenständlich begrenzen?
er Gewinn errechnet sich durch Abzug der Kosten. In
elchem Ausmaß wird der Klagegegner in einem Pro-
ess verpflichtet, über seine Kosten Auskunft zu geben?
ie sehen bei einem Rechtsstreit keinen Auskunftsan-
pruch vor. Wie beantworten Sie diese Fragen? Wie
chätzen Sie die Praktikabilität der Geltendmachung die-
es Anspruchs auf Gewinnabschöpfung ein? Ich glaube,
ie müssen den Praktikern diese Fragen beantworten.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Frau Ministerin.
Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz:
Herr Röttgen, Sie haben völlig Recht: Immer wenn
in neues Instrument eingeführt wird, dauert es eine Zeit
ang, bis man sich in der Praxis darauf eingestellt hat.
un ist es aber so, dass dieses Instrument nicht neu ist.
m Zivilprozess müssen in zahlreichen Fällen die ent-
tandenen Kosten geschätzt werden. Denken Sie zum
eispiel an den Streit über die Angemessenheit einer
erklohnforderung. Für solche Fälle gibt es entspre-
hende Instrumentarien.
Ich erinnere an mein Beispiel, das Sie vielleicht vor-
in nicht mitbekommen haben und das ich deshalb gerne
iederhole, die unerwünschte Zusendung eines Fax.
arauf steht dann unten: Wenn Sie diese Informationen
ünftig nicht mehr erhalten wollen, kreuzen Sie Nein an
nd schicken Sie das Fax zurück. In diesem Fall aber
erden 3 Euro abgebucht. Passiert so etwas bei einer
ielzahl von Menschen, kann der Verbraucherschutzver-
and, der in einem solchen Fall für den Verbraucher die
lage erheben würde, vor Gericht einen Auskunftsan-
pruch gegen den Faxversender geltend machen, um he-
auszufinden, wie viele Faxe versandt und wie viele zu-
ückgeschickt worden sind. Ich glaube, das ist ohne
eiteres möglich. Dass der Umsatz nicht dem Gewinn
ntspricht, wissen wir beide. Die Kosten das haben Sie
ereits angesprochen werden vom Umsatz abgezogen.
Ich muss gestehen: Ich bin optimistisch, dass die Ge-
ichte in der Lage sein werden, mit diesen Problemen
mzugehen. Im Übrigen erhoffe ich mir insofern ist es
ut, dass Sie gerade zu diesem Thema eine Nachfrage
estellt haben durch die öffentliche Kommunikation
er Einführung eines solchen Anspruchs einen hinrei-
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3437
(A) )
(B) )
Bundesministerin Brigitte Zypries
chenden Abschreckungseffekt. Diese Regelung hat, wie
immer, eine gewisse präventive Wirkung. Das Beste
wäre natürlich, die Menschen würden so etwas erst gar
nicht machen. Dann wäre es nicht notwendig, in dieser
Form darauf zu reagieren.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Die nächste Frage kommt von Frau Kollegin Kopp.
Gudrun Kopp (FDP):
Frau Ministerin, vom Grundsatz her ist die Änderung
des UWG tatsächlich zu begrüßen. Aber der Gewinnab-
schöpfungsanspruch ist ein bisschen komplizierter, als
Sie es eben dargestellt haben. Das wird sich in der Praxis
als hoch kompliziert erweisen; denn es ist nicht so ein-
fach, hier die Gewinne zu ermitteln.
Meine Nachfrage bezieht sich auf die von Ihnen eben
genannte Verhinderung von Mondpreisen. Es geht da-
rum, dass der reduzierte Artikel vorher eine gewisse Zeit
lang mit einem höheren Preis ausgezeichnet worden war.
Ich möchte gerne wissen, wie umfangreich die Doku-
mentationspflichten künftig sein werden; denn das Un-
ternehmen müsste diese Preise entsprechend dokumen-
tieren. Zudem interessiert mich, wie auf der anderen
Seite der Verbraucher Einsicht nehmen kann.
Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz:
Abgesehen von ganz kleinen Läden sind die Firmen
mit entsprechender EDV ausgestattet, mit der registriert
wird, wann Preise herabgesetzt werden oder wie lange
ein Artikel zu welchem Preis verkauft worden ist. Sie er-
innern sich: An der Kasse wird mit einem Scanner der
Warencode gelesen und der Computer zeigt den Preis an.
Mit anderen Worten: Der Computer weiß, wie lange der
Preis galt.
Im Übrigen gilt auch hier, was ich eben sagte: Es wird
im Wesentlichen die Aufgabe der Verbraucherverbände
sein, sich um solche Themen zu kümmern, nachzufragen
und gegebenenfalls zu klagen.
Gudrun Kopp (FDP):
Darf ich noch eine Nachfrage stellen?
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ja, bitte schön.
Gudrun Kopp (FDP):
Auch dieses Thema wird sich in der Praxis als nicht
ganz so einfach erweisen. Aber das will ich jetzt nicht
vertiefen.
Ich habe eine Nachfrage zum künftigen Wegfall der
§§ 7 und 8 UWG, die die Sonder- und insbesondere die
Schlussverkäufe betreffen. Die Streichung dieser Para-
graphen ist sicher sinnvoll. Sie haben aber gerade darge-
stellt, dass der Handel dennoch die Möglichkeit hat, im
Rahmen einer Gemeinschaftsaktion Sonderverkäufe
stattfinden zu lassen. Ist das rein rechtlich mit dem Kar-
tellrecht kompatibel?
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Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz:
Ja, das ist es.
(Gudrun Kopp [FDP]: Danke.)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Röttgen.
Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU):
Ich erlaube mir, erneut eine Nachfrage zu dem eben
ngesprochenen Anspruch auf Gewinnabschöpfung zu
tellen, weil ich es für wichtig halte, dass wir uns von
eginn an dieser Problematik stellen.
ch möchte noch einmal betonen, dass mir dieser An-
pruch ordnungspolitisch durchaus geboten erscheint,
eil er den wettbewerbswidrigen und insofern unge-
echtfertigten Vorteil neutralisiert. Allerdings haben Sie
eine Fragen nicht beantwortet. Man kann nicht ein sol-
hes Gesetz auflegen und sagen: Mal sehen, wie es wird.
ch habe darum noch zwei Fragen.
Erstens. Muss man diesen Abschöpfungsanspruch
icht stärker nach Verletzungsarten differenzieren? Bei
er Produktpiraterie ist die Gewinnermittlung viel einfa-
her und eine andere als bei einer diffus angelegten
ettbewerbsverletzung wie der irreführenden Werbung.
enn Sie einen solchen Abschöpfungsanspruch als ge-
etzlichen Vorschlag einbringen, dann müssen Sie eine
orstellung haben, wie im Falle von irreführender Wer-
ung Gewinn ermittelbar sein soll. Der Gesetzgeber
uss davon eine Vorstellung haben, sonst können wir
ie Praxis nicht mit einem solchen Instrument beglü-
ken.
Zweitens. Sie müssen eine Vorstellung davon haben,
ie die Gewinnermittlung von der Wahrung betriebli-
her Geheimnisse abgegrenzt werden kann. In den Ge-
inn fließen die Kosten eines Unternehmens ein. Sie ha-
en keinen separaten Auskunftsanspruch. Wo ist die
renze zur Wahrung betrieblicher Geheimnisse, die
ann zur Gewinnermittlung offen gelegt werden müss-
en? Wie soll der Kläger seine Klage schlüssig und sub-
tanziiert begründen, wenn er den Gewinn doch gar
icht kennt? Wollen Sie das im Verfahren des strengen
eweises machen oder wollen Sie eine Billigkeitsrege-
ung? Sie haben jetzt keine Billigkeitsregelung und so-
it den strengen Beweis, also keine Schätzung, wie es
ei § 829 BGB der Fall wäre.
Eine konkrete Vorstellung über die angesprochenen
unkte muss schon bei der Einbringung des Gesetzent-
urfs vorhanden sein.
Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz:
Sie sprechen die Forderung der Verbraucherverbände
ach einem Auskunftsanspruch an.
(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Ich frage nach
den Problemen und Ihren Vorstellungen!)
Das habe ich schon verstanden. Wir haben überlegt,
b wir einen generellen Auskunftsanspruch einführen
ollten. Wir haben dann aber festgestellt, dass das eine
3438 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Bundesministerin Brigitte Zypries
große Belastung für die Wirtschaft wäre und weit über
das hinausginge, um was es uns eigentlich geht. Uns
geht es nur um bestimmte Wettbewerbsverletzungen und
nur, wenn sie den Tatbestand des § 10 erfüllen. Das
heißt, wer dem § 3, also dem Verbot des unlauteren
Wettbewerbs, zuwiderhandelt und dadurch auf Kosten
einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt, ist
gemeint.
(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das ist
klar!)
Es sind nur bestimmte Fälle betroffen. Nicht jedes
Beispiel irreführender Werbung, die Sie eben angespro-
chen haben, würde dazu führen.
(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Wenn es
systematisch betrieben wird!)
Aber es könnte sein, wenn man es vorsätzlich und sys-
tematisch betriebe. Dann werden die Verbraucherver-
bände das Klagerecht in aller Regel wahrnehmen, weil
unser Ziel gerade die Gruppe der Verbraucher ist, die nur
mit kleinen Beträgen geschädigt wird und deshalb selber
kein Interesse hat zu klagen. Wir haben die Verbraucher-
verbände insofern als Mittler eingeführt, die das Klage-
recht haben und im Interesse der Verbraucher den An-
spruch geltend machen. Diese werden im Zweifel ein
Grundurteil beantragen. Die Beantwortung der Frage
nach der konkreten Höhe werden sie dem Prozess über-
lassen; denn der Beklagte muss in dem Prozess Auskunft
darüber geben, was er erlangt hat. Das entspricht den all-
gemeinen Prozessregeln. Ich sehe insofern kein Pro-
blem. Ich habe vollstes Vertrauen, dass das funktionieren
wird.
Ansonsten rege ich an, dass wir das in der Sitzung des
Rechtsausschusses diskutieren und vertiefen, wenn das
Gesetz behandelt wird.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Das wird sich wohl ohnehin nicht vermeiden lassen.
(Joachim Stünker [SPD]: Sehr gut, Herr Präsi-
dent!)
Nun hat Frau Kollegin Höfken das Wort.
Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Entschuldigung, ich habe wegen der laufenden Aus-
schusssitzung den Anfang der Debatte nicht mitbekom-
men. Ich möchte betonen, dass ich die bisher vorgetrage-
nen Änderungen sehr gut finde, und die Ministerin
fragen, inwieweit sie den Verbraucherschutz insgesamt
in der Neufassung des Gesetzes berücksichtigen wird
und ob entsprechende Initiativen auf EU-Ebene geplant
sind.
Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz:
Die Verbraucherinnen und Verbraucher werden in § 1
des Gesetzentwurfs ausdrücklich als Schutzobjekte be-
nannt. Ich habe auch eben in meiner Antwort auf die
Frage des Abgeordneten Röttgen erläutert, welche zu-
sätzlichen Möglichkeiten wir den Verbraucherverbänden
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inräumen, im Interesse der Verbraucherinnen und Ver-
raucher tätig zu werden, zum Beispiel im Zuge der Ge-
innabschöpfung. In diesem Bereich sieht der Gesetz-
ntwurf eindeutig mehr Möglichkeiten vor. Ich meine
uch, dass die Sonderregelungen in § 4 die explizite
ufzählung dessen, was verboten ist; insofern erfolgt
ine Kodifikation von Verboten gegenüber dem bisheri-
en Richterrecht die Rechte der Verbraucherinnen und
erbraucher weiter stärken.
Auf europäischer Ebene gibt es derzeit sozusagen ei-
en Wettbewerb zwischen dem für den Verbraucher-
chutz zuständigen Kommissar auf der einen Seite und
em Wettbewerbskommissar auf der anderen Seite über
egelungen gegen den unlauteren Wettbewerb. Wir mei-
en, dass wir den Gesetzentwurf gegen den unlauteren
ettbewerb auf europäischer Ebene quasi als Modell
inführen könnten, mit dem ein fairer Ausgleich zwi-
chen den Interessen der Verbraucherinnen und Verbrau-
her und denen der Wirtschaft geschaffen wird. Wir sind
it anderen Worten dabei, auf europäischer Ebene für
iesen Ansatz des Gesetzentwurfs zu werben, um inso-
eit auch auf dieser Ebene einen sachgerechten Aus-
leich herbeizuführen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Kauder.
Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) (CDU/CSU):
Frau Ministerin, ich möchte noch einmal auf den Ge-
innabschöpfungsanspruch zurückkommen. Teilen Sie
nsere Meinung, dass der prozessuale Weg im Gesetz
orgegeben werden muss? Die von Ihnen etwas hastig
ngedachte Lösung im Zusammenhang mit dem Grund-
rteil ist unseres Erachtens nicht der richtige Weg.
Zunächst einmal muss ein Wettbewerbsverstoß fest-
tehen; denn die Kalkulation eines Produkts ist Betriebs-
eheimnis. Insofern muss zunächst eine Flanke geöffnet
erden, um das Betriebsgeheimnis durchbrechen zu
önnen. Das ist unseres Erachtens dafür ist aber eine
ntsprechende gesetzliche Regelung notwendig nur in
orm einer Stufenklage möglich.
Die erste Stufe ist die Feststellung der Wettbewerbs-
idrigkeit. Mit der Stufenklage wird dem Anspruchs-
egner die Möglichkeit gegeben, gegen das Urteil in der
rsten Stufe Rechtsmittel einzulegen. Erst wenn der In-
tanzenzug abgeschlossen ist, steht rechtskräftig fest,
ass die Wettbewerbsverletzung gegeben ist.
Dann tritt man in die zweite Stufe ein. Es ist nicht er-
orderlich, erneut zu prozessieren, mit der Folge, dass in
er zweiten Stufe Schadensersatz geltend gemacht wer-
en kann.
Ich bitte Sie, Ihr Vorhaben noch einmal zu überden-
en, damit eine praktikable Lösung angeboten werden
ann, die auch dem Interesse des Marktes gerecht wird.
Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz:
Herr Abgeordneter Kauder, die Bundesregierung teilt
ie Auffassung der Fraktion der CDU/CSU, dass unnö-
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3439
(A) )
(B) )
Bundesministerin Brigitte Zypries
tige Gesetze unterbleiben sollten. Im Zivilprozess liegen
bereits alle Möglichkeiten der Klageverfahren, die Sie
eben genannt haben, als Gesetzestext vor. Das heißt, man
kann sich darauf berufen.
Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, in jedem Son-
dergesetz die Gerichtsverfahren, die sich ohnehin nach
dem allgemeinen Zivilprozess richten, noch einmal ge-
sondert aufzunehmen. Ich würde Ihre Anregung gerne
insofern aufgreifen, als wir das Thema im Rechtsaus-
schuss diskutieren und in Erwägung ziehen sollten, die
Begründung des Gesetzentwurfs entsprechend zu ergän-
zen, um damit den Rechtsanwendern Hinweise darauf zu
geben, wie diese Klageverfahren nach Auffassung des
Bundestages ablaufen sollten. Ich halte dies für eine bes-
sere Lösung im Sinne der Klarheit der Gesetze.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Weitere Fragen zu dem vorgetragenen Bericht habe
ich nicht registriert. Gibt es Fragen zu anderen Themen
der heutigen Kabinettssitzung? Das ist offensichtlich
auch nicht der Fall. Gibt es Fragen zu sonstigen aktuel-
len Themen im Zuständigkeitsbereich der Bundesregie-
rung?
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Die gibt es
immer!)
Die gibt es zwar immer, aber sie wurden heute nicht
angemeldet.
Ich beende damit die Befragung der Bundesregierung
und rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
Drucksachen 15/901, 15/917
Gemäß Ziffer 10 der Richtlinien für die Fragestunde
rufe ich zu Beginn der Fragestunde zunächst die dringli-
chen Fragen auf.
Zuerst kommen wir zur dringlichen Frage 1 des
Abgeordneten Karl-Theodor Freiherr von und zu
Guttenberg:
Teilt die Bundesregierung die im Focus, Ausgabe 19,
Seite 28, zitierte Einschätzung des Staatssekretärs im
Auswärtigen Amt, Jürgen Chrobog, die dieser während
des Jahrestreffens ehemaliger deutscher Botschafter im
Auswärtigen Amt gemacht haben soll, nämlich, dass
sich die USA zu einem Polizeistaat entwickeln wür-
den?
Zur Beantwortung steht uns die Staatsministerin im
Auswärtigen Amt, Kerstin Müller, zur Verfügung. Bitte
schön, Frau Müller.
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
Amt:
Herr Abgeordneter Guttenberg, ich beantworte Ihre
dringliche Frage wie folgt: Die Unterstellungen des Arti-
kels im Focus sind aus unserer Sicht völlig abwegig
und absurd. Sie wurden vom Auswärtigen Amt sofort
und mit aller Schärfe dementiert. Weder hat Staatssekre-
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är Jürgen Chrobog eine solche Einschätzung abgegeben
och entspricht dies der Auffassung der Bundesregie-
ung.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Eine Zusatzfrage, bitte schön.
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
CDU/CSU):
Frau Staatsministerin, da der Grundsatz audiatur et al-
era pars auch bei mir einen sehr hohen Stellenwert hat
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
mt:
Sie dürfen das ruhig auf Deutsch wiederholen.
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
CDU/CSU):
und der Herr Staatssekretär heute leider nicht persön-
ich anwesend ist, darf ich Sie fragen, welche konkreten
ußerungen der Staatssekretär anlässlich der zur Dis-
ussion stehenden Versammlung hinsichtlich der inneren
erhältnisse der USA gemacht hat.
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
mt:
Jedenfalls hat er nichts im Sinne von Polizeistaat oder
hnlichem gesagt. Ich werde den entsprechenden Vor-
rag hier aber nicht wiederholen; denn die angespro-
hene Versammlung war eine interne Sitzung ehemaliger
iplomaten und Botschafter. Das, was in der Presse zi-
iert wurde, ist jedenfalls abwegig, falsch und unsinnig.
ch möchte noch hinzufügen: Jeder, der Staatssekretär
hrobog und seinen Lebenslauf kennt, weiß, wie wichtig
hm die deutsch-amerikanische Freundschaft ist und wie
ng seine Beziehungen zu Amerika sind. Immerhin war
r dort sechs Jahre Botschafter, und zwar mit großem Er-
olg. Mehr ist zu dem, was in der Presse diskutiert
urde darauf bezieht sich ja Ihre Frage , nicht zu sa-
en.
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
CDU/CSU):
Herr Präsident, darf ich eine weitere Zusatzfrage stel-
en?
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ja, bitte.
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
CDU/CSU):
Frau Staatsministerin, ist denn die Bundesregierung
er Auffassung, dass sich in den vergangenen Jahren po-
izeistaatliche Tendenzen in den Vereinigten Staaten her-
usgebildet haben?
3440 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
Amt:
Nein.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich rufe die dringliche Frage 2 des Abgeordneten
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg auf:
Teilt die Bundesregierung zudem die im selben Fo-
cus-Bericht, Ausgabe 19, Seite 28, wiedergegebene
Darstellung, dass die USA im Innern die bürgerlichen
Freiheiten immer weiter einschränken würden?
Frau Ministerin, ich habe den Eindruck, dass Sie diese
bereits bei der Beantwortung der ersten dringlichen
Frage beantwortet haben. Ich weiß nicht, ob Sie sie noch
gesondert aufgreifen möchten.
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
Amt:
Nein. Ich verweise auf meine Antwort auf die erste
dringliche Frage.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Dann hat der Kollege Guttenberg, wenn er möchte,
gleichwohl zwei weitere Zusatzfragen. Bitte schön.
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
(CDU/CSU):
Frau Staatsministerin, hält die Bundesregierung dem-
nach die bürgerlichen Freiheiten in den Vereinigten Staa-
ten wenigstens in den letzten beiden Jahren unverändert
für gewahrt, wenn ich auf das Zitat zurückgreifen darf?
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
Amt:
Welches Zitat?
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
(CDU/CSU):
Ich meine das Zitat, das ebenfalls im Focus veröf-
fentlicht wurde und das in meiner zweiten dringlichen
Frage enthalten ist, nämlich dass die USA im Innern die
bürgerlichen Freiheiten immer weiter einschränken
würden.
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
Amt:
Noch einmal: Beide Zitate, die im Focus veröffent-
licht worden sind, weise ich als abwegig zurück. Die
Position der Bundesregierung wurde hier und auch
gegenüber den Medien ausführlich dargestellt. Eine all-
gemeine Bewertung der amerikanischen Innenpolitik ist
meines Erachtens hier nicht das Thema. Selbstverständ-
lich das dürfte auch Ihnen bekannt sein hat es im
Zuge des 11. September 2001 zur Terrorbekämpfung ei-
nige Veränderungen gegeben. In den Vereinigten Staaten
wurde sogar ein neues Ministerium, das Department of
Homeland Security, eingerichtet. Aber wir können hier
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icht in die Einzelheiten gehen. Natürlich gibt es dort
eränderungen, die zu bewerten sind. Aber die Bewer-
ungen, die in der Presse zitiert sind, entsprechen in kei-
er Weise unserer Auffassung.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Letzte Zusatzfrage, Herr Guttenberg.
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
CDU/CSU):
Frau Staatsministerin, ist denn die Bundesregierung
er Ansicht, dass der Vorrat gemeinsamer Werte mit den
ereinigten Staaten über die kontrovers diskutierte Frage
er Todesstrafe oder über einzelne Aspekte des Umwelt-
chutzes hinaus schwindet? Auch das war in den letzten
eiden Tagen zu lesen.
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
mt:
Werter Kollege, auch dies ist ein angebliches Zitat
on Staatssekretär Chrobog aus einer deutschen Zeitung,
as das möchte ich deutlich sagen nicht im Zusam-
enhang mit der erwähnten Veranstaltung gefallen ist.
elbstverständlich gibt es Differenzen, die wir deutlich
achen. Die Bundesregierung tritt Sie wissen dies
twa für die Unterzeichnung und das In-Kraft-Treten des
ioto-Protokolls ein. Hierzu hat die amerikanische Re-
ierung eine andere Auffassung. Wie Sie des Weiteren
issen, lehnt die Bundesregierung die Todesstrafe ab.
uch hierzu gibt es andere Auffassungen in den Verei-
igten Staaten von Amerika. Natürlich kommen diese
ifferenzen in offenen Gesprächen unter Partnern zum
ragen und werden selbstverständlich auch geäußert.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Nächste Frage, Herr Kollege Dr. Rose.
Dr. Klaus Rose (CDU/CSU):
Frau Staatsministerin, wenn ich Sie richtig verstanden
abe, dann lehnen Sie den Inhalt des Focus-Artikels
undweg als frei erfunden ab. Ob das wirklich so ist,
ann sich durch die Beantwortung von Nachfragen noch
erausstellen. In diesem Focus-Artikel steht aber au-
erdem das lehnen Sie vielleicht nicht rundweg ab ,
ass Staatssekretär Chrobog gesagt hat, die Außenpolitik
er rot-grünen Bundesregierung sei vollkommen richtig.
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist ab-
solut abwegig!)
erade gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika
at diese Außenpolitik ihre besonderen auch verbalen
oten gehabt. Was sagen Sie zu dieser Äußerung von
taatssekretär Chrobog?
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
mt:
Ich freue mich natürlich darüber, dass der Staatssekre-
är im Auswärtigen Amt Herr Chrobog die Außenpolitik
er Bundesregierung so nachdrücklich unterstützt.
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3441
(A) )
(B) )
Staatsministerin Kerstin Müller
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Ist dieser
Artikel in diesem Punkt richtig?)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Man hätte aus Ihrer Äußerung fast eine gewisse Ver-
blüffung heraushören können.
Weitere Nachfragen zu den Antworten auf diese bei-
den dringlichen Fragen liegen nicht vor. Ich werde dann
nach den Richtlinien für die Fragestunde die auf
Drucksache 15/901 vorliegenden Fragen in der üblichen
Reihenfolge aufrufen.
Die Fragen 1 und 2 zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft wurden zurückgezogen.
Ich rufe nun den Geschäftsbereich des Bundeskanz-
lers und des Bundeskanzleramtes auf. Zur Beantwortung
der Fragen steht Staatsminister Schwanitz zur Verfü-
gung.
Ich rufe Frage 3 des Kollegen Singhammer auf:
Werden allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bun-
desnachrichtendienstes, BND, die von dem überraschenden
Beschluss des Bundessicherheitskabinetts, den BND komplett
nach Berlin zu verlagern, betroffen sind, die gleichen Aus-
gleichs- und Übergangsregelungen zugestanden wie den Kol-
leginnen und Kollegen der Abteilung 3 Auswertung, die be-
reits in diesen Monaten nach Berlin verlagert wird, und, wenn
ja, in welcher konkreten Höhe entstehen dadurch zusätzliche
Kosten für den Bundeshaushalt auf der Basis der aktuellen Er-
fahrungen mit der Verlagerung der Abteilung 3?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Herr Kollege Singhammer, die Antwort auf Ihre
Frage lautet wie folgt: Auch für die weiteren nach Berlin
umziehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bun-
desnachrichtendienstes sollen das Dienstrechtliche Be-
gleitgesetz und die mit ihm zusammenhängenden Hilfen
bereitstehen. Die konkrete Höhe der entstehenden Kos-
ten lässt sich derzeit noch nicht benennen, da sich die
Planungen zur Umsetzung der Entscheidung der Bun-
desregierung erst in einem Anfangsstadium befinden.
Wie Sie in Ihrer Frage richtig darstellen, wird die
Abteilung 3 erst in den kommenden Monaten nach Ber-
lin umziehen. Erfahrungen aus diesem Umzug werden
daher erst im Herbst dieses Jahres zur Verfügung stehen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Eine Zusatzfrage, bitte.
Johannes Singhammer (CDU/CSU):
Herr Staatssekretär, am 24. März 1999 hat der Staats-
sekretär im Bundeskanzleramt Steinmeier im Plenum
des Bundestages erklärt er wurde nach Plänen, den
Bundesnachrichtendienst von Pullach bei München zu
verlegen, gefragt :
Zum ersten Teil Ihrer Frage will ich wiederholen,
dass nach unserer bisherigen Konzeption ich sehe
nicht, dass diese verändert werden muss
1 000 Mitarbeiter nach Berlin verlegt werden, so-
dass die restlichen 3 500 bis 4 000 Mitarbeiter des
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BND, die in Pullach und in den Landkreisen um
München herum arbeiten, dort bleiben werden.
elchen Verbindlichkeitsgrad haben Ihre jetzigen Aus-
ünfte hier, im Plenum des Deutschen Bundestages,
achdem sich herausgestellt hat, dass die damalige Aus-
age von Herrn Steinmeier offenkundig nicht eingehal-
en worden ist, obwohl 4 000 Mitarbeiter des BND und
2 000 Familienangehörige darauf vertraut haben?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Herr Kollege Singhammer, meine Ausführungen hier
ind selbstverständlich verbindlich. Ich denke, etwas an-
eres würden Sie auch nicht akzeptieren. Ich habe mir in
er Vorbereitung dieser Fragestunde das Protokoll der
ragestunde vom 24. März 1999 angesehen, auf die Sie
bstellen. Wer sich die Formulierung von Staatssekretär
r. Steinmeier genau anschaut, der wird feststellen, dass
r die Schwierigkeit der relativ großen räumlichen Entfer-
ung zwischen dem Raum München und dem Raum
onn Bonn war damals noch der Sitz des Bundestages
icht verschwiegen, sondern thematisiert hat. Er sprach
eispielsweise von bisherigen Planungen. Das deutet
arauf hin, dass man sich dieses Problems bewusst war.
Seit Frühjahr 1999 hat sich die internationale Sicher-
eitslage objektiv in hohem Maße geändert. Zusätzlich
ommen sicherlich noch positive Erfahrungen hinzu,
as die bereits zu diesem Zeitpunkt vollzogenen Verän-
erungen und den Zuzug von Personal des Bundesnach-
ichtendienstes nach Berlin betrifft.
Johannes Singhammer (CDU/CSU):
Herr Staatsminister, trifft es zu, dass die Mitarbeiter
es Bundesnachrichtendienstes über eine solch gewich-
ige und auch für die Lebensumstände ihrer Angehörigen
ntscheidende Veränderung der Sach- und Beschluss-
age, nämlich Verlegung des kompletten Dienstes, entge-
en dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammen-
rbeit nach § 2 des Bundespersonalvertretungsgesetzes
rst unmittelbar vorher informiert worden sind, wenige
inuten bevor ohnehin die Presse dies gemeldet hat,
nd damit das, was man unter vertrauensvoller Zusam-
enarbeit versteht, nicht stattgefunden hat?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Ich gehe nicht davon aus, dass es sich um eine solche
nformation der Mitarbeiter gehandelt hat, die dem
rundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit wider-
pricht. Ich bin im Gegenteil der Auffassung, dass ge-
ade auch die Zusammenarbeit zwischen der Bundesre-
ierung, übrigens auch dem Parlament, und den bereits
ier in Berlin befindlichen Teilen des Bundesnachrich-
endienstes nicht nur ein positives Empfinden bei den In-
ormationsempfängern, sondern auch beim Bundesnach-
ichtendienst selbst geschaffen hat. Deswegen teile ich
hre Einschätzung nicht.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich rufe die Frage 4, ebenfalls von Herrn Kollegen
inghammer, auf:
3442 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
Welche konkreten Schätzungen führen zu der Annahme
der Bundesregierung die Welt vom 14. April 2003 , dass
mit dem Verkauf des BND-Geländes in Pullach bei München
ein Erlös von 500 Millionen Euro erzielt werden könne, der
zur Finanzierung der Neubaumaßnahmen in Berlin ausreichen
würde, und, wenn diese Summe nicht erzielt werden kann, in
welchen Haushaltstiteln wären die fehlenden Mittel dann vor-
gesehen?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Die Antwort lautet wie folgt: Konkrete Schätzungen
über die Höhe der durch den Verkauf des BND-Geländes
in München zu erzielenden Einnahmen liegen bisher
nicht vor. Die Bundesregierung hat die zuständige Ober-
finanzdirektion mit entsprechenden Prüfungen beauf-
tragt. Das Ergebnis dieser Arbeit liegt bisher nicht vor.
Die Mittel für die Finanzierung der in Berlin erforder-
lichen Neubau- und Renovierungsmaßnahmen sind im
Wirtschaftsplan des Bundesnachrichtendienstes auszu-
weisen. Einzelheiten des Wirtschaftsplans unterliegen
der Geheimhaltung und werden nur den dafür zuständi-
gen parlamentarischen Gremien des Deutschen Bundes-
tages vorgelegt.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Zusatzfrage?
Johannes Singhammer (CDU/CSU):
Ja. Herr Staatsminister, trifft es zu, dass der Bundes-
nachrichtendienst, wenn er verlegt werden würde, wie es
die Bundesregierung vorhat, nach den eigenen Planungen
der Bundesregierung disloziert an mehreren Orten in
Berlin untergebracht werden würde, das heißt das Prin-
zip eines einheitlichen Ortes, so wie es jetzt in Pullach bei
München gegeben ist, aufgegeben würde und der Dienst
über mehrere Standorte in Berlin verteilt wäre?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Ich will zunächst darauf hinweisen, Herr Kollege
Singhammer, dass der Bundesnachrichtendienst auch
jetzt natürlich nicht nur den Sitz Pullach hat, auch wenn
dort sicherlich der Hauptsitz ist. Ich kann die Vermu-
tung, die Sie formulieren, nicht bestätigen, da die Sitz-
frage, was die Berliner Situation betrifft, erst im Zuge
der weiteren Planungen geklärt wird.
Es wird ohnehin einen schrittweisen und, wie ich
denke, sehr sozial verträglichen Vollzug ich erinnere
an die entsprechenden Rechtsgrundlagen geben. Zu
den Einzelheiten der Planung und den weiteren Absich-
ten verweise ich ich bitte da um Verständnis auf die
kurzfristig erfolgende Information der parlamentari-
schen Gremien. Bereits am heutigen Nachmittag wird
eine entsprechende Information gegeben.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Bitte schön, Herr Singhammer.
Johannes Singhammer (CDU/CSU):
Herr Staatsminister, gestatten Sie noch eine letzte
Frage. Sie haben gerade erklärt, dass Schätzungen über
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ie Kosten des Umzugs derzeit nicht vorgenommen wer-
en können. Nun sind aber 500 Millionen Euro in der
iskussion. Haben Sie irgendeinen Hinweis darauf, wo-
er diese Summe von 500 Millionen Euro in die Diskus-
ion gekommen sein könnte, vor allem auch vor dem
intergrund der Tatsache, dass derzeit noch gar nicht
eststeht, wie das Areal des BND von der Gemeinde Pul-
ach, die die Planungshoheit hat, überplant wird, wel-
hen Anteil am Gelände der Bannwald hat, welche mög-
ichen Altlasten im Gelände liegen und welcher
nsembleschutz für Teile der Liegenschaften besteht?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Herr Kollege Singhammer, ich verfüge nicht über
iesbezügliche Informationen. Die von Ihnen genannte
ahl tauchte wohl zum ersten Mal in einem Artikel in
er Welt auf, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.
s müssen ja Sie haben darauf hingewiesen bezüg-
ich der Erlösmöglichkeiten der Immobilie Gespräche
it den Gemeinden aufgenommen werden. Das ist ja
uch der Grund, warum die entsprechenden Finanzbe-
örden, die ich schon genannt habe, hiermit beauftragt
urden. Deswegen kann diese Zahl zum jetzigen Zeit-
unkt keinen seriösen Hintergrund haben.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Frage 5 des Kollegen Fahrenschon:
Mit welchem Gesamtaufwand einerseits zum Beispiel
Abbau von Benzinlagern und Bunkern, Suche und gegebenen-
falls Sanierung von weiteren Altlasten am bisherigen Stand-
ort, Umzugskosten, Vorbereitung der Clay-Kaserne am neuen
Standort etc. und mit welchen Erträgen andererseits zum
Beispiel durch den Verkauf von nicht im Bannwald befindli-
chen Flächen rechnet die Bundesregierung im Zusammen-
hang mit dem Vorhaben, den BND in Pullach aufzulösen und
komplett nach Berlin zu verlagern?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Konkrete Berechnungen zu den Kosten der Verlegung
es Bundesnachrichtendienstes von Pullach bei Mün-
hen nach Berlin liegen bisher nicht vor. Um diese Kos-
en ermitteln zu können, sind zunächst Schätzungen der
uständigen Behörden und Gespräche mit den betroffe-
en Gemeinden erforderlich. Insofern gibt es hier also
inen direkten Bezug zu der vorherigen Frage. Erst wenn
iese Schätzungen und Gesprächsergebnisse vorliegen,
ird sich abschätzen lassen, welche konkreten Verwer-
ungsmöglichkeiten sich aus der Liegenschaft in Pullach
rgeben und welche baulichen Investitionen zulässig und
rforderlich sind. Die Bundesregierung wird die für die
ontrolle des BND zuständigen parlamentarischen Gre-
ien über den Fortgang dieser Angelegenheit unterrich-
en.
Georg Fahrenschon (CDU/CSU):
Sie haben gerade herausgearbeitet, dass das Bundes-
abinett den Beschluss für den Wegzug von der Stand-
rtgemeinde Pullach ohne jegliche Finanzierungsabwä-
ungen getroffen hat. Hat es denn wenigstens
edarfsermittlungen am Standort Pullach gegeben und
berlegungen, was man, wenn man einen Umzug durch-
ührt, am neuen Standort braucht? Sind zum Beispiel
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3443
(A) )
(B) )
Georg Fahrenschon
Untersuchungen bezüglich der Größe des Dienstes in
Berlin zumindest angestoßen worden?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Herr Kollege, Bedarfsermittlungen werden selbstver-
ständlich Bestandteil der entsprechenden Planungsvor-
bereitungen sein. Es hat eine politische Entscheidung ge-
geben, in diesem Fall des Sicherheitskabinetts. Es macht
sehr wohl Sinn das ist übrigens auch in der Frage des
Kollegen Singhammer angeklungen , aufbauend auf
den sehr positiven Erfahrungen mit den Personalstruktu-
ren, die bereits in Berlin sind, jetzt auch bei diesem
Thema solche Strukturen zu entwickeln.
Georg Fahrenschon (CDU/CSU):
Meine zweite Frage dreht sich noch einmal um die
Zusammenarbeit und die Kooperation mit der Standort-
gemeinde Pullach. Ein wesentlicher Teil der Gegenfi-
nanzierung beruht ja auf der Annahme einer optimalen
Ausnutzung des bestehenden Geländes. Dabei handelt es
sich immerhin um knapp 10 Prozent des Gebietes der
Gemeinde Pullach. Vor diesem Hintergrund frage ich
Sie: Hat es denn vonseiten der Bundesregierung, die ja
Auslöser des Ganzen war, schon erste Gespräche mit der
Gemeinde gegeben oder wird das alles über die OFD
bzw. den BND abgewickelt?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Es wird insbesondere Aufgabe der OFD sein, die wei-
teren Vorbereitungen zu treffen. Ich bitte um Verständ-
nis, wenn ich Ihnen jetzt über die Agenda der dezentra-
len Gespräche sozusagen mit dem Kalender in der
Hand nichts berichten kann. Es geht nur im gemein-
schaftlichen Miteinander und liegt übrigens nicht nur im
Interesse des Bundes, sondern auch im Interesse der Ge-
meinde Pullach selber, Lösungen zu finden. Die Ge-
meinde hat nach dem, was ich mir über die Immobilie
habe übermitteln lassen ein Interesse daran, dieses für
die Gemeindeentwicklung sehr wichtige und zentral ge-
legene Grundstück einer Verwertung zuzuführen, da es
für die weitere Entwicklung des Ortes von großer Be-
deutung ist, wie auch der Bund natürlich ein eigenständi-
ges Verwertungsinteresse hat. Ich denke aber, dass es
hier übereinstimmende Interessenslagen gibt, die sich
finden lassen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Zusatzfrage, Herr Kollege Singhammer.
Johannes Singhammer (CDU/CSU):
Herr Staatssekretär, aus Ihren Antworten ist ja zu
schließen, dass die Bundesregierung keine konkreten
Vorstellungen davon hat, welchen Erlös sie mit diesem
Areal erzielen kann. Ich sage Ihnen voraus, dass die ge-
schätzten Beträge, die hier im Raum stehen, bei weitem
nicht erreicht werden.
Aber unabhängig davon meine Frage: Trifft es zu,
dass der Betrag, den Sie erlösen werden vermutlich
wird dieser deutlich unter dem liegen, was Sie sich vor-
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tellen , in den allgemeinen Vermögenshaushalt des
undes einfließen soll und logischerweise nicht für ein
rgendwie geartetes Sondervermögen des BND für den
mzug nach Berlin zur Verfügung steht?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Herr Kollege Singhammer, ich bitte noch einmal um
erständnis dafür, dass wie ich bereits bei der ersten von
hnen gestellten Frage ausgeführt habe die weiteren
aushaltsseitigen Konkretisierungen in den entsprechen-
en Gremien des Bundestages, die auch die notwendigen
eheimhaltungsvoraussetzungen erfüllen, erfolgen wer-
en. Die Bundesregierung wird das selbstverständlich
ransparent machen, aber ich bitte um Verständnis
icht hier im Plenum des Deutschen Bundestages.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Dr. Rose.
Dr. Klaus Rose (CDU/CSU):
Herr Staatsminister, bei all Ihren Ausführungen muss
an eigentlich zu dem Schluss kommen, dass Sie nicht
us wirtschaftlichen Gründen nicht weil Sie auf einen
ohen Erlös der Immobilie spekulieren , sondern we-
en der Lage im so genannten Sicherheitskabinett, was
mmer das ist, beschlossen haben, den BND von Mün-
hen nach Berlin zu verlagern. Ihre Begründung ist
ahrscheinlich, dass Sie die Leute näher an Berlin brau-
hen, weil in der Welt so viel los ist. Da stellt sich mir
ie Frage: Müssten Sie dann nicht genauso schnell das
undesverteidigungsministerium nach Berlin verlagern,
amit die Leute bei allen wichtigen Fragen vor Ort sind?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Einen weiteren Bedarf wenn darauf Ihre Frage zielt
n dieser Richtung sehe ich nicht. In der Tat hat es gerade
eit der zweiten Jahreshälfte 1999 ich darf an den Ein-
atz der Bundeswehr im Kosovo, an die Ereignisse am
nd nach dem 11. September 2001, an Afghanistan und
nderes mehr erinnern eine massive Veränderung der
nternationalen Lage und der Sicherheitslage gegeben,
ei der die Tätigkeit und das Informieren, das unmittel-
are und direkte, auch persönliche Informieren durch den
ND für die Bundesregierung und, wie ich denke, auch
ür den Deutschen Bundestag wichtiger geworden sind,
ls dies zuvor beurteilt werden konnte. Ein solches Defi-
it ist beim Verteidigungsministerium überhaupt nicht zu
rkennen, weil die entsprechenden hierfür notwendigen
trukturen des Hauses präsent sind.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Koschyk.
Hartmut Koschyk (CDU/CSU):
Herr Staatsminister, müsste das, was Sie gerade als
egründung für eine Verlagerung des BND von Pullach
ach Berlin angeführt haben Sie haben ja die ange-
pannte Sicherheitslage als Begründung dafür genannt ,
icht auch für das Bundeskriminalamt in Wiesbaden
3444 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Hartmut Koschyk
oder das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln gel-
ten?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Ich denke, dass man diese Fälle nicht vergleichen
kann.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich rufe die Frage 6 des Kollegen Eckart von Klaeden
auf:
Beabsichtigt das Bundeskanzleramt, unter Verantwortung
von Bundeskanzler Gerhard Schröder entsprechend der von
der Staatsanwaltschaft Bonn im Verfahren 50 Js 816/00 einge-
räumten Möglichkeit zur Verfahrenseinstellungsabsicht der
Staatsanwaltschaft eine Stellungnahme abzugeben, und, wenn
ja, bis wann?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Sehr geehrter Herr von Klaeden, die Antwort heißt:
Ja, schnellstmöglich.
Eckart von Klaeden (CDU/CSU):
Herr Staatsminister, in dem Verfahren, dessen Einstel-
lung die Staatsanwaltschaft jetzt zum wiederholten Male
empfiehlt, geht es um den Vorwurf der Vernichtung von
Daten und Akten. Nun berichten mehrere Medien über-
einstimmend, dass in diesem Einstellungsvermerk der
Staatsanwaltschaft festgestellt wird, dass die zentrale
Festplatte für den Zeitraum September/Oktober 1998,
also den Zeitraum, in dem diese Datenlöschung angeb-
lich stattgefunden hat, im Jahre 1999 unter der Verant-
wortung Ihrer Bundesregierung vernichtet worden ist.
Ich frage Sie: Ist dieser Sachverhalt zutreffend?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Herr von Klaeden, ich bitte um Verständnis dafür,
dass wir angesichts der derzeitigen Situation erstens
handelt es sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren
und zweitens ist die Stellungnahme der Bundesregierung
zur beabsichtigten Einstellung, wie ich gerade ausge-
führt habe, noch nicht abgeschlossen dazu keine in-
haltlichen Ausführungen machen können. Selbstver-
ständlich ist dieser von Ihnen angesprochene Vorgang
Bestandteil des Ermittlungsverfahrens.
Eckart von Klaeden (CDU/CSU):
Ich möchte mir doch noch den Hinweis erlauben, dass
das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft ab-
geschlossen ist, der entsprechende Vermerk vorliegt und
Sie lediglich noch um eine Stellungnahme gebeten wer-
den.
Darüber hinaus muss ich bemerken, dass ich Sie zu
einer zentralen Tatsache gefragt habe, mit der sich in der
letzten Legislaturperiode ein Untersuchungsausschuss
beschäftigt hat. Nach Ihrer Argumentation, während ei-
nes Ermittlungsverfahrens keine Stellung beziehen zu
können, hätten Sie den Untersuchungsausschuss gar
nicht durchführen dürfen. Damals lief das Ermittlungs-
verfahren und nun ist es eingestellt worden.
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Ich will in dieser Sache nachfragen: Haben Sie der
taatsanwaltschaft mitgeteilt, dass diese Festplatte ich
ehe davon aus, dass es zutrifft von Ihnen vernichtet
orden ist und deswegen die Überprüfung der Vorwürfe
icht möglich gewesen ist?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Herr von Klaeden, Sie wissen auch darüber ist öf-
entlich informiert worden; insofern fällt es mir gar nicht
chwer, das hier anzusprechen , dass die Vernichtung
on Festplatten selbstverständlich Gegenstand von in-
ensiven Gesprächen mit der Staatsanwaltschaft gewesen
st. Insofern gibt es hier kein Informationsdefizit, wie in
hrer Frage angeklungen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich rufe die Frage 7 des Kollegen Eckart von Klaeden
uf:
Wird sich das Bundeskanzleramt unter Verantwortung von
Bundeskanzler Gerhard Schröder im Falle der Abgabe einer
solchen Stellungnahme bei deren Erarbeitung der Hilfe des
früheren Ermittlungsführers, Dr. Burkhard Hirsch, bedienen,
und, wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Die Staatsanwaltschaft Bonn hat dem Bundeskanzler-
mt ihren Vermerk vom 25. März 2003 unter Hinweis
uf Nr. 90 Abs. 1 der Richtlinien für das Strafverfahren
nd für das Bußgeldverfahren mit der Gelegenheit zur
tellungnahme übersandt. Die Stellungnahme wird der-
eit im Bundeskanzleramt erarbeitet.
Da sich der Vermerk ausschließlich mit den Ergebnis-
en der von Bundestagsvizepräsident a. D. Dr. Burkhard
irsch geführten Vorermittlungen befasst, ist es wie bei
er Stellungnahme des Bundeskanzleramtes zum Ver-
erk der Staatsanwaltschaft Bonn vom Januar 2001 not-
endig, Bewertungen zu einzelnen Sachverhaltskom-
lexen von Bundestagsvizepräsident a. D. Dr. Burkhard
irsch einzuholen. Die Beteiligung findet im Rahmen
es Auftragsverhältnisses zwischen Dr. Burkhard Hirsch
nd dem Bundeskanzleramt statt.
Eckart von Klaeden (CDU/CSU):
Herr Staatsminister, die Medien berichten, dass in
em von mir bereits erwähnten Einstellungsvermerk der
taatsanwaltschaft der Hinweis vorhanden ist, dass Zeu-
en in den Protokollen von Herrn Dr. Hirsch Aussagen
ugeschrieben worden seien, die sie so nicht gemacht ha-
en. Ich frage Sie: Ist dieser Sachverhalt in dem Ver-
erk, der Ihnen vorliegt, enthalten?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Ich will ausdrücklich feststellen, dass der in Ihrer
rage mitschwingende Vorwurf, hier seien
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Steht das
im Vermerk? Ich will nur wissen, ob es da
drinsteht!)
Sie wissen, dass ich über die entsprechenden Unterla-
en selbstverständlich nicht direkt informieren kann.
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3445
(A) )
(B) )
Staatsminister Rolf Schwanitz
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Warum
nicht? Die sind nicht geheim!)
Informationen aus Ermittlungsunterlagen weiterzuge-
ben steht mir an der Stelle nicht zu.
Ich will ausdrücklich feststellen, dass der in Ihrer
Frage mitschwingende Vorwurf, hier seien Informatio-
nen entgegen der vorhandenen Darstellung nicht kor-
rekt gesammelt worden, aus unserer Sicht nicht zutrifft
und auch nicht zutreffen kann. Es haben nämlich keine
Einzelbefragungen, sondern intensive Befragungen in
Anwesenheit Dritter stattgefunden. Beispielsweise wa-
ren jeweils ein Beamter des BKA und des Kanzleram-
tes sowie ein Protokollführer anwesend. Außerdem gab
es die Möglichkeit, einen Rechtsbeistand hinzuzuzie-
hen. Schließlich wurde das entsprechende Protokoll von
den Befragten unterzeichnet. Ich denke also, dass Ihre
Befürchtungen ausgeräumt werden können.
Eckart von Klaeden (CDU/CSU):
Herr Staatsminister, Ihre persönliche Integrität Sie
gehören zu der Spitze Ihres Hauses steht außer Frage.
Deshalb frage ich Sie als Ehrenmann: Werden Sie sich
persönlich für die Rehabilitierung derjenigen einsetzen,
die über einen langen Zeitraum hinweg diskreditiert und
zu Unrecht beschuldigt worden sind?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Ich bitte recht herzlich darum, nichts vorwegzuneh-
men. Wir werden eine Stellungnahme zur Einstellungs-
absicht erarbeiten, in der wir unsere Sicht der Dinge dar-
stellen.
Ich verweise übrigens in diesem Zusammenhang auf
die Antwort auf die von Ihnen mit Datum vom 2. Mai
zur schriftlichen Beantwortung gestellte Frage,
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Da geht es
um einen anderen Sachverhalt!)
in der wir unsere Sicht der Dinge deutlich machen.
Wir bleiben in dieser Stellungnahme von der Grund-
richtung her bei der Sicht der Dinge, wie wir sie bisher
vertreten haben.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Polenz.
Ruprecht Polenz (CDU/CSU):
Herr Staatsminister, Ihre heutige Diskretion bei der
Beantwortung der Fragen von Herrn von Klaeden steht
in einem ziemlichen Widerspruch zu dem, was aus Ih-
rem Hause jeweils im Zuge der unmittelbaren Inkrimi-
nierung angeblich verschwundener Akten verlautbart
wurde.
Deshalb will ich nachfragen: Haben Sie aufgrund des-
sen, dass im Frühjahr 1999 bestimmte Festplatten ge-
löscht worden sind, dienstrechtliche bzw. disziplinari-
sche Maßnahmen eingeleitet?
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Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Selbstverständlich ist die Frage der Löschung der
estplatten Bestandteil der bereits vorhin angeführten
ienstrechtlichen Vorermittlungen, die Ausgangspunkt
ür die staatsanwaltschaftliche Tätigkeit gewesen sind,
eil derselbe Beamte betroffen ist. Insofern sehe ich die-
en Widerspruch nicht.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Guttenberg.
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
CDU/CSU):
Herr Staatsminister, darf ich anhand Ihrer heutigen
ussage annehmen, dass Sie sich in aller Deutlichkeit
on der Aussage, Akten seien verschwunden, distanzie-
en, die einige Male wenn auch nicht aus Ihrem
unde zu vernehmen war?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Wir werden in unserer Stellungnahme deutlich ma-
hen, dass wir selbstverständlich an unserer bisherigen
icht der Dinge festhalten. Es bleibt abzuwarten, zu wel-
hem Prüfungsergebnis die Staatsanwaltschaft Bonn
ommt. Ich werbe sehr dafür, keine vorschnellen Wer-
ungen in die eine oder andere Richtung als endgültig
estgestellt vorzunehmen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Rose.
Dr. Klaus Rose (CDU/CSU):
Herr Staatsminister, in der zweiten Frage des Kolle-
en von Klaeden war von einer rechtlichen Grundlage
ie Rede, aufgrund deren Herr Hirsch auf Wunsch des
undeskanzleramtes eventuell erneut tätig werden solle.
s ist bereits anzuzweifeln gewesen, dass die Vorermitt-
ungen durch Herrn Hirsch auf einer rechtlichen Grund-
age geführt wurden. Wenn sich jetzt herausstellt Sie
inden sich natürlich in Ihren Antworten , dass sich die
ielen Verdächtigungen nicht bestätigen, müssten dann
icht die angefallenen Spesen erstattet werden?
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Ich will noch einmal nachdrücklich sagen: Ich habe
ie feste Erwartung, dass sich das, was wir in den zu-
ückliegenden Zeiträumen in den Vorermittlungen fest-
estellt haben und was vor dem Hintergrund der entspre-
henden Anzeige dargelegt worden ist, am Ende als
achverhalt darstellen wird.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Kauder.
Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) (CDU/CSU):
Herr Staatsminister, hatte die Bundesregierung Ein-
icht in die Ermittlungsakten?
3446 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Die Bundesregierung hatte selbstverständlich Einsicht
in die Ermittlungsakten.
Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) (CDU/CSU):
Ist der Bundesregierung dann auch der neueste Stand
der Ermittlungen bekannt?
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich muss auf Folgendes aufmerksam machen: Es kann
nur eine Zusatzfrage gestellt werden. Insofern muss ich
es jetzt dem Staatsminister überlassen, ob er diese Frage
beantworten will oder nicht.
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Die gestellte Frage ist hinreichend unspezifisch, wenn
ich das einmal so formulieren darf. Deswegen fällt es
mir ohnehin schwer, dazu Stellung zu nehmen.
Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) (CDU/CSU):
Darf ich die Frage konkretisieren?
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Nein, Sie dürfen das nicht mehr.
Aber offenkundig wird von der Möglichkeit, das er-
satzweise durch andere erledigen zu lassen, Gebrauch
gemacht. Der Kollege Fahrenschon hatte sich gemeldet.
(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Ich würde
es gern anders machen und erst dem Kollegen
Schröder das Wort geben!)
Geht es um einen anderen Komplex?
(Georg Fahrenschon [CDU/CSU]: Nein!)
Gut.
Herr Kollege Schröder.
Dr. Ole Schröder (CDU/CSU):
Die Frage war ja nun relativ eindeutig, nämlich ob die
Bundesregierung Einsicht in die Ermittlungsakten hat
und ob der Bundesregierung der Stand der Ermittlungen
bekannt ist. Das ist eine ganz konkrete Frage.
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Die Frage ist von mir beantwortet worden.
Dr. Ole Schröder (CDU/CSU):
Mir haben Sie diese Frage noch nicht beantwortet und
ich stelle diese Frage jetzt.
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Diese Frage ist vom Kollegen Kauder gestellt worden
und ich habe sie positiv beantwortet.
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Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Fahrenschon.
Georg Fahrenschon (CDU/CSU):
Herr Staatsminister, nachdem Sie mehrfach deutlich
emacht haben, dass Sie nach wie vor großes Interesse
n einer Aufklärung des gesamten Verfahrens haben,
nd wir jetzt auch die Prüfung durch Herrn Hirsch debat-
ieren, frage ich Sie, ob Sie im Zuge Ihrer Aufklärungs-
rbeiten darangehen, das Verfahren, wie Herr Hirsch die
inge geprüft hat, zu prüfen, und ob Sie dazu in der
age sind und Ihnen dazu die Prüfungsunterlagen von
errn Hirsch vorliegen.
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Ich sehe überhaupt keinen Anlass, die Arbeit von
errn Hirsch einer kritischen Nachprüfung zu unterzie-
en, im Gegenteil: Ich glaube, dass Herr Hirsch sehr
orgfältig ermittelt hat. Deswegen ist seine Arbeit vom
undeskanzleramt auch als Grundlage für die dann er-
olgten Maßnahmen genommen worden.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Die letzte Zusatzfrage zu diesem Themenkomplex
ommt vom Kollegen Gewalt.
Roland Gewalt (CDU/CSU):
Herr Staatsminister, können Sie einen konkreten Zeit-
unkt für die Stellungnahme der Bundesregierung zu
en staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nennen? Sie
aben offenbar Einblick in die Ermittlungsakten genom-
en das war Ihre Aussage , also müssen Sie auch ab-
chätzen können, wann Sie konkret eine Stellungnahme
erden abgeben können.
Rolf Schwanitz, Staatsminister beim Bundeskanzler:
Die Frist für diese Stellungnahme läuft bis zum
1. Mai. Wir werden uns bemühen, in diesem Zeitrah-
en die Stellungnahme abzugeben.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich schließe damit die Befragung zum Geschäftsbe-
eich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Auswär-
igen Amtes. Hier steht Frau Staatsministerin Kerstin
üller zur Beantwortung zur Verfügung.
Ich rufe zunächst die Frage 8 des Kollegen Ruprecht
olenz auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage des stell-
vertretenden amerikanischen Verteidigungsministers Paul
Wolfowitz in seinem Leserbrief im Spiegel 16/2003,
Seite 12, dass wie aus dem offiziellen Protokoll seines Ge-
sprächs mit dem Bundesminister des Auswärtigen, Joseph
Fischer, am 18./19. September 2001 hervorgehen soll Paul
Wolfowitz nie die Auffassung vertreten habe, die ihm der
Bundesminister des Auswärtigen in dessen Spiegel-Ge-
spräch 13/2003, Seite 49, zugeschrieben habe, dass die USA
eine ganze Reihe von Ländern von ihren terroristischen Re-
gierungen notfalls auch mit Gewalt befreien müssten, son-
dern dass Paul Wolfowitz laut dem offiziellen Protokoll statt-
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3447
(A) )
(B) )
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
dessen gesagt haben soll, dass nicht nur das Militär, sondern
das ganze Spektrum an Mitteln unter anderem diploma-
tische, geheimdienstliche und strafrechtliche benötigt
werde, um den Terrorismus erfolgreich zu bekämpfen, und
inwieweit stimmt die Bundesregierung der Aussage von Paul
Wolfowitz in seinem Leserbrief im Spiegel 16/2003 zu?
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
Amt:
Herr Kollege Polenz, ich beantworte Ihre Frage wie
folgt: Bundesminister Fischer sieht keinen Anlass, seine
Äußerungen in dem von Ihnen genannten Spiegel-In-
terview zu korrigieren.
(Dr. Klaus Rose [CDU/CSU]: Spiegel und
Focus sind ja solche Lügenzeitungen!)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Zusatzfrage.
Ruprecht Polenz (CDU/CSU):
Heißt das, dass die Bundesregierung die Aussagen,
die der stellvertretende amerikanische Verteidigungsmi-
nister Wolfowitz gegenüber dem Spiegel gemacht hat,
wonach die ihm vom Außenminister zugeschriebenen
Aussagen so nicht zutreffen, zurückweist?
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
Amt:
Das heißt, dass Bundesminister Fischer an seinen Äu-
ßerungen, die er im Spiegel gemacht hat, festhält.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Keine weiteren Zusatzfragen. Dann rufe ich die
Frage 9, ebenfalls vom Kollegen Polenz gestellt, auf:
Ist aus Sicht der Bundesregierung die Aussage des stell-
vertretenden amerikanischen Verteidigungsministers Paul
Wolfowitz im Spiegel 16/2003, Seite 12, zutreffend, dass
der Bundesminister des Auswärtigen, Joseph Fischer, in sei-
nem Spiegel-Interview 13/2003 auf Seite 49 die Äußerun-
gen von Paul Wolfowitz aus einem privaten Treffen mit ihm
wiedergegeben haben soll, und, wenn ja, entspricht es dem
üblichen diplomatischen Umgang, dass der Bundesminister
des Auswärtigen Inhalte eines privaten Treffens in aller Öf-
fentlichkeit diskutiert?
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
Amt:
Ich beantworte Frage 9 wie folgt: Bundesaußenminis-
ter Fischer hat lediglich Aussagen wiedergegeben, die
vom stellvertretenden amerikanischen Verteidigungsmi-
nister Paul Wolfowitz sinngemäß so oder in ähnlicher
Form auch in öffentlichen Äußerungen gemacht wurden.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Zusatzfrage.
Ruprecht Polenz (CDU/CSU):
Er hat sich also nicht auf ein privates Gespräch bezo-
gen?
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Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
mt:
Nein. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass dies kein
rivates Gespräch war. Vielmehr handelte es sich um ein
ienstliches Gespräch von zwei Regierungsvertretern.
ntscheidend ist aber ich verweise noch einmal auf die
on mir gegebene Antwort : Es gibt solche oder ähnli-
he andere öffentliche Äußerungen von Minister
olfowitz, die in diese Richtung gehen. Wenn man sich
it diesen Fragen der Außenpolitik beschäftigt hat,
ennt man diese auch.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Eine weitere Zusatzfrage.
Ruprecht Polenz (CDU/CSU):
In dem Spiegel-Gespräch bezieht sich der Außen-
inister aber ausdrücklich auf den 18. oder 19. Septem-
er 2001, als er mit dem stellvertretenden Verteidigungs-
inister Wolfowitz gesprochen hat. Ihrer Antwort, in
ie, um bei Ihrem Standpunkt bleiben zu können, eine
ülle anderer Gespräche einbezogen wurde, entnehme
ch, dass der Hinweis des stellvertretenden amerikani-
chen Verteidigungsministers, es sei aus einem privaten
espräch berichtet worden, wohl doch seine Berechti-
ung hat. Teilen Sie diese Ansicht?
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
mt:
Nein, ich teile sie nicht, das habe ich auch schon
inmal erläutert. Erstens handelte es sich nicht um ein
rivates Gespräch und zweitens hat Herr Minister
olfowitz ich möchte das wiederholen solche oder
hnliche Äußerungen auch an anderer Stelle getan, so-
ass es in der Sache hier beziehe ich mich auf meine
ntwort auf die Frage 8 nichts zu korrigieren gibt.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege von Klaeden.
Eckart von Klaeden (CDU/CSU):
Was hat die Bundesregierung gegenüber der amerika-
ischen Botschaft und der amerikanischen Regierung
nternommen, nachdem sie die Freude hatte, diesen Le-
erbrief im Spiegel zur Kenntnis zu nehmen?
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
mt:
Es gibt kein Missverständnis. Dort, wo kein Missver-
tändnis besteht, muss auch keines ausgeräumt werden.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Rose.
Dr. Klaus Rose (CDU/CSU):
Frau Staatsministerin, heute wird man wirklich ein
isschen irre. Das, was im Focus steht, stimmt nicht,
as, was im Spiegel steht, stimmt nicht und das, was
3448 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Dr. Klaus Rose
Sie hier heute vortragen, ist kaum zu verstehen. Es gibt
einen Leserbrief des stellvertretenden amerikanischen
Verteidigungsministers Wolfowitz im Spiegel, aber
was das genau bedeutet, weiß keiner mehr. Irgendwo
steht konkret, dass die Vereinigten Staaten alles tun wol-
len, um den internationalen Terrorismus zu bekämpfen.
Ich frage Sie daher konkret: Macht die Bundesregierung
wenigstens da mit oder ist sie auch von diesem Ziel in-
zwischen abgerückt?
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
Amt:
Ich bitte Sie! Wir haben dazu viele intensive Diskus-
sionen auch ich war daran beteiligt mit den Mitglie-
dern des Auswärtigen Ausschusses geführt. Gerade in
der Frage des Kampfes gegen den internationalen Terro-
rismus ziehen wir an einem Strang, hier gibt es sehr gute
Beziehungen und eine enge Zusammenarbeit mit den
USA. Ich möchte in diesem Zusammenhang besonders
auf die Vereinten Nationen verweisen. Bei diesem
Thema herrscht große Übereinstimmung, das gilt ebenso
für das Vorgehen im Nahostkonflikt, Stichwort
Roadmap.
Zu diesem speziellen Zitat, auf das sich Ihre Nach-
frage bezieht hier muss ich Sie einfach korrigieren ,
habe ich nicht gesagt, es stimmt nicht, was im Spiegel
steht, sondern ich habe genau das Gegenteil in der Be-
antwortung der Frage 8 gesagt; denn ich habe ausge-
führt, dass Bundesminister Fischer von seinen Äußerun-
gen, die er im Spiegel-Interview gemacht hat, nichts
zurückzunehmen hat, und dabei bleibt es.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich rufe die Frage 10 des Kollegen Dr. Stinner auf:
Welche Institutionen haben bisher nach Kenntnis der Bun-
desregierung an Unternehmen aus welchen Ländern Aufträge
für den Wiederaufbau im Irak vergeben?
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
Amt:
Herr Kollege Stinner, ich beantworte Ihre Frage wie
folgt: Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die US-
Regierung, in diesem Fall die USAID und das Pentagon,
bisher für den Wiederaufbau im Irak Aufträge in einem
Umfang von rund 78 Millionen US-Dollar vergeben.
Hierbei handelt es sich um Aufträge an US-Firmen so-
wie um freiwillige Beiträge an WHO und Unicef.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Stinner, bitte schön.
Dr. Rainer Stinner (FDP):
Meine Zusatzfrage, Frau Staatsministerin: Teilt die
Bundesregierung die weit verbreitete Ansicht, dass das
Verhalten der deutschen Regierung in diesem Zusam-
menhang in den letzten sechs bis acht Monaten die
Chancen deutscher Unternehmen, beim Wiederaufbau
im Irak mitzuwirken, drastisch reduziert hat?
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Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
mt:
Nein, diese Ansicht teile ich nicht. Ihre Frage bezog
ich auf bisher erteilte Aufträge von USAID. Diesbezüg-
ich gibt es keinerlei Verpflichtung der amerikanischen
egierung, auch nicht nach den entsprechenden Rege-
ungen der WTO, Aufträge, für die Amerika Geld aus-
ibt, international auszuschreiben, weil die amerikani-
che Regierung im Hinblick auf solche Aufträge
usdrücklich eine Ausnahmeregelung festgehalten hat.
ezüglich der weiteren Zusammenarbeit hat die ameri-
anische Regierung deutlich gemacht, dass Subaufträge
uch an andere Firmen gehen können und werden. Sie
at versichert, dass sie davon ausgeht und es begrüßt,
ass in Zukunft beim Wiederaufbau enge Kooperation
tattfinden wird und vermutlich auch deutsche Firmen
ine Rolle spielen werden. Dort gibt es meines Wissens
einerlei Vorbehalte.
Dr. Rainer Stinner (FDP):
Frau Staatsministerin, darf ich Sie darauf hinweisen,
ass sich meine Frage nicht auf eine Auftragsvergabe
urch USAID, sondern allgemein auf die Vergabe von
ufträgen für den Aufbau des Irak an Unternehmen be-
ogen hat? Daher meine Nachfrage: Sie haben gesagt,
ie USA hätten erklärt, dass sie gegebenenfalls durchaus
ndere Unternehmen einbeziehen wollten. Gibt es dies-
ezüglich einen intensiven Kontakt zwischen der Bun-
esregierung und der Regierung der Vereinigten Staaten
on Amerika?
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
mt:
Ja, den gibt es. Es gibt auch intensive Gespräche. Ich
abe mich in meinen Ausführungen deshalb auf Auf-
räge aus den USA bezogen, weil Ihre Frage lautete, an
elche Unternehmen aus welchen Ländern Aufträge
ergeben wurden. Unserer Kenntnis nach sind für den
iederaufbau im Irak bisher nur Aufträge von der US-
egierung und da insbesondere durch USAID vergeben
orden. Deshalb habe ich erläutert, dass es im Hinblick
uf amerikanische öffentliche Gelder keine Verpflich-
ung der amerikanischen Regierung gibt, diese Aufträge
nternational auszuschreiben.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Wir kommen zur Frage 11 des Kollegen Stinner:
Welches Vergabeverfahren für den Wiederaufbau im Irak
hält die Bundesregierung für die Zukunft am geeignetsten und
welche diplomatischen Anstrengungen hat sie bereits unter-
nommen, um dieses umzusetzen?
Kerstin Müller, Staatsministerin im Auswärtigen
mt:
Ich beantworte die Frage wie folgt: Weder Auslands-
ilfen durch USAID noch potenzielle Aufträge durch
ine neue irakische Regierung unterfallen förmlich dem
TO-Beschaffungsübereinkommen; das habe ich schon
rwähnt. Für deutsche Unternehmen wären Auftragsver-
aben durch die Vereinten Nationen am günstigsten, da
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3449
(A) )
(B) )
Staatsministerin Kerstin Müller
die Beschaffungsregeln der Vereinten Nationen eine Dis-
kriminierung verhindern. Die Bundesregierung wird sich
weiter im bilateralen und multilateralen Rahmen für die
Einhaltung der internationalen Vergaberegeln einsetzen,
um deutschen Unternehmen eine Beteiligung an solchen
Aufträgen im Rahmen eines fairen Wettbewerbs zu er-
möglichen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Keine weiteren Zusatzfragen. Damit sind wir am
Ende dieses Geschäftsbereichs. Wir kommen nun zum
Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern.
Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatsse-
kretär Körper zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 12 des Kollegen Dr. Schröder auf:
Wird die Bundesregierung bei den Verhandlungen zum
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen
für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehöri-
gen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die an-
derweitig internationalen Schutz benötigen RD 6566/03 ,
darauf bestehen, dass die Anerkennung als Flüchtling nur bei
staatlicher oder staatlich zurechenbarer Verfolgung erfolgt,
und wird die Bundesregierung ihre Zustimmung zur Richtlinie
insgesamt verweigern, wenn sie sich insoweit nicht durchsetzt?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister des Innern:
Herr Kollege Schröder, ich beantworte Ihre Frage wie
folgt: Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass
Menschen, die aus einem der in der Genfer Konvention
genannten Gründe das sind beispielsweise Rasse, Reli-
gion oder politische Überzeugung im Herkunftsland
verfolgt werden, der GFK-Status zu gewähren ist und
dabei nicht zwischen dem Staat zurechenbarer und nicht
zurechenbarer nicht staatlicher Verfolgung unterschie-
den werden sollte. In beiden Fällen geht es um Verfol-
gungen, die den Einzelnen in Anknüpfung an die Merk-
male der Genfer Konvention an Leib, Leben oder
Freiheit gefährden und vor denen er im Herkunftsland
keinen Schutz finden kann.
Das insoweit gleiche Schutzbedürfnis muss auch zum
gleichen Schutzstatus führen. Die Bundesregierung be-
fürwortet deshalb die Einbeziehung auch der dem Staat
nicht zurechenbaren nicht staatlichen Verfolgung in den
Flüchtlingsbegriff. Das entspricht im Übrigen der ganz
überwiegenden internationalen Staatenpraxis. Alle ande-
ren EU-Staaten vertreten gegenwärtig das muss man in
diesem Zusammenhang auch feststellen die Auffas-
sung, dass auch die nicht staatliche Verfolgung, die dem
Staat nicht zugerechnet werden kann, zur Flüchtlings-
anerkennung führen muss.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Bitte schön.
Dr. Ole Schröder (CDU/CSU):
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wie verhält
sich Ihre Aussage in Bezug auf die bisher von Bundesin-
nenminister Schily gemachten Äußerungen? Ich möchte
in diesem Zusammenhang an die Ausführungen von In-
nenminister Schily im Jahre 2000 in einem Gutachten
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ür den Rechtsausschuss des Bundestages erinnern. Er
at damals ausgeführt:
Der Wegfall des Erfordernisses der Staatlichkeit
durch Gesetzesänderungen ließe erheblichen Zu-
wanderungsdruck erwarten.
arüber hinaus hatte er angegeben, dass auch der Euro-
äische Gerichtshof für Menschenrechte in einem für
eutschland bedeutsamen Urteil vom März 2000 festge-
tellt hatte, dass das deutsche Rechtssystem in Fällen
icht staatlicher Verfolgungen und Menschenrechtsver-
etzungen nicht lückenhaft sei.
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister des Innern:
ie haben sicher vernommen, dass meine Ausführungen
en jetzigen Verhandlungsstand und -inhalt in Brüssel zu
ieser Richtlinie wiedergeben. Ich habe deutlich ge-
acht, wie das gesamte Szenario aussieht und in wel-
hen Teilen sich unsere Position von den Positionen der
nderen unterscheidet. Das, was ich vorgetragen habe,
st die Position der Bundesregierung und die Position
on Bundesinnenminister Otto Schily.
Dr. Ole Schröder (CDU/CSU):
Sie haben in Ihrer Antwort auf meine Frage gesagt,
ass die neuerdings von der Bundesregierung vertretene
uffassung auch Praxis in den anderen EU-Mitglied-
taaten sei. Wie verträgt sich das mit der einzigen Ver-
inbarung, die es zwischen den EU-Mitgliedstaaten gibt?
er Rat hat am 4. März 1996 betreffend die harmoni-
ierte Anwendung der Definition des Begriffs Flüchtling
us Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention festgestellt
das ist gemeinsame Auffassung , dass es der EU-Pra-
is entspricht, dass nur die staatliche Verfolgung unter
en Flüchtlingsbegriff zu subsumieren ist und dass nur
ie zur Anerkennung als Flüchtling führen kann. Wie
erträgt sich das mit Ihrer Äußerung über die angeblich
berall zu findende Praxis?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister des Innern:
Ich habe nicht überall gesagt, sondern dass dies im
brigen der ganz überwiegenden internationalen Staa-
enpraxis entspricht. Das ist richtig und ist nicht zu korri-
ieren. Ich denke, dass unsere Position hinsichtlich der
ineinnahme der nicht zurechenbaren nicht staatlichen
erfolgung in den Flüchtlingsbegriff klar ist und dass
lar ist, wie die internationale Staatenpraxis überwie-
end aussieht.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Koschyk, bitte.
Hartmut Koschyk (CDU/CSU):
Sie haben die momentane Verhandlungsposition der
undesregierung respektive Ihres Hauses dargelegt.
ird der Bundesinnenminister bei den anstehenden
erhandlungen also die Hineinnahme nicht staatlicher
3450 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
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Hartmut Koschyk
Verfolgung in die Definition des Flüchtlingsbegriffs ak-
zeptieren? Hat die Bundesregierung Berechnungen an-
gestellt, zu welcher Erhöhung das bei der Zuwanderung
für die Bundesrepublik Deutschland führen wird?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister des Innern:
Herr Kollege Koschyk, alle anderen EU-Staaten ver-
treten gegenwärtig die Auffassung, dass auch die nicht
staatliche Verfolgung, die dem Staat nicht zugerechnet
werden kann, zur Anerkennung als Flüchtling führen
muss. Das war bereits Teil meiner Antwort auf die Frage
des Kollegen Schröder. Daraus wird deutlich, dass diese
Position noch einer gewissen Diskussion bedarf und ei-
ner Entscheidung zugeführt werden muss.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Wir kommen zu Frage 13 des Kollegen Dr. Schröder:
Wird die Bundesregierung bei den Verhandlungen zum
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen
für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehöri-
gen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die an-
derweitig internationalen Schutz benötigen RD 6566/03 ,
darauf bestehen, dass die Regelungen über den Zugang zum
Arbeitsmarkt, da sie nicht in den Kompetenzbereich der EU
fallen, aus der Richtlinie herausgenommen werden, und wird
die Bundesregierung ihre Zustimmung zur Richtlinie insge-
samt verweigern, wenn sie sich insoweit nicht durchsetzt?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister des Innern:
Herr Kollege Schröder, Regelungen zum Arbeits-
marktzugang sind unter anderem in den bereits verab-
schiedeten Richtlinien zum vorübergehenden Schutz und
über die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber ent-
halten. Die Bundesregierung orientiert sich bei den Ver-
handlungen über die Anerkennungsrichtlinie an den in
diesen Richtlinien enthaltenen Bestimmungen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Bitte schön, Herr Dr. Schröder.
Dr. Ole Schröder (CDU/CSU):
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wie verhält
sich das mit Ihrer Aussage, die Sie hier in der Frage-
stunde am 2. April 2003 gemacht haben, dass nämlich
der Zugang zu den nationalen Arbeitsmärkten
im
Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten liegt?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister des Innern:
Das ist kein Widerspruch. Sie wissen, dass es eine
Diskussion zu dieser Frage gibt. Sie wissen auch, dass es
beispielsweise eine relativ eindeutige Aussage von
Bundesaußenminister Fischer in Bezug auf die Kon-
ventsverhandlungen gibt oder dass es eine Position gibt,
die vonseiten der Länder eingenommen wird. Die Vorge-
hensweise, wie wir sie anstreben, ist deswegen, wie ich
glaube, richtig. Wenn Sie sich die anderen Richtlinien
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nsehen und mit der Formulierung zum Arbeitsmarktzu-
ang vergleichen, dann wird deutlich, dass es ein Kom-
romiss ist. An diesem Beispiel wird aber auch deutlich,
ass Deutschland nicht alleine in Europa ist.
Dr. Ole Schröder (CDU/CSU):
Heißt das, dass die Bundesregierung bei den dem-
ächst anstehenden Verhandlungen über die anderen
ichtlinien nach der Maßgabe verhandeln wird, dass da-
in der Zugang zum Arbeitsmarkt geregelt werden kann,
nd dass die Bundesregierung in dieser Hinsicht kom-
romissbereit ist?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister des Innern:
Herr Kollege Schröder, Sie wissen, dass der Arbeits-
arktzugang durch die von uns gefundenen Formulie-
ungen in diesen Richtlinien diese sind von mir auch
rwähnt worden viel stärker in die nationale Rege-
ungskompetenz gestellt wird. Das wird deutlich, sodass
ier kein solcher Dissens vorhanden ist, wie Sie ihn kon-
truieren wollen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Koschyk.
Hartmut Koschyk (CDU/CSU):
Herr Staatssekretär, heißt das, dass die Bundesregie-
ung bei der zu verhandelnden Richtlinie die Position
erfolgt, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt in der natio-
alen Kompetenz verbleibt? Wird die Bundesregierung
hre Zustimmung zu dieser Richtlinie vom Ausgang der
erhandlungen, bei denen es darum geht, ob der Zugang
um Arbeitsmarkt in der nationalen Kompetenz ver-
leibt oder nicht, abhängig machen?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister des Innern:
In der Zielsetzung bezüglich der Auswirkungen, was
ie Regelungen des Arbeitsmarktes anbelangt, sind wir
ns relativ einig. Sie kennen die bisher gefundenen Re-
elungen. Sie stellen in der Tat einen Kompromiss dar.
n ihren Auswirkungen entsprechen sie aber ganz we-
entlich dem, was auch Sie formuliert haben.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Die Fragen 14 und 15 des Kollegen Grindel werden
chriftlich beantwortet.
Wir kommen damit zur Frage 16 des Kollegen
oschyk:
Wird die Bundesregierung bei den Verhandlungen zum Vor-
schlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die
Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und
Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig
internationalen Schutz benötigen RD 6566/03 , darauf beste-
hen, dass der weite Flüchtlingsbegriff einschließlich der da-
mit verbundenen Statusaufwertung herausgenommen wird, und
wird sie notfalls ihre Zustimmung zur Richtlinie insgesamt ver-
weigern?
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3451
(A) )
(B) )
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister des Innern:
Herr Kollege Koschyk, Ihrer Frage ist für mich nicht
eindeutig zu entnehmen, was Sie mit dem ,weiten
Flüchtlingsbegriff einschließlich der damit verbundenen
Statusaufwertung meinen. Sollte sich die Frage auf die
Einbeziehung der nicht staatlichen Verfolgung und den
Flüchtlingsbegriff nach der GFK beziehen, so will ich
auf die vorhin gegebenen Antworten in Bezug auf die
Fragen von Herrn Dr. Schröder hinweisen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Koschyk.
Hartmut Koschyk (CDU/CSU):
Herr Staatssekretär, ich beziehe mich dabei auch auf
eine Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche
Frage von mir. Im Hinblick auf den damaligen Verhand-
lungsstand zu dieser Richtlinie des JI-Rates auf seiner
Tagung am 27. und 28. Februar dieses Jahres hat die
Bundesregierung am 14. März durch Frau Staatssekretä-
rin Vogt geantwortet, dass in dem Richtlinienvorschlag,
um den es geht, unter anderem bestimmt wird, das subsi-
diär Schutzberechtigte nach spätestens einem Jahr einen
uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt haben und
dass sie auf den Gebieten der Sozialhilfe und der medizi-
nischen Versorgung mit Inländern gleichgestellt werden
sollen. Außerdem sollen subsidiär Schutzberechtigte
nach dieser Richtlinie einen Zugang zu Integrationspro-
grammen erhalten.
Bei dem weiten Flüchtlingsbegriff geht es also da-
rum, ob subsidiär Schutzberechtigte diese Leistungen
der Mitgliedstaaten nach dem Richtlinienentwurf be-
kommen sollen oder nicht. Am 14. März hat die Frau
Staatssekretärin geantwortet:
Da diese Regelungen, die die EU in dieser Richtli-
nie treffen will, in Teilen weder mit der geltenden
Rechtslage noch mit den entsprechenden Bestim-
mungen im Entwurf des Zuwanderungsgesetzes
vereinbar sind, wurden auch im Rat dagegen Vorbe-
halte geltend gemacht.
Meine Frage lautet: Macht die Bundesregierung bei
den Verhandlungen über diese Richtlinie weiterhin Vor-
behalte gegen diesen weiten Flüchtlingsbegriff gel-
tend?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister des Innern:
Herr Kollege Koschyk, Sie wissen, was die Rechtspo-
sition subsidiär Schutzberechtigter ausmacht. Aufgrund
des derzeitigen Richtlinienvorschlags gilt es, Folgendes
festzuhalten: Zukünftig soll ein Aufenthaltstitel gewährt
werden. Dies gilt zum Beispiel auch bezüglich des Zu-
gangs zum Arbeitsmarkt. Hier gibt es in der Tat noch
Diskussionen und Gespräche; Sie haben die Zeitdauer
von einem Jahr genannt. Unsere Position bezüglich des
nachrangigen Arbeitsmarktzugangs ist ganz entschei-
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Daneben geht es um die sich im Aufnahmeland be-
indlichen Familienangehörigen. Auch hierzu finden
iskussionen und Debatten statt, sodass noch kein ab-
chließendes Ergebnis vorliegt. Unsere Verhandlungspo-
ition orientiert sich an unserer politischen Haltung, die
ir zum Zuwanderungsgesetz und zum nationalen Recht
aben.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Bitte schön, Herr Koschyk.
Hartmut Koschyk (CDU/CSU):
Herr Staatssekretär, ich frage noch einmal: Hält die
undesregierung die Vorbehalte, wie sie mir die Frau
taatssekretärin in der Antwort vom 14. März 2003 mit-
eteilt hat, aufrecht? Wird sie notfalls eine Zustimmung
u dieser Richtlinie verweigern, wenn es zu sehr starken
ufweichungstendenzen kommt, die Personen, die sub-
idiären Schutz genießen, von den Leistungen her ich
ill es einmal so formulieren Asylbewerbern nahezu
leichzustellen?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister des Innern:
Herr Kollege Koschyk, die Debatte um die subsidiär
chutzberechtigten kann man nicht nur an einem Spie-
elstrich festmachen. Ich habe versucht, Ihnen das kurz
arzulegen. Wir haben unsere Vorbehalte eingebracht.
as ist der derzeitige Sachstand.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Bitte schön, Herr Kollege Schröder.
Dr. Ole Schröder (CDU/CSU):
Ich habe konkret zu dieser Richtlinie eine Nachfrage.
n dem Entwurf zu dieser Richtlinie ist momentan vorge-
ehen, dass es den Nationalstaaten bei der missbräuchli-
hen Schaffung von Nachfluchttatbeständen nicht er-
aubt sein soll, die Anerkennung als Flüchtling zu
erweigern. Das entspricht nicht dem nationalen Recht.
ird die Bundesregierung ihre Zustimmung zu dieser
ichtlinie verweigern, wenn es bei der missbräuchlichen
chaffung von Nachfluchtgründen nicht möglich ist, die
nerkennung als Flüchtling zu verweigern?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister des Innern:
Diese Frage kann ich Ihnen im Moment nicht beant-
orten. Inwieweit dieser von Ihnen genannte Sachver-
alt Gegenstand der Beratungen zu dieser Richtlinie ist,
ill ich gerne nachfragen, um zu erfahren, wie die Posi-
ion ist.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Wir kommen zur Frage 17 des Kollegen Koschyk:
Wird die Bundesregierung bei den Verhandlungen zum
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen
für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehöri-
gen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die an-
3452 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
derweitig internationalen Schutz benötigen RD 6566/03 ,
darauf bestehen, dass subsidiär Schutzberechtigte keinen
Anspruch auf Familienzusammenführung haben, und wird sie
notfalls ihre Zustimmung zur Richtlinie insgesamt verwei-
gern?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister des Innern:
Herr Kollege Koschyk, die Familienzusammenfüh-
rung im eigentlichen Sinne ist nicht Gegenstand der
Richtlinie. Es ist wichtig, das festzuhalten. Die Richtli-
nie regelt lediglich die Rechtsstellung von Familienan-
gehörigen, die sich bereits zusammen mit dem stammbe-
rechtigten Flüchtling oder subsidiär Schutzberechtigten
im Aufnahmeland aufhalten, nicht aber das Recht auf
den Nachzug von Familienangehörigen.
Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass Fa-
milienangehörigen, die sich mit dem subsidiär Schutzbe-
rechtigten im Aufnahmeland befinden, im Hinblick auf
die nach Art. 6 unseres Grundgesetzes und auch nach der
Europäischen Menschenrechtskonvention ich glaube,
das ist Art. 8 gebotene Wahrung der Familieneinheit
der Aufenthalt im Aufnahmeland zu ermöglichen ist. Die
Bundesregierung hält es jedoch nicht für angebracht, Fa-
milienangehörigen von subsidiär Schutzberechtigten au-
tomatisch die gleiche Rechtsposition wie dem Stammbe-
rechtigten zu gewähren.
Hartmut Koschyk (CDU/CSU):
Herr Staatssekretär, darf ich das so verstehen, dass die
Bundesregierung bei der weiteren Verhandlung dieser
Richtlinie sehr genau darauf achten wird, dass es in dem
von Ihnen genannten Sinne nur um die Situation der Fa-
milienangehörigen von Personen geht, die subsidiären
Schutz genießen und sich bereits im aufnehmenden
Land, beispielsweise Deutschland, befinden? Entschei-
dend ist also, wie deren Situation geregelt wird. Es kann
folglich nicht darum gehen, dass Familienangehörige des
subsidiär Schutzberechtigten, die sich noch nicht im auf-
nehmenden Land befinden, zu- oder nachziehen können.
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister des Innern:
Herr Kollege Koschyk, ich hatte schon vermutet, dass
Sie eine Frage zu den nachziehenden Personen stellen
würden. Diese Frage kann ich Ihnen genau beantworten:
In der Diskussion zu dieser Richtlinie geht es nicht um
die nachziehenden Personen, sondern um die im Land
befindlichen Schutzberechtigten.
Hartmut Koschyk (CDU/CSU):
Wird die Bundesregierung sorgsam darauf achten,
dass in den Verhandlungen zu dieser Richtlinie nicht
eine ich will es einmal so formulieren versteckte Fa-
milienzusammenführung für subsidiär Schutzberechtigte
zum Tragen kommt?
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Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister des Innern:
Herr Kollege Koschyk, wenn ich mich richtig erin-
ere, ist die Frage, wer von dieser Richtlinie betroffen
st, in den Verhandlungen überhaupt nicht streitig. Das
uss man genau auseinander halten. Sie wissen, dass es
elativ viele Richtlinien gibt. Aber bei dieser Richtlinie
st die Lage relativ eindeutig und klar.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Bitte schön, Herr Kollege Schröder.
Dr. Ole Schröder (CDU/CSU):
Vielen Dank, Herr Präsident. Im Entwurf dieser
ichtlinie wird auch geregelt, dass Flüchtlinge das Recht
uf Weiterwanderung in einen zweiten Mitgliedstaat ha-
en. Wie weit wird die Bundesregierung dies bei den
erhandlungen akzeptieren und wird die Bundesregie-
ung notfalls die Zustimmung zu dieser Richtlinie ver-
eigern, wenn dieser Passus beibehalten wird?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister des Innern:
Herr Schröder, ich will einmal eine grundsätzliche
emerkung machen. Immer dann, wenn Fragen zu die-
en Richtlinien gestellt werden, dann greifen Sie und an-
ere Kollegen von der CDU/CSU einen Punkt auf und
ordern die Bundesregierung auf, der Richtlinie ihre Zu-
timmung zu versagen, wenn sich die deutsche Position
n diesem Detailpunkt nicht durchsetzt.
Ich sage ganz deutlich: Sie müssen lernen, dass wir
in gemeinsames Europa wollen. Sie müssen auch er-
ennen, dass wir bei solchen Verhandlungen und Debat-
en nicht allein in Europa sind. Hören Sie deswegen mit
em Schwarz-Weiß-Schema und dem Motto Alles oder
ichts auf. Das bringt uns in Europa nicht voran.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Nun kommen wir zur Frage 18 der Abgeordneten
au:
Wie viele antisemitische Straftaten wurden im ersten
Quartal 2003 in der Bundesrepublik Deutschland begangen
und wie viele Opfer dieser Straftaten gab es?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister des Innern:
Frau Kollegin Pau, ich muss eine Vorbemerkung ma-
hen: Die im Folgenden von mir aufgeführten Zahlen
tellen keine abschließende Statistik dar, sondern können
ich aufgrund von Nachmeldungen noch verändern.
ber das wissen Sie, weil Sie mittlerweile Spezialistin
eworden sind, was das Zustandekommen solcher Statis-
iken anbelangt. Die Bundesebene hat hier nur die Funk-
ion, die Daten zu sammeln und zusammenzuführen.
Im ersten Quartal 2003 wurden insgesamt 222 antise-
itische Straftaten, die dem Phänomenbereich Politisch
otivierte Kriminalität rechts zugeordnet wurden, ge-
eldet, darunter 25 so genannte Propagandadelikte und
ieben danach fragen Sie auch Gewaltdelikte. Bei
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3453
(A) )
(B) )
Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf Körper
Letzteren handelt es sich um sechs Körperverletzungen
und einen Landfriedensbruch. Im ersten Quartal 2003
wurden sechs Personen verletzt. Todesfälle waren nicht
zu verzeichnen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Eine Zusatzfrage, Frau Pau?
Petra Pau (fraktionslos):
Herzlichen Dank, Herr Parlamentarischer Staatsse-
kretär. Kann ich davon ausgehen, dass Sie auch die
Auflistung nach Ländern vorrätig haben? Aus Gründen
der Zeitersparnis würde es mir genügen, wenn Sie die
Angaben nachreichen.
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister des Innern:
Frau Kollegin Pau, ich habe die Frage erwartet. So-
weit es möglich ist, werden wir Ihnen die Angaben über
die regionalen Unterschiede gerne zuleiten.
Petra Pau (fraktionslos):
Danke schön.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Weitere Zusatzfrage? Das ist nicht der Fall.
Ich rufe jetzt die Frage 19 des Kollegen Kaster auf:
Welche Kriterien berücksichtigt die Bundesregierung,
wenn sie wie im Falle des ehemaligen Chefs des Presse- und
Informationsamtes und Sprechers der Bundesregierung,
Staatssekretär Uwe-Karsten Heye dem Bundespräsidenten
die Versetzung politischer Beamter in den einstweiligen Ru-
hestand vorschlägt, um dem Willkürverbot und der Intention
des § 36 des Bundesbeamtengesetzes bzw. des § 31 des Be-
amtenrechtsrahmengesetzes Rechnung zu tragen?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister des Innern:
Herr Kollege Kaster, Versetzungen in den einstweili-
gen Ruhestand werden dem Bundespräsidenten nur bei
Vorliegen eines sachlichen, dem Zweck des § 36 des
Bundesbeamtengesetzes entsprechenden Grundes vor-
geschlagen. Der Gesetzgeber hat der Exekutive für die
Entscheidung über die Versetzung in den einstweiligen
Ruhestand einen sehr weiten Ermessensspielraum einge-
räumt, der nur reine Willkürmaßnahmen ausschließt.
Demzufolge hat die Rechtsprechung eine Vielzahl sehr
unterschiedlicher Gründe als Rechtfertigung eines sol-
chen Schrittes anerkannt.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Zusatzfrage.
Bernhard Kaster (CDU/CSU):
Im Falle des Staatssekretärs Heye gab es Veröffentli-
chungen im Stern und interne Bekundungen, dass es
eine Vereinbarung zwischen dem Bundeskanzler und
dem Staatssekretär gegeben haben soll, dass der Staats-
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ekretär freiwillig darüber befinden kann, ob er aus dem
mt ausscheidet. Wäre in einem solchen Falle nicht vor-
angig von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, selbst
ie Versetzung in den Ruhestand zu beantragen, was
ach § 30 geht?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister des Innern:
Ich habe Ihnen § 36 des Bundesbeamtengesetzes ge-
annt. Ich habe auch deutlich gemacht, wie dieser Para-
raph praktiziert wird. Die Exekutive hat einen relativ
eiten Ermessensspielraum. Herr Kaster, ich kann Ihnen
agen, dass die Regierung Kohl einen erheblichen Ge-
rauch von der Versetzung in den Ruhestand von politi-
chen Beamten gemacht hat. Sie sollten sich besser ei-
em anderen Thema zuwenden. Ich glaube, dieses
hema ist nicht ergiebig.
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wie für-
sorglich von der Bundesregierung!)
So bin ich eben. Sie kennen mich doch mittlerweile.
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Ja, ich
kenne Sie!)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kaster.
Bernhard Kaster (CDU/CSU):
Sie sagten, dass die Palette der Kriterien, die in die-
em Fall zur Anwendung kommen können, sehr weit ge-
asst ist. Es handelt sich schließlich um eine Kannbe-
timmung, die eben zitiert worden ist. Sie werden
icherlich eine entsprechende Mitteilung an den Bundes-
räsidenten richten. Gehört möglicherweise auch das
riterium einer gewissen Amtsmüdigkeit dazu?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister des Innern:
Wie ich Herrn Heye kenne, kann von Müdigkeit keine
ede sein. Ich denke, die Rechtsprechung ist hinsichtlich
er Gründe bzw. der Frage, was als zulässig anerkannt
ird, eindeutig. Daran ist nichts zu beanstanden; das ist
urchaus in Ordnung und entspricht auch der Praxis.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Fahrenschon.
Georg Fahrenschon (CDU/CSU):
Herr Staatssekretär, nachdem Sie ausgeführt haben,
ass von der Möglichkeit, freiwillig in Ruhestand zu ge-
en, nicht Gebrauch gemacht wurde, stellen sich die Fra-
en, wer die Anweisung zur Versetzung in den Ruhe-
tand zulasten des Steuerzahlers gegeben hat und auf
elche Höhe sich die Zahlungen an den ehemaligen
taatssekretär Heye belaufen, die er seit seiner Verset-
ung in den einstweiligen Ruhestand erhalten hat.
3454 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister des Innern:
Was Sie mir hinsichtlich der Freiwilligkeit in den
Mund gelegt haben, entspricht nicht meinen Ausführun-
gen. Ich habe Ihnen die Rechtsgrundlage dargelegt. Ich
denke, sie ist nicht zu beanstanden. Das gilt auch für die
praktische Handhabung dieses Falles. Sie sollten besser
damit aufhören, irgendetwas zu unterstellen. Wie Sie
wissen, gibt es das Amt des politischen Beamten und die
damit verbundenen Möglichkeiten, von denen auch Ge-
brauch gemacht wird. Die Regierung Kohl hat davon er-
heblichen Gebrauch gemacht. Insofern denke ich, Sie
tun gut daran, sich mit Wertungen aller Art stark zurück-
halten.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich rufe nun die Frage 20 des Kollegen Bernhard
Kaster auf:
Welche Auswirkungen hat die künftige Tätigkeit von
Uwe-Karsten Heye als Generalkonsul auf die Versorgungsbe-
züge des ehemaligen Regierungssprechers?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister des Innern:
Herr Kollege Kaster, treffen Versorgungsbezüge mit
Erwerbseinkommen zusammen, wird Letzteres gemäß
§ 53 des Beamtenversorgungsgesetzes auf die Versor-
gung angerechnet. Bei den Einkünften aus einer Tätig-
keit als Generalkonsul handelt es sich um anrechenbares
Erwerbseinkommen. Die Versorgungsbezüge werden
dementsprechend gekürzt.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Eine Zusatzfrage.
Bernhard Kaster (CDU/CSU):
Vor dem Hintergrund dieser finanziellen Auswirkung,
die Sie eben deutlich gemacht haben, stelle ich die
Frage, warum die neue Position als Generalkonsul im
Hinblick auf diese finanzielle Auswirkung sprich: Be-
züge plus Versorgungsbezug mit der entsprechenden
Kürzung erst ab dem Monat September zum Tragen
kommt und die Stelle, die wohl zum Monat Juni frei
wird, im Hinblick auf die weiteren Zeiten ausschließ-
lichen Versorgungsbezugs nicht bereits zu diesem Zeit-
punkt besetzt wird.
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister des Innern:
Obwohl mir der Zeitpunkt September nicht geläufig
ist, gehe ich davon aus, dass diese Verfahrenspraxis der
Gesetzesgrundlage entspricht.
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Das ist
super!)
Ja, das ist doch so.
(Zuruf von der CDU/CSU: Davon gehen wir
aber immer aus! Beatrix Philipp [CDU/
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CSU]: Na klar! Wir handeln nur nach Recht
und Gesetz!)
Frau Philipp, ich kann doch nichts für die Qualität der
ragen.
(Beatrix Philipp [CDU/CSU]: Aber für die der
Antworten!)
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Zweite Zusatzfrage.
Bernhard Kaster (CDU/CSU):
Im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen habe
ch eine weitere Zusatzfrage. Wenn Herr Staatssekretär
eye in den einstweiligen Ruhestand eines politischen
eamten versetzt worden ist, frage ich Sie, ob das nicht
m Widerspruch zu einer erneuten Ernennung als Gene-
alkonsul oder zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit für das
undespresseamt, beispielsweise im Rahmen des Beira-
es zu dem so genannten Deutschland-Portal, steht.
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister des Innern:
Nein.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Fahrenschon, bitte schön.
Georg Fahrenschon (CDU/CSU):
Herr Staatssekretär, ich frage noch einmal konkret: Ist
ie Stelle des Generalkonsuls in New York derzeit frei
nd, wenn ja, wie lange braucht die Bundesregierung,
m sie ihrem Vorschlag entsprechend mit dem ehemali-
en Staatssekretär Heye zu besetzen? Oder ist die Stelle
es Generalkonsuls in New York nicht so wichtig, so-
ass man sich damit Zeit lassen kann?
Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister des Innern:
Da ich diese Stelle nicht antreten will, kann ich Ihnen
en derzeitigen Verfahrensstand nicht genau angeben,
ber ich liefere ihn Ihnen gerne nach.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Weitere Fragen zu diesem Geschäftsbereich liegen
icht vor.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
inisteriums der Finanzen. Zur Beantwortung der
ragen steht Frau Parlamentarische Staatssekretärin
r. Hendricks zur Verfügung.
Die Fragen 21 und 22 des Kollegen Hofbauer werden
chriftlich beantwortet.
Ich rufe Frage 23 der Kollegin Petra Pau auf:
Welche Auswirkungen hat die Neuregelung des Umsatz-
steuergesetzes auf die Besteuerung von Schulspeisungen?
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3455
(A)
(B) )
Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim
Bundesminister der Finanzen:
Frau Kollegin, ich verstehe Ihre Frage dahin gehend,
dass Sie nach den Auswirkungen der durch das Gesetz
zum Abbau von Steuervergünstigungen geänderten Vor-
schriften des Umsatzsteuergesetzes auf die steuerrecht-
liche Beurteilung von Umsätzen mit Schulspeisungen
fragen. Die durch das eben genannte Gesetz vorgenom-
menen Änderungen im Umsatzsteuergesetz haben kei-
nerlei Auswirkungen auf die steuerrechtliche Beurtei-
lung von Umsätzen mit Schulspeisungen. Es gibt hier
keine Rechtsänderung.
Petra Pau (fraktionslos):
Ich möchte nachfragen, ob im Laufe des Gesetzge-
bungsverfahrens beispielsweise im Hinblick auf die ver-
mehrte Einrichtung von Ganztagsschulen erörtert wurde,
Schulspeisungen als Aspekt der Kinderbetreuung steuer-
lich zu begünstigen und damit einen Anreiz zu schaffen,
dass möglichst viele Kinder dieses Angebot wahrneh-
men.
Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim
Bundesminister der Finanzen:
Nein, Frau Kollegin, das ist weder bei der Vorberei-
tung noch im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens jemals
Gegenstand der Erörterungen gewesen. Die Rechtslage
ist folgende davon kann leider im nationalen Recht
nicht abgewichen werden, weil sie durch EU-Recht be-
stimmt ist : Wenn jemand eine Schulspeisung in der
Weise sicherstellt, dass er die Speisen in die Schulen lie-
fert und im Übrigen keine weiteren Serviceleistungen er-
bringt, dann kommt eine solche Abgabe von Speisen
dem Außer-Haus-Verkauf gleich und wird deswegen mit
dem halben Mehrwertsteuersatz belegt. Wird aber eine
volle Serviceleistung erbracht, fällt der volle Mehrwert-
steuersatz an.
Die Gestaltung der Schulspeisung ist den Schulen
überlassen. Manchmal machen das ja auch Förderver-
eine. Man kann auch eine Trennung vornehmen: Jemand
liefert an und jemand anders, der nicht der leistende Un-
ternehmer ist, der die Ware bringt, bietet den Service.
Wir sind aber bei der gesetzlichen Ausgestaltung nicht
frei, sondern an EU-Recht gebunden. Es ist auch nicht
beabsichtigt, auf europäischer Ebene eine Änderung vor-
zunehmen. In der Lebenswirklichkeit wird es ja häufig
so sein, dass ein Dritter fertige Speisen anliefert, die den
Kindern durch andere, die zur Verfügung stehen, wie
zum Beispiel Eltern aus einem Förderverein, dargereicht
werden.
Petra Pau (fraktionslos):
Haben Sie irgendwelche Erkenntnisse, wie beispiels-
weise Belgien und Frankreich, wo wesentlich ermäßigte
Mehrwertsteuersätze bei der Schulspeisung gelten, die
entsprechenden EU-Richtlinien diese sind mir in der
Tat bekannt kreativ umgangen haben?
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Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim
undesminister der Finanzen:
Ich werde dieser Frage nachgehen. Aber der Regel-
all ist folgender: Vor In-Kraft-Treten der 6. EG-Richt-
inie ich sage das ganz allgemein durften die Rege-
ungen und die Ausnahmetatbestände, die im nationalen
echt enthalten waren, bestehen bleiben. Wenn es in
em von Ihnen angesprochenen Fall so war, dass in Bel-
ien und Frankreich ein entsprechender Ausnahmetatbe-
tand schon vor dem In-Kraft-Treten bestand, dann
urfte er im nationalen Recht bestehen bleiben. Wir, die
eutschen, können aber im Nachhinein nicht sagen, dass
ir die gleiche Regelung wie die Franzosen haben wol-
en; denn damals, als die 6. EG-Richtlinie als bindendes
echt in den Mitgliedstaaten in Kraft trat, gab es keinen
ntsprechenden Ausnahmetatbestand in Deutschland.
erade wenn es um die Frage der Umsatzbesteuerung
eht das gilt nicht nur für den von Ihnen angesproche-
en Fall; ich habe es ja allgemein formuliert; ich werde
er Sache im Speziellen noch nachgehen , stößt so et-
as sehr häufig auf Unverständnis bei uns. Da es noch
mmer Länder in der Europäischen Union gibt, in denen
lte Regelungen weitergelten, die aber in Deutschland
iemals in gleicher Weise geltendes Recht waren, konn-
en in Deutschland keine solchen Ausnahmetatbestände
n das neue Recht übernommen werden.
Petra Pau (fraktionslos):
Danke schön.
Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin beim
undesminister der Finanzen:
Herzlichen Dank.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Vielen Dank, Frau Hendricks.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
inisteriums für Wirtschaft und Arbeit. Zur Beantwor-
ung steht der Parlamentarische Staatssekretär Gerd
ndres zur Verfügung.
Die Fragen 24 und 25 der Abgeordneten Blank wer-
en schrifltich beantwortet.
Ich rufe die Frage 26 der Kollegin Frau Dr. Lötzsch
uf:
Wie hoch waren bzw. sind die Ansätze sowie die Istausga-
ben für das Arbeitslosengeld durch die Bundesanstalt für Ar-
beit, BA, von 1999 bis 2003 und wie bewertet die Bundesre-
gierung die Realisierbarkeit der geplanten Einsparungen für
2003?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
inister für Wirtschaft und Arbeit:
rau Dr. Lötzsch, ich beantworte Ihre Frage wie folgt:
ie Sollansätze für das Arbeitslosengeld im Haushalt
er Bundesanstalt für Arbeit waren 1999 mit
6,8 Milliarden Euro, 2000 mit 25,3 Milliarden Euro,
001 mit 23,2 Milliarden Euro, 2002 mit
5,1 Milliarden Euro und 2003 mit 24,4 Milliarden Euro
otiert. Die Istausgaben haben sich in den Jahren 1999
)
3456 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Parl. Staatssekretär Gerd Andres
bis 2002 wie folgt entwickelt ich verzichte jetzt da-
rauf, die Jahreszahlen zu nennen, ich gebe sie in der ent-
sprechenden Reihenfolge an : 24,8 Milliarden Euro,
23,6 Milliarden Euro, 24,6 Milliarden Euro und
27 Milliarden Euro.
Infolge der Gesetze für moderne Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt wurde im Haushalt 2003 für das Arbeitslo-
sengeld eine Entlastungswirkung in Höhe von rund
2,8 Milliarden Euro berücksichtigt. Es wäre verfrüht und
rein spekulativ, bereits zum heutigen Zeitpunkt eine Pro-
gnose über die Realisierung der berücksichtigten Einspa-
rung abzugeben. Wie bei jeder gesetzlichen Änderung
bedürfen die neuen Maßnahmen einer Vorlaufzeit, bevor
sie beginnen, voll zu greifen. Eine seriöse Aussage zum
Erfolg der Konsolidierungsmaßnahmen kann daher erst
nach Abschluss des laufenden Haushaltsjahres getroffen
werden, wenn die Bundesanstalt für Arbeit Bilanz gezo-
gen hat.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Eine Zusatzfrage, bitte.
Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos):
Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, es
gab im Zuge der Haushaltsberatungen Sie werden sich
daran erinnern sehr unterschiedliche Auffassungen
darüber, ob die Bundesanstalt für Arbeit in diesem Jahr
ohne einen Zuschuss des Bundes auskommen wird.
Zahlreiche Abgeordnete, auch der SPD-Fraktion, waren
der Auffassung, dass das nicht möglich sein wird. Für
diese Auffassung gab es keine Mehrheit. Inzwischen
sind aber auch Vertreter der Regierungskoalition der
Auffassung ich nenne die Vorsitzende des Finanzaus-
schusses, Christine Scheel , dass ein Zuschuss an die
Bundesanstalt für Arbeit aus dem Bundeshaushalt erfor-
derlich sein wird. Wie ist Ihre Position dazu? Ist die Po-
sition, dass der Bundesanstalt für Arbeit kein Zuschuss
aus dem Bundeshaushalt gegeben werden muss, haltbar?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
minister für Wirtschaft und Arbeit:
Frau Abgeordnete Dr. Lötzsch, ich kann mich gut an
die Diskussion während der Haushaltsberatungen erin-
nern. Ich bedanke mich für Ihren Hinweis.
Ich möchte es anders als Sie formulieren: Der Auf-
stellung des Haushaltes 2003 für die Bundesanstalt für
Arbeit lagen Eckdaten zugrunde, nach denen die Ar-
beitslosenzahl im Jahresdurchschnitt bei 4,14 Millionen
liegen wird. Nach neueren Schätzungen und den Ent-
wicklungen im ersten Quartal und des Monats April,
also praktisch nach einem Drittel des Jahres, muss man
davon ausgehen, dass die Arbeitslosenzahl im Jahres-
durchschnitt bei 4,46 Millionen liegen wird. Es ist daher
folgerichtig, dass die Zahlungen für Arbeitslosengeld bei
einer größeren Arbeitslosenzahl im Jahresdurchschnitt
höher sein werden.
Es ist gegenwärtig schlecht einzuschätzen, wie hoch
der Zuschussbedarf sein wird. Es gibt diesbezüglich un-
terschiedliche Zahlen. Ich bitte einfach um Verständnis
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afür, dass man nach Ablauf eines Drittels des Jahres
och keine verlässlichen Aussagen darüber treffen kann,
ie hoch die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt sein
ird.
Ihre Frage stellte einen Zusammenhang zwischen der
tatisierung der Leistungen für Arbeitslosengeld und
en Einsparungen her, die sich aus der Umsetzung des
artz-Konzepts ergeben. Das sind zwei sehr unter-
chiedliche Dinge. Die Auswirkungen der Hartz-Opera-
ionen sind in einer bestimmten Art und Weise einge-
chätzt worden; es ist ebenfalls erst am Jahresende
eststellbar, wie wirksam sie sind. Wenn man bedenkt,
ass die neue Meldepflicht erst ab 1. Juli dieses Jahres
ilt, ist klar, dass man überhaupt keine Prognosen darü-
er abgeben kann.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Eine weitere Zusatzfrage.
Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos):
Können Sie also, insbesondere aufgrund der Prog-
ose, dass sich die Anzahl der Arbeitslosen auf einem
öheren Niveau als erwartet bewegen wird, meine Ver-
utung bestätigen, dass die Bundesanstalt für Arbeit ei-
en Zuschuss aus dem Bundeshaushalt benötigen wird?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
inister für Wirtschaft und Arbeit:
Ich wiederhole: Wir reden über unterschiedliche
inge. Das eine ist ein eingeplanter Zuschuss des Bun-
es bei der Haushaltsaufstellung und das andere ist sozu-
agen die Defizithaftung, die der Bundesfinanzminister
ach dem SGB III am Jahresende gegenüber der Bun-
esanstalt für Arbeit im Hinblick auf die Pflichtleistun-
en leisten muss. Nach gegenwärtigem Stand ist abseh-
ar darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen;
eispielsweise hat sich das Vorstandsmitglied der Bun-
esanstalt für Arbeit Weise heute darüber geäußert ,
ass es zu einer Defizithaftung kommen wird. Wie hoch
iese sein wird, lässt sich gegenwärtig nicht verlässlich
orhersagen. Ich habe keine Lust, im Namen der Bun-
esregierung irgendwelche Spekulationen anzustellen.
as verstehen Sie sicherlich.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich rufe die Frage 27 der Kollegin Lötzsch auf:
Trifft es zu, dass durch die BA, wie in der Wirtschafts-
woche vom 24. April 2003 berichtet, Vorgaben zur Verhän-
gung von Sperrzeiten für Empfänger von Arbeitslosengeld er-
lassen wurden und, falls ja, wie beurteilt die Bundesregierung
dieses Vorgehen?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
inister für Wirtschaft und Arbeit:
Frau Dr. Lötzsch, wie Sie wissen, ist die Bundesan-
talt für Arbeit eine Selbstverwaltungskörperschaft des
ffentlichen Rechts. Die Arbeitslosenversicherung un-
erliegt nicht der Fachaufsicht der Bundesregierung,
war der Rechtsaufsicht, aber nicht der Fachaufsicht.
ber die Art und Weise der Ausführung der gesetzlichen
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3457
(A) )
(B) )
Parl. Staatssekretär Gerd Andres
Vorgaben im Bereich der Arbeitslosenversicherung ent-
scheidet die Bundesanstalt daher in eigener Zuständig-
keit.
Nach der mir zu Ihrer Frage vorliegenden Stellung-
nahme der Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeit gibt
es keine zentralen Vorgaben in Form von Quoten oder
Ähnlichem zur Verhängung von Sperrzeiten. Allerdings
gibt es verschiedene Aktivitäten der Arbeitsämter, etwa
im Rahmen der Vermittlungsoffensive, die eine stärkere
Aktivierung von Arbeitslosen zum Ziel haben. Diese
bewerberorientierten Aktivitäten beinhalten auch eine
Erhöhung der Kontaktdichte zu den Arbeitslosen, eine
Intensivierung des Vermittlungsprozesses, einen konse-
quenten Nachweis von Eigenbemühungen und die Teil-
nahme an Eingliederungsmaßnahmen entsprechend den
individuellen Erfordernissen des Arbeitslosen. Soweit
dabei gesetzliche Verpflichtungen verletzt werden und
diese mit Sanktionsmechanismen bewehrt sind, müssen
die Arbeitsämter auch die entsprechenden leistungs-
rechtlichen Konsequenzen ziehen.
Die Bundesregierung begrüßt die Anstrengungen der
Bundesanstalt für Arbeit, eine möglichst umgehende
Vermittlung der Arbeitsuchenden in neue Beschäftigung
zu erreichen, Arbeitslose im Sinne des Förderns und
Forderns stärker zu aktivieren und die Versichertenge-
meinschaft vor der unrechtmäßigen Inanspruchnahme
von Leistungen zu schützen. Diese Anstrengungen zei-
gen, dass die Bundesanstalt dem Auftrag des Gesetzge-
bers aus dem Job-AQTIV-Gesetz nachgekommen ist.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Zusatzfrage? Bitte schön.
Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos):
Herr Staatssekretär, gibt es Ihrer Kenntnis nach Vor-
gaben der Bundesanstalt für Arbeit, zum Beispiel Ar-
beitslose zu drängen, sich als nicht arbeitsbereit zu erklä-
ren, um die Statistik zu verbessern man könnte auch
sagen: zu schönen , wie es in der Wirtschaftswoche
vom 24. April dieses Jahres nachzulesen ist?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
minister für Wirtschaft und Arbeit:
Nein.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Weitere Zusatzfrage? Das ist nicht der Fall.
Dann rufe ich die Frage 28 des Kollegen Fritz auf:
In welcher Weise hat die Bundesregierung den gegenüber
der EU-Kommission durch den Beschluss des Deutschen Bun-
destages vom 13. März 2003 gemäß Bundestagsdrucksache
15/576 eingelegten Parlamentsvorbehalt im Rahmen der lau-
fenden WTO-Dienstleistungsverhandlungen GATS-WTO:
Welthandelsorganisation berücksichtigt und welche prakti-
schen Konsequenzen hat dieser Parlamentsvorbehalt bei dem
Zustandekommen und der inhaltlichen Festlegung der jetzt
vorgelegten EU-Angebote gehabt?
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Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
inister für Wirtschaft und Arbeit:
Herr Präsident, Herr Kollege Fritz, ich bitte, die Fra-
en 28 und 29 zusammen beantworten zu dürfen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Dann rufe ich auch die Frage 29 des Kollegen Fritz
uf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass im nun vor-
gelegten EU-Verhandlungsangebot für die GATS-Verhandlun-
gen der Beschluss des Deutschen Bundestages vom 13. März
2003 ausreichend berücksichtigt wurde, und hält die Bundes-
regierung insbesondere das Ersetzen von wirtschaftlicher
Bedarfsprüfung durch eine Quotenregelung beim Import
von Dienstleistungen durch einreisende Personen Mode 4
für eine ausreichende Beachtung des oben angesprochenen
Beschlusses des Deutschen Bundestages?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
inister für Wirtschaft und Arbeit:
Zunächst zur Frage 28:
Die deutsche Delegation hat im Hinblick auf den
undestagsbeschluss vom 13. März 2003 in der Sitzung
es Ausschusses nach Art. 133 am 19. März 2003 in
rüssel mündlich und schriftlich für das vom Ratssekre-
ariat angefertigte Protokoll Folgendes vorgetragen:
Die Bundesregierung weist darauf hin, dass der Deut-
che Bundestag bislang zu einzelnen Aspekten des Ange-
otsentwurfs seine Beratungen noch nicht abgeschlossen
at und daher noch kein abschließendes Votum hat abge-
en können. Die Bundesregierung weist daher darauf
in, dass zu dem Ende März 2003 in Genf vorzulegenden
ingangsangebot der Gemeinschaft auch weiterhin Stel-
ungnahmen gemäß dem fortlaufenden Verhandlungspro-
ess möglich sein müssen. Bei der Übermittlung und
orlage des Eingangsangebots ist daher auf diesen Um-
tand in geeigneter Weise ausdrücklich hinzuweisen.
Das am 29. April 2003 in der WTO eingebrachte EU-
ingangsangebot ist ausdrücklich als Conditional Offer
ezeichnet. Damit wird auch dem oben angeführten Be-
chluss des Deutschen Bundestages Rechnung getragen.
Die Frage 29 beantworte ich wie folgt:
Erstens. Die Bundesregierung begrüßt das am
9. April 2003 eingebrachte EU-Angebot. Das Eingangs-
ngebot der EU wurde mit allen hiervon betroffenen
tellen, Ressorts, Zivilgesellschaften und unter besonde-
er Berücksichtigung der Bundestagsdiskussion und der
n dem oben angeführten Bundestagsbeschluss niederge-
egten Bedenken abgestimmt und geprüft. Die in dem
undestagsbeschluss vorgebrachten Punkte finden in
em EU-Angebotsentwurf hinreichend Berücksichti-
ung.
Zweitens. Wirtschaftliche Bedarfsprüfungen, Econo-
ic Needs Tests, ENTs abgekürzt, sind von ihrer
rundkonzeption sehr umstritten, da sie aufgrund man-
elnder objektiver Kriterien faktisch vielfach einer
ichtverpflichtung gleichkommen und den mit Liberali-
ierungsverpflichtungen angestrebten Zielen der Verläss-
ichkeit und Rechtssicherheit gerade nicht genügen. Da-
3458 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Parl. Staatssekretär Gerd Andres
her werden ENTs von den Entwicklungsländern, die
insbesondere an zusätzlichen Modus-4-Verpflichtungen
interessiert sind, entschieden abgelehnt. Ferner sind
ENT-Vorbehalte in der Europäischen Union mit großem
Verwaltungsaufwand verbunden, da vor Zugang eines
ausländischen Dienstleistungserbringers zunächst ge-
prüft werden muss, ob im gesamten Gemeinschaftsge-
biet kein vergleichbarer Anbieter zu Verfügung steht.
Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission er-
klärt, unter keinen Umständen zur Aufnahme von ENT-
Vorbehalten in das Gemeinschaftsangebot bereit zu sein.
Stattdessen hat sie die Einführung von numerischen
Obergrenzen in den EU-Eingangsangeboten vorgeschla-
gen. Damit wird zunächst nur die generelle Bereitschaft
der EU-Mitgliedstaaten zu einer Konditionierung durch
numerische Obergrenzen ausgedrückt. Die Einzelheiten
einer derartigen Regelung werden noch eingehend unter
Mitwirkung aller EU-Mitgliedstaaten beraten werden.
Hier besteht ein erheblicher Gestaltungsspielraum. So
sind zum Beispiel nationale oder Gemeinschaftsquoten
möglich. Das EU-Eingangsangebot weist daher darauf
hin, dass die Einzelheiten der Anwendung und der Be-
schränkung der numerischen Obergrenzen noch be-
stimmt werden müssen.
Angesichts dieser Entwicklung hat die Bundesregie-
rung nach intensiven Beratungen mit der Bundesanstalt
für Arbeit und den Arbeitsmarktexperten innerhalb der
Bundesregierung dem Modell der numerischen Ober-
grenzen zugestimmt, da es insgesamt in weitaus besse-
rem Umfang eine Rücksichtnahme auf spezifische natio-
nale Arbeitsmarktprobleme ermöglicht.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Nun hat der Kollege Fritz bis zu vier Zusatzfragen.
Erich G. Fritz (CDU/CSU):
Herr Präsident, mit Ihrer Genehmigung werde ich
diese Zahl nicht ausschöpfen. Ich hoffe, dagegen spricht
nichts.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Das würde wahrscheinlich auf großes Wohlwollen der
anwesenden Kollegen stoßen.
Erich G. Fritz (CDU/CSU):
Herr Staatssekretär, der Bundesregierung war doch
schon vor ihrem Vorstoß in Brüssel bekannt, welche
Schwierigkeiten wirtschaftliche Bedarfsprüfungen mit
sich bringen und dass diese kein wirksames Instrument
sein können. Sie hat dennoch mit diesem Vorschlag auf
den Parlamentsvorbehalt reagiert und ist damit in Brüs-
sel logischerweise gescheitert. Haben Sie sich damit
nicht eigentlich über den Parlamentsvorbehalt hinweg-
gesetzt?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi-
nister für Wirtschaft und Arbeit:
Diese Bewertung teile ich nicht. Das habe ich in mei-
ner Antwort auch ausdrücklich gesagt. Das Angebot der
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U enthält nämlich entsprechende Formulierungen, die
ch Ihnen gerne noch einmal zukommen lasse. Ich wollte
ie Antwort nicht noch länger ausfallen lassen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Herr Kollege Fritz.
Erich G. Fritz (CDU/CSU):
Eine hätte ich noch, Herr Präsident. Aus Kreisen der
oalition ist der Presse mitgeteilt worden, das Angebot
er EU die Liste wird es hier genannt sei von deut-
cher Seite jederzeit revidierbar. Wie beurteilen Sie das
nter dem Aspekt, dass es jetzt eine Vorschlagsliste gibt,
ie im 133er-Ausschuss der Europäischen Union be-
chlossen wurde, und Sie ohnehin wissen, dass die Zu-
tändigkeiten für die Verhandlungen bei der Europä-
schen Union liegen?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
inister für Wirtschaft und Arbeit:
Ich will noch einmal auf meine Antwort zu Ihrer ers-
en Frage verweisen: Die Bundesregierung hat sehr mas-
iv deutlich gemacht, dass es im Laufe der weiteren Be-
atungen hier noch Möglichkeiten für entsprechende
nderungen geben muss. Ich denke, dass wir die auch
ntsprechend nutzen können.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Ich rufe die Frage 30 des Kollegen Fahrenschon auf:
Wann hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit,
Wolfgang Clement, erstmals davon erfahren, dass sein Parla-
mentarischer Staatssekretär Rezzo Schlauch beabsichtigt, die
in der Bild vom 28. April 2003 beschriebene Amerikareise
durchzuführen, und was hat er im Lichte seiner Erkenntnisse
über den damaligen Missbrauch der als Abgeordneter des
Deutschen Bundestages aus Dienst- und Mandatsreisen ent-
standenen Bonusmeilen für private Zwecke durch den heuti-
gen Parlamentarischen Staatssekretär Rezzo Schlauch vor
dessen Ernennung veranlasst?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
inister für Wirtschaft und Arbeit:
Herr Kollege Fahrenschon, Ihre Frage darauf
öchte ich gleich hinweisen würde ich eigentlich ganz
nders beantworten. Da Sie Ihre Frage aber in der Form
estellt haben, wie sie jetzt vorliegt, bekommen Sie auch
ur die Antwort, die man auf Ihre Fragestellung geben
ann.
Ich beantworte also Ihre Frage wie folgt: Die Dienst-
eisen der Leitung des Bundesministeriums für Wirt-
chaft und Arbeit Minister und Staatssekretäre wer-
en kontinuierlich geplant und bei verschiedenen
elegenheiten besprochen. Vor diesem Hintergrund be-
teht keine Notwendigkeit, die jeweiligen Planungs-
chritte datenmäßig zu erfassen. Entsprechend den inter-
en Regelungen des Bundesministeriums für Wirtschaft
nd Arbeit wurde auch die Dienstreise vom Parlamenta-
ischen Staatssekretär Schlauch rechtzeitig und ord-
ungsgemäß angezeigt. Es bestand für Bundesminister
lement keine Veranlassung, vor Ernennung des Parla-
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3459
(A) )
(B) )
Parl. Staatssekretär Gerd Andres
mentarischen Staatssekretärs Schlauch Maßnahmen im
Hinblick auf künftige Dienstreisen zu treffen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Zusatzfrage?
Georg Fahrenschon (CDU/CSU):
Herr Staatssekretär, dann wollen wir beide gemein-
sam versuchen, Ihnen im Nachfrage- und Antwortspiel
die Möglichkeit zu geben, mir die Antwort zu geben, die
Sie mir gerne geben wollen.
(Gerd Andres, Parl. Staatssekretär: Sehen Sie!)
Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht mit
Sicherheit die Frage, ob der Staatssekretär Schlauch
seine Reise von vornherein als teilweise privat deklariert
hat. Deshalb frage ich Sie ganz konkret: Kann der Parla-
mentarische Staatssekretär Rezzo Schlauch den Nach-
weis erbringen, dass er vor Dienstantritt die Reise als
teilweise privat deklariert hat? Wenn ja, wer hat das ab-
gezeichnet und genehmigt?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi-
nister für Wirtschaft und Arbeit:
Erstens. Er kann den Nachweis erbringen; diesen Teil
Ihrer Frage beantworte ich mit Ja. Zweitens. Es gibt dazu
keine Genehmigung und es gibt auch keine Genehmi-
gungsnotwendigkeit.
Georg Fahrenschon (CDU/CSU):
Meine zweite Nachfrage bezieht sich auf das Pro-
gramm der Reise. Können Sie mir erklären, welche spe-
ziellen Informationen und Probleme der Besuch der
Luftwaffenbasis Alamogordo mit sich bringt, bei dem
Eingangsgespräche mit dem Kommandanten, Briefings
und Besichtigungen der Stabsgebäude erfolgten, insbe-
sondere vor dem Hintergrund, dass der Staatssekretär
Rezzo Schlauch diesen Stützpunkt bereits in seiner Ei-
genschaft als Vorsitzender der Fraktion der Grünen be-
sucht hat? Oder kann es sein, dass der Besuch dieses
Luftwaffenstützpunkts insbesondere dadurch begründet
war, dass sein Bruder in unmittelbarer Nachbarschaft
lebt?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi-
nister für Wirtschaft und Arbeit:
Ich habe die Berichterstattung über diese Reise per-
sönlich verfolgt. Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung
sagen, dass auch ich, obwohl ich für arbeits- und sozial-
politische Fragen zuständig war und jetzt darüber hinaus
für Beschäftigungs- und Wirtschaftspolitik zuständig
bin, bei früheren Reisen Bundeswehrstützpunkte im
Ausland besucht habe. Ich halte das als Teilaspekt einer
Reise für völlig korrekt und angebracht. Es besteht von-
seiten der Bundesregierung überhaupt keine Notwendig-
keit, an diesem Tatbestand irgendetwas infrage zu stellen
oder zu kritisieren.
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Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Frau Kollegin Mantel.
Dorothee Mantel (CDU/CSU):
Eine ganz kurze Frage: Was macht der Mittelstands-
eauftragte des Wirtschaftsministeriums bei Daimler,
AP und Motorola?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi-
ister für Wirtschaft und Arbeit:
Wenn man sich das Reiseprogramm anschaut, stellt
an fest, dass die Reise aus sehr unterschiedlichen und
ielfältigen Programmpunkten bestanden hat. Einen ha-
en wir eben schon behandelt. Ich halte es für völlig kor-
ekt, dass sich ein Mitglied der Bundesregierung, wenn
s eine Auslandsreise unternimmt, mit sehr unterschied-
ichen Tatbeständen befasst.
Ich darf Ihnen noch einmal sagen, Frau Kollegin: Ich
in zuständig für Beschäftigungspolitik, habe aber auch
undeswehrstandorte besucht und sie mir angeschaut,
eil ein Vertreter der Bundesregierung natürlich nicht
ur sein eigenes Ressort oder seine Zuständigkeit ver-
ritt, sondern auch die gesamte Bundesregierung. Ich
ehme ganz ausdrücklich diese Anleihe: Wenn man bei
rüheren Besuchen in den Vereinigten Staaten mit Bun-
eswehrangehörigen gesprochen hat, dann wurde man
it bestimmten Fragen konfrontiert, zum Beispiel der
rbeitserlaubnis von Angehörigen in den Vereinigten
taaten. Man ist auch mit anderen Fragen befasst.
Wenn der Mittelstandsbeauftragte bei einer Auslands-
eise mittelständische Firmen oder Unternehmen be-
ucht, können wir uns freundlich darüber unterhalten,
m welche Größenordnung es dabei geht. Aber wenn der
taatssekretär aus dem Wirtschaftsministerium einen
uslandsbesuch macht, ist es doch wohl selbstverständ-
ich, dass er unterschiedliche Wirtschaftsunternehmen
ufsucht, die dort tätig sind, zumal wenn sie aus
eutschland kommen.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Frau Connemann hat die nächste Zusatzfrage.
Gitta Connemann (CDU/CSU):
Herr Staatssekretär, welche Antwort hätten Sie dem
ollegen Fahrenschon gerne gegeben?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi-
ister für Wirtschaft und Arbeit:
Frau Kollegin, ich kann immer nur auf die Fragen ant-
orten, die gestellt worden sind. Wenn eine freundliche
rage gestellt wird, kann man sie nur entsprechend be-
ntworten.
Aber ich gehe in diesem Zusammenhang ein bisschen
eiter. Ich hätte ihm Folgendes geantwortet: Erstens.
itglieder der Bundesregierung müssen Reisen nicht
ormal genehmigen lassen. Das gilt sowohl für Minister
ls auch für Parlamentarische Staatssekretäre. Deswegen
3460 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Parl. Staatssekretär Gerd Andres
gehen Fragen, die sich darauf richten, wer was wo ge-
nehmigt hat, völlig am Tatbestand vorbei.
Zweite Antwort das bezieht sich alles auf Ihre Frage :
Die Reise enthielt private Bestandteile.
Dritte Antwort: Die privaten Bestandteile der Reise
sind vom Parlamentarischen Staatssekretär Schlauch vor
Reiseantritt der Reisestelle des BMWA mitgeteilt wor-
den. Falls also irgendjemand auf die Idee kommt, er
wolle das nun rechtfertigen, weil es in der Zeitung ge-
standen habe, liegt falsch. Es ist vorher mitgeteilt wor-
den und es gibt einen Aktenvermerk, sodass wir alles be-
legen können.
Die vierte Antwort, die ich geben würde weil man
mit solchen Themen wunderbar spekulieren kann , ist,
dass Herr Parlamentarischer Staatssekretär Schlauch den
Bundesrechnungshof gebeten hat, seine Reise hinsicht-
lich des Ablaufs und der Abrechnung zu überprüfen.
Wenn der Prüfbericht des Bundesrechnungshofes vor-
liegt, werden interessierte Stellen das Ergebnis erhalten.
Sie werden sicherlich zugeben, dass an dem Prüfbericht
des Bundesrechnungshofes als neutraler Stelle nichts ge-
deutelt werden kann.
Diese Antwort hätte ich gegeben, wenn gleich am An-
fang entsprechend gefragt worden wäre.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Wir dürfen aber die Antwort, die Sie jetzt gegeben ha-
ben, im Protokoll festhalten.
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi-
nister für Wirtschaft und Arbeit:
Deswegen habe ich diese Antwort gegeben, Herr Prä-
sident. Ich bedanke mich ausdrücklich für den Hinweis.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Damit sind zumindest insofern alle möglichen Miss-
verständnisse beseitigt. Für eine weitere Zusatzfrage hat
der Kollege Wellenreuther das Wort.
Ingo Wellenreuther (CDU/CSU):
Herr Staatssekretär, inwieweit war der Bundeskanzler
oder das Bundeskanzleramt vorab und in welcher Form
über die Reise des Staatssekretärs Schlauch in die USA
informiert?
Gerd Andres, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi-
nister für Wirtschaft und Arbeit:
Falls Sie auf die Idee kommen, dass der Bundeskanz-
ler Reisen von Staatssekretären formal genehmigen
muss oder dass dem Bundeskanzler persönlich vorher
zur Kenntnis gegeben wird, wohin die Ressortminister
oder die Staatssekretäre reisen, dann darf ich Sie beruhi-
gen: So etwas findet nicht statt.
Selbstverständlich werden Auslandsreisen der Res-
sortminister und von Staatssekretären auch mit den zu-
ständigen Abteilungen des Bundeskanzleramtes abge-
stimmt; das Auswärtige Amt wird einbezogen. Mit allen,
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ie aus politischen oder aus inhaltlichen Gründen in ir-
endeinem Zusammenhang mit den Reisen zu tun haben,
ird entsprechend Einvernehmen hergestellt.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereiches.
ielen Dank, Herr Andres.
Bei den zum Geschäftsbereich des Bundesministeri-
ms für Gesundheit und Soziale Sicherung eingereichten
ragen das sind die Fragen 31 bis 36 ist jeweils um
chriftliche Beantwortung gebeten worden.
Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bun-
esministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.
ie Fragen 37, 38 und 39 werden schriftlich beantwor-
et.
Ich rufe die Frage 40 der Kollegin Gitta Connemann
uf:
Trifft es zu, dass die Bundesrepublik Deutschland als Ei-
gentümerin des Meeresbodens innerhalb des so genannten
Küstenmeeres, 12-Seemeilen-Zone, eine Nutzung in Gestalt
der Errichtung von Offshore-Windenergieanlagen von dem
Abschluss eines zivilrechtlichen Nutzungsvertrages mit etwai-
gen Betreiberunternehmen abhängig machen kann, und, wenn
ja, in welchen Fällen sind bereits solche Verträge geschlossen
worden?
Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen:
Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Kollegin
onnemann, es trifft zu, dass die Bundesrepublik
eutschland für die Nutzung des Küstenmeeres zur Er-
ichtung von Offshore-Windenergieanlagen den Ab-
chluss eines zivilrechtlichen Nutzungsvertrages durch
as Betreiberunternehmen fordert. Nur über einen Nut-
ungsvertrag können die Eigentümerinteressen des Bun-
es hinsichtlich der Errichtung und Beseitigung von An-
agen Dritter auf Bundeseigentum verbindlich geregelt
erden. Es sind bisher noch keine Verträge abgeschlos-
en worden, weil sich alle Offshore-Windenergieanlagen
och im Planungsstadium befinden.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Zusatzfrage, bitte schön.
Gitta Connemann (CDU/CSU):
Sind Betreiberunternehmen schon im Vorfeld an die
undesregierung herangetreten?
Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen:
Ja. Da diese Frage auch Gegenstand Ihrer zweiten
rage ist, möchte ich sie in diesem Zusammenhang mit
eantworten.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Dann rufe ich noch die Frage 41 der Kollegin Gitta
onnemann auf:
Sind Betreiberunternehmen an die Bundesregierung we-
gen der Aufnahme von Vertragsverhandlungen herangetreten
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3461
(A) )
(B) )
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
und, wenn ja, in welchem Stadium befinden sich die Vertrags-
verhandlungen?
Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen:
Betreiberunternehmen sind im Vorfeld ihrer Planun-
gen an die örtlich zuständigen Wasser- und Schifffahrts-
ämter bzw. an die Wasser- und Schifffahrtsdirektionen
herangetreten. Dabei sind sie darauf hingewiesen wor-
den, dass jeweils der Abschluss eines zivilrechtlichen
Nutzungsvertrages nach dem eingeführten Muster der
Wasser- und Schifffahrtsverwaltung erforderlich ist.
Konkrete Vertragsverhandlungen haben noch nicht statt-
gefunden.
Gitta Connemann (CDU/CSU):
Würde zum Beispiel die Höhe des Nutzungsentgelts
Bestandteil eines solchen Nutzungsvertrages sein?
Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen:
Wir müssen in diesem Zusammenhang zwei Punkte
unterscheiden: zum einen die Nutzungsverträge und zum
anderen die möglichen Entgeltzahlungen. Das Küsten-
meer steht als Seewasserstraße im Eigentum der Bundes-
republik Deutschland. Es ist nach Art. 89 des Grundge-
setzes Ressortvermögen des Bundesministeriums für
Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Das Küstenmeer
wird von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des
Bundes verwaltet, die für die Nutzung des Eigentums
Nutzungsverträge abschließt, in denen die Rechte und
Pflichten der Nutzer geregelt sind. Es geht, wie gesagt,
nicht nur um die Errichtung, sondern auch um die Besei-
tigung, was Sinn macht. Es ist also wichtig, dass die Ei-
gentümerinteressen gewahrt werden.
Die WSV ist in ihrem Verwaltungshandeln an § 63
der Bundeshaushaltsordnung gebunden. Das heißt, sie
hat für eine solche Nutzung ein Entgelt zu fordern. Für
eine nach Haushaltsrecht erforderliche Ausnahmerege-
lung ist das Bundesministerium der Finanzen federfüh-
rend zuständig, das bei Nachweis der Grenzwirtschaft-
lichkeit durch den Anlagenbetreiber auf ein Entgelt
verzichtet. Dieses Vorgehen ist zwischen dem BMF, dem
BMWA, dem BMU und dem BMVBW abgestimmt. Ein
Verzicht auf den Abschluss von Nutzungsverträgen
kommt dagegen nicht in Betracht.
Das heißt, wenn ein Antrag gestellt wird, wird ge-
prüft, ob in den Vertrag eine Entgeltregelung eingearbei-
tet werden muss oder nicht. Das wird jeweils davon ab-
hängig gemacht, ob eine Grenzwirtschaftlichkeit vorliegt
oder nicht.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Bitte schön.
Gitta Connemann (CDU/CSU):
Wie definieren Sie Grenzwirtschaftlichkeit?
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Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen:
Ob eine Grenzwirtschaftlichkeit besteht, unterliegt ei-
er Prüfung. Der Investor wird sagen: Ich tätige be-
timmte Investitionen und habe einen bestimmten Nut-
en. Wenn ich ein Entgelt zahle, das eine bestimmte
öhe überschreitet, dann komme ich ins Defizit, ins Mi-
us.
Das heißt, Grenzwirtschaftlichkeit kann man nicht
llgemeingültig definieren. Einem Antrag müssen be-
astbare Zahlen zugrunde gelegt werden und vor diesem
intergrund muss geprüft werden, ob eine Grenzwirt-
chaftlichkeit vorliegt.
Gitta Connemann (CDU/CSU):
Gehört zu den potenziellen Verhandlungspartnern
zw. Vertragsinteressenten auch ein Vertragsinteressent
etreffend das geplante Gebiet Borkumer Riffgat?
Achim Großmann, Parl. Staatssekretär beim Bun-
esminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen:
Darüber kann ich Ihnen nichts sagen. Ich habe ausge-
ührt, dass noch keine konkreten Verhandlungen stattge-
unden haben. Wenn Sie nach potenziellen Vertragspart-
ern fragen, so muss ich feststellen: Ich kann mir viele
orstellen; aber ich kann in keinem Einzelfall sagen,
ass das einer sein oder nicht sein könnte. Das wird auf
ie Antragstellung ankommen. Einen Antrag stellen
ann potenziell jeder.
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Weitere Fragen liegen nicht vor.
Wir sind damit am Ende der Fragestunde. Bis zum
eginn der Aktuellen Stunde unterbreche ich die Sitzung
is 15.30 Uhr.
(Unterbrechung von 15.11 bis 15.30 Uhr)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich rufe Zusatzpunkt 1 der Tagesordnung auf:
Aktuelle Stunde
Situation im Hinblick auf das akute Atem-
wegssyndrom (SARS) in der Bundesrepublik
Die Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die
rünen haben diese Aktuelle Stunde beantragt.
Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat
as Wort für die Bundesregierung die Parlamentarische
taatssekretärin Marion Caspers-Merk.
Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin bei der
undesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das
hema SARS ist ein Thema, das die Menschen in Eu-
opa und weltweit derzeit intensiv beschäftigt. Uns errei-
hen viele Anfragen, weil große Verunsicherung darüber
3462 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk
besteht, was die tatsächlichen Risiken sind und wie wir
ihnen begegnen können; von der Bundesregierung wer-
den verlässliche Zahlen und Strategien angefordert. Au-
ßerdem erreichen uns momentan viele Anfragen insbe-
sondere von Industrieunternehmen, weil in Frankfurt
eine große Messe, die ACHEMA, ansteht.
Wir können festhalten, dass neue Krankheiten und de-
ren Risiken vor Grenzen nicht Halt machen. Aus diesem
Grund stellt sich die Frage nach den Gefahren durch In-
fektionen verschärft. Wir befassen uns derzeit nicht nur
mit dem Thema SARS. Wir beschäftigen uns im zustän-
digen Ausschuss auch mit dem Thema Geflügelpest in
den Niederlanden. Auch dies ist eine Herausforderung.
Daher müssen wir uns immer vor Augen führen, wie die
Gefährdungssituation in Deutschland aussieht und wel-
che Maßnahmen und Strategien erforderlich sind.
Inzwischen breitet sich SARS das schwere akute
respiratorische Syndrom weiter aus. Nach aktuellen
WHO-Angaben haben sich bis zum heutigen Tage welt-
weit 6 727 Menschen infiziert, 478 Personen sind an
SARS bereits gestorben. Betroffen sind derzeit
30 Länder, am stärksten China mit Hongkong, Taiwan
und Singapur mit fast 95 Prozent aller bekannten Fälle.
Deshalb unterstützt die Bundesrepublik China bei der
Behandlung von SARS-Patienten mit der Beschaffung
von medizinischem Gerät im Wert von 10 Millionen
Euro. Es war ein ausdrücklicher Wunsch der chinesi-
schem Regierung, dass Deutschland bei der Beschaffung
von Röntgengeräten und bei der logistischen Unterstüt-
zung hilft. Das haben wir sehr schnell getan.
Die Identifizierung und genetische Analyse des Erre-
gers wurde durch eine weltweite Kraftanstrengung in ex-
trem kurzer Zeit geleistet. Derzeit werden verschiedene
Testverfahren eingesetzt, so auch ein Verfahren, das vom
Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg entwickelt wurde.
Die WHO gibt eine wahrscheinliche Sterblichkeits-
rate von 5 bis 6 Prozent an. Einer aktuellen englischen
Studie zufolge kann sie mit bis zu 13 Prozent deutlich
höher liegen. Allerdings müssen wir die Ergebnisse die-
ser Studie, die entsprechend publiziert wurde und auch
durch die Regenbogenpresse ging, mit großen Fragezei-
chen versehen, weil diese von den deutschen Forschern
nicht bestätigt werden konnten. Die britische Studie legt
mit einem Sterblichkeitsrisiko von 40 Prozent bei den
über 60-Jährigen sehr dramatische Ergebnisse vor. Des-
wegen melden wir deutliche Zweifel an. Bei allem, was
wir bislang wissen, können wir diese hohe Zahl nicht be-
stätigen. Natürlich sind die Risiken nicht zu unterschät-
zen, weil wir derzeit weder über ein Impfverfahren noch
über eine gezielte Therapie verfügen. Daher müssen wir
uns den klassischen Aufgaben der Seuchenbekämpfung
widmen und den internationalen Austausch intensivie-
ren.
In Deutschland sind bisher acht wahrscheinliche Fälle
und 38 Verdachtsfälle registriert worden. Auch dies ist
der Stand vom heutigen Tag. Sämtliche Meldungen über
SARS-Verdachtsfälle werden beim Robert-Koch-Insti-
tut zusammengeführt. Das Robert-Koch-Institut hat un-
ter anderem Falldefinitionen für die Identifizierung von
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rkrankungsfällen erarbeitet und Empfehlungen für den
mgang mit SARS-Verdachtsfällen sowie die SARS-
iagnostik veröffentlicht. Daneben stellt es Referenzma-
erial für die Laboratorien zur Verfügung, um bei einem
erdachtsfall sicher beurteilen zu können, ob es sich tat-
ächlich um das Virus handelt.
An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich auf die
öglichkeit hinweisen, sich zeitnah und umfassend auf
er entsprechenden Internetseite des Robert-Koch-Insti-
uts zu informieren. Wir haben das Robert-Koch-Institut
eranlasst, speziell für Messebesucher die Informationen
u aktualisieren und Hinweise zu geben, weil uns insbe-
ondere aus diesem Bereich zurzeit sehr viele Anfragen
orliegen.
Alle erforderlichen Mittel zur Erkennung und zum
anagement von SARS-Fällen durch die lokalen Ge-
undheitsbehörden und Institutionen wurden somit durch
ie Bundesregierung bereitgestellt. Wirksame Maßnah-
en gegen SARS sind die schnelle Identifizierung von
nfektionsfällen und die Vermeidung von Folgeinfektio-
en durch entsprechende seuchenhygienische Maßnah-
en, das heißt durch Quarantäne, Identifizierung, Loka-
isierung und vor allen Dingen auch prophylaktische
aßnahmen.
Auch die Aufklärung und Information von Reisenden
us betroffenen Gebieten sind wesentliche Maßnahmen.
ntragstellern für deutsche Visa werden Informations-
aterialien bereits in der jeweiligen Botschaft bei An-
ragstellung ausgehändigt. Das Bundesministerium für
esundheit und Soziale Sicherung und das Bundesmi-
isterium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen sind
emeinsam an die Fluglinien herangetreten und haben
m die Verteilung von Informationen schon während des
lugs gebeten.
Parallel zu unserer Plenarsitzung findet auf Initiative
es Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Woh-
ungswesen heute in Frankfurt eine Konferenz statt, die
ich mit SARS im internationalen Reiseverkehr beschäf-
igt. Das Auswärtige Amt gibt der WHO folgend Reise-
mpfehlungen. Darüber hinaus hat das Auswärtige Amt
llgemeine Hinweise zu SARS für Reisende veröffent-
icht.
Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale
icherung sieht für Deutschland derzeit keine akute Ge-
ahr durch SARS. Dennoch hat unser Haus das Robert-
och-Institut beauftragt, ein Konzept zu entwickeln, um
eutschland nachhaltig vor SARS zu schützen. Es gilt,
ie Schutzmaßnahmen entsprechend dem wachsenden
enntnisstand weiterzuentwickeln und Behandlungsfor-
en sowie später eine Impfstrategie zu entwerfen. Eu-
opa ist bisher nur mit weniger als 1 Prozent der SARS-
rkrankungsfälle betroffen. Trotzdem wird die Bedro-
ung in der Europäischen Union sehr ernst genommen.
o fand gestern eine Sondersitzung des Rates der Ge-
undheitsminister zu diesem Thema in Brüssel statt.
Deutschland strebt eine gemeinsame Strategie und ein
inheitliches Vorgehen bei den seuchenhygienischen
aßnahmen an. Wir haben uns darüber hinaus dafür ein-
esetzt, dass wir auf europäischer Ebene ein Netzwerk
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3463
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Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk
von Kompetenzzentren der einzelnen Staaten einrichten
und die Zusammenarbeit verbessern.
Der Erlass von Einreisebeschränkungen und die
Durchführung von Gesundheitsuntersuchungen aller
Reisenden aus den betroffenen Gebieten auf den Flughä-
fen werden derzeit nicht erwogen. Dies war ein Vor-
schlag Italiens, dem alle anderen Länder innerhalb der
EU aus der Überlegung heraus, dass dadurch eine fal-
sche Sicherheit suggeriert würde, nicht gefolgt sind. Wir
wissen heute, dass die Inkubationszeit länger ist, als ein
Flug dauert. Wenn man eine allgemeine Gesundheitsun-
tersuchung aller Reisenden durchführen würde, würden
sich alle fälschlicherweise in Sicherheit wiegen, weil da-
von ausgegangen würde, dass jemand nicht infiziert ist,
wenn momentan kein Verdacht vorliegt. Dies lässt sich
jedoch aufgrund unseres Kenntnisstandes nicht mit Si-
cherheit sagen. Diese Einschätzung wurde von den euro-
päischen Gesundheitsministern auf der Sondersitzung
bestätigt.
Darüber hinaus haben wir darüber beraten, die For-
schung und Entwicklung von diagnostischen Tests, anti-
viralen Medikamenten und eines Impfstoffs gegen
SARS finanziell zu unterstützen. Die Kommission
wurde beauftragt, in diesem Sommer erste entspre-
chende Schritte einzuleiten und Vorschläge zu unterbrei-
ten. Angesichts der Bedrohungssituation halten wir es
für vernünftig, dass gerade bezüglich der Impfstrategie
und der gemeinsamen diagnostischen und therapeuti-
schen Empfehlungen eine europäische Strategie entwi-
ckelt wird; denn es würde wenig Sinn machen, dieses
national allein zu entwickeln.
Deshalb war es richtig, statt der Einrichtung eines
neuen Zentrums für Krankheitsprävention und -kontrolle
dies war der erste Vorschlag der Kommission zu prü-
fen das war der Vorschlag der Bundesrepublik , wie
man die derzeitigen Kompetenzzentren virtuell vernet-
zen kann, wie man eine europäische Struktur und Koo-
peration schaffen kann, ohne eine neue europäische Be-
hörde ins Leben zu rufen. Denn bis zur Aufnahme ihrer
Arbeit würde dies eine Lücke hinterlassen, weil sich je-
der auf den anderen verließe. Ein solches Vorgehen hätte
das Risiko beinhaltet, dass die nationalen Anstrengungen
nicht in diesem Umfang wahrgenommen würden.
Wir müssen auf die globalen Herausforderungen na-
tional, europäisch und global antworten. Wir tun dies
durch Unterstützung der betroffenen Staaten, wie ich das
am Beispiel Chinas verdeutlicht habe, und mit der Ver-
stärkung der Kooperation.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Annette Widmann-
Mauz von der CDU/CSU-Fraktion.
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Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
s gibt eine Fülle von aktuellen Problemen in Deutsch-
and: Die Arbeitslosigkeit im April ist seit der Wieder-
ereinigung auf dem höchsten Stand. Das Wirtschafts-
achstum in unserem Land ist besorgniserregend
iedrig. Unser System der sozialen Sicherung kollabiert.
ie Beitragssätze der gesetzlichen Krankenversiche-
ung sind so hoch wie nie und steigen ständig weiter. Die
assen sind dramatisch verschuldet.
(Dr. Uwe Küster [SPD]: Zum Thema!)
Herr Kollege, es gibt wirklich viele Probleme in
eutschland. SARS gehört Gott sei Dank aktuell
icht dazu.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordne-
ten der FDP Dr. Uwe Küster [SPD]: Aha!)
Die Bundesregierung hat gestern betont, dass es für
eutschland keine akute Bedrohung durch SARS gibt.
uch das Robert-Koch-Institut bestätigt, dass der Infek-
ionsschutz in Deutschland durch die gute Zusammenar-
eit der zuständigen Behörden der Bundesländer und der
esundheitsämter vor Ort hervorragend ist. Das Drän-
en der SPD, heute in einer Aktuellen Stunde das wich-
ige Thema SARS zu debattieren, ist ein politisches Ab-
enkungsmanöver. Die Hiobsbotschaft des heutigen
ages lautet: 4,5 Millionen Menschen in Deutschland
ind arbeitslos. Das ist das eigentliche Thema des Tages.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn Sie politisch nicht weiter wissen, dann versu-
hen Sie gern, andere Themen in den Vordergrund zu
tellen. Es ist noch gar nicht lange her, dass Sie außenpo-
itische Fragen beantwortet haben, die überhaupt kein
ensch gestellt hat. Der Verdacht kommt auf, dass Sie
uch diese Debatte wieder instrumentalisieren, dass Sie
ie Sorgen und Ängste der Menschen nutzen, um von
nderen Dingen abzulenken. Der Stellenwert dieses The-
as zeigt sich darin, dass die Bundesgesundheitsminis-
erin heute Wichtigeres zu tun hat, als an der Debatte
eilzunehmen. Sie besucht eine Regionalkonferenz der
PD, um für Mehrheiten im eigenen Lager zu sorgen.
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Unglaublich!)
ie Emotionalisierung von Politik ist schon bei der Flut-
atastrophe nicht gelungen. Die aktuellen Probleme in
nserem Land bleiben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Lungenkrankheit SARS bereitet den Menschen
orge und macht ihnen Angst. Wir alle sollten diese
ngst ernst nehmen. Mittlerweile hat der SARS-Erreger
eben China einschließlich Hongkong, Singapur und
anada ein weiteres bevölkerungsreiches Land, nämlich
ndien, erreicht. In solchen unterentwickelten und über-
evölkerten Ländern könnte der Erreger als eine Art in-
ektiöse Streubombe explodieren. Das Verhalten der chi-
esischen Behörden hat diesem Erreger überhaupt erst
en Weg geebnet. Durch Vertuschung und Verschweigen
at man in Kauf genommen, dass sich dieser Erreger
erbreitet.
3464 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
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Annette Widmann-Mauz
Dieser Erreger ist eine klare Herausforderung für die
Forschung und die Arzneimittelindustrie. Die deutschen
Ärzte und Chemiker haben sich in den letzten Wochen
und Monaten große Verdienste erworben. Aber dieser
Erreger ist auch eine große Herausforderung für die Poli-
tik. Wir stehen in der Pflicht, die Forschung zu unterstüt-
zen, und zwar durch die Bereitstellung von Haushalts-
mitteln. Jede Kürzung im Bereich von Gesundheit,
Bildung und Forschung, die Sie im Haushalt 2003 vor-
genommen haben, schlägt auf uns zurück.
(Beifall bei der CDU/CSU)
In unserer Regierungszeit haben wir es wurde zu Ih-
rer Regierungszeit umgesetzt ein Infektionsschutzge-
setz initiiert. Gerade angesichts der zentralen Rolle des
Robert-Koch-Instituts und der guten Kooperation zwi-
schen dem Bund und den Länderbehörden bietet es gute
Voraussetzungen.
Es gibt noch andere Seuchengefahren. Ich nenne ne-
ben SARS eine weitere, nämlich die Geflügelpest, die
sich direkt vor unserer Haustür ausgebreitet hat. Auch
der Erreger der Geflügelpest kommt aus dem Tierreich
und kann zu einer extremen Gefahr für die Bevölkerung
werden, wenn er auf den Menschen überspringt.
Es ist wichtig, die Frage zu stellen, ob das zuständige
Robert-Koch-Institut sowohl personell als auch finanzi-
ell überhaupt so ausgestattet ist, dass es den gewachse-
nen Anforderungen gerecht werden kann. Es ist schon so
weit, dass in einem Schreiben des im Gesundheitsminis-
terium zuständigen Staatssekretärs an den Vorsitzenden
des Gesundheitsausschusses erläutert wird, dass das RKI
seinen Aufgaben wegen der fehlenden Mitarbeiter gar
nicht mehr gerecht werden kann. Die Mitarbeiter müssen
einen selbstlosen Einsatz erbringen, weil Sie die erfor-
derlichen Mittel nicht zur Verfügung stellen. Damit sind
wir in einer sehr schwierigen Situation.
Als wir das Infektionsschutzgesetz verabschiedet ha-
ben, war zwischen der Bundesregierung und uns klar,
dass es mehr Stellen bedarf. Das Finanzministerium hat
45 zusätzliche Stellen zugestanden. Sie wissen ganz ge-
nau, dass Sie diese Zahl bis heute nicht erfüllt haben. Sie
haben dem Robert-Koch-Institut gerade einmal 28 zu-
sätzliche Stellen zugestanden und die auch noch mit dem
Vermerk kann wegfallen versehen.
Wir brauchen keine schönen Reden, sondern wir
brauchen endlich Taten in diesem Land. Wir müssen die
Grundlagen, nämlich die Finanzen unseres Staates, in
Ordnung bringen. Nur dann sind wir in der Lage, die He-
rausforderungen solcher Seuchen wie SARS bewältigen
zu können. Machen Sie Ihre Hausaufgaben! Wir brau-
chen Taten statt Worte.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP
Dr. Wolfgang Wodarg [SPD]: Wir müssen Ihre
Defizite erst einmal beseitigen!)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Petra Selg vom Bünd-
nis 90/Die Grünen.
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Petra Selg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
ollegen! SARS, auch Sars genannt, ein schweres aku-
es respiratorisches Syndrom, ist eine Atemwegserkran-
ung. Wir machen Taten, nicht nur Worte; Sie hingegen
lasen nur heiße Luft in den Raum.
Seit November 2002 breitet sich SARS rasant aus, vor
llem in China einschließlich Hongkong und in Taiwan.
ir lesen in den Medien täglich andere Meldungen über
ie Zahl der Erkrankten und Verstorbenen. Deshalb lese
ch keine Zahlen vor. Zwischenzeitlich sind die Informa-
ionen und vor allem der Umgang mit der Erkrankung
esser geworden, woran vor allem auch Deutschland ei-
em großen Anteil hat.
Der Virus konnte sich dort vor allem deshalb so rasant
usbreiten, weil die Gesundheitsvorsorge vor Jahren dort
ufgegeben wurde. Das ist eine ideale Brutstätte für Seu-
hen. Wir werden, Frau Widmann-Mauz, gerade die Ge-
undheitsvorsorge in Deutschland weiterhin stärken, was
ie jahrelang versäumt haben. Deswegen ist der Ver-
leich mit Deutschland, was diese schwere Krankheit
etrifft, an den Haaren herbeigezogen.
Diese Aktuelle Stunde ist keineswegs ein Ablen-
ungsmanöver. Wir wollen damit auch verhindern, dass
n Zukunft so unsinnige Debatten, wie Sie sie im Zusam-
enhang mit der möglichen Pockengefahr angezettelt
aben, geführt werden. Deshalb informieren wir heute
echtzeitig und sachbezogen.
(Beifall bei der SPD Annette Widmann-
Mauz [CDU/CSU]: Warum haben Sie das im
Ausschuss bisher nicht gemacht?)
Im Moment sind 26 Länder betroffen. In Deutschland
ind wahrscheinlich sieben Fälle bekannt, es gibt
4 Verdachtsfälle. EU-weit ist das bisher 1 Prozent. Die
rau Staatssekretärin hat schon gesagt, dass es gestern in
rüssel ein Treffen der Gesundheitsminister gab. Es
ird ein einheitliches Vorgehen geben. Wir haben den
rnst der Lage erkannt. Gleichwohl besteht nach wie vor
ein Grund zur Panik in Deutschland. Man sollte viel-
eicht Reisen, vor allem in die betroffenen Gebiete, da-
aufhin überprüfen, ob sie notwendig sind. Das ist aber
eine Warnung, sondern eine Empfehlung. Panik ist in
olchen Fällen fehl am Platz, wenn Sie sie auch gerne
eraufbeschwören. Auch wenn etwa die Sommergrippe
n Deutschland auftritt, muss man nicht immer gleich
ARS befürchten.
Information und Aufklärung waren uns immer wich-
ig. Deswegen werden die Fluggäste aus den besonders
etroffenen Ländern informiert, aber nicht kontrolliert.
erstärkte Einreisekontrollen sind aufgrund des Verlaufs
er Krankheit und der Inkubationszeit nicht unbedingt
innvoll. Wir haben in Deutschland einen hervorragen-
en Hygienestandard, wir haben einzigartige Seuchen-
chutzmaßnahmen und wir haben erstklassig ausgebilde-
es medizinisches und pflegerisches Personal, welches
ach den Vorgaben und Empfehlungen des Robert-
och-Institutes arbeitet. Darüber hinaus gibt es eine gute
usammenarbeit mit den Ländern. Die Forschung über
rankheitserreger und die Erforschung und Entwicklung
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3465
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Petra Selg
von Impfstoffen gegen diese Viren stehen an erster
Stelle.
SARS wird in den Medien zurzeit gerne als die Seu-
che des 21. Jahrhunderts beschrieben. Die Schlagzeilen
übertreffen sich: China hält den Atem an oder Wett-
lauf mit dem Lungenfieber. Ich halte das alles nicht für
sinnvoll. Es gab schon viele große Seuchen, ob Aids,
Ebola oder die derzeitige Geflügelpest in den Niederlan-
den; SARS wird nicht die letzte Seuche in diesem Jahr-
hundert sein. Wir müssen in unserer globalisierten Welt
vielleicht in Zukunft unser Reiseverhalten überdenken.
Ich hoffe aber, dass wir auch zukünftig mit solchen sach-
lichen und der Aufklärung dienenden Debatten weitaus
mehr dazu beitragen
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Reden Sie doch
zuerst mit Rezzo Schlauch darüber!)
Sie können gerne mit Rezzo Schlauch reden. Das ist si-
cherlich kein Problem. Tun Sie das, wenn Sie damit ein
Problem haben! Das ist eines der Ablenkungsmanöver,
die Sie gerne inszenieren. Das war auch schon so bei der
Debatte über die Pocken, mit der Sie uns im Ausschuss
immer wieder genervt haben, oder bei anderen Debatten,
die Sie im Bundestag immer wieder anzetteln.
Ich wünsche mir, dass wir in der weiteren Debatte
über SARS sachlich und dem Thema angemessen vorge-
hen und dass Sie Ihr Kindertheater unterlassen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Heinrich L. Kolb
von der FDP-Fraktion.
Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
denke, man kann mit Blick auf die Bedrohung durch das
akute Atemwegssyndrom in Deutschland von einer ge-
spannten Ruhe sprechen. Es ist allerdings eine Ruhe
bzw. eine Situation, die jederzeit kippen kann. Ich habe
das in der vergangenen Woche in meinem Wahlkreis
hautnah erleben müssen der Kollegin Ober ist der Fall
auch bekannt , als eine Lehrerin, die in den Osterferien
in China war sie war allerdings nachweislich nicht in
Gebieten unterwegs, in denen mit einer Ansteckungsge-
fahr zu rechnen war , auf Druck der Elternschaft für
zehn Tage vom Schuldienst suspendiert werden musste,
weil andernfalls ein Schulstreik der Eltern und Schüler
angedroht wurde.
Die fast schon hysterische Reaktion, die an dieser
Schule zu beobachten war, gibt eine Ahnung von dem,
was in unserem Lande passieren könnte, wenn eine grö-
ßere Zahl solcher Verdachtsfälle zu verzeichnen wäre.
Pikant ist übrigens, dass der Sprecher der Elternschaft
auf dem Frankfurter Flughafen eine Umgebung, in der
die Infektionsgefahr sicherlich auch nicht als gering an-
zusehen ist arbeitet.
Vor diesem Hintergrund ist wohl nichts dagegen ein-
zuwenden, dass wir über dieses Thema im Deutschen
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undestag im Rahmen einer Aktuellen Stunde diskutie-
en. Entscheidend ist aber die Art und Weise, wie wir das
un. Wir sollten über das Thema unaufgeregt und keines-
alls marktschreierisch diskutieren.
Ich will allerdings eines anmerken: Ich hätte mir ge-
ünscht, dass wir uns vor der Diskussion im Plenum
uch im zuständigen Fachausschuss mit dieser Frage be-
asst hätten.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
uf Anregung der FDP im gestrigen Obleutegespräch
ollte das Thema heute unter dem Punkt Verschiede-
es behandelt werden; dazu ist es aber aus Zeitgründen
icht gekommen.
Wir sollten über das Thema, wie gesagt, nicht markt-
chreierisch sozusagen auf dem öffentlichen Markt-
latz diskutieren, sondern im zuständigen Fachgre-
ium, in dem auch konkrete Maßnahmen erörtert
erden können.
Wir sind uns darin einig, dass in Deutschland derzeit
eine akute Gefahr für den Ausbruch von SARS besteht.
ber es besteht sicherlich eine latente Gefahr. Die
rankheit kann jederzeit auf Deutschland übergreifen.
ass das bisher nicht geschehen ist, ist wohl zu einem
roßen Teil Glück.
Wir sollten versuchen, diese bislang glückliche Ent-
icklung durch konkretes, zielgerichtetes Vorgehen zu
erstärken. Hierbei ist insbesondere auch die Europä-
sche Union gefordert. Die Staatssekretärin hat bereits
as Sondertreffen der EU-Gesundheitsminister in Brüs-
el angesprochen. Es geht meines Erachtens nicht an,
ass Reisende aus China je nach ihrem europäischen
ielflughafen Rom, Brüssel oder Frankfurt unter-
chiedlich behandelt werden. Wenn der EU-Gesund-
eitskommissar David Byrne beklagt, dass bei Ausbruch
iner Tierseuche umgehend die europäischen Grenzen
eschlossen würden, dass ihm aber bei Ausbruch einer
ie Menschen gefährdenden Seuche die Hände gebun-
en seien, dann zeigt das, wie dringend notwendig ein
oordiniertes Vorgehen auf europäischer Ebene ist.
Ich denke, dass angesichts der akuten Bedrohung
urch die Krankheit SARS die von Byrne seit mehr als
inem Jahr erhobene Forderung nach Errichtung eines
uropäischen Zentrums zur Bekämpfung von Seuchen
nd Infektionskrankheiten einen neuen Schub bekommt.
Sicherlich muss auf europäischer Ebene Arbeit geleis-
et werden. Wir müssen aber auch auf der nationalen
bene Aufklärung betreiben. Angst entsteht letztendlich
mmer aus Unwissenheit und Uninformiertheit. Das von
ir eingangs beschriebene Beispiel einer hysterischen
eaktion zeigt doch, dass es hier erheblichen Nachhol-
edarf gibt.
Man muss aber ganz nüchtern feststellen: Die Gefahr,
ass sich ein Kind mit einem Grippevirus ansteckt, ist
ach wie vor weitaus größer als das Risiko, sich mit
ARS zu infizieren. Manche Fragen, die jetzt gestellt
erden, erinnern ein bisschen an die Situation vor
0 Jahren, als die Aids-Diskussion das Land in Unruhe
ersetzte. Damals wurde beispielsweise gefragt, ob man
3466 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
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Dr. Heinrich L. Kolb
sich im Schwimmbad infizieren könne, wenn zuvor ein
Aids-Kranker im Wasser gewesen sei. Natürlich kann
man das nicht. Auch heute muss man einen Beitrag zur
Versachlichung der Diskussion leisten, indem man ganz
nüchtern auf mögliche Infektionswege hinweist.
Zum Schluss möchte ich sagen, dass mich neuere Er-
kenntnisse beunruhigen, wonach geheilte SARS-Patien-
ten weiter ansteckend sein können und sich das SARS-
Virus rasch verändert. Das deutet auf ein erhöhtes Risiko
hin. Der Erfinder des Schnelltestes er arbeitet im
Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg hat heute im
Frühstücksfernsehen darauf hingewiesen, dass man erst
in ein bis drei Jahren abschließend sagen könne, ob es
gelungen sei, das Risiko, sich mit SARS zu infizieren, zu
minimieren.
Es gibt außerdem das wird in der Diskussion sicher-
lich noch eine Rolle spielen auch erhebliche wirt-
schaftliche Risiken. Gerade eine exportorientierte Nation
wie Deutschland, die internationalen Austausch quasi
zum Leben benötigt, ist sehr anfällig. Ich wage mir nicht
vorzustellen, was wäre, wenn sich in Deutschland ähn-
lich wie in Kanada die Zahl der SARS-Fälle häufte und
das öffentliche Leben zum Erliegen käme.
Das alles zeigt, dass wir aufmerksam sein und bleiben
müssen. Aber wir sollten unaufgeregt zu Werke gehen.
Ich wünsche mir sehr, liebe Kolleginnen und Kollegen
von der Koalition, dass wir schon sehr bald auch im
Fachausschuss möglicherweise auf einen gemeinsa-
men Antrag hin initiativ werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Helga Kühn-Mengel
von der SPD-Fraktion.
Helga Kühn-Mengel (SPD):
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-
gen! Frau Widmann-Mauz, Sie versuchen heute einmal
mehr, diese Aktuelle Stunde für Negativmeldungen zu
nutzen. Dem möchte ich Folgendes entgegensetzen: Wir
haben in der letzten Legislaturperiode dieses Gesetz
hätten Sie in Ihrer langen Regierungszeit längst verab-
schieden können das modernste Infektionsschutzgesetz
über alle Hürden gebracht.
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wer hat das
denn initiiert? Wir doch!)
Dr. Wodarg hat daran entscheidend mitgewirkt.
(Beifall bei der SPD)
Deutschland ist eines der wenigen Länder mit wach-
sendem Forschungsetat. Auch das sollte einmal Erwäh-
nung finden. Wir haben des Weiteren, auch wenn uns die
Arbeitslosenzahlen bedrücken, die höchste Erwerbs-
quote in diesem Land. Auch das muss gesagt werden.
Wir sind im Übrigen die erste Regierung, die endlich
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ine durchdachte Strukturreform im Gesundheitswesen
ustande bringt.
(Lachen bei der CDU/CSU Dr. Heinrich L.
Kolb [FDP]: Davon habe ich gar nichts gehört!
Haben Sie einen neuen Entwurf eingebracht?
Er ist wohl noch geheim!)
ie haben die Patientinnen und Patienten nur belastet.
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Wer will denn
Eintrittsgeld erheben, gute Frau?)
eutschland ist im Übrigen auch Exportweltmeister.
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Bei humores-
ken Einlagen seid ihr Weltmeister!)
es Weiteren reisen die Deutschen am meisten. Das
eute zur Diskussion stehende Thema hat insofern auch
twas damit zu tun.
SARS ist das ist schon gesagt worden die erste
roße Epidemie dieses Jahrhunderts. Mittlerweile sind in
8 betroffenen Ländern viele Menschen gestorben. In
eutschland die Frau Staatssekretärin hat bereits da-
auf hingewiesen gibt es 38 Verdachtsfälle und acht in-
izierte Personen. Es ist natürlich beunruhigend, dass
ARS die Infiziertenzahlen steigen ständig beson-
ers in China einschließlich Hongkong wütet, Men-
chenleben fordert sowie das öffentliche und wirtschaft-
iche Leben in den dortigen Metropolen lahm legt und
ie Bevölkerung in den Metropolen verunsichert. Wir
ätten das erwähne ich nur am Rande im Gesund-
eitsausschuss darüber reden können, wenn uns die Op-
osition nicht mit einer Diskussion über die Geflügelpest
ufgehalten hätte.
(Lachen bei der CDU/CSU Zuruf von der
CDU/CSU: Daran sind auch Menschen gestor-
ben!)
ie Konsequenz für Europa und insbesondere für
eutschland aus den Entwicklungen in den asiatischen
ändern ist klar: Es muss alles unternommen werden,
m ein Einschleppen dieser Krankheit auch in Zukunft
u verhindern. Dabei haben die Organe und Institutio-
en des Bundes das muss an dieser Stelle ausdrücklich
etont werden in der Vorsorge und in der Aufklärung
inen klaren Weg beschritten, und zwar zügig und adä-
uat. Die SARS-Hotline ist beim Robert-Koch-Institut
ngesiedelt worden. Sie informiert in verständlicher
orm und aus erster Hand über die Erkrankung. Ebenso
ind die Beschreibung der Erreger und der Symptome,
ie Erstellung von Reisehinweisen und die enge Zusam-
enarbeit mit den Fluglinien, die Flüge in die Risikore-
ionen anbieten, sehr schnell und koordiniert durchge-
ührt worden. All das war richtig. Dieser Weg muss
eiter verfolgt werden.
Es ist ebenfalls richtig, dieses Problem auf europä-
scher Ebene zu behandeln. Die Staatssekretärin hat in
iesem Zusammenhang den EU-Netzwerk-Ausschuss
ür übertragbare Krankheiten erwähnt. Wir wissen aus
er Vergangenheit, dass wir bei der Bekämpfung von
enschen- und Tierseuchen im Bedarfsfall nicht zögern
ürfen und auch über die Grenzen hinweg zusammenar-
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3467
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Helga Kühn-Mengel
beiten müssen, um gemeinsam Präventionsmaßnahmen
zum Schutz der Bevölkerung zu ergreifen.
Die WHO hat sich auf diesem Gebiet eingebracht.
Die Bundesrepublik arbeitet eng mit ihr zusammen. Das
Zusammenspiel von Fachkompetenz vor Ort und in den
Laboren ist ausdrücklich zu begrüßen und wird durch die
Regierungskoalition weiter aktiv unterstützt.
Der konkrete Umgang mit Verdachtsfällen in
Deutschland ist von extremer Wichtigkeit. Aufklärung,
medizinische Untersuchung von potenziell Infizierten
und die Organisation von Quarantänemaßnahmen sind
wichtige Bereiche, in denen der öffentliche Gesundheits-
dienst zum Zuge kommt. Die Zahlen des Statistischen
Bundesamtes belegen das muss betont werden , dass
die Mittel für den öffentlichen Gesundheitsdienst seit
1992 kontinuierlich zusammengestrichen wurden. Wir
brauchen den öffentlichen Gesundheitsdienst für die an-
gesprochenen Aufgaben, aber auch für andere wichtige
öffentliche Aufgaben. Insofern muss man sagen: Der öf-
fentliche Gesundheitsdienst wird in Krisenzeiten nicht
nur gebraucht, sondern auch auf seine Schlagkraft getes-
tet. Wir sollten ihn im Auge behalten.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Jens Spahn von der
CDU/CSU-Fraktion.
Jens Spahn (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau
Kühn-Mengel, aus Ihrer Einleitung könnte man den Ein-
druck gewinnen, wir hätten diese Aktuelle Stunde bean-
tragt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie waren es doch, die dieses Thema auf die heutige Ta-
gesordnung gesetzt haben. Sie sind diejenigen, die mit
dem Thema dieser Aktuellen Stunde von anderen Din-
gen ablenken möchten und die suggerieren, dass für
Deutschland Handlungsbedarf bestehe und dass wir uns
mit diesem Thema anstatt mit anderen beschäftigen
müssten. Sie hätten, wenn es tatsächlich um Information
ginge, schon im Ausschuss entsprechend handeln kön-
nen. Wir haben vor Ostern beantragt, darüber zu spre-
chen. Es ist unter dem Punkt Verschiedenes kurz darü-
ber gesprochen worden; allerdings ist der Beratung des
Themas im Nachhinein zu wenig Raum gewährt worden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich möchte noch ein Wort zu dem Gesetz, das Sie ge-
rade ansprachen, sagen. Als dieses Gesetz hier verab-
schiedet wurde, hat Herr Wodarg selbst die ehemalige
Staatssekretärin Bergmann-Pohl dafür gelobt, dass die
Initiative von der CDU/CSU-Fraktion ausgegangen sei.
(Dr. Wolfgang Wodarg [SPD]: Das kam von
den Ländern und von der EU! Zitieren Sie
mich nicht falsch!)
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aher ist dieses Maß an Selbstbeweihräucherung, das
ie hier gerade betrieben haben, nicht angebracht.
(Beifall bei der CDU/CSU Wolfgang Zöller
[CDU/CSU]: Es ist ihm jetzt peinlich, dass er
zitiert worden ist!)
Dieses Thema ihm ist in den letzten Wochen ver-
tärkt Aufmerksamkeit geschenkt worden; der erste Ver-
achtsfall war im November 2002 hat sicherlich viel
nsicherheit, Ängste und Sorgen hervorgerufen; Herr
olb hat eben ein Beispiel geschildert, über das auch in
en Medien berichtet worden ist. Es ist sicherlich wich-
ig, über dieses Thema sachlich zu sprechen. Das sollte
ber, wie gesagt, zuerst im Ausschuss oder woanders
nd nicht in einer Aktuellen Stunde geschehen. Wenn
as nämlich geschieht, dann wird etwas suggeriert, was
s gar nicht gibt.
Alles in allem können wir in drei Bereichen Hand-
ungsbedarf feststellen:
Zum Ersten brauchen wir mehr Forschung und Vor-
orge in diesem Bereich. Von der Kollegin Widmann-
auz ist gerade schon angesprochen worden: Das
obert-Koch-Institut ist für seine Aufgaben ganz offen-
ichtlich nicht hinreichend ausgestattet; in der letzten
eit wird es immer öfter gefordert. Ganz grundsätzlich
üssen wir uns zum Beispiel mit der Frage beschäfti-
en, wie es dazu kommt, dass die Mensch-Tier-Barriere
mmer öfter von Viren übersprungen wird. Der Aus-
chuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt-
chaft hatte meines Wissens heute einen Virologen zur
hematik der Geflügelpest zu Gast. Von daher ist Ihr
inwurf von vorhin, wir hätten mit der Geflügelpest ver-
indert, dass das andere Thema behandelt worden ist
allein die Formulierung! , eher skandalös zu nennen,
rau Kühn-Mengel.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg.
Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])
Es geht zweitens um Vorsichtsmaßnahmen. Natürlich
ind solche Maßnahmen zu treffen, auch wenn wir in
eutschland aktuell nicht betroffen sind. Da geht es um
eisewarnungen des Auswärtigen Amtes und des
obert-Koch-Institutes; solche gibt es ja. Es geht darum,
erdachtsfällen gründlich nachzugehen und im Zweifel
och sicherer zu gehen, als wir es vielleicht tun müssten.
ber wir dürfen auch nicht das Kind mit dem Bade aus-
chütten. Im Internet lese ich, dass es mittlerweile hier in
eutschland Angebote für Mundschutz gibt. Mund-
chutz wird zu einem Preis von 2,99 Euro angeboten. Da
ird an der einen oder anderen Stelle in der Öffentlich-
eit und auch von den Medien unnötig Hysterie erzeugt.
Wichtig ist drittens gemeinsames europäisches Han-
eln. Ich möchte die Regierung, Frau Staatssekretärin,
usdrücklich unterstützen, wenn es um die Frage der Zu-
tändigkeit geht. Sicherlich ist es wichtig, dass wir die
rbeit der einzelnen Nationalstaaten in diesem Bereich
ernetzen, aber wir dürfen dazu nicht eine Stelle, ein
mt oder sonst irgendetwas auf europäischer Ebene
chaffen das haben Sie, Herr Staatssekretär Schröder,
laube ich, auch gesagt ; denn das, was damit von
ommissar Byrne letztlich beabsichtigt ist, ist einmal
3468 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Jens Spahn
mehr, einen Fuß in die Tür zu bekommen, um Kompe-
tenzen im Bereich des Gesundheitswesens auf die euro-
päische Ebene zu ziehen. Sie müssen aber auf jeden Fall
auf der nationalen Ebene bleiben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich möchte zum Abschluss noch auf folgenden Punkt
eingehen: Der Umstand, dass diese Seuche von ihrem
Herd in Südchina aus mittlerweile zu Verdachtsfällen in
Toronto, in Frankfurt, in Bogotá und Taiwan geführt hat,
zeigt, dass Globalisierung und zunehmende Vernetzung
nicht nur wirtschaftliche Aspekte haben, sondern auch
mit ganz anderen Aspekten verbunden sind. Umso un-
verantwortlicher ist es das muss deutlich gesagt wer-
den, nicht zuletzt von der Bundesregierung, so wichtig
es auch ist, dass sie finanzielle Unterstützung leistet ,
wie die chinesische Staatsführung mit diesem Thema
umgegangen ist und wie sie es wochen- und monatelang
unterdrückt hat. Sie ist nur sehr intransparent vorgegan-
gen.
Das bedeutet: mehr Zusammenarbeit in der EU das
habe ich gerade schon gesagt , sicherlich aber auch in
der WHO. Ich hoffe und wünsche, dass es gelingt, diese
erste neue Infektionskrankheit des 21. Jahrhunderts, wie
sie in den Medien oft genannt wird, einzudämmen, ihrer
Herr zu werden und vor allem zu verhindern, dass sie
uns in Deutschland erreicht.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat nun die Kollegin Birgitt Bender von
Bündnis 90/Die Grünen.
Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist be-
ruhigend zu sehen, dass es in wesentlichen Bereichen
zwischen Opposition und Regierung doch Einigkeit gibt.
Herr Spahn, ich stimme Ihnen ausdrücklich darin zu,
dass die Erfahrung mit SARS auch ein Lehrstück zur
Umgangsweise mit einer solchen Krankheit ist, insbe-
sondere auch zur Frage von Demokratie und Transpa-
renz. Genau diese sind nämlich in China nicht gegeben.
Dort haben sich die örtlichen Funktionäre nicht getraut,
die Informationen über den Ausbruch der Krankheit wei-
terzugeben, weil sie Angst vor Repressalien der nächsten
Ebene hatten. Auf diese Weise hat es über lange Zeit
eine Politik des Verschweigens und Vertuschens gege-
ben, die der Ausbreitung der Krankheit und dem Entste-
hen einer Epidemie überhaupt erst die Tür geöffnet hat.
Das ist in der Tat unverantwortlich. Das heißt im Um-
kehrschluss aber auch, denke ich, dass wir, die wir in ei-
ner Demokratie leben, unsere Freiheit auch dazu nutzen
sollten, über dieses Thema zu reden.
(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das
haben wir sogar vor Ihnen getan!)
Herr Spahn, Frau Widmann-Mauz, Sie sollten das nicht
kritisieren.
Im Übrigen habe ich mich etwas darüber gewundert,
Frau Kollegin, dass Sie uns eine Emotionalisierung vor-
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erfen, selbst aber gleich sagen, man brauche mehr Stel-
en für das Robert-Koch-Institut.
(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Gu-
cken Sie sich mal die betretenen Gesichter der
Fachleute an! Die wissen, dass es so ist!)
ie müssen sich schon entscheiden, wie es denn jetzt
ein soll.
Sie haben davon gesprochen, dass wir uns mit der
irtschaftlichen Lage beschäftigen sollten. Ich kann Ih-
en versichern: Das tun wir. Sie haben ein ganzes Wo-
henende Klausurtagung gebraucht, um festzulegen, wie
ie zu unseren Vorhaben Stellung nehmen wollen, und
aben einen Haufen Formelkompromisse geschlossen.
Ich will aber auch, meine Damen und Herren, darauf
ufmerksam machen, dass SARS nicht nur ein gesund-
eitspolitisches, sondern in der Tat auch ein wirtschafts-
olitisches Problem ist. Wir sehen jetzt schon, welche
inbrüche die Fluggesellschaften zu verkraften haben,
ie mit dem Südostasiengeschäft bisher wesentliche
eile ihrer Einnahmen erzielt haben. Machen wir uns
ichts vor: Die Entwicklung wird auch noch ein Stück
eiter in diese Richtung gehen. Wir sehen auch daran: In
iner globalisierten Welt gibt es keine Inseln. Somit ist
ben möglich, dass über Flugreisende eine solche Krank-
eit in andere Länder eingeschleppt wird. Die entspre-
henden Gegenmaßnahmen ziehen natürlich wiederum
irtschaftliche Folgen nach sich.
Deutschland ist noch viel weniger als China eine In-
el. Es wird auch keine werden. Es macht keinen Sinn
das wurde schon gesagt , jetzt zu versuchen, so eine
rt Schutzmauer um Deutschland herum zu ziehen, in-
em man alle Flugreisenden kontrolliert. Das wäre ein
oher Aufwand, der nur ein irriges Gefühl von Sicher-
eit vermitteln würde.
Wir können jetzt aber etwas tun, indem wir die betrof-
enen Länder in der Bekämpfung der Krankheit unter-
tützen. Die Frau Staatssekretärin hat darauf hingewie-
en, dass wir China entsprechende infrastrukturelle
ilfen zur Verfügung gestellt haben. Auch wenn sich die
hinesischen Behörden zunächst falsch verhalten haben,
st es richtig, ihnen Kooperationsangebote zu unterbrei-
en und sie jetzt zu unterstützen.
Weiterhin müssen wir selber in aller Ruhe Vorkehrun-
en treffen. Das geschieht zum Beispiel am Robert-
och-Institut. Hierbei kommt es insbesondere auf eine
ute Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern an.
icht zuletzt ist natürlich die Vernetzung und Koopera-
ion auf europäischer Ebene sehr wichtig.
Ich denke, wir sind auf einem guten Weg und können
agen, dass wir uns dieser Gefahr stellen, es aber keinen
rund zur Panikmache gibt und wir mit unserem System
er Gesundheitsvorsorge und unseren Möglichkeiten zu
euchenhygienischen Maßnahmen in dieser Situation ei-
er drohenden neuen Epidemie gut gerüstet sind.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3469
(A) )
(B) )
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Erika Ober von
der SPD-Fraktion.
Dr. Erika Ober (SPD):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich möchte zunächst auf die Vorwürfe von Frau
Widmann-Mauz und Herrn Spahn aus der CDU/CSU-
Fraktion eingehen, wir wollten uns mit der Behandlung
des Themas SARS vor der Behandlung von aktuellen
politischen Themen drücken und von ihnen ablenken.
(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist
es! Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Der Ver-
such ist aber gescheitert!)
Wie Sie wissen, sind wir jederzeit bereit, uns aktuellen
Themen zu stellen und über sie zu diskutieren. Wir wol-
len uns aber auch diesem aktuellen Problem widmen.
Herr Kolb hat ja eben schon berichtet, dass es in unse-
rem gemeinsamen Wahlkreis eine hysterische Reaktion,
eine Überreaktion gab. Daran sieht man, wie wichtig
dieses Thema ist. Ich denke, wir sollten darüber sachlich
und gemeinsam diskutieren.
Auf den Vorwurf, dass wir es nicht zuerst im Aus-
schuss diskutiert haben, antworte ich, dass für mich eine
Diskussion hier im Plenum mindestens genauso wichtig
und sinnvoll ist. Deshalb sehe ich diesen Vorwurf so
nicht ganz ein.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN Dorothee Mantel [CDU/
CSU]: Nur der Kameras wegen!)
Die Verbreitung von SARS findet nach gegenwärti-
gem Erkenntnisstand hauptsächlich über Tröpfchen- und
Schmierinfektionen statt. Das heißt, es handelt sich hier-
bei auch um eine Hygienefrage. Damit stellt es in unse-
rem Land auch kein so großes Problem dar.
Der Verursacher der Atemwegserkrankung ist ein
Coronavirus, zu dessen Nachweis inzwischen verschie-
dene Laborverfahren zur Verfügung stehen. Nach Aussa-
gen der Tropeninstitute ist SARS nicht so ansteckend
wie zum Beispiel Masern und auch nicht so resistent.
Wir müssen aber damit rechnen, dass sich SARS wegen
der derzeitigen weltweiten Verbreitung dauerhaft als
Krankheit etablieren kann.
Die Symptome sind das wurde schon gesagt un-
spezifisch und ähneln denen einer Grippe. Konkrete
Therapiemöglichkeiten gibt es derzeit nicht, sondern nur
eine Behandlung der Symptome, was im Übrigen auch
für viele andere Krankheiten gilt. Auch die Möglichkeit
zu einer Impfung besteht derzeit noch nicht.
In China, Hongkong und Taiwan ist der Höhepunkt
der Entwicklung nach Aussagen der Weltgesundheitsor-
ganisation noch nicht erreicht; in Kanada und Vietnam
sieht die Situation positiver aus.
Wie von der Staatssekretärin, Frau Caspers-Merk, schon
gesagt, gab es gestern ein Treffen der EU-Gesundheits-
minister. Es wurde die Einrichtung eines europäischen
Zentrums für Krankheitsvorsorge und -kontrolle vorge-
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chlagen. Wie dies aussehen soll, müssen wir hier nicht
iskutieren. Zu begrüßen ist auf jeden Fall ein EU-weites
emeinsames Vorgehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben eine glo-
ale Bedrohungslage, wie Gro Harlem Brundtland ges-
ern sagte, die für Deutschland zurzeit gering einzuschät-
en ist. Eine akute Bedrohung für Deutschland ist
omentan nicht vorhanden. Trotzdem stimmt es ange-
ichts globaler Bedrohung sehr nachdenklich, wenn die
S-Behörde CDC zur Kontrolle und Vorbeugung von
rankheiten gleichzeitig den kompletten SARS-Virus
owie seine Einzelteile patentieren will oder die Firma
ombimatrix im US-Bundesstaat Washington das Patent
uf Schlüsselkomponenten zweier SARS-Gene bean-
ragt, die für die Infektion im menschlichen Körper ver-
ntwortlich sein sollen.
(Dr. Wolfgang Wodarg [SPD]: Kein Patent auf
Gene!)
Die Erregerentdeckung und Gendetektion eines Erre-
ers dürfen nicht durch einen Patentschutz in der Weise
geschützt werden, dass die Beforschung des Erregers
nd die Entwicklung von Therapien behindert werden.
ies wäre höchst gefährlich.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Man kann sich vorstellen, dass nur der Patentinhaber
nteresse an der Erforschung hätte, wenn Erreger mit all
hren Eigenschaften patentierbar wären. Das Interesse
nderer könnte sinken, wenn sie wissen, dass sie für Li-
enzen bezahlen müssen. Zudem könnte man annehmen,
ass sich zusätzlich die Forschungsdauer verlangsamt,
eil man sich mit einem Patent in der Tasche möglicher-
eise mehr Zeit lässt. Wenn sich viele Forschungsein-
ichtungen mit neuen Erregern beschäftigen, gibt es viel-
eicht schnellere Ergebnisse. Wir können es uns nicht
eisten, Chancen auf die Entwicklung spezifischer The-
apeutika und einer Prophylaxe, das heißt eines Impf-
toffes, zu vergeben. Wichtig ist deshalb die weltweite
lärung dieses Sachverhaltes.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Forscher und For-
cherinnen dürfen nicht durch die Patentierbarkeit auf
chlüsselbestandteile von Erregern oder auf komplette
rreger in ihrer Forschungstätigkeit behindert werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN Dr. Wolfgang Wodarg
[SPD]: Ein wichtiger Beitrag!)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Dorothee Mantel von
er CDU/CSU-Fraktion.
Dorothee Mantel (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen
nd Kollegen! Die Nachrichten der letzten Tage waren
ft beunruhigend. Panikmache wäre jedoch fehl am
latz. Dennoch muss die Lage von uns ernst genommen
erden. Die Zahl der an SARS neu erkrankten Men-
3470 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Dorothee Mantel
schen nimmt in einigen Ländern nicht ab. Vor allem im
vermutlichen Ursprungsland China ist keine Eindäm-
mung in Sicht, obwohl die Chinesen mittlerweile mehr
tun, um die dramatische Situation in den Griff zu bekom-
men.
Die Todesrate liegt bei schätzungsweise 8 bis
15 Prozent, nachdem anfangs von 4 bis 6 Prozent ausge-
gangen wurde. Nach neuesten Schätzungen liegt die To-
desrate in Hongkong bei knapp 20 Prozent. Bei alten
Menschen könnte sogar über die Hälfte eine Infektion
nicht überleben.
Auch wenn einzelne Fälle durch infizierte Einrei-
sende nie auszuschließen sind, in Deutschland und Eu-
ropa besteht Virenexperten zufolge momentan kein
Grund zu der Sorge, dass sich SARS wie in Asien aus-
breitet.
Dennoch ist Prävention weiterhin das Gebot der
Stunde. Die konsequente Nachprüfung jedes einzelnen
Verdachtsfalls hat sich bewährt. Dabei ist es wichtig, alle
potenziellen Kontaktpersonen zu registrieren und zu in-
formieren.
Über den Erreger aus der Familie der Coronaviren
werden erst nach und nach Erkenntnisse gewonnen. Wir
können nur hoffen, dass neue Forschungsergebnisse wei-
terhin mit dieser ermutigenden Geschwindigkeit bekannt
werden.
Eines können wir heute aber bereits festhalten: Offen-
heit und eine transparente Informationspolitik sind un-
umgänglich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der SPD und der FDP)
Im Bereich der Wissenschaft funktioniert die welt-
weite Zusammenarbeit von Labors bei der Erforschung
von SARS gut. Dies darf nicht unerwähnt bleiben. Die
Informationspolitik einzelner Staaten hätte aber offener
sein können. SARS macht nicht vor Staatsgrenzen und
auch nicht vor Kontinenten halt. Ohne eine sofortige und
umfassende internationale Kooperation kommen wir
nicht aus. Wer Informationen zurückhält, gefährdet an-
dere und auch sich selbst.
Die Bundesregierung muss eine offene Informations-
politik als Herausforderung der internationalen Zusam-
menarbeit begreifen. Allen Staaten dieser Erde muss
nahe gelegt werden, keine Informationsabschottung vor-
zunehmen mit den gebotenen diplomatischen Formu-
lierungen, aber doch unmissverständlich. Denn dies hilft
letztlich vor allem den betroffenen Staaten selbst.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der
Bundesregierung, für die deutsche Außenpolitik schei-
nen Visionen im Moment dringend gesucht zu sein.
Deutschland und die vielen deutschen Organisationen
genießen auf dem Gebiet der humanitären Hilfe weltweit
hohes Vertrauen und Ansehen. Das gilt ebenso für die
Fähigkeit, bei Hilfseinsätzen in Krisensituationen
schnell und angemessen zu reagieren. Ich frage Sie:
Wäre Deutschland daher nicht prädestiniert, internatio-
nal die Rolle eines Koordinators bei Krisenfällen einzu-
nehmen? Wäre es nicht denkbar, dass Deutschland da-
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urch internationale Informationsflüsse beschleunigt?
or allem restriktiv handelnde Länder könnten dazu ge-
racht werden, Informationen zu teilen.
Eine solche Politik würde Deutschland wieder zum
onstruktiven Partner machen und aus Ihrer Anti-Rheto-
ik herausführen. Eine solche Rolle wäre glaubwürdig
ür Deutschland und würde Deutschland wieder zum ge-
uchten Partner in der Welt werden lassen. Mit einer sol-
hen Rolle wäre der Anfang gemacht, der deutschen Au-
en- und Sicherheitspolitik insgesamt wieder Profil zu
eben, was Sie die letzte Zeit sehr vernachlässigt haben,
eine Damen und Herren von der Regierungskoalition.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich verspreche Ihnen hier und heute: Wenn Sie diesen
chritt gehen, können Sie mit unserer Unterstützung
echnen. Die CSU und die CDU haben nämlich in den
etzten Monaten zwei Dinge immer wieder verdeutlicht:
(Zurufe von der SPD)
Ich frage mich, warum Sie sich jetzt so aufregen. Sie
önnen doch froh sein, dass wir einmal ein Problem ha-
en, das nicht Ihr Kanzler verschuldet hat.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und
der FDP)
ns ist vor allem daran gelegen, Deutschland aus dem
nternationalen Abseits zu holen. Uns ist zudem daran
elegen, Deutschland international wieder zu einem Im-
ulsgeber zu machen.
Zu hoffen bleibt, dass die Zusammenarbeit bei der
ekämpfung von SARS einen internationalen Anstoß
ibt, grenzüberschreitende Probleme auch mit grenz-
berschreitenden Informationen zu lösen. Die Unterstüt-
ung der CDU/CSU wäre Ihnen sicher.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU Dr. Uwe Küster
[SPD]: Endlich einmal eine Altlast, die die
CDU nicht zu verantworten hat!)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Marlies Volkmer
on der SPD-Fraktion.
Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die erste
roße Epidemie des 21. Jahrhunderts versetzt die Welt in
ufregung. Täglich kommen neue Erkrankte hinzu; täg-
ich erliegen Menschen dem hoch ansteckenden Virus.
Am stärksten sind dabei China, Taiwan und Singapur
etroffen. Ich möchte betonen, dass die Krankheit dort
ben nicht nur das öffentliche Leben einschränkt. Je län-
er SARS wütet, desto größer werden die wirtschaftli-
hen Schäden für diese Länder sein. Es sind nicht nur die
esundheitlichen Gefahren darauf möchte ich hinwei-
en , die uns über den bis vor kurzem noch unbekann-
en Erreger sprechen lassen. Es sind auch die Gefahren
ür die wirtschaftliche Stabilität einer ganzen Region, die
uch auf unsere Wirtschaft nicht ohne Einfluss ist.
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3471
(A) )
(B) )
Dr. Marlies Volkmer
Die Sorge der Bürger hierzulande ist dabei verständ-
lich. Die Ansteckungsgefahr mit dem Erreger ist zwar
niedriger als bei der Influenza, der Grippe, aber die
Sterblichkeit liegt deutlich höher. Ein Impfstoff oder
konkrete Therapien sind derzeit nicht verfügbar.
Zur leichten Übertragbarkeit mittels Tröpfchen- oder
Schmierinfektion kommt hinzu, dass Erreger heute nicht
mehr Jahre brauchen, um andere Kontinente zu errei-
chen, wie das früher beim Schiffsverkehr der Fall war.
Im Zeitalter des Flugzeugs trennen uns von den am
stärksten betroffenen Gebieten nur noch Stunden.
So erschreckend diese Befunde auch sind: Regel-
rechte Angst vor SARS muss hierzulande natürlich nie-
mand haben. Das Bundesministerium für Gesundheit
und Soziale Sicherung und das Robert-Koch-Institut ha-
ben frühzeitig umfassende Maßnahmen ergriffen, um
eine Ausbreitung von SARS zu verhindern. Mittels breit
angelegter Aufklärungs- und Informationsmaßnahmen
konnten Ansteckungsfälle in Deutschland bislang ver-
hindert werden. Dazu trug auch die gute Zusammenar-
beit mit den zuständigen Behörden der Länder und den
Gesundheitsämtern vor Ort bei.
Die wichtigste Maßnahme ist freilich die Aufklärung
einreisender Menschen aus Risikoregionen. Die Luft-
fahrtgesellschaften haben ihr Personal instruiert, Rei-
sende auf Symptome zu befragen und Erkrankungsfälle
an Bord bereits an den Zielflughafen zu melden.
Daneben sind umfassende Hygienemaßnahmen und
damit die konsequente Eindämmung von Erkrankungs-
herden zur Verhinderung der Weiterverbreitung von
SARS notwendig. Krankenhäuser mit Isolierstationen
sind bestens auf den vom Robert-Koch-Institut empfohle-
nen Umgang mit SARS-Patienten vorbereitet. Mediziner,
Gesundheitsämter und Bürger können über das Internet
unkompliziert das umfangreiche Informationsangebot des
Instituts abrufen. Zusätzlich hat das Robert-Koch-Institut
einen 24-Stunden-Rufbereitschaftsdienst für Anfragen aus
dem öffentlichen Gesundheitsdienst geschaltet. Die Infor-
mationshotline, die für Bürger eingerichtet wurde, wird
häufig genutzt.
Eine wichtige Rolle auch das ist schon angespro-
chen worden spielt die Forschung, die so schnell wie
möglich Wege finden muss, dem Virus beizukommen.
Das deutsche Bernhard-Nocht-Institut hat sich dabei
große Verdienste erworben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ihm war es erstmals gelungen, das Virus zu beschreiben.
SARS-Nachweissysteme sind inzwischen am Robert-
Koch-Institut, an der Philipps-Universität Marburg und
der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am
Main etabliert worden.
Bisher wurden in Deutschland weniger als
0,1 Prozent der weltweit registrierten Erkrankungsfälle
verzeichnet. Das entbindet uns aber nicht von der Ver-
antwortung, den am stärksten von der Krankheit betrof-
fenen Ländern beizustehen. Auf eine Bitte des Bürger-
meisters von Peking hat das Bundesministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung daher
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0 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, sodass insge-
amt etwa 100 Röntgen- und 200 Beatmungsgeräte nach
hina geliefert werden können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich persönlich hoffe, dass dieses Beispiel Schule
acht. Denn der Kampf gegen diese tückische Krankheit
ann nur in enger internationaler Kooperation gewonnen
erden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Erich Fritz von der
DU/CSU-Fraktion.
Erich G. Fritz (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Deutsch-
and lebt wie kaum ein anderes Land von globaler Mobi-
ität. Wir sind darauf angewiesen, dass Menschen aus
eutschland weltweit ihren Geschäften nachgehen und
ass umgekehrt Kunden zu uns kommen. Jetzt stellen
ir fest: Auch Viren nutzen globale Mobilität. Vorsorge
st also angesagt. Das berühmte Vorsorgeprinzip, das von
er Bundesregierung an anderer Stelle sehr hoch gehal-
en wird, muss sich hier bewähren.
Frau Staatssekretärin, es ist so, dass bei der Einschät-
ung der Gefährlichkeit dieser Seuche Prognosen nicht
ehr helfen. Denn in Hongkong wurde deutlich, dass es
n 20 Prozent der Erkrankungen zu Todesfällen kommt
nd dass mit zunehmendem Alter die Sterblichkeit
teigt. Dies zeigt, dass wir ein Problem haben.
Dieses Problem führt dazu, dass Menschen Angst ha-
en und verunsichert sind. Das zeigt sich zunächst ein-
al darin, dass touristische Aktivitäten stark einge-
chränkt werden, dass die Passagierzahlen bei den
luggesellschaften zurückgehen und dass in den letzten
ochen zum Beispiel in China die Zahl der Messebesu-
her dramatisch eingebrochen ist und Geschäftsab-
chlüsse unterbleiben. Dass SARS in einem großen Um-
ang Auswirkungen auf das wirtschaftliche Leben hat, ist
lso nicht nur zu vermuten, sondern bereits zu spüren.
Jetzt kommt es darauf an, dass all diejenigen, die mit
iesem Problem im Rahmen ihrer Tätigkeit umgehen
üssen, einen einfachen Weg erhalten, sich zu informie-
en. Ich habe mir heute einmal die Internetinformationen
er Bundesregierung angesehen. Das, was das Robert-
och-Institut in diesem Zusammenhang macht, ist wirk-
ich klasse. Aber auf der Internetseite der Bundesregie-
ung versteckt sich dieses Angebot unter kleinen Links.
ch meine schon, dass diejenigen Adressen, die als Erste
ufgesucht werden, zum Beispiel das Auswärtige Amt,
ehr schnell und möglichst konkret informieren und wei-
erführende Hinweise geben sollten. Ich kann mir vor-
tellen, dass das sehr gute Angebot der WHO in Teilen
bernommen wird. Es sollte sofort zugänglich und nicht
rst über Links zu erreichen sein. Das würde sicher dazu
eitragen, dass das, was Sie vorhin gefordert haben,
3472 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
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Erich G. Fritz
nämlich eine ruhige, sachliche Auseinandersetzung und
frühzeitige Information, möglich wird.
(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Guter Vor-
schlag!)
Ob SARS eine weltweite Gefahr ist, können wir alle
heute nicht beantworten. Reuters hat heute Mittag ge-
meldet, die Chinesen seien jetzt der Meinung, dass sie in
einer bestimmten Anzahl von Tagen es ist von zehn bis
15 Tagen die Rede das Problem im Griff hätten.
Gro Harlem Brundtland ist von meiner Vorrednerin
zitiert worden; sie hat gesagt, das sei die erste Seuche
des 21. Jahrhunderts. Diese Seuche ist schwerpunktmä-
ßig in Ländern ausgebrochen, in denen das Gesundheits-
system hoch entwickelt ist. Bei allen Schwierigkeiten,
die es in der Entwicklung Chinas gibt, können wir sagen:
Das Gesundheitswesen ist ein Bereich, der wirklich
funktioniert. Stellen wir uns einmal vor, diese Seuche
würde nach Afrika oder in bestimmte Länder Lateiname-
rikas überspringen. Dann hätten wir etwas ganz anderes
zu erwarten; dann wäre eine Begrenzung dieser Seuche
sehr viel schwieriger. Erst dann hätten wir es mit Aus-
wirkungen zu tun, die wir uns jetzt noch gar nicht aus-
malen können.
Die EU braucht keine neue Zuständigkeit. Das kann
die Bundesregierung, Frau Staatssekretärin, am besten
dadurch beweisen, dass sie schnell und effektiv mit an-
deren Mitgliedstaaten zusammenarbeitet und gemein-
same Regelungen erarbeitet. Dass Sie dafür vom
15. März bis zum 4. Mai gebraucht haben, ist kein Aus-
weis von Kompetenz auf diesem Gebiet. Das hat zu
lange gedauert und das hat dazu geführt, dass neue Be-
gehrlichkeiten in Brüssel geweckt wurden. Wir meinen:
Eine solche Zuständigkeit Brüssels ist nicht nötig. Wenn
wieder so ein Fall auftritt, muss das also schneller gehen.
Wenn wir uns die konkreten wirtschaftlichen Auswir-
kungen anschauen, die nun zu erwarten sind, dann stel-
len wir fest, dass alle Prognosen der Wachstumsraten für
China deutliche Rückgänge aufweisen. Das gilt übrigens
auch für Hongkong, Singapur, die anderen betroffenen
Länder und vermutlich für den gesamten Raum. Was
heißt das nun konkret in Bezug auf die Auswirkungen,
die für Europa und Deutschland zu erwarten sind? China
hatte in den ersten drei Monaten eine Wachstumsrate
von annähernd 10 Prozent und muss die Zahl für die
nächsten Monate auf etwas über 7 Prozent korrigieren.
Das sind schon dramatische Einbrüche. Mir liegt daran,
auch in Richtung aller derjenigen, die sich mit China be-
schäftigen, zu sagen: Man sollte dies zum Anlass neh-
men, diesem Land, das eine unglaubliche wirtschaftliche
Dynamik entfaltet hat, klar zu machen, dass man nicht
WTO-Mitglied sein und alle Vorteile der Globalisierung
und der Einbindung in den Welthandel nutzen kann und
gleichzeitig im Inneren bei Strukturen verharren kann,
die die Intransparenz gegenüber den eigenen Bürgern
und der internationalen Öffentlichkeit zur Maxime erhe-
ben.
(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN)
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Diese Lage sollte dazu führen, dass die Chinesen ge-
enüber ihrer eigenen Bevölkerung und der Weltöffent-
ichkeit klarstellen, dass sie jederzeit und überall bereit
ind, dazu beizutragen, dass die Informationen, die vor-
iegen, tatsächlich auch genutzt werden können.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat der Kollege Dr. Wolfgang Wodarg von
er SPD-Fraktion.
Dr. Wolfgang Wodarg (SPD):
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
s ist schon viel gesagt worden; es sind auch schon viele
etails angesprochen worden. Ich möchte deshalb versu-
hen, Schlussfolgerungen zu ziehen und Parallelen zu
em zu entwickeln, was wir zurzeit beobachten.
Die Kollegin Bender hat dargestellt, wie das in China
elaufen ist, wie lange es gedauert hat, bis die chinesi-
che Regierung eingestanden hat, dass etwas nicht in
rdnung ist. Was sie aufgezeigt hat, ist eine Gesetzmä-
igkeit. Bei der Bekämpfung von Seuchen ist es immer
ieder zu erleben, dass Menschen sich schämen, wenn
ie etwas in sich tragen, was sie brandmarkt und was
azu führen kann, dass andere Menschen den Kontakt
it ihnen scheuen. Eine Seuche zu haben, infiziert zu
ein, eine Gefahrenquelle für andere zu sein das ist et-
as, worüber man nicht gern spricht. Das können wir in
ielen Bereichen sehen. Es gilt für Einzelpersonen, gilt
ür Gemeinschaften und gilt für ganze Staaten.
In den vergangenen Jahren konnten wir genug Lehr-
eispiele dafür erleben. Das Folgende sage ich ohne
chuldzuweisung; ich sage es einfach analysierend: Es
at zu lange gedauert, bis man in Großbritannien dazu
tand, dass man mit der Rinderseuche ein Problem hat.
n der Schweiz ist das anders behandelt worden. Die
chweizer haben jeden belohnt, der einen Verdacht ge-
eldet hat; die Schweizer haben damals gesagt: Jedes
nfizierte Rind, das wir finden, bedeutet mehr Sicherheit.
Wir in Deutschland waren nicht immer der gleichen
einung. Die Briten standen lange Zeit auf dem Stand-
unkt: Macht bloß keine Panik; lasst uns das unter dem
eppich halten. Das ist bei der Seuchenbekämpfung
ie falsche Strategie.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Genauso hat sich jetzt China verhalten. Das gilt auch,
enn es sich nur um Salmonellen handelt, über die wir
n diesem Hause schon mehrfach diskutiert haben es
ing damals darum, dass eine Fabrik oder eine Landesre-
ierung Infektionsfälle unter den Teppich kehren wollte;
ie wollte diese nicht zugeben, weil sie wirtschaftliche
achteile befürchtete , oder anderes. Es sind immer
ieder dieselben Mechanismen. Frau Staatssekretärin,
ch glaube, das ist einer der Gründe, weshalb wir darüber
achdenken müssen, wo die Verantwortlichkeit in der
euchenbekämpfung das Belohnen, möglicherweise
ber auch das Bestrafen am besten aufgehoben ist.
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3473
(A) )
(B) )
Dr. Wolfgang Wodarg
Ich denke, dass die Zuständigkeit auf internationaler
Ebene liegen muss. Die internationale Ebene ist unpar-
teilich und erstellt nach sachlichen Kriterien einen Be-
kämpfungsplan. Mit Unterstützung aller kann auf inter-
nationaler Ebene dafür Sorge getragen werden, dass die
Instrumente wirklich greifen. Der Apparat zur Bekämp-
fung von Seuchen muss vor Ort bleiben, weil hier die
konkreten nationalen Maßnahmen organisiert werden.
Es ist wichtig, dass wir die WHO stärken. Das, was
die WHO hier geleistet hat, machen wir uns heute noch
gar nicht richtig klar. Diese Rolle hat sie früher bei der
Aids- und BSE-Bekämpfung noch nicht gespielt. Sie hat
bei der Bekämpfung von Krankheiten, die wir heute gar
nicht eingeblendet haben dazu gehören Tuberkulose in
vielen Staaten der Welt, in denen Hunger herrscht, aber
auch Aids und Malaria in Afrika, an denen Millionen
von Menschen jedes Jahr sterben , an Bedeutung ge-
wonnen. Sie zeigt uns und der Welt, dass eine internatio-
nale Behörde schnell und wirklich zielgenau effizient ar-
beiten kann. Das sollten wir mit aller Kraft unterstützen.
Ich denke, dass wir auch noch andere Dinge beachten
müssen und weitere Lehren ziehen können: Die neuen
Infektionskrankheiten kommen nicht aus den Genlabors
aufgrund von Bioterrorismus, sondern sie entstehen da-
durch, dass Dinge technisch zusammengebracht werden,
die früher nicht zusammen waren. So fügt man beispiels-
weise Menschen und Tiere durch die Xeno-Transplanta-
tion zusammen. Dieses ist eine sehr gefährliche Techno-
logie. Das hat der Europarat 1999 erkannt und gefordert,
diese Experimente, also das Einpflanzen von Tierorga-
nen in Menschen, zu unterlassen, weil sie zu gefährlich
sind. Die Folgen solcher Experimente können wir nicht
kontrollieren. Ein Mensch, der auf diesem Weg infiziert
würde, wäre ein hohes Risiko für seine Umwelt. Das ist
nicht vertretbar. Daher gibt es immer noch ein Morato-
rium und die Xeno-Transplantation wurde aufgrund die-
ser Bedenken hintangestellt.
Aber auch die Forschung mit embryonalen Stammzel-
len, in die viele Menschen Hoffnung setzen, hat einen
solchen Pferdefuß. Embryonale Stammzellen werden
immer noch auf Mäusenährböden gezüchtet. Das heißt,
Mäusezellen kommen in direkte Verbindung mit
menschlichen embryonalen Zellen, sie wachsen zu ei-
nem System zusammen. Dass bei den Tieren, aus denen
der Nährboden hergestellt wird, Erreger versteckt sind,
ist nicht auszuschließen. Sie würden durch Therapien auf
den Menschen übertragen und dort virutent werden kön-
nen. Dieses große Risiko muss auf jeden Fall erkannt
und berücksichtigt werden. In diesem Bereich besteht
eine große Gefahr und es gibt noch viel zu tun, bevor
man den Menschen wirklich mit Recht Hoffnungen auf
solche Therapiemöglichkeiten machen kann.
Ich freue mich, dass meine Kollegin die Patentfrage
bereits angesprochen hat. Wir werden die Biopatent-
richtlinie umsetzen müssen. Dabei müssen wir darauf
achten, dass Menschen, die gerettet werden könnten,
nicht deshalb ums Leben kommen, weil Forschungen
blockiert werden und starre Patente bestehen. Erkennt-
nisse, die für alle, nicht nur für die reichen Industrienati-
onen, sondern gerade auch für die Länder, in denen die
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nfektionsbekämpfung eine noch größere Rolle als bei
ns spielt, wichtig sind, müssen auch umgesetzt werden
önnen. Die Herstellung von Diagnostika und Impfstof-
en darf nicht durch teure, für manche nicht erschwingli-
he Patente blockiert werden. Ich hoffe, dass wir das alle
n Erinnerung behalten, wenn wir über Biopatente disku-
ieren.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat der Kollege Klaus Brähmig von der
DU/CSU-Fraktion.
Klaus Brähmig (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
ourismuswirtschaft ist gegenwärtig einer der Wirt-
chaftszweige, der besonders von den Auswirkungen
on SARS betroffen ist.
Neben China und anderen Zielländern in Asien zeigen
ich die Auswirkungen auch beim Incoming-Tourismus
ach Deutschland. Nachdem die Bundesrepublik im ver-
angenen Jahr exklusiv das so genannte ADS-Abkom-
en für erleichterte Individualreisen chinesischer Staats-
ürger unterzeichnet hatte, war die anschließend
insetzende Reisefreudigkeit chinesischer Touristen ein
offnungsträger für den Tourismusstandort Deutsch-
and. Dieses chancenreiche Geschäft ist damit schon in
einer Anfangsphase vorerst zum Erliegen gekommen.
Zusätzlich hat der Outgoing-Tourismus von Deutsch-
and nach Asien und insbesondere China rapide abge-
ommen. Die Lufthansa, Reiseveranstalter und vor al-
em unsere vielen Tausend Reisebüros, denen nun die
ukrativen Provisionen auf Fernreisen nach Asien und
anada fehlen, erleiden teilweise dramatische Einbußen.
ei den Auswirkungen des akuten Atemwegsyndroms
ilt also das alte Sprichwort: kleine Ursache, große Wir-
ung.
Weltweit sind bezüglich dieser gefährlichen Lungen-
rankheit zurzeit in 31 Ländern mehr als 6 730 Erkran-
ungen und 480 Todesfälle bekannt. Dabei sind alle be-
roffenen Länder ausgerechnet attraktive Reiseziele mit
roßen Wachstumspotenzialen.
Panikmache ist allerdings die falsche Antwort auf
ARS. Aids, Malaria und Tollwut sorgen jeweils jährlich
ür deutlich mehr Tote weltweit als bisher das akute
temwegsyndrom. Allein der Malaria fallen jährlich
lobal 1 Million Menschen zum Opfer. Sogar die jährli-
hen Grippewellen in Deutschland sorgen für mehrere
ausend Todesfälle.
Mit diesen Zahlen möchte ich diese Seuche und die
efahren durch SARS nicht bagatellisieren, aber der jet-
ige Medienrummel, den diese Erkrankung momentan
ervorruft, ist ihrer Bedeutung nicht angemessen. Vor-
eugen ist besser als Heilen so lautet das Gebot der
tunde bei uns in Deutschland.
3474 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Klaus Brähmig
Es ist die Aufgabe der Politik, das Gesundheitsbe-
wusstsein der Reisenden zu steigern, die Aufklärung der
Bevölkerung zu verbessern und die Wissenschaftler bei
der Entwicklung von Impfstoffen zur Vorbeugung und
Vorsorge nach Kräften zu unterstützen.
Den von SARS betroffenen Ländern kann man nur zu
einer offenen und transparenten Informationspolitik ra-
ten. Dieser Rat geht ausdrücklich an die Regierung in
China. Die bisherige Verschleierungstaktik schadet
China selber am meisten. Ich erinnere hier nur an die
Auswirkungen des jüngsten Terroranschlags auf Djerba,
in Tunesien. Die anfängliche Desinformationspolitik hat
das Vertrauen in dieses grundsätzlich attraktive Urlaubs-
ziel zeitweise kräftig erschüttert. Das spreche ich auch
und vor allem vor dem Hintergrund an, dass Peking im
Jahre 2008 die Olympischen Sommerspiele durchführen
möchte.
Die weltweite Vernetzung der Wirtschaft, der interna-
tionale Tourismus und die hohe Mobilität, die uns die
Distanz zwischen Kontinenten innerhalb von Stunden
überbrücken lässt, machen es notwendig, die Bevölke-
rung und die Reisenden gleichermaßen über die Gefah-
renpotenziale weltweit verbreiteter Infektionen, Seuchen
und Epidemien zu informieren und das Niveau der Ge-
sundheitsvorsorge anzupassen. Das gelingt allerdings
nur, wenn die große Bedeutung des internationalen Tou-
rismus auch tatsächlich erkannt wird.
Sicherheit wird zum strategischen Standortfaktor der
Wirtschaft und vor allem der Tourismuswirtschaft im
21. Jahrhundert. Meines Erachtens werden nur die Län-
der langfristig attraktive Tourismusstandorte sein, die
erstens den Terrorismus nachhaltig bekämpfen, zweitens
eine umfassende Gesundheitsvorsorge betreiben und
drittens Umweltbelastungen so weit wie möglich ver-
meiden. Nur so wird man das Vertrauen der Reisenden
weltweit als potenzielles Gastland gewinnen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Ausbreitung von SARS verdeutlicht erneut: Die
Welt wird immer mehr zum globalen Dorf und wir sitzen
alle in einem Boot. Wenn wir aus dieser aktuellen Lun-
genseuche etwas lernen können, dann das: Es besteht die
dringende Notwendigkeit, dass die Weltgesundheitsor-
ganisation und verschiedene Forscherteams weltweit In-
formationen austauschen und gemeinsam an der Früh-
erkennung und Bekämpfung solcher Krankheiten
arbeiten. Im globalen Dorf muss global gehandelt wer-
den.
Mein Fazit zum Stand der Auswirkungen von SARS
lautet: Es gibt in unserem Land keinen Grund zur Panik.
Die Bevölkerung muss durch eine transparente Informa-
tionspolitik über die Gefahren und Chancen der globalen
Vernetzung aufgeklärt werden. Eine klare und offene In-
formationspolitik der Gastländer und Reiseveranstalter
ist geboten, denn sonst drohen Vertrauensverluste, die
auch auf lange Sicht nicht auszugleichen sind.
Im Übrigen bin ich der festen Überzeugung, dass die
heutige Debatte nicht die letzte Debatte zu diesem
Thema im Deutschen Bundestag sein wird. Liebe Kolle-
ginnen und Kollegen aus dem Tourismusausschuss die
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ollegin Irber ist auch anwesend , wir werden uns mit
iesem Thema auch in Zukunft im Ausschuss für Touris-
us intensiv beschäftigen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord-
neten der FDP)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Als letztem Redner erteile ich nun dem Kollegen
eter Dreßen von der SPD-Fraktion das Wort.
Peter Dreßen (SPD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Spie-
el schreibt in einer Überschrift:
Ist der weltweite Seuchenzug des SARS-Erregers
noch zu stoppen?
as ist in der Tat die Frage. Ich bin froh, dass eigentlich
lle Redner heute hier versucht haben, auf diesem Weg
in Stück weiterzukommen, Ideen vorzuschlagen, wie
an dem Problem begegnen kann. Es gab eine Aus-
ahme, auf die ich noch zu sprechen komme.
Ich bin der Meinung, dass wir noch viel tun müssen.
ir müssen zum Beispiel das System der Beziehungen
ei den Viren ausfindig machen. Wir müssen herausfin-
en, welche Tiere deren Träger sind, welche Bedingun-
en Voraussetzung für die Verbreitung sind und welche
rtengrenzen SARS überwinden kann. Wir brauchen
ber auch das wurde schon gesagt; dem stimme ich
oll zu eine enge Zusammenarbeit aller Wissenschaft-
er der Welt, also von Virologen, Chemikern usw., damit
in Austausch aller Erkenntnisse stattfinden kann. Das
st in dieser Frage wirklich dringend notwendig. Wenn
emand meint, er müsse etwas im stillen Kämmerlein tun
nd könne Erkenntnisse zurückhalten, dann ist das
alsch.
Ich möchte mit Erlaubnis des Präsidenten noch ein-
al aus dem Spiegel zitieren. Dort ist zu lesen:
Die Fortschritte wurden möglich durch rasches und
gemeinsames Handeln...
nd weiter:
Das Wissen der Welt wurde zusammengetragen,
schwärmt der Frankfurter Virologe Rabenau. Ge-
danken und Ergebnisse würden ausgetauscht wie
sonst nur selten im rauen Forschungsbetrieb.
enau das ist die richtige Herangehensweise.
Wir müssen Infokampagnen machen dazu zählt na-
ürlich auch diese Aktuelle Stunde und müssen aufklä-
en. Artikel, wie sie im Spiegel und in anderen Zeit-
chriften erschienen sind, tragen dazu bei, um Menschen
ufzuklären, wie sie schneller zu Hilfe kommen. Ver-
achtsfälle müssen bis zur Klärung gut isoliert und gut
ehandelt werden. Es muss mit aller Dringlichkeit weiter
eforscht werden, um zu wirksamen Medikamenten oder
mpfstoffen zu kommen. Weltweit zusammentragen
as muss unser Motto sein.
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3475
(A) (C)
(B) )
Peter Dreßen
Frau Widmann-Mauz, Ihren Beitrag in dieser Debatte
fand ich wirklich abstrus. Sie sprachen von einem Brief
des Staatssekretärs an Klaus Kirschner zur Personalsitu-
ation.
(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Nein!)
Doch, Sie haben erwähnt, dass Sie einen solchen Brief
vorliegen haben.
(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Ja,
aber ich habe nicht gesagt, dass es in diesem
Brief um die Personalsituation geht!)
Sie haben einen Brief von Staatssekretär Tiemann an
Klaus Kirschner erwähnt. Es wäre schön, wenn Sie uns
diesen Brief geben könnten; denn wir wissen, dass er
noch nicht abgeschickt ist
(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Wieso
habe ich ihn dann mit Faxabschnitt vom Aus-
schuss für Gesundheit?)
und dass an ihm noch gearbeit
(Annette Widmann-Mau
Ausschuss für Gesundh
30. April!)
Der Brief, den Sie in diesem
haben, ist noch in Arbeit.
(Annette Widmann-Mau
nein!
Arbeit ist und über den im Ministerium noch diskutiert
wird. Aber Ihr Brief war nichts sagend. Den brauchen
Sie nicht zu zitieren. Ich frage mich, was das soll.
Sie haben hier einen Vortrag gehalten und deutlich ge-
macht, das Thema sei für Sie unnötig und unwichtig. Sie
haben uns vorgeworfen, wir würden nicht genug unter-
nehmen. Wenn aber übermorgen 20 oder 30 Fälle auftre-
ten, dann wären Sie die Ersten, die eine Aktuelle Stunde
beantragen würden. Ich meine, auf dieser Basis sollten
wir dieses Thema nicht behandeln. Es ist ganz wichtig,
dass es in unserem Land viele Menschen gibt, die versu-
chen, dieses Problem in den Griff zu bekommen, und
dass die WHO sehr aktiv ist. Die WHO ist im Übrigen
stolz auf das, was in Deutschland geleistet wird. Deswe-
gen sollten wir so auch weitermachen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
n Otto Solms:
det.
der heutigen Tagesord-
g des Deutschen Bundes-
den 8. Mai 2003, 9 Uhr,
Dann zeigen Sie einmal her, was Sie meinen. Dann
können wir dem nachgehen. Ich war der Meinung, Sie
hätten von einem Brief gesprochen, der im Moment in
Berichtig
40. Sitzung, Seite IV (C), dr
17: der zweite Absatz ist wi
Schmidbauer (Nürnberg) (SPD
(D
Die Sitzung ist geschlossen.
(Schluss: 16.48)
ung
itter Tagesordnungspunkt
e folgt zu lesen: Horst
).
et wird.
z [CDU/CSU]: Vom
eit mit Datum vom
Zusammenhang genannt
z [CDU/CSU]: Nein,
)
Vizepräsident Dr. Herman
Die Aktuelle Stunde ist been
Wir sind damit am Schluss
nung.
Ich berufe die nächste Sitzun
tages auf morgen, Donnerstag,
ein.
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3477
(A) )
(B) )
gesamt verweigern, wenn sie sich insoweit nicht durchsetzt? hohem Maße auf eine funktionierende Kreditversorgung
wird die Bundesregierung ihre Zustimmung zur Richtlinie ins-
Kleine und mittlere Unternehmen sind nach wie vor in
Anlage 1
Liste der entschuldigten Abgeordneten
* für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm-
lung des Europarates
Anlage 2
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Fritz Rudolf Körper auf die Fra-
gen des Abgeordneten Reinhard Grindel (CDU/CSU)
(Drucksache 15/901, Fragen 14 und 15):
Wird die Bundesregierung bei den Verhandlungen zum
Richtlinienvorschlag zum Status langfristig aufhältiger Dritt-
staatsangehörigkeit (RD 8237/01) darauf bestehen, dass fünf
Jahre Aufenthalt als Voraussetzung für den Status als langfris-
tig aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger zu kurz be-
messen sind, vielmehr eine Orientierung an der in Deutsch-
land momentan geltenden Rechtslage zu erfolgen hat, und
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Abgeordnete(r)
entschuldigt bis
einschließlich
Adam, Ulrich CDU/CSU 07.05.2003*
Bury, Hans Martin SPD 07.05.2003
Eichhorn, Maria CDU/CSU 07.05.2003
Haack (Extertal), Karl
Hermann
SPD 07.05.2003*
Hartnagel, Anke SPD 07.05.2003
Hoffmann (Chemnitz),
Jelena
SPD 07.05.2003
Kelber, Ulrich SPD 07.05.2003*
Dr. Köhler, Heinz SPD 07.05.2003
Krüger-Leißner,
Angelika
SPD 07.05.2003
Letzgus, Peter CDU/CSU 07.05.2003*
Möllemann, Jürgen W. fraktionslos 07.05.2003
Reiche, Katherina CDU/CSU 07.05.2003
Dr. Thalheim, Gerald SPD 07.05.2003
Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
07.05.2003
Wegener, Hedi SPD 07.05.2003*
Welt, Jochen SPD 07.05.2003
Wittig, Barbara SPD 07.05.2003
Wohlleben, Verena SPD 07.05.2003
(C
(D
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Wird die Bundesregierung bei den Verhandlungen zum
Richtlinienvorschlag zum Status langfristig aufhältiger Dritt-
staatsangehöriger (RD 8237/01) darauf bestehen, dass die
Entscheidung, wann ein Drittstaatsangehöriger langfristig
aufenthaltsberechtigt ist, nicht allein von seiner Aufenthalts-
dauer abhängt, sondern dieses ausdrücklich auch von einem
Integrationsbeitrag (insbesondere Erlernen der Sprache) ab-
hängig gemacht wird, und wird die Bundesregierung ihre Zu-
stimmung zur Richtlinie insgesamt verweigern, wenn sie sich
insoweit nicht durchsetzt?
u Frage 14:
Nach dem gegenwärtigen Verhandlungsstand ist über
en Kommissionsvorschlag der fünfjährigen Aufent-
altsdauer als Voraussetzung für die Erteilung des EG-
aueraufenthaltstitels noch keine Einigung erzielt wor-
en. Es liegt ein Kompromissvorschlag der griechischen
räsidentschaft vor, eine Aufenthaltszeit von sechs Jah-
en vorzusehen. Die Bundesregierung ist der Auffas-
ung, dass eine Aufenthaltsdauer von fünf Jahren grund-
ätzlich ausreicht. Diese Dauer entspricht im geltenden
echt der Frist für die Erlangung einer unbefristeten
ufenthaltserlaubnis. Im Übrigen wird die Bundesregie-
ung ihre Haltung zu dem Kompromissvorschlag der
räsidentschaft vom Fortgang der weiteren Verhandlun-
en abhängig machen.
u Frage 15:
Der ursprüngliche Richtlinienvorschlag ist im Hin-
lick auf die Integrationsvoraussetzungen bereits einver-
ehmlich geändert worden. Die Mitgliedstaaten können
ach dem neuen Textvorschlag für die Richtlinie vom
rittstaatsangehörigen verlangen, dass er die nach dem
ationalen Recht bestehenden Integrationsvoraussetzun-
en erfüllt. Diese Änderung des Richtlinienvorschlags
eht auf eine entsprechende Initiative der Bundesregie-
ung zurück.
nlage 3
Antwort
er Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks auf die
ragen des Abgeordneten Klaus Hofbauer (CDU/CSU)
Drucksache 15/901, Fragen 21 und 22)
Welche Maßnahmen erwägt die Bundesregierung, um die
Eigenkapitalbildung von kleinen und mittelständischen Unter-
nehmen zu unterstützen, sodass sich deren Möglichkeiten zur
Aufnahme von Fremdkapital verbessern?
Welche langfristige Fortentwicklung des Steuerrechts be-
absichtigt die Bundesregierung, um die Eigenkapitalausstat-
tung von kleinen und mittelständischen Unternehmen zu ver-
bessern?
u Frage 21:
Die Bundesregierung begleitet die gegenwärtige Ent-
icklung in der Außenfinanzierung des Mittelstandes
it Sorgfalt.
3478 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
angewiesen und immer mehr auch auf Beteiligungskapi-
tal oder eigenkapitalähnliche Mittel. Dabei ist die Si-
cherstellung der Mittelstandsfinanzierung einschließlich
der Verstärkung der Beteiligungsfinanzierung eine Auf-
gabe, bei deren Lösung in erster Linie die Kreditwirt-
schaft und die Unternehmen selbst gefragt sind.
Wenn diese Gruppen ihren Beitrag leisten, ist auch die
Bundesregierung bereit, sich daran zu beteiligen. Wir
werden die Neuordnung der Programmlandschaft im
Zuge der Zusammenführung der Kreditanstalt für Wie-
deraufbau und der Deutschen Ausgleichsbank dazu nut-
zen, um die bestehenden Möglichkeiten bei der Vergabe
von eigenkapitalähnlichen Mitteln und haftungsfreige-
stellten Krediten im Zusammenspiel mit den bewährten
Bürgschaftsinstrumenten ausschöpfen.
Im Bereich der Beteiligungskapitalfinanzierung plant
die Kreditanstalt für Wiederaufbau, nach Erhalt einer
beihilferechtlichen Genehmigung zwei Pilotvorhaben zu
starten. Bei ihnen sollen mittelständische Unternehmen
Beteiligungskapital erhalten können, die bisher nicht
mehr in den Genuss der Beteiligungsförderung der mit-
telständischen Beteiligungsgesellschaften kamen bzw.
noch nicht für das Geschäft kommerzieller Kapitalbetei-
ligungsgesellschaften interessant waren. Von den Pilot-
vorhaben wird erwartet, dass sie Wege aufzeigen, wie
eine Stärkung der Eigenkapitalbasis für den breiten Mit-
telstand unter marktwirtschaftlichen Bedingungen erfol-
gen könnte.
Zu Frage 22:
Die Bundesregierung hat durch die in der letzten Le-
gislaturperiode realisierte Unternehmenssteuerreform
bereits deutliche Steuerentlastungen und strukturelle
Verbesserungen insbesondere für mittelständische Un-
ternehmen erreicht, die geeignet sind, die Eigenkapital-
ausstattung signifikant zu stärken. Mit dem Gesetz zur
Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts haben
wir darüber hinaus gezielte mittelstandsorientierte Ak-
zente gesetzt, unter anderem durch die Einführung einer
Reinvestitionsrücklage.
In den Jahren 2004 und 2005 werden weitere Reform-
stufen wirksam, durch die mittelständische Personenun-
ternehmen erneut steuerlich entlastet werden. Bei unver-
ändertem Vorsteuergewinn erhöht sich somit der
Nachsteuergewinn und damit die Möglichkeit, Eigenka-
pital zu bilden. Das Kleinunternehmerförderungsgesetz
wird für viele Kleinunternehmer und Existenzgründer
bei weniger Bürokratie zu einer steuerlichen Entlas-
tung führen und damit den Aufbau von Eigenkapital be-
günstigen.
Anlage 4
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Gerd Andres auf die Fragen der
Abgeordneten Renate Blank (CDU/CSU) (Druck-
sache 15/901, Fragen 24 und 25):
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Wie bewertet die Bundesregierung das aktuelle Vorgehen
der Deutschen Post AG, die bundesweit damit begonnen hat,
das Netz der Briefkästen massiv auszudünnen?
Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung si-
cherstellen, dass die flächendeckende Versorgung der Bürge-
rinnen und Bürger, insbesondere im Bereich von Altershei-
men, Senioren- und Wohnheimen etc., mit wohnortnahen
Briefkästen auch künftig gewährleistet ist?
u Frage 24:
Der Bund hat nach Artikel 87 f Grundgesetz flächen-
eckend eine angemessene und ausreichende Versor-
ung mit Postdienstleistungen sicherzustellen. Nach den
orgaben der Post-Universaldienstleistungsverordnung
PUDLV) müssen Briefkästen so ausreichend vorhanden
ein, dass die Kunden in zusammenhängend bebauten
ebieten in der Regel nicht mehr als l 000 Meter zurück-
ulegen haben, um zu einem Briefkasten zu gelangen.
ach Kenntnis der für die Überwachung der Universal-
ienstvorgaben zuständigen Regulierungsbehörde für
elekommunikation und Post werden mit den bislang
on der Deutschen Post AG bundesweit ca. 130 000 be-
eitgestellten Briefkästen die entfernungsbezogenen Vor-
aben der PUDLV bei weitem übertroffen. Laut Aus-
unft der Deutschen Post AG werden auch nach
bgeschlossener Verringerung der Briefkastenanzahl die
ostrechtlichen Vorgaben erfüllt. Ein Briefkasten sei
ann im Bundesdurchschnitt in der Regel in einem Ra-
ius von 500 Metern, in Innenstadtbezirken in einem
och geringeren Abstand, für den Kunden zu erreichen.
Solange die postrechtlichen Vorgaben eingehalten
erden, ist es dem Bund nicht möglich, die betriebswirt-
chaftlich begründete Maßnahme einer Optimierung des
riefkastennetzes der Deutschen Post AG zu unterbin-
en.
u Frage 25:
Die Bundesregierung wird auch weiterhin die flä-
hendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Brief-
ästen gewährleisten. Die Regulierungsbehörde für Tele-
ommunikation und Post beobachtet sorgfältig die
inhaltung der postrechtlichen Qualitätsvorgaben und
ürde bei konkreten Anhaltspunkten für eine Unterver-
orgung mit Briefkästen die ihr rechtlich möglichen
aßnahmen einleiten, um den postalischen Gewährleis-
ungsauftrag des Bundes sicherzustellen. Die Bundesre-
ierung begrüßt die Aussage der Deutschen Post AG,
us Gründen der sozialen Verantwortung an bestimmten
tandorten wie Altersheimen und Krankenhäusern in der
egel auch solche Briefkästen beizubehalten, die ihrer
uslastung nach nicht rentabel und nach den Qualitäts-
orgaben nicht zwingend erforderlich wären.
nlage 5
Antwort
er Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk auf die
ragen des Abgeordneten Matthäus Strebl (CDU/CSU)
Drucksache 15/901, Fragen 31 und 32):
Plant die Bundesregierung angesichts der Tatsache, dass
jedes Jahr laut pro Patient e.V. Medikamente im Wert von
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3479
(A) )
(B) )
über 2 Milliarden Euro auf den Müll geworfen werden, bei
den Pharmaunternehmen darauf hinzuwirken, dass Probier-
packungen eingeführt werden?
Entspricht es der Wahrheit, dass 40 Prozent der bei uns
von den Krankenkassen erstatteten Medikamente gar nicht ge-
testet sind bzw. ihre Wirkung unklar ist, wie pro Patient e.V.
behauptet?
Zu Frage 31:
Der Bundesregierung ist nicht bekannt, auf welche
Erhebungen sich die Mitteilung des pro Patient e.V.
stützt, dass Medikamente im Wert von über 2 Milliarden
Euro auf den Müll geworfen werden.
Probierpackungen wurden und werden von den phar-
mazeutischen Unternehmen vertrieben; sie entsprechen
der Größe N1. Sie erfüllen beispielsweise den Zweck, die
Verträglichkeit des Arzneimittels beim Patienten zu tes-
ten oder akute Krankheitszustände zu behandeln, die er-
fahrungsgemäß von kurzer Dauer sind. Ärzte verordnen
sie etwa zur einleitenden Behandlung einer Infektion,
während die Resistenzbestimmung der beteiligten Erre-
ger noch läuft oder wenn bei einem magenempfindlichen
Patienten die Verträglichkeit überprüft werden muss. Um
die Verwendung kleiner Abpackungen zu fördern bedarf es
nicht nur der Bereithaltung dieser Packungsgrößen durch
den pharmazeutischen Unternehmer, sondern auch einer
der Therapie angepassten Verordnungsweise der Ärzte.
Einer bedarfsgerechten Bereitstellung von Arzneimit-
telpackungen und so auch von Probierpackungen dient
die Regelung in § 28 Abs. 2 Nr. 4 AMG, die vorsieht,
dass die Zulassungsbehörde anordnen kann, dass das
Arzneimittel in Packungsgrößen in den Verkehr gebracht
wird, die den Anwendungsgebieten und der vorgesehe-
nen Dauer der Anwendung angemessen sind. Die An-
wendung dieser Auflagenbefugnis ist in der Regel nicht
erforderlich, da entsprechende Anforderungen bereits im
laufenden Zulassungsverfahren berücksichtigt werden.
Im Rahmen der Verlängerungsverfahren von Zulassun-
gen nach § 31 AMG war in den letzten fünf Jahren bei
ca. 50 von ca. 9 700 positiv abgeschlossenen Verlänge-
rungen eine Packungsgrößenänderung vorgenommen
worden. Im Rahmen von Änderungsanzeigen nach § 29
Abs. 2 a Satz 1 Nr. 5 AMG war keine Anordnung von
therapiegerechten Packungsgrößen gemäß der Auflagen-
befugnis nach § 28 Abs. 2 Nr. 4 AMG notwendig.
Zu Frage 32:
Es sind Arzneimittel in Verkehr, bei denen eine Über-
prüfung durch die nach dem Arzneimittelgesetz zuständi-
gen Bundesoberbehörden nach den Maßstäben des Arz-
neimittelgesetzes und der Prüfrichtlinie nach § 26 des
Arzneimittelgesetzes auf pharmazeutische Qualität,
Wirksamkeit und Unbedenklichkeit gesetzlich nicht vor-
gesehen oder noch nicht abgeschlossen ist oder die nicht
im Rahmen der behördlichen Zulassung angewendet
werden. Hierbei handelt es sich insbesondere um: Nach-
zulassungsarzneimittel, die aus Gründen des Bestands-
schutzes auf der Grundlage einer fiktiven Zulassung in
Verkehr sind, Rezepturarzneimittel, die in Apotheken auf
ärztliche Verordnung hergestellt werden, und Arzneimit-
tel, die nicht in den behördlich zugelassenen und in ihrer
Wirksamkeit belegten Anwendungsbereichen eingesetzt
werden (off-label-use).
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Es liegen der Bundesregierung keine Unterlagen da-
über vor, welchen Anteil diese Arzneimittel innerhalb
er von den Krankenkassen erstatteten Arzneimittel ein-
ehmen.
nlage 6
Antwort
er Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk auf die
ragen des Abgeordneten Dietrich Austermann (CDU/
SU) (Drucksache 15/901, Fragen 33 und 34):
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den
Ergebnissen der vom Bundesministerium für Gesundheit und
Soziale Sicherung in Auftrag gegebenen Akzeptanzstudie
Überprüfung von Schülerinnen im Alter von 10 bis 19 Jahren
bezüglich Musikschallpegelbegrenzungen?
Beabsichtigt die Bundesregierung, verbindliche Grenz-
werte für die zulässige Lautstärke in Diskotheken festzuset-
zen?
u Frage 33:
Musikschall in Diskotheken, Clubs und bei Konzert-
eranstaltungen stellt eine Form des Freizeitlärms dar,
ie das Potenzial für bleibende Hörverluste bei den zu-
eist jugendlichen Besuchern derartiger Orte in sich
rägt. Hauptziel der empirischen Studie Akzeptanzüber-
rüfung von Schülerinnen im Alter von 10 bis 19 Jahren
ezüglich Musikschallpegelbegrenzungen war die Klä-
ung der Frage, in welchem Maße Musikschallpegel-
egrenzungen in Diskotheken und bei Konzerten von Ju-
endlichen im Alter zwischen 10 und 19 Jahren
kzeptiert werden und inwieweit Projekte, die eine Wis-
ensvermittlung zum Thema: Hörschäden durch Musik-
ärm beinhalten, bei den Jugendlichen eine Bewusst-
einsänderung hervorrufen.
Im Ergebnis zeigte sich, dass der Wissensstand bei
en Schülern zum Thema Musik und Hörschäden unge-
ügend ist. Weniger als 10 Prozent der Beteiligten gaben
n, umfassend informiert zu sein. 37 Prozent der Jugend-
ichen gaben vor dem Projekt an, sie würden beim Vor-
andensein von Diskotheken mit begrenzter Lautstärke
iese gegenüber anderen bevorzugen. Dieser Anteil er-
öhte sich auf 50 Prozent nach erfolgter Wissensvermitt-
ung. Durch den Wissenszuwachs um mögliche Gefah-
enpotenziale hat der Meinungstrend der Schüler einen
ichtungswandel erfahren: Während vor dem Projekt
ehr Schüler gegen als für Pegelbegrenzungen stimm-
en, kehrte sich das Verhältnis nach dem Projekt zuguns-
en einer Akzeptanz von Pegelbegrenzungen um.
Aufgrund der Projektergebnisse wurde im Rahmen
er Zuständigkeit des Bundesministeriums für Gesund-
eit und Soziale Sicherung für Aufklärung zum einen ein
eues Projekt zur Evaluation von Aufklärungsmaßnah-
en im Bereich Freizeitlärm ausgeschrieben. Die Frist
ur Einsendung von Projektanträgen endet am 19. Mai
003. Ziel des Projektes ist es unter anderem, genauer zu
rmitteln, wie die Wirksamkeit solcher Aufklärungs-
ampagnen festgestellt werden kann. Dadurch können
aßnahmen gezielter konzipiert und eingesetzt werden.
3480 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) )
(B) )
Parallel dazu werden bei der Bundeszentrale für ge-
sundheitliche Aufklärung Materialien vorgehalten und
entwickelt, die der Aufklärung von Kindern, Jugendli-
chen und deren Eltern im Bereich Lärm dienen. Die Un-
terrichtsmaterialien richten sich an 6- bis 16-Jährige,
während die Elternmaterialien sich auch an Eltern von
jüngeren Kindern (bis zum Alter von 10 Jahre) richten.
Bislang wurden von den Unterrichtsmaterialien etwa
100 000 Stück an die Schulen bzw. interessierte Leh-
rerinnen und Lehrer abgegeben, wobei das Interesse an
der Thematik gleichbleibend groß ist. Aktuell wird eine
CD-ROM entwickelt, die besonders 11- bis 12-jährige
Jugendliche ansprechen und für die Problematik sensibi-
lisieren soll, da in diesem Alter potenziell problemati-
sche Musikhörgewohnheiten aufgebaut werden.
Zu Frage 34:
Nach § 7 des neuen Jugendschutzgesetzes (JuSchG),
das am 1. April 2003 in Kraft getreten ist, kann die zu-
ständige Behörde (in der Regel das Jugend- oder das
Ordnungsamt) anordnen, dass Veranstalter oder Gewer-
betreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit
nicht gestatten dürfen, wenn von einer öffentlichen Ver-
anstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung
für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von
Kindern und Jugendlichen ausgeht.
Diese Anordnung kann neben Alters- und Zeitbe-
grenzungen (wie schon nach dem bis 31. März 2003
geltenden Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öf-
fentlichkeit JuSchG) nun auch andere Auflagen ent-
halten. Dadurch wurden mit dem Jugendschutzgesetz
den zuständigen Behörden erweiterte Möglichkeiten ge-
geben; so können sie zum Beispiel bei öffentlichen Ver-
anstaltungen oder Gewerbebetrieben im Einzelfall auch
Schallpegelbegrenzungen anordnen, wenn dadurch die
Gefährdung für Kinder oder Jugendliche ausgeschlos-
sen oder wesentlich gemindert wird.
Die Möglichkeit der Einführung darüber hinausge-
hender verbindlicher Grenzwerte für Jugendliche und
junge Erwachsene über 18 Jahre bezüglich der zuläs-
sigen Lautstärke in Diskotheken auf Bundesebene ist
momentan aufgrund geltenden Rechts im Rahmen der
konkurrierenden Gesetzgebung nicht gegeben.
Die Thematik wurde im letzten Jahr von der LAUG
(Länder-Arbeitsgemeinschaft Umweltbezogener Ge-
sundheitsschutz) aufgegriffen. Es wurde innerhalb der
Länder eine Abfrage zu Aufklärungsmaßnahmen und
rechtlichen Regelungen durchgeführt, deren Ergebnis in
den nächsten Wochen vorliegen wird. Nach deren Aus-
wertung durch die Länder wird gegebenenfalls zu prüfen
sein, ob eine gesetzgeberische Aktivität auf Bundes-
ebene erforderlich ist.
Anlage 7
Antwort
der Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk auf die
Fragen der Abgeordneten Barbara Lanzinger (CDU/
CSU) (Drucksache 15/901, Fragen 35 und 36):
Wie stellen sich laut Bundesregierung die Kosten (insbe-
sondere die Kosten für Gebäudeerwerb und -umbau, Mitarbei-
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tergewinnung und -schulung sowie Durchführung des Beitrags-
einzuges) hinsichtlich der Entscheidung, den Beitragseinzug
für alle geringfügig Beschäftigten zentral über die Minijob-
Zentrale (Bundesknappschaft) abwickeln zu lassen, dar?
Wie wirkt sich die Zentralisierung und Verlagerung auf die
Arbeitsplatzsituation in den bisher dafür zuständigen Kran-
kenkassen aus?
u Frage 35:
Voraussichtlich werden folgende Kosten der Einrich-
ung der Minijob-Zentrale im Jahre 2003 entstehen:
. Personalkosten 43,778 Millionen Euro; 2. Sachkosten
5,369 Millionen Euro; Gesamt 79,147 Millionen Euro.
Für die Minijob-Zentrale wurden die Büroräume nur
ngemietet. Für die Bewirtschaftung, Mieten und Pach-
en und für die Unterhaltung der Grundstücke, Gebäude
nd technische Anlagen werden in 2003 Kosten in Höhe
on 7,923 Millionen Euro anfallen.
Hinsichtlich der Mitarbeitergewinnung werden Ausga-
en für Personalwerbung in Höhe von 866 000 Euro er-
artet. Für die Schulung, Aus- und Fortbildung des Perso-
als sind Haushaltsmittel in Höhe von 1 306 000 Euro
orgesehen.
u Frage 36:
Die Einrichtung einer zentralen Stelle für die Meldun-
en, Beitragsnachweise und Beitragsabführung für ge-
ingfügig Beschäftigte geht auf das Drängen der deut-
chen Wirtschaftsverbände zurück, die sich eine solche
inheitliche Stelle für alle geringfügig Beschäftigten ge-
ünscht haben. Diese Stelle erleichtert nicht nur die Be-
rbeitung für alle Arbeitgeber, die nur geringfügig Be-
chäftigte haben, sondern trägt auch zur schnelleren
earbeitung der Vorgänge geringfügig Beschäftigter im
alle von Mehrfachbeschäftigungen bei. Dieser Zeitvor-
eil ist bei der Entscheidung des Gesetzgebers für eine
entrale Stelle als wesentliche Vereinfachung für die Ar-
eitgeber ausschlaggebend gewesen. Jede Verlagerung
on Aufgaben führt in dem einen oder anderen Fall auch
u personellen Veränderungen bei den bisherigen Ein-
ugsstellen. Genaue Zahlen sind bisher nicht bekannt,
ürften aber nur in geringem Umfang auf die Aufgaben-
erlagerung im Bereich der geringfügig Beschäftigten
urückzuführen sein.
nlage 8
Antwort
es Parl. Staatssekretärs Achim Großmann auf die Fra-
en des Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms (FDP)
Drucksache 15/901, Fragen 37 und 38):
Warum wird im Entwurf des Bundesverkehrswegeplanes
2003 die Erweiterung der Bundesautobahn A 5 vom Auto-
bahnkreuz Gambach bis zum geplanten Anschluss der A 49
bei Gemünden aufgrund des dort zu erwartenden Engpasses
nicht zeitgleich mit der Erweiterung des Abschnittes Auto-
bahnkreuz Bad Homburg bis Autobahnkreuz Gambach in den
Vordringlichen Bedarf aufgenommen?
Wieso werden im Rahmen der geplanten Abstufung der
Bundesfernstraßen die bereits seit Jahren durchgeführten
Planungen und Verwaltungsverfahren nicht berücksichtigt
und die Vorhaben vor einer solchen Abstufung nicht zu Ende
Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003 3481
(A) )
(B) )
geführt, und weshalb sind in diesem Zusammenhang die ur-
sprünglich vorgesehenen Ortsumgehungen auf der Bundes-
straße B 489 (Hungen) im Entwurf des Bundesverkehrswege-
planes 2003 nicht mehr berücksichtigt, beziehungsweise die
Ortsumgehung Reiskirchen an der B 49 nur noch im Weiteren
Bedarf genannt?
Zu Frage 37:
Seit Anfang der 80er-Jahre nach Fertigstellung des
sechsstreifigen Ausbaus im Abschnitt Gießen (Gambacher
Kreuz) bis Frankfurt erfolgt die rund 305 Millionen Euro
teure grundhafte Erneuerung der Bundesautobahn (BAB)
A 5 im rund 73 km langen, vierstreifigen Abschnitt zwi-
schen dem Hattenbacher Dreieck (BAB A 5/BAB A 7) und
dem Gambacher Kreuz (BAB A 5/BAB A 45).
Fertiggestellt wurde bis Mitte der 90er-Jahre bereits
der rund 29 km lange und 115 Millionen Euro teure Ab-
schnitt zwischen Hattenbacher Dreieck und Alsfeld. Von
dem verbleibenden rund 44 km langen Abschnitt zwi-
schen Alsfeld und Gambacher Kreuz sind bereits 13 km
abgeschlossen. Zurzeit sind die Abschnitte Grünberg-
Nord (4 km) und Pohlheim (8,6 km) in Bau, die gesamte
Strecke soll nach Erneuerung der beiden letzten Ab-
schnitte Fernwald (8,1 km) und Mücke (9,9 km) bis
2006 vollendet sein.
Vor dem Hintergrund der hier derzeit laufenden und
bis Ende 2006 andauernden Arbeiten zum Ausbau in
Form der Grunderneuerung mit Standstreifenanbau be-
absichtigt die Bundesregierung nicht, genau in diesem
Abschnitt der BAB A 5 zwischen Gambacher Kreuz und
Gemünden im Zeitraum bis 2015 auch noch sechsstreifig
auszubauen, auch nicht in Verbindung mit dem Bau der
BAB A 49 zwischen Bischhausen und Gemünden. Im
Übrigen hat angesichts der bereits bestehenden erheb-
lichen Engpässe und Überlastungen der achtstreifige
Ausbau der BAB A 5 zwischen dem Gambacher Kreuz
und dem Westkreuz Frankfurt gegenüber dem sechsstrei-
figen Ausbau der BAB A 5 zwischen Gambacher Kreuz
und Gemünden eindeutig Priorität und ist deshalb Be-
standteil des Vordringlichen Bedarfs im Entwurf des
Bundesverkehrswegeplans 2003 (BVWP 2003).
Zu Frage 38:
Der Bundesrechnungshof (BRH) hat in seinen Bemer-
kungen von 1986 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung
des Bundes das Bundesministerium für Verkehr aufgefor-
dert, bestimmte, parallel zur Bundesautobahn verlaufende
Bundesstraßen in den alten Ländern gemäß § 3 Abs. 4 des
Bundesfernstraßengesetzes in eine Straßenklasse nach
Landesrecht abzustufen, weil sie nicht mehr dem gesetz-
lichen Kriterium für Bundesfernstraßen entsprechen.
Im Mai 1987 wurden die alten Bundesländer vom
Bundesministerium für Verkehr (BMV) zur Abstufung
von insgesamt rund 3 000 km autobahnparalleler Bun-
desstraßen aufgefordert.
Im Jahre 1995 wurden die Festlegungen des Jahres
1987 anhand des aktuellen Bedarfsplanes überprüft, aktu-
alisiert, komplettiert und die Länder mit Schreiben vom
26. Juli 1995 zum Vollzug der Abstufungen aufgefordert.
In diesem Zusammenhang wird auf die Antwort der Bun-
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esregierung zur Kleinen Anfrage der Fraktion Bünd-
is 90/Die Grünen Bundestagsdrucksache 13/5380
om 1. August 1998 verwiesen.
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2000 wurde der
usschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen des
eutschen Bundestages von dem Urteil des Bundesver-
assungsgerichte vom 3. Juli 2000 dahingehend unter-
ichtet, wonach der Bund Ländern keine Weisung zur
bstufung von Bundesstraßen erteilen kann, sondern nur
m Konsens mit den Ländern eine Lösung herbeizufüh-
en ist. Gleichzeitig wurde die Absicht des Bundesminis-
eriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
BMVBW) mitgeteilt, künftige Baumaßnahmen in den
traßenbauplan erst dann aufzunehmen, wenn eventuelle
bstufungsfragen bei parallel laufenden Bundesstraßen
der Ortsdurchfahrten bei neuen Ortsumgehungen mit
em künftigen Baulastträger geklärt sind.
Der Rechnungsprüfungsausschuss hat in seiner 32. Sit-
ung am 19. April 2002 das BMVBW einvernehmlich
ufgefordert, bei der anstehenden Fortschreibung des Be-
arfsplans alle Bedarfsplanprojekte auf abzustufenden
undesstraßen zu streichen. In Umsetzung dieses Be-
chlusses hat die Bundesregierung dem Deutschen Bun-
estag vorzuschlagen, im neuen Bedarfsplan für die
undesfernstraßen alle Bedarfsplanprojekte auf abzustu-
enden Bundesstraßen zu streichen und neu angemeldete
aßnahmen auf autobahnparallelen Bundesstraßen nicht
uszuweisen.
Die Ortsumgehungen Hungen/lnheiden und Hungen/
tphe im Zuge der Bundesstraße B 489 gehören zur vor-
enannten Kategorie der BAB-parallelen Bundesstraßen.
Unter Berücksichtigung einer erforderlichen Prioritä-
ensetzung bis zum Jahr 2015 konnte das Projekt Bun-
esstraße B 49 Ortsumgehung Reiskirchen nicht in den
ordringlichen Bedarf des BVWP 2003 aufgenommen
erden.
Daneben konnten neue Vorhaben im Rahmen des ver-
leibenden Volumens nur dann berücksichtigt werden,
enn ihre Realisierung zum einen dem Ausbau neuer
zw. der Komplettierung bereits in Ausbau befindlicher
ür den Fernverkehr besonders relevanter Achsen (= netz-
onzeptioneller Maßstab) dient bzw. zum anderen von
oher ökonomischer Relevanz ist oder besondere raum-
rdnerische Wirkung haben wird. Vorhaben mit höherem
lanungsstand hatten dabei Vorrang vor solchen Vorha-
en, deren Planung gerade erst bzw. noch nicht aufge-
ommen wurde. Das geschilderte Vorgehen wurde bun-
esweit und länderübergreifend praktiziert.
nlage 9
Antwort
es Parl. Staatssekretärs Achim Großmann auf die Frage
es Abgeordneten Michael Kretschmer (CDU/CSU)
Drucksache 15/901, Frage 39):
Welche konkreten Schritte unternimmt die Bundesregie-
rung nach dem Gespräch des Bundesministers für Verkehr,
Bau- und Wohnungswesen, Dr. Manfred Stolpe, mit seinem
polnischen Amtskollegen, Infrastrukturminister Marek Pol,
3482 Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode 42. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
(A) (C)
(B) (D)
am 30. April 2003 in Görlitz, um insbesondere im Hinblick
auf den bevorstehenden EU-Beitritt der Republik Polen die
grenzüberschreitende Straßenverbindung der Bundesstraße
B 178 mit der tschechischen Staatsstraße R 35 möglichst zeit-
nah zu erreichen?
Auf der Grundlage der Gemeinsamen Erklärung über
die Straßenverbindung im Raum zwischen den Städten
Zittau (D), Bogatynia (PL) und Hradek nad Nisou (CZ)
vom 9. April 2002 soll ein trilaterales deutsch-pol-
nisch-tschechisches Abkommen über Bau, Erhaltung
und Finanzierung einer Straßenverbindung im Dreilän-
dereck der Euroregion Neiße geschlossen werden.
Anlässlich bilateraler Gespräche am 30. April 2003 in
Görlitz mit dem polnischen Infrastrukturminister Marek
Pol, hat der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Woh-
nungswesen, Dr. Manfred Stolpe, erneut die Notwendig-
keit auf einer raschen Aufnahme der trilateralen Verhand-
lungen zu dem Abkommen betont. Der polnische
Infrastrukturminister stimmte der zügigen Aufnahme von
Vertragsverhandlungen zu und teilte mit, dass sich die pol-
nische Seite noch im Mai 2003 zu dem deutschen Vertrags-
entwurf äußern werde. Erst nach Vorliegen des polni-
schen Abkommensentwurf können weitere Maßnahmen
geplant werden.
53
42. Sitzung
Berlin, Mittwoch, den 7. Mai 2003
Inhalt:
Redetext
Anlagen zum Stenografischen Bericht
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9